Protocol of the Session on February 17, 2000

(Ministerpräsident Dr. Stoiber: Sehr richtig!)

In Frankreich gelten weiter Sonderregelungen und ein Monopol. Es wäre Ihnen unbenommen, sich stundenlang damit zu beschäftigen.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Maximal zehn Minuten!)

Aber Sie tun es nicht. Bestreiten Sie doch die nächsten Aktuellen Stunden damit. Bislang war bei Ihnen hier nur Fehlanzeige. Wir werden auch in Zukunft Themen, die unser Land betreffen und die Menschen bewegen, in den Debatten des Landtags aufgreifen. Denn die Menschen sollen spüren, dass wenigstens wir uns damit auseinander setzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Dort, wo dies nicht geschieht, wird Leuten wie Haider Vorschub geleistet. Warum hat er in Österreich so bemerkenswerte Stimmergebnisse? Weil die Leute den Eindruck hatten, dass von anderen Parteien nicht mehr richtig aufgenommen wird, was sie bewegt und worüber sie sich ärgern. So weit lassen wir es nicht kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Wir wollen eine Europäische Union, in der das Europäische Parlament die Kommission wirklich kontrollieren und Missstände abbauen kann, das heißt, in Brüssel und Straßburg muss mehr parlamentarische Demokratie statt immer mehr Bürokratie aufgebaut werden. Wir wollen eine Europäische Union, in der München und Mailand, Marseille und Manchester die geachtete regionale und föderale Basis einer Gemeinschaft aus Überzeugung bilden, in der die Regionen nicht mehr zu Zweigniederlassungen einer Brüsseler Konzernzentrale degradiert werden. Und wir wollen eine Europäische Union, in der regionale und nationale demokratische Entscheidungsprozesse geachtet werden und mehr Gewicht haben als die Parteiinteressen der Sozialistischen Internationale.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als letztem Redner erteile ich Herrn Kollegen Güller das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die letzten beiden Wortbeiträge von CSU-Rednern hatten leider nur einen einzigen Inhalt: Warum es sinnvoll ist, heute noch einmal das Gleiche zu sagen, was im Deutschen Bundestag bereits gestern gesagt wurde.

(Dr. Bernhard (CSU): Das tut euch weh!)

Die Fragestellung hätte eigentlich auf etwas anderes schließen lassen. Denn der letzte Teilsatz lautet: „Schlussfolgerungen für Bayern„. Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aber aus den von Ihnen kritisierten angeblichen Kompetenzüberschreitungen der europäischen Institutionen? Welche daraus, dass tatsächlich immer mehr Kompetenzen von den Ländern auf den Bund und von dort auf Europa übertragen werden?

Ein guter Einstieg in die Thematik wäre gewesen, darüber zu diskutieren, Herr Ministerpräsident, wie man zu einer Stellungnahme gegenüber der Europäischen Union unter Beteiligung des Parlaments kommen kann, anstatt dass sich nur der Ministerpräsident über Wochen hinweg zum Thema äußert, ohne dass es im Parlament

und seinen Ausschüssen behandelt worden wäre. Das wäre ein interessanter Inhalt für eine Aktuelle Stunde gewesen.

Wie halten Sie es denn mit der Beteiligung des Bayerischen Landtags in europäischen Fragen, wie mit der Beteiligung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten, bevor Stellungnahmen der Staatsregierung hinausgehen? Eigentlich hat das, was die CSU beantragt hat, vermuten lassen, dass solche Fragen beantwortet werden. Was heute gelaufen ist, war aber nur eine Themaverfehlung. Es genügt nicht zu sagen, dass etwas geändert werden müsse; man muss schon die Kompetenzen benennen, die vom Bundestag und von der Europäischen Union zurückgeholt werden sollen, und sagen, wie das geht. Geradezu ein Armutszeugnis ist es aber, dass Sie, Herr Kollege Ettengruber, Ihre Rede mit der Bemerkung geschlossen haben, es bleibe zu hoffen, dass die Regierungskonferenz klare Aussagen treffe.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir brauchen eine Änderung der Bayerischen Verfassung oder zumindest als ersten Schritt eine Änderung der Geschäftsordnung des Landtags. Unmissverständlich klar gestellt werden muss, dass Themen, die Europa betreffen und die im Ministerrat auf Bundesebene diskutiert werden, vorab im Parlament darzustellen sind und die Staatsregierung den Rat des Parlaments einzuholen hat. Andere Länder wie Schleswig-Holstein, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern oder Niedersachsen haben in ihre Verfassungen bereits die entsprechenden Informationsrechte des Parlaments aufgenommen. Der CSU hätte es gut angestanden, in der heutigen Debatte eine ähnliche Rechtsänderung anzuregen.

Diskutiert hätte heute auch über den Artikel 23 des Grundgesetzes werden können, der den Ländern, vermittelt über den Bundesrat, durchaus ein Mitspracherecht in einigen Angelegenheiten gibt, über die vom Bund Entscheidungen gegenüber den europäischen Institutionen abgegeben werden. Allerdings sind im Artikel 23 des Grundgesetzes die Länderparlamente nicht expressis verbis genannt. Dass die Länder bei der Abstimmung im Bundesrat bisher nicht an die Entscheidungen ihrer Parlamente gebunden sind, ja sie nicht einmal beteiligen brauchen, wäre eine Diskussion wert gewesen.

Herr Ministerpräsident, Sie haben die CSU gelobt und gesagt: Ihr seid bei der Diskussion über die Rückholung von Gesetzgebungskompetenzen so weit vorn. Ich darf daran erinnern: Die Partei, die dieses Thema auf die Tagesordnung dieses Hauses gebracht hat, war nicht die CSU, sondern das war die SPD, indem Sie die EnqueteKommission zum Thema Föderalismus beantragt und genau diese Fragen aufgeworfen hat. Derzeit sitzen eine ganze Reihe von Leuten über der Arbeit, sich konkrete Antworten darauf zu überlegen und nicht ein Wischiwaschi, wie gerade Sie es heute abgeliefert haben.

(Beifall bei der SPD und der Frau Abgeordneten Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das Thema der heutigen Aktuellen Debatte, das nicht wir auf die Tagesordnung gesetzt haben, sondern das Sie gewählt haben, ist nicht „Wie ist unsere Stellungnahme zur Regierungsbildung in Österreich?“, sondern „Was sind die Schlussfolgerungen aus den Kompetenzerweiterungen der Europäischen Union?“ Dazu hätten wir keinen wortgewaltigen Ministerpräsident gebraucht, der noch einmal versucht, das Mäntelchen des Vergessens über seine Empfehlung zu decken, die FPÖ in eine Regierung mit der ÖVP hineinzuholen. Was wir gebraucht hätten, wäre ein Ministerpräsident, der endlich einmal das Parlament zur Kenntnis nimmt, der konkrete Vorschläge macht, wie das Parlament zu beteiligen ist, ein Ministerpräsident, der gesagt hätte: Ich bin bereit, von meiner Staatsregierung aus dieses Parlament stärker, als ich es bisher getan habe, an den europäischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen, zu denen wir eine Stellungnahme abgeben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Frau Abgeordneten Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich war etwas voreilig. Auch die Regierungspartei profitiert von dem zusätzlichen Redner. Das Wort hat Herr Kollege Dr. Goppel.

Herr Präsident, Hohes Haus, angesichts der Tatsache, dass Sie mir vorhin eine Rüge erteilt haben, bitte ich sehr um Verständnis dafür, dass ich darauf bestehe, den Hintergrund auszuleuchten, weil ich der Meinung bin, dass diese Rüge eine Folge von Nichtwissen ist, das in diesem Hause zu einem gewissen Vorgang verbreitet war.

Herr Kollege, das darf ich schon sagen: „Übler Verleumder“ ist eine Verbalinjurie, die ich zu rügen habe.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und beim BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Präsident, ich habe bisher noch gar nichts über die Qualität oder die Zulässigkeit der Rüge gesagt, sondern Sie lediglich gebeten, auch in der Öffentlichkeit zur Kenntnis zu nehmen, welches der Hintergrund meiner Anmerkung war.

Ich habe nicht vor, Ihre Rüge zu rügen – das steht mir auch nicht zu.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): So weit kommts noch!)

Aber es steht mir ausdrücklich zu, Ihnen zu erklären, weshalb Ihre Schlussfolgerung womöglich voreilig war.

(Dr. Hahnzog (SPD): Ach Gott!)

Das bitte ich mir doch zuzugestehen, auch deshalb, weil es dann im Protokoll festgehalten ist. Das steht mir zu.

(Dr. Kaiser (SPD): Habt Ihr keine anderen Probleme?)

Wir alle haben einen Anspruch auf fairen Umfang miteinander, den reklamiere ich zumindest für mich und ebenso für den Herrn Ministerpräsidenten.

(Dr. Kaiser (SPD): Schäuble!)

Herr Kollege Kaiser, die Qualität Ihrer Zwischenrufe ist nicht besser geworden in der Zeit Ihrer Anwesenheit im Haus.

(Dr. Hahnzog (SPD): Wollen Sie wieder gerügt werden?)

Lassen Sie mich das in Ruhe festhalten.

Ich habe im direkten Anschluss an die Wahlergebnisse von Österreich im letzten Herbst unter anderem unter vier Augen mit einem Journalisten eines privaten Senders in München ein Gespräch geführt. In dessen Verlauf habe ich diesem Herrn ausdrücklich erklärt, dass die ÖVP in diesen Tagen wie die SPÖ und alle anderen Parteien auch ihre Möglichkeiten zur Regierungsbildung auszuloten und zu bereden hat und dass wir auch über Fragen der Möglichkeiten einer Regierungsbildung wie auch immer selbstverständlich mit der FPÖ im Gespräch sind. Das war ein Gespräch unter Dreien, und das hat, wie Sie wissen, bestimmte Vorzeichen.

(Maget (SPD): Sie meinten eben die ÖVP!)

Die ÖVP – „wie die anderen auch“, habe ich gesagt.

(Dr. Hahnzog (SPD): FPÖ haben Sie gesagt!)

Nein, nein, dass sie auch mit der FPÖ in diesem Zusammenhang zu reden hat. Unter diesem Gesichtspunkt, dass die ÖVP mit uns redet und dass die ÖVP – jetzt sage ich es noch einmal, wenn Sie zuhören könnten, wäre es vielleicht besser – –

(Dr. Hahnzog (SPD): Ich habe genau zugehört!)

Nein, das haben Sie nicht.

(Dr. Hahnzog (SPD): Ich habe genau gehört, dass Sie „FPÖ“ gesagt haben!)

Sie haben doch schon kommentiert, während ich geredet habe. Seit wann können Sie den Kommentar vor dem Zuhören sprechen? Es wäre ganz lieb, wenn Sie das bleiben lassen könnten.

Von der Vorgabe, die wir fest hier finden, ist also diese kurze Äußerung gegenüber dem Journalisten erfasst, und als ich im Anschluss daran merkte, dass er sie wider die Vereinbarung verbreitet hat, habe ich es ihm untersagt. Das hat der Besagte seinerseits ausdrücklich unterstrichen und zugestanden.

(Dr. Hahnzog (SPD): Es war aber doch die Wahrheit!)

Diese Bemerkung hat dann vier Monate lang keine Rolle mehr gespielt, bis sie am letzten Donnerstag im Anschluss an eine Diskussion zwischen Herrn Maget