Da Sie für mehr Transparenz und klare Trennung sorgen wollen, darf ich Sie daran erinnern, dass ein Pfarrer in der Predigt sagte: „Am Sonntag ist das Kreuzerl links oben zu machen, weil da die CSU steht.“ Das haben wir alles abgeschafft. Das Gegenteil ist der Fall, wie Sie wissen.
Es gibt eine einzige Quelle, über die wir in diesem Parlament nie sprechen, die Sie ganz schamhaft verschweigen, die aber eine Rolle spielt, sobald man in die West-LB geht, dort die Genossen findet, und Sie oben in Ihren großen Bündnissen sitzen. Der ansonsten so Not leidende DGB, der das auch noch jeden Tag verkündet, hat 1998 mit einer eigenen Campagne, mit der er angeb
lich die SPD nie unterstützt hat – das habe ich mittlerweile schriftlich von Frau Wettig-Danielmeier –, und allen dafür gedruckten Broschüren, mit gleichem Deckblatt, gleichem Layout, gleicher Überschrift und gleichen Farben wie die SPD einen Betrag zwischen 8 Millionen DM und 12,6 Millionen DM aufgewendet, damit die SPD die Wahl gewinnt.
Bei der Angabe der Zahl bewegen sich Ihre Funktionsträger in dieser Marge. 8 Millionen DM sind sozusagen vier Mal so hoch wie Helmut Kohl. Denn da sind nur 2 Millionen DM im Spiel.
Die Frage ist, ob wir offensichtliche Einseitigkeiten des DGB einbeziehen sollen, wenn über verdeckte Spenden und verdeckte Finanzierung gesprochen wird.
Wenn Sie das nicht wollen, dann hören wir eben auf, über das Thema zu reden, und lehnen den Dringlichkeitsantrag gleich ab. Sofern die Landesbank den „Vorwärts“, wie Sie sagen, verdeckt finanziert, sage ich: Wenn Landesbank und Viag Handy-Anzeigen nicht in einer Zeitung schalten, die auf dem normalen Markt vertrieben wird, sondern an 180000 Mitglieder der CSU geht – das gilt sinngemäß auch für „Vorwärts“ –, so gibt es gar keine offenere Finanzierung einer parteilichen Meinung und Vorgabe als in diesen beiden Zeitungen. Das ist nichts verdeckt; es ist ganz offen, ganz ehrlich und ganz seriös. Da weiß jeder: Hier geht es um eine Gemeinschaft, die will, dass der Staat Meinungen in dieser Richtung hört. Deswegen unterstützen die das. Deswegen unterstützen die auch „Vorwärts“. Für mich ist die Größenordnung das Problem, nicht die Frage ob oder ob nicht. Denn über ob oder ob nicht lasse ich nicht mit mir reden. Über diesen Punkt haben Kollege Faltlhauser und ich nicht strittig diskutiert. Ich bin anderer Meinung, wenn es um die Frage geht, ob wir Spenden überhaupt entgegennehmen dürfen. Herr Hoderlein hat mir in Kenntnis seiner Kasse zugestanden, dass ich anders denken darf. Das sollte für uns alle gelten. Darüber brauchen wir nicht zu streiten.
Sobald die Vorgänge um den DGB endlich in der Öffentlichkeit sind, wollen wir auch mal gucken, dass eine bessere Ordnung in der Spendenpraxis des SPD-Landesverbands eintritt, statt den Bundestagspräsidenten zu bitten, die CSU stärker zu kontrollieren. Sie schreiben mittlerweile ja sogar Briefe nach Berlin mit der Forderung, der Bundestagspräsident solle uns stärker kontrollieren. Ich erinnere Sie an die beiden 60000-DM-Spenden des Ehepaars Müller aus dem Jahr 1990. Ich habe nicht angefangen von 1972 zu reden. Das machen Sie. Herr Müller war verurteilter Mandant des Anwalts Schily. Die 60000-DM-Spende wurde nachgemeldet. Ich erinnere Sie an elf Spenden der Bauunternehmungen im Umfeld von Hartl, Dachau, SPD-Abgeordneter, im Gesamtbetrag von 618900 DM aus den Jahren 1990 und 1991.
Und ich erinnere Sie an die Tatsache, dass zwei dieser Spenden in Höhe von 45900 DM und 60000 DM der SPD-Buchhaltung offenbar entgangen waren und erst vier bis fünf Jahre später nachgemeldet und veröffentlicht wurden.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe dagegen gar nichts. Wer aber die Korrektheit in Person sein will und den ganzen Tag als Inkarnation von Sauberkeit und Ordnung segnend durchs Land zieht, muss beides zu Hause auch haben.
Menschlichkeit im Umgang miteinander ist das, was ich in diesen Tagen reklamiere, gelegentlich unverstanden von allen Beteiligten.
Wer in einer Fraktion mit Schily und Ströbele und was weiß ich mit wem sitzt, meine Damen und Herren, und sich an dieser Stelle als großer Verzeiher präsentiert und sagt, das alles müsse die Gesellschaft schlucken, der soll vorsichtig sein mit der Vorverurteilung von Leuten, bei denen wir die Vorgänge gerade erst untersuchen. Vorsicht, Vorsicht!
Auch ich akzeptiere es, dass solche Dinge passieren. Aber ich akzeptiere nicht, dass wir in Deutschland unterschiedliche Maßstäbe anwenden. Das kommt nicht in Frage. Dass die Journalisten uns gern etwas abverlangen, ist eine andere Geschichte. Wenn sie in der schreibenden Zunft, alle so sauber sind und genauso sauber operieren wie sie uns täglich unterstellen – ich hoffe nie, dass etwas herauskommt –, dann bin ich dankbar für diese besondere Sekte, die es in dieser Gesellschaft gibt. Ich kenne niemanden, der an dieser Stelle sagen könnte: Ich bin frei von jeder Schuld. Aber so, wie auch da in der Öffentlichkeit bei uns operiert wird, meine ich, sollten wir alle ein bisschen an die denken, die wir damit treffen, dass wir Einzelne so niedermachen, wie das in diesen Tagen passiert.
Ich habe das Glück, dass ich nicht beteiligt bin. Gnade der späten Geburt! Das will ich ausdrücklich sagen. Ich bin nicht beteiligt an irgendwelchen Dingen. Mir können Sie nichts nachsagen. Das ist ein schöner Vergleich. Deswegen schreibt dann eine große Münchner Zeitung, ich ginge mit jemandem, zu dem ich irgendwann einmal Du gesagt habe, in die Sauna und auf die Jagd. – Ich bin ein Ästhet, ich gehe nicht mit jedem in die Sauna.
Ich könnte Ihnen sagen, mit wie vielen aus diesem Hause ich gehen würde, bzw. ich weiß auch viele, die nicht mit mir gehen würden.
Das müssen Sie doch aber mir überlassen. Ich war weder in der Sauna noch gehe ich auf die Jagd. Auf der Jagd war ich noch nie. Aber die Zeitung weiß natürlich ganz genau, dass ich dort war. Deswegen habe ich vom Sauberkeitsanspruch gesprochen.
Wann fragen wir die Menschen, die da beschuldigt werden, selbst, ob sie dazu nicht eine bestimmte Erinnerung haben? Wir fragen sie in der Regel erst, nachdem wir sie drei Tage vorverurteilt haben – quer durch das ganze Haus. Da sind Sie nicht unbedeutend!
Mich stört die Art und Weise des Angriffs gegen Schleußer und die Art, wie mit dem Bundespräsidenten umgegangen wird, genauso wie Sie. Damit wir uns ganz genau verstehen! Nur, ich finde, meine Damen und Herren, das, was Sie ihm angedeihen lassen wollen aus Amtsgründen, was ich verstehe, und was Sie ihm angedeihen lassen wollen, weil er krank ist, was ich verstehe, das haben Sie quer durch die Republik bei jedem Menschen gelten zu lassen, und nicht nur deshalb, weil jemand Mitglied der SPD ist, hat er einen besonderen Status.
In der CSU gibt es niemanden, der den Rau – Pardon, den Herrn Bundespräsidenten, so viel Zeit muss sein – zum Rücktritt gezwungen sehen will. Sie erklären jeden Tag, wer alles zurücktreten muss, ohne dass er beteiligt ist. Da ist ein amtierender Ministerpräsident, der sich keine Hochzeiten finanzieren lässt. Da haben Sie einen Haufen, die sich die Hälfte haben bezahlen lassen. Die sind alle dabei, und die alle miteinander werden exkulpiert, da ist alles kein Drama. Aber Roland Koch, der später gekommen ist, den würden Sie am liebsten gern morgen zum Frühstück verspeisen.
So wie die Gewerkschaft darauf verzichten darf, uns 12,6 Millionen DM direkt oder indirekt zu geben, so darf auch die Familie Quandt darauf verzichten, 1,3 Millionen DM an die SPD zu geben. Das steht ihr ganz genauso frei.
Die Gewerkschaft ist um nichts höher anzusiedeln als die Tatsache, dass da jemand ist, der Arbeitsplätze sichert. Wenn ich recht weiß, was bei Quandt und auf Quandts Geld alles arbeitet und Arbeitsplätze hat, wäre
ich vorsichtig bei der Einschätzung, ob in der Gewerkschaft so viele deswegen arbeiten, weil dort das Kapital so eingesetzt wird. Arbeitsplatzsicherung ist doch schließlich auch ein Thema.
Und wenn wir hier in diesem Haus über BMW reden, dann höre ich von Ihnen regelmäßig immer nur, dass wir sichern müssen, dass alles geht. Je näher Sie am Standort wohnen, desto mehr muss es begünstigt werden.
Wir machen hier eine nachhaltige Politik, verehrte gnädige Frau, und weil Sie sich an bestimmten Teilen auch beteiligen, wird die SPD auch von BMW entsprechend berücksichtigt. Aber Sie beteiligen sich halt nicht so nachhaltig. Wer ständig Ökosteuerreformen, Benzinsteueranhebungen und Benachteiligungen des deutschen Autobauers im Bundestag beschließt, darf sich nicht wundern, dass er nicht begeistert gesponsert wird.
Verkehrspolitik besteht nicht nur aus dem Gedanken, dass alles ruht, sondern sie besteht aus dem Gedanken, dass sich alles bewegt. Es gibt ja Gelegenheiten, bei denen Sie das selber kontrollieren können.
Herr Kollege, Sie sollten zuhören. Dann hätten Sie Gelegenheit zu lachen, statt immer so tierisch ernst durch die Gegend zu brüllen. Das steht Ihnen nämlich besser.
Ich habe kein Problem damit, gnädige Frau. Wenn ich Sie sehe, vergeht es mir natürlich. Wenn Sie jetzt anfangen zu lachen, mache ich mit.
Wir zwei haben ja noch ein altes Hühnchen miteinander zu rupfen. Ich war 1 : 0 im Rückstand. Jetzt steht es 1 : 1.