Protocol of the Session on February 2, 2000

Ich sage noch einmal: Alle erhalten Spenden. Das müssen sie auch. Es gibt keine Partei, die ohne Spenden auch nur einigermaßen ihre Geschäfte – wohlgemerkt: die politischen Geschäfte – sonst so betreiben könnte, wie sie das sinnvollerweise im Sinne unserer Demokratie tun muss.

Wir müssen auf der einen Seite die Unerlässlichkeit von Spenden, die unbestritten ist, sehen, auf der anderen Seite aber auch sehen, dass jeder Spende unter Umständen dann etwas Zweifelhaftes anhaften kann, wenn ihre Größe und ihre Regelmäßigkeit im Verhältnis zu einem bestimmten politischen Vorgang oder einem bestimmten politischen Meinungsbildungsprozess steht. Auch das Verhältnis zu anderen Spenden spielt eine Rolle.

Schade, dass Herr Dinglreiter nicht anwesend ist. Mir ist nämlich zum Beispiel im Rechenschaftsbericht aufgefallen, dass die Firma Bayerische Motoren-Werke in München an die beiden Unionsparteien 522000 DM gespendet hat, an die SPD 108000. Das ist ein Verhältnis von 5 : 1. Die Familie Quandt, die Mehrheitsaktionär bei BMW ist, hat insgesamt 1,3 Millionen DM an die Unionsparteien gespendet. Unsereiner ist leider leer ausgegangen.

Wenn Herr Dinglreiter hier wäre, würde ich ihm sagen: Herr Dinglreiter, Sie wollen doch nicht als ausgewiese

ner Verkehrspolitiker einerseits, und als Schatzmeister der CSU andererseits, dass Sie auch nur in den Geruch kommen, dass diese enormen Spenden der Firma BMW in irgendeiner Weise bewirken sollen, dass Sie Ihre Verkehrspolitik nach den Wünschen dieser Firma ausrichten.

(Beifall bei der SPD – Glück (CSU): Das ist eine Verdächtigungsstrategie!)

Diesen Geruch wollen Sie auf keinen Fall aufkommen lassen, und er stellt sich auch in dieser Weise nicht.

(Christ (CSU): Das ist doch Verleumdung!)

Es kann nicht im Interesse von uns demokratischen Parteien sein, dass irgendeine Partei aufgrund der Höhe der Spenden, die sie bekommt, auch im Verhältnis zu den Spenden, die eine andere Partei bekommt, vielleicht ihre Politik nach den Wünschen des Spenders ausrichtet. Deshalb müssen wir dem von Anfang an einen Riegel vorschieben.

(Herrmann (CSU): Was hat das mit Ihrem Antrag zu tun?)

Jetzt komme ich zum Antrag. Es gibt immer noch eine Reihe von Firmen in Bayern, überwiegend noch aus der Zeit vor der Existenz der CSU, an denen der Staat hohe Beteiligungen hat, obwohl der Ministerpräsident versucht, diese zu privatisieren.

(Herrmann (CSU): Eben!)

Das Bayernwerk war einmal das Paradestück, heute ist es die Viag, ehemals mit einer Sperrminorität von 25%. Die Landesbank ist ein Paradebeispiel. In der Landesbank und in anderen Firmen mit Staatsbeteiligung sitzen Politiker der Regierungspartei. Das ist überall so. In Bayern ist es bedauerlicherweise die CSU.

(Glück (CSU): Es sind auch Politiker der Opposition!)

Diese Politiker führen die Aufsicht und können unter anderem darüber befinden, ob und inwieweit die Firmen ihr Bilanzergebnis dadurch verändern, dass sie eine Spende zum Beispiel an eine politische Partei geben. Deshalb sage ich, auch hier kann ein „Gschmäckle“ konstruiert werden, wenn mit der Mehrheit der Aufsichtsräte, die von der CSU-Staatsregierung gestellt wird, in einer Firma beschlossen wird, dass die Partei A – ich nenne keinen Namen – den Betrag X und die Partei B den Betrag Y bekommt. Darüber entscheiden in der Funktion des Aufsichtsrats mehrheitlich die Eigner. Wenn der Eigner zu 50 oder mehr als 50% der Staat ist, entscheiden seine Vertreter, also bayerische Politiker.

Meine Damen und Herren, das ist gängige Praxis, und es ist keineswegs rechtswidrig. Hätten wir noch den Status der Zeit vor Kohl, Weyrauch, Kiep und wie sie alle heißen, könnten wir das weiter praktizieren. Jetzt aber haben wir das Vertrauen der Menschen in dieses System verloren. Deshalb müssen wir uns zusammen

setzen und es ändern, damit wir auf diesem Weg Vertrauen zurückgewinnen.

(Beifall bei der SPD – Herrmann (CSU): Sie reden wahrscheinlich von der Westdeutschen Landesbank!)

Wir schlagen Ihnen das vor. Herr Staatsminister Dr. Faltlhauser, ich habe gehört, dass Sie das ähnlich sehen. Ich habe gelesen, dass Herr Kollege Dr. Goppel das anders sieht. Das verstehe ich. Er muss Sorge haben, dass der Spendenanteil zurückgeht. Niemand hat mehr Sorge, dass die Spenden zurückgehen, als die CSU, weil es ihr Einnahme-Ergebnis nachhaltiger als das jeder anderen Partei verändern würde.

Der zweite Teil des Antrags betrifft die Anzeigen. Wenn Sie sich ein bisschen mit Anzeigen zum Beispiel im Rahmen von Wahlkämpfen auskennen, wissen Sie, man kann verhandeln und unter Umständen Rabatte, die in der Wirtschaft üblich sind, für die Partei in Anspruch nehmen. Im umgekehrten Fall kann man auch dafür sorgen, dass zum Beispiel chronisch defizitäre Parteiorgane – ein solches kenne ich in Bayern –

(Herrmann (CSU): Andere bedeutende gibt es nicht in Bayern, da haben Sie Recht!)

dadurch unterstützt werden, dass sie unter anderem von diesen Staatsparteien Anzeigenaufträge bekommen. Auf diese Art und Weise kommen Sie zu Geld, das man im Rechenschaftsbericht nicht ausweisen muss. Das stellt eine völlig legale, aber dennoch verdeckte und in ihren Zielen erkennbare Parteienunterstützung dar. Diesem Verdacht sollten wir uns nach Kiep und Kohl nicht mehr aussetzen, wenn wir unsere Glaubwürdigkeit zurückgewinnen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb bitte ich Sie, auch dem zweiten Punkt des Antrags zu folgen. Das, was dort steht, ist – wie gesagt – nicht illegal. Es würde auch in Zukunft nicht illegal sein, hat aber vor dem Hintergrund dessen, was geschehen ist, unter Umständen ein „Gschmäckle. Die Angelegenheit lässt sich nicht widerlegen oder beweisen durch das, was im Rechenschaftsbericht, der im Parteiengesetz festgelegt ist, als tatsächliche Spende ausgewiesen ist. Es gibt also neben dem offiziellen, parteiengesetzlich geregelten Spendenaufkommen, das sich im Rechenschaftsbericht wiederfindet, ein zweites mögliches Spendenaufkommen – vom illegalen Spendenaufkommen will ich nicht reden –, das durchaus legal ist, das aber geeignet ist, den Verdacht, dass hier Zusammenhänge zwischen Wirtschaft und Parteien bestehen, zu erhärten. Diesen Verdacht müssen wir in unserem gemeinsamen Interesse von uns weisen.

Ich bitte Sie herzlich, diesem Antrag zuzustimmen, auch wenn er eine Drucksache der SPD ist und zwei Tage, bevor Staatsminister Dr. Faltlhauser lobens- und dankenswerterweise auf die gleiche Idee kam, gestellt wurde.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nun hat Herr Dr. Goppel um das Wort gebeten.

Bitte, Herr Dr. Goppel.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns mit einem Antrag, der aus der Sicht der Opposition in diesen Tagen etwas aufgreift, von dem man erwartet hätte, dass es in Nordrhein-Westfalen und nicht bei uns aufgegriffen wird.

(Beifall bei der CSU – Unruhe bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Aufregung hilft nicht weiter. Tatsache ist, dass es eine CDU gibt, die im Moment mit einigen Fragen kämpft. Die CDU ist in Bayern nicht existent. Tatsache ist, dass die SPD in Nordrhein-Westfalen auf anderer Ebene die gleichen Probleme hat und dass die SPD im Bayerischen Landtag interessanterweise einen Antrag einbringt, der die CSU, die weder hier noch dort beteiligt ist, entsprechend ins Gerede bringen wird. Das ist nichts anderes als Fakt.

(Zurufe von der SPD)

Wer aufgeregt zuruft, hat etwas zu erklären.

(Zuruf von der SPD: Sie haben etwas zu erklären!)

Nicht ich. Ich war sehr schweigsam und friedlich und habe mir sehr genau angehört, was Herr Kollege Hoderlein zu sagen hatte.

Wir müssen in der Diskussion von Bayern ausgehen. Aufgrund Ihrer Vorlage führen wir hier eine Diskussion, die in Bayern nichts verloren hat, weil wir in diesem Punkt keinen Grund zur Diskussion haben. Wenn wir einen Grund zur Diskussion haben, wie ihn Herr Kollege Hoderlein geltend gemacht hat, dann ist ganz wichtig, dass wir die Daten, die er aufführt, durchgehen und gemeinsam würdigen.

Kommen wir also – ich will hinten anfangen – zum „Bayernkurier“. Ich finde es eine sehr liebenswürdige Aufrechnung, die Sie hier machen. Lassen Sie mich einmal umgekehrt rechnen. Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, dass der „Bayernkurier“ und „Vorwärts“ in erheblichem Umfang durch Anzeigen öffentlicher Firmen gesponsert werden. Diesen Eindruck können Sie nur erwecken, wenn Sie die Verhältnisse in Ihrer Zeitung kennen. Die Verhältnisse beim „Bayernkurier“ können Sie nicht kennen. Es gibt zwar eine Aufrechnung, die wir vorgelegt haben. Sie sollten aber nicht, wenn es beim „Vorwärts“ so ist, den „Bayernkurier“ vorschieben, sondern Sie sollten in Ihrem Antrag ausdrücklich schreiben, dass „Vorwärts“ so stark von der SPD, ihren Institutionen und den kommunalpolitischen Stellen finanziert wird, dass man darüber nachdenken muss, ob das möglich ist. Wenn Sie so gefragt hätten, könnten wir hier gern diskutieren. Wer im eigenen Haus zu kehren hat, sollte anderen keine Vorwürfe machen.

(Beifall bei der CSU)

Ich finde immer, vor der eigenen Tür muss es sauber sein, wenn man anderen ins Haus leuchtet. Das halte ich für ganz wichtig.

(Heiterkeit bei der CSU – Unruhe bei der SPD)

Ich weiß, Ihnen gefällt der Begriff der Sippenhaft, aber entweder wir sind nicht mehr im 19. Jahrhundert oder wir sind immer noch dort. Herr Kollege Hoderlein hat reklamiert, dass wir nicht im 19. Jahrhundert leben. Dann sollten Sie dies auch nicht für sich reklamieren. Sie sehen zwar manchmal so aus, aber deswegen sollten Sie es trotzdem nicht tun.

(Heiterkeit bei der CSU – Unruhe bei der SPD)

Lassen Sie mich einige Hinweise in eigener Sache machen und hören Sie mir zu, bevor Sie Nein sagen. Die Beweisexemplare habe ich unten im Auto in einem schwarzen Koffer liegen. Ich kann sie Ihnen jederzeit vorlegen. Der „Vorwärts“ – Landesausgabe NordrheinWestfalen – von Mai 1998 bis Februar 2000 wird in der Tat durch Annoncen von Gesellschaften finanziert, die die öffentliche Hand besitzt, kontrolliert oder auf die sie großen Einfluss geltend machen kann. Es geht um die letzten 20 Nummern des „Vorwärts“; ich hatte keine Zeit, mehr Ausgaben durchzusehen, aber wir können es gern auch gemeinsam nachholen.

Die West-LB, die komplett im Besitz der öffentlichen Hände Nordrhein-Westfalens ist, hat sechs Mal eine ganze Seite inseriert.

Die Westdeutsche Lotterie GmbH inserierte fünf Mal auf zweieinhalb Seiten und befindet sich zu 100% im Besitz der West-LB. Ein anonymisierter Lottoverbund inserierte drei Mal auf 1,5 Seiten. Die Verbindung ist die West-LB. Ein Sparkassenverbund, wiederum derselbe Verbund, inserierte zwei Mal auf zwei Seiten. Die VEW AG inserierte vier Mal auf zwei Seiten und ist an der West-LB maßgeblich beteiligt. Die Deutsche Post AG inserierte sechs Mal auf 18 Seiten und befindet sich im Besitz des Bundes. Meine Aussagen beziehen sich auf die letzten 20 Nummern. Zu dieser Zeit waren Sie bereits an der Regierung.

Die deutsche Telekom inserierte zwei Mal auf zwei Seiten und befindet sich im Teilbesitz des Bundes. Die Bahn AG inserierte drei Mal auf drei Seiten und befindet sich ebenfalls im Besitz des Bundes. Die Volkswagen AG und ihre Sponsorpartner inserierten drei Mal auf drei Seiten. Wie Sie wissen, ist der Hauptaktionär von VW das Land Niedersachsen. Die Audi AG, eine Tochtergesellschaft von VW, inserierte fünf Mal auf fünf Seiten. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, das Einzige, was sich mit dem „Bayernkurier“ deckt, inserierte auf einer Seite. Im „Bayernkurier“ inserierte dieses Ministerium nur auf einer halben Seite. Im „Vorwärts“ wird unter dieser Anzeige erklärt, warum diese Anzeige Recht hat. Im „Bayernkurier“ steht, warum diese Anzeige schief liegt.

Die Bundesanstalt für Arbeit inserierte drei Mal auf 2,5 Seiten. Die Landesbank Rheinland-Pfalz, die sich zu 37,5% in Besitz der West-LB befindet, inserierte auf

einer halben Seite. Die Friedrich-Ebert-Stiftung inserierte auf einer Viertelseite. Diese Stiftung wird aus öffentlichen Mitteln finanziert. Das Presse– und Informationsamt der Bundesregierung inserierte auf einer halben Seite.

Darüber hinaus möchte ich Sie auf eine Praxis des „Vorwärts“ hinweisen, die mir im Sinne der finanziellen Trennung von Fraktion und Partei ungewöhnlich erscheint. In allen Ausgaben werden – häufig mehrseitig – Veröffentlichungen der SPE-Fraktion, also der Europa-Abgeordneten der SPD, und der SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament abgedruckt, für die nach meiner Vermutung wohl bezahlt werden muss. Nach meiner Auffassung sollte dies schnellstens überprüft und danach abgestellt werden. Die Öffentlichkeitsarbeit der CSUFraktion habe ich in dieser Form noch nie im „Bayernkurier“ gefunden.

Die Münchner SPD, deren Vorsitzender Maget so freundlich hinter dem Antrag steht, veröffentlichte in den Kommunalwahlkämpfen von 1996 und 1999 in der „Münchner Post“, einer reinen SPD-Zeitung. In dieser Zeitung inserierten mehrfach Firmen, auf die Ihr Dringlichkeitsantrag abzielt. Ich gehe davon aus, dass Sie die kommunalen Ebenen in Ihrem Antrag nicht aussparen. Der Tierpark Hellabrunn, der sich zu 93% im städtischen Besitz befindet, ist Gegenstand des Dringlichkeitsantrags 1064 der CSU-Stadtratsfraktion und hat in dieser Zeitung inseriert. Ein weiterer Inserent ist die Stadtsparkasse München. Die Arbeiterwohlfahrt unter ihrem Vorsitzenden Maget inseriert dort regelmäßig. Mindestens 17 Ihrer Inserenten in der „Münchner Post“ sind mit Grundstücken, Hoch– oder Tiefbau beschäftigt. Ein Schelm, der Schlimmes dabei denkt. Wenn Sie diesen Antrag stellen, möchte ich Ihre Türe sauber vorfinden.

(Beifall bei der CSU)