Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst Herrn Staatsminister Huber dafür danken, dass die Erklärung heute stattfinden konnte.
Unabhängig vom Inhalt ist es mit Blick auf das Selbstverständnis des Parlaments eine gute Idee, dass der Leiter der Staatskanzlei in der ersten Sitzung des neuen Jahres dem Parlament einen Überblick über wesentliche Vorhaben der Staatsregierung im Kalenderjahr 2000 gibt.
Es muss unser gemeinsames Ziel sein, den Landtag als zentralen Ort des politischen Dialogs und der politischen Auseinandersetzung zu erhalten und weiter zu entwikkeln. Wenn Ihnen die eine oder andere Bekanntgabe nicht gefällt, üben Sie auch daran Kritik, und deshalb halte ich es für gut, wenn zunächst das Parlament darüber informiert wird, welche wesentlichen Vorhaben die Staatsregierung in diesem Jahr hat.
Es geht darum, Zukunft nachhaltig zu gestalten. Ihre Rede, Herr Kollege Maget, war aber zumindest zu drei Vierteln ausschließlich rückwärts gerichtet; sie hat keine Perspektiven und null Konzepte für die Zukunft enthalten.
Bei der nachhaltigen Entwicklung Bayerns sind Sie genauso konzeptionslos wie die rot-grüne Bundesregierung. Weil Sie keine Ideen für die Zukunft haben, fällt Ihnen nichts besseres ein, als olle Kamellen auszugraben. Wann Edmund Stoiber vor zehn oder 15 Jahren mit MBB-Flugzeugen wohin geflogen ist, wurde im Hohen Haus bereits in den Jahren 1993 und 1994 hinreichend diskutiert. Der heutigen Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ können Sie entnehmen, Herr Maget, dass Edmund Stoiber schon damals klar gesagt hat, dies sei ein Fehler gewesen. Und dann heißt es weiter: „Von Johannes Rau hat man das bislang nicht gehört.“
Wie dem auch sei, lieber Herr Maget, egal mit welchem Verkehrsmittel sich Edmund Stoiber durch das Land bewegt – und sollte er nur mehr zu Fuß gehen –, Ihnen wird er auf jeden Fall um Längen voraus sein.
Der Gipfel der Heuchelei, Herr Maget, ist aber zu fordern, die Kontakte zu Herrn Holzer müssten abgebrochen werden, zu einem Mann also, den Sie vor zwei Monaten noch zum SPD-Bundesparteitag eingeladen hatten. Sie wollen wohl Herrn Holzer allein für sich haben, oder was?
Allerdings muss man mit Superlativen vorsichtig sein. Denn die Heuchelei von Frau Paulig stand der Ihren, Herr Maget, kaum nach. Im Ansatz stimme ich zwar mit Ihrer Aussage überein, Frau Paulig, dass die Parteien Rechenschaftspflicht für die Verwendung ihres Geldes haben. Der gestrigen Ausgabe des „Spiegel“ entnehme ich aber über das Finanzgebaren im Europäischen Parlament Folgendes:
Schlimme Funde machten die Rechnungsprüfer bereits bei den GRÜNEN im Europaparlament. Bei einem Treffen mit Luxemburger Ermittlern vergangenen Montag in Brüssel musste die Fraktionsspitze der GRÜNEN kleinlaut zugeben, dass es für Zuflüsse aus dem EU-Haushalt in den Jahren 1997 und 1998 in Höhe von insgesamt 6,5 Millionen DM keine Rechenschaftsberichte gebe, obwohl diese zwingend vorgeschrieben seien. Der verantwortliche Buchhalter, ein Belgier, sei inzwischen verstorben. Die Finanzen, räumt immerhin die neue Schatzmeisterin der GRÜNEN, die deutsche GRÜNEN-Abgeordnete Heidi Rühle ein, sind in der Vergangenheit nicht genügend ernst genommen worden.
Noch ein Geständnis war gegenüber den Prüfern aus Luxemburg fällig. 15% der nicht abgerechneten Fraktionsmittel – so heißt es weiter – seien gleich an die Partei, die Europäische Föderation der GRÜNEN, weitergeleitet worden.
So weit der „Spiegel“ von gestern. Die Vorgänge, über die Sie gesprochen haben, Frau Paulig, sind sicher nicht entschuldbar. Wir sollten uns aber fragen, in welchem Ton wir über diese Vorgänge, denen zweifellos persönliches Fehlverhalten Einzelner zugrunde liegt, miteinander sprechen wollen. Von daher gesehen war Ihr Beitrag sicher unangemessen.
Beim Thema Landesbank sind Sie, Herr Maget, offenbar nicht ganz auf dem Laufenden. Der Vorstandsvorsitzende der Landesbank, Alfred Lehner, bekanntlich kein Mitglied meiner Partei, hat gestern Abend bekannt gegeben, dass das Thema Südostasien bereits bei den Wertberichtigungen 1997 und 1998 mit insgesamt 1,3 Milliarden DM bilanziell vollständig verarbeitet worden sei und die Bayerische Landesbank im vergangenen Jahr wieder ein Rekordergebnis erzielt habe. Der Jahresüberschuss kletterte nach vorläufigen Zahlen auf fast 1 Milliarde DM. Sie müssen sich also um die Zukunft der Landesbank und das bayerische Kapital keine Sorgen machen. Die Landesbank hat die Probleme im Griff und bedarf Ihrer zweifellos fachkundigen Ratschläge nicht.
Noch nebulöser, Herr Maget, war allerdings Ihre apodiktische Feststellung, jede dritte Kommune in Bayern sei pleite.
Sie haben das ohne Zitatangabe behauptet. Deshalb sollten Sie beim nächsten Beitrag Ross und Reiter nennen und die Gemeinden und Städte in Bayern aufzählen, die nach Ihrer Auffassung pleite sind.
Stellen Sie sich doch bitte hier her und sagen: Die Stadt X ist pleite, und das Dorf A ist pleite. Im Landtagswahlkampf 1998 haben Sie erklärt, die Landeshauptstadt München würde bei den staatlichen Finanzzuweisungen benachteiligt. Zulasten welcher Kommune sollten denn die FAG-Mittel zugunsten Münchens umgeschichtet werden? Trifft zu, wie ich den Zeitungen entnehme, dass München im vergangenen Jahr aufgrund riesiger Gewerbesteuereinnahmen Schulden abgebaut hat? Oder vertreten Sie, Herr Maget, die Auffassung, die Landeshauptstadt München sei pleite? Und wenn sie nicht pleite sein sollte, welche andere Stadt ist dann, bitte schön, pleite?
Dr. Siegfried Balleis hat vor der Kommunalwahl 1996 in Erlangen angekündigt, er wolle die Neuverschuldung auf null bringen und alte Verschuldung abbauen.
Trotz der von Ihnen behaupteten Schwierigkeiten hat es Oberbürgermeister Balleis innerhalb von drei Jahren geschafft, die Neuverschuldung in Erlangen auf Null zu bringen. Ab Beginn des Jahres 2000 werden die alten Schulden, die vor seiner Amtszeit entstanden sind, abgebaut.
So schlimm kann es daher wohl um die Finanzausstattung der bayerischen Städte nicht bestellt sein. Wir brauchen nur politischen Mut und die Willenskraft, diese Probleme anzupacken, und dann schaffen wir es im Freistaat genauso wie auf der kommunalen Ebene. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit unserer Politik ist es tatsächlich wichtig, dass wir die Neuverschuldung konsequent und sukzessive zurückführen.
Zweifellos hat die Nachhaltigkeit der Politik auch viel mit der sozialen Solidarität in unserem Land zu tun. Sie haben das Stichwort Arbeitslosigkeit genannt. Darauf will ich nur noch in aller Kürze eingehen. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen; Sie kommen nicht darum herum, dass Bayern nach wie vor die niedrigsten Arbeitslosenzahlen aller deutschen Bundesländer hat.
Zweifellos gibt es natürlich auch in Bayern genauso wie in den anderen Bundesländern ein Gefälle bei den Arbeitslosenzahlen. Und natürlich ist es dabei auch bedauerlich, dass es in Bayern nach wie vor Arbeitsmarktregionen mit höherer Arbeitslosigkeit gibt. Den
noch ist der Unterschied zwischen der Arbeitsmarktregion mit der niedrigsten und der Arbeitsmarktregion mit der höchsten Arbeitslosenrate in Nordrhein-Westfalen wesentlich größer als in Bayern. Auch in Niedersachsen ist der Abstand zwischen der Nummer 1 und dem Letzten wesentlich größer. Der Arbeitsmarktbezirk mit der höchsten Arbeitslosenrate in Bayern entspricht immer noch dem Durchschnitt in den SPD-regierten Bundesländern. Das ist die Realität, lieber Herr Maget.
Der zweite Punkt beim Thema soziale Solidarität ist die Rentenreform. Herr Maget, wenn Sie hier über Nachhaltigkeit diskutieren, sollten Sie auch daran denken, dass Ihr Bundesarbeitsminister, Herr Riester, monatelang an Rentenkonzepten fest- gehalten hat, die im Höchstfall bis zum Jahr 2020 reichen. Sie sollten einmal bedenken, dass sich die SPD von der Union und von den GRÜNEN dazu zwingen lassen musste, ein Rentenkonzept zu entwickeln, das wenigstens bis 2035 oder 2040 reicht. Ein solches Rentenkonzept betrifft doch alle die Menschen, die heute schon geboren sind und überwiegend sogar schon im Arbeitsprozess stehen. Um deren Rente geht es. Zu einer wenigstens bis dahin reichenden Nachhaltigkeit in der Rentenpolitik mussten wir Sie zusammen mit den GRÜNEN erst zwingen. Andernfalls würde Ihr Horizont höchstens bis zum Rentenbezug von Herrn Riester selbst reichen, aber nicht darüber hinaus.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich als Letztes ein Thema aufgreifen, das bereits Herr Staatsminister Huber in seiner Rede angesprochen hat. Es ist das Thema Föderalismus. Staatsminister Huber hat gesagt, dass es um die Sicherung der Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit Bayerns gehe. Dieser Grundsatz gilt insgesamt für die Weiterentwicklung des Föderalismus sowohl innerhalb der Bundesrepublik Deutschland als auch innerhalb der Europäischen Union. Herr Maget, vor diesem Hintergrund kann ich mir es nicht verkneifen, noch einmal auf Ihre Anmerkungen zur Entwicklung in Österreich einzugehen. Selbstverständlich müssen wir das politische Wirken von Herrn Haider sehr sorgfältig beobachten. Mit unserem Verständnis vom Föderalismus hat es aber nichts zu tun, wenn man mit Drohungen auf einen EU-Staat einwirkt und versucht, dessen Regierungsbildung zu beeinflussen. Dies lehnen wir strikt ab.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den GRÜNEN, welches Geschrei würde in unserem Land ausbrechen, wenn die Bayerische Staatsregierung zu keinerlei Zusammenarbeit im Bundesrat und in den Fachministerkonferenzen mehr bereit wäre, so lange die kommunistische SED-Nachfolgerpartei an der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern beteiligt ist?
Was würden Sie dazu sagen? Wer sich bis heute mit keiner Silbe von der Regierungsbeteiligung der PDS distanziert hat, hat jedes politische und moralische Recht verloren, sich über die Regierungsbildung in Österreich zu mokieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte nur noch ein paar Anmerkungen machen, nachdem Kollege Joachim Herrmann in sehr anerkennenswerter Weise die Polemik von SPD und GRÜNEN zurückgewiesen hat. Dafür möchte ich mich bei ihm bedanken.
Für mich waren die Beiträge von der SPD und von den GRÜNEN eine einzige Enttäuschung. Ich habe mit einer sehr sachlichen Erklärung die Schwerpunkte des Regierungshandelns für dieses Jahr dargelegt. Die einzige Antwort von Ihnen war überzogene und billige Polemik. Sie haben hier eine Schlammschlacht abgezogen.
Ich habe schon erwartet, dass SPD und GRÜNE sich wenigstens ein paar Gedanken über ihre Konzepte zur bayerischen Landespolitik machen. Frau Kollegin Paulig hat nur die Bundesregierung verteidigt. Herr Kollege Maget hat nur seine künftige Kandidatur im Auge gehabt.
Zu den Bemerkungen an die Adresse der Staatsregierung möchte ich auf Folgendes hinweisen. Herr Kollege Maget, wir haben Ihre Anfrage nach den Kontakten zu den Herren Holzer und Schreiber sachlich und umfassend beantwortet. Ich verstehe nicht, dass hier bestimmte Personen stigmatisiert werden sollen, während der gleiche Mann als Ehrengast zum SPD-Parteitag eingeladen wurde und die Ehre eines persönlichen Gesprächs mit dem Bundeskanzler hatte. Wer so verfährt, hat keinen Grund, irgendwelche Vorwürfe gegen uns zu erheben.