Protocol of the Session on February 1, 2000

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachhaltigkeit ist ein wichtiges und sinnvolles Prinzip in der Politik. Wir freuen uns, dass auch die Bayerische Staatsregierung ihr Handeln unter diese Überschrift stellen will. Allerdings sind starke Zweifel

angebracht, ob dies auch gelingen kann, denn notwendig wäre zunächst einmal ein nachhaltiger Einsatz für Demokratie, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit in unserem Land.

(Beifall bei der SPD)

Die regelmäßigen Kontakte von Mitgliedern der Staatsregierung zu dubiosen Geschäftsleuten wie Herrn Holzer, den Sie nach wie vor für industriepolitische Vermittlungen in Anspruch nehmen, passen dazu nicht.

(Unruhe bei der CSU)

Ich fordere Sie auf, diese Kontakte endlich abzubrechen. Das ist überfällig.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN)

Dazu passen auch nicht die die Kontakte von Mitgliedern der Staatsregierung zum Waffenhändler und Schmiergeldzahler Karlheinz Schreiber,

(Zurufe von der CSU)

der angeblich beweisen kann, dass auch die CSU Spenden gestückelt und die Namen Verstorbener als fingierte Spender verwendet hat.

(Zuruf von der CSU: Sachlich bleiben! – Weitere Zurufe von der CSU)

Schließen Sie diesen Mann endlich aus Ihrer Partei aus oder zeigen Sie ihn wegen Verleumdung an, sonst wird man ihm mehr glauben als Ihnen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Glück?

(Anhaltende Unruhe bei der CSU)

Tut mir Leid, das geht von meiner Redezeit ab. Das kann ich leider nicht machen.

(Zurufe von der CSU)

Herr Kollege Glück, Sie kommen doch als Nächster zu Wort.

(Anhaltende Unruhe bei der CSU)

Auch diese Diskussion geht von der Redezeit ab. Herr Kollege Maget, bitte.

(Glück (CSU): Wie beurteilen Sie, die Einladung von Herrn Holzer zum SPD-Parteitag?)

Dazu passen die regelmäßigen Flüge zu Wahlkampfzwecken und zu Urlaubsreisen nicht, die Mitglieder der Staatsregierung und Stoiber selbst

(Zurufe von der CSU: Rau! Rau!)

mit Maschinen von MBB und anderen Firmen unternommen haben. Anderswo –

(Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wenn der Name Schleußer fällt –

(Dr. Bernhard (CSU): Das tut ja weh! Da sollten Sie sich schämen!)

Anderswo, meine sehr geehrten Damen und Herren – weil der Name Schleußer fällt –, treten dafür Minister und Ministerpräsidenten zurück.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bernhard (CSU): Rau!)

In Bayern erklären Sie das zur reinen Privatangelegenheit.

(Ach (CSU): Der Rau ist Bundespräsident geworden!)

Das ist schon ein merkwürdiges Rechtsverständnis.

(Dr. Bernhard (CSU): Bei Herrn Rau!)

Ich meine, gleiches Recht, gleiche Maßstäbe für alle.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Bernhard (CSU): Auch für den Herrn Rau!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nachhaltiger Einsatz für Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit bedeutet auch, dass wir gemeinsam rechtsradikalen oder rechtspopulistischen Parteien in Europa das Wasser abgraben – –

(Hofmann (CSU): Und die Kommunisten in der PDS!)

Ich hatte gehofft, dass wir wenigstens in diesem Satz Gemeinsamkeit finden.

(Hofmann (CSU): Nichts als Heuchelei!)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe. Der Redner muss schon reden können.

Hören Sie doch zu, Herr Hofmann, ob Sie diesen Satz nicht unterschreiben könnten. Nachhaltiger Einsatz

(Hofmann (CSU): Nachhaltige Heuchelei ist das!)

für Demokratie, Freiheit und Rechtstaatlichkeit bedeutet auch, dass wir gemeinsam rechtsradikalen oder rechtspopulistischen Parteien

(Dr. Bernhard (CSU): Und linksradikalen! Sie sind immer auf einem Auge blind! Das ist Ihr Problem!)

das Wasser abgraben und sie nicht hofieren sollten.

(Beifall bei der SPD)

In unserem Nachbarland Österreich geschieht im Augenblick mit dem wahrscheinlichen Regierungseintritt der FPÖ das Gegenteil.

(Prof. Dr. Stockinger (CSU): PDS – PDS – PDS!)

Erstmals kommt damit in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union eine rechtspopulistische Partei mit Hilfe der Konservativen als Seniorpartner in Regierungsverantwortung.

(Zuruf von der CSU: Als Juniorpartner!)

Bald werden wir also wieder FPÖ-Minister in Bayern zu Besuch haben, die herzlich begrüßt werden, wie Haider schon 1991. Damals war Herr Haider in Bayern, und er wurde von Ministerpräsident Streibl empfangen als Hoffnungsträger für Österreich, der „genauso gut bei der CSU sein könnte“. Herr Stoiber hat sich damals eine engere Zusammenarbeit zwischen CSU und FPÖ gewünscht.

(Glück (CSU): O Gott, das ist schon primitiv!)