Protocol of the Session on February 1, 2000

Es geht uns in diesem Jahr im Besonderen um optimale Bildungschancen für die nachwachsenden Generationen.

Die Ausbildung von Kindern und Jugendlichen muss sich zunehmend im internationalen Vergleich bewähren. Die Informationsgesellschaft stellt viele neue Anforderungen an deren Motivation und Eigenverantwortung, sie verlangt die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen.

Mit der Bildungsoffensive legen wir dafür die Grundlagen, zum Beispiel

mit Strukturreformen an der Haupt- und Realschule, wie der Einführung der Mittleren-Reife-Züge, der Praxisklassen und der Einführung der sechsstufigen Realschule.

mit mehr Fremdsprachen an den Schulen und

mit einer Weiterentwicklung und Modernisierung der Lehrpläne an den Gymnasien.

Meine Damen und Herren, wer es ernst meint mit moderner Bildung für die Kinder und Jugendlichen, der muss die Bildungsoffensive unterstützen.

(Beifall bei der CSU)

Sie stellt die Weichen für die Zukunft unserer Kinder. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung wird in diesem Haus noch abschließend zu beraten sein.

Ein Volksbegehren braucht es dafür nicht.

(Beifall bei der CSU)

Die Opposition und die Initiatoren des Volksbegehrens wollen aus unserer Sicht das Rad zurückdrehen. Ihre Konzepte gehören bestenfalls ins Schulmuseum, meine Damen und Herren von der Opposition.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fünftens. Es geht uns um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.

Weltoffenheit und Toleranz gehören zu unserer Kultur.

(Zurufe von Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Sie sollten sich an der Realität orientieren, nicht an ihren Vorurteilen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Frau Abgeordneten Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Weltoffenheit und Toleranz gehören zu unserer Kultur; sie sind das Fundament für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft. Jeder zehnte Bewohner Bayerns stammt aus einer fremden Kultur. Viele ausländische Bürgerinnen und Bürger leisten einen wertvollen Beitrag

für die wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung Bayerns.

Dennoch dürfen wir die Augen nicht davor verschließen, dass der anhaltende Zuzug eine große Herausforderung für das Miteinander darstellt. Es besteht die Gefahr, dass unsere Gesellschaft auseinander driftet und in viele Kulturen zerfällt mit unterschiedlichsten Vorstellungen zum Beispiel zu Menschenrechten, zur Stellung der Frau und des Kindes oder zum Rechtsstaat. Wir halten entschieden fest an der europäisch, christlich-abendländischen Prägung unseres Landes.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der SPD: Sagen Sie es noch einmal!)

Wir werden den gesellschaftlichen Frieden auch in Zukunft nur bewahren, wenn die Anstrengungen zur Integration verstärkt werden. Integration ist nur möglich, wenn die Zahl der zu Integrierenden die Integrationsfähigkeit unserer Gesellschaft nicht übersteigt. Für die Stabilität unserer Gesellschaft ist es daher auch notwendig die Zuwanderung zu begrenzen.

Die Staatsregierung hat mit dem Bericht „Ausländerintegration in Bayern“ eine bundesweit einmalige Ausarbeitung über den Integrationsstand in Bayern vorgelegt. Das geht auch auf einen Antrag der CSU-Fraktion zurück. Frau Kollegin Stamm wird Ihnen, meine Damen und Herren, morgen diesen Bericht im Einzelnen vorstellen.

(Zurufe von Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Sechstens. Es geht uns darum, die Familien zu stärken und die Lasten zwischen Alt und Jung gerecht zu verteilen.

Heute wird die Solidarität zwischen den Generationen mehr denn je gefordert. Wir müssen Antworten finden auf Fragen, die die Zukunft unseres Landes mitbestimmen werden:

Wie gehen wir damit um, dass unsere Gesellschaft immer älter wird?

Wie gehen wir damit um, dass immer weniger junge Menschen die Renten für immer mehr Ältere erwirtschaften müssen?

Wie gehen wir damit um, dass immer mehr Eltern Probleme mit der Erziehung ihrer Kinder haben, die sich auch in Jugendgewalt niederschlagen?

Meine Damen und Herren, eine Antwort darauf ist für uns die Stärkung der Familien. Familien sind das soziale Herzstück jeder Gesellschaft. In ihnen wächst die nächste Generation auf. Hier wird Geborgenheit, Solidarität und Orientierung erfahren, hier werden Werte, die unser Zusammenleben bestimmen, von einer Generation zur nächsten weitergegeben.

Familie heißt für Kinder und Eltern: Geben und Nehmen, Verantwortung für einander übernehmen. Eine Gesell

schaft, die dies nicht mehr vermittelt, die kein anderes gemeinsames Ziel mehr kennt als die Selbstverwirklichung um jeden Preis, wird auseinander brechen.

Die Zukunft unserer Gesellschaft entscheidet sich daran, welchen Lebens- und Entfaltungsraum sie den Familien gibt. Deshalb wollen wir Perspektiven für eine Familienpolitik von morgen entwickeln. Die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag hat zu Recht in Kreuth die Familienpolitik zu einem Schwerpunkt gemacht.

Wir rufen das „Forum Bayern Familie“ ins Leben. Unter Leitung von Frau Staatsministerin Stamm bitten wir alle wichtigen gesellschaftlichen Gruppen und Einrichtungen, die für Familien Verantwortung tragen, Beiträge zu leisten. Frau Stamm wird dem Landtag über die Arbeit des „Forum Bayern Familie“ berichten, sobald die ersten Ergebnisse vorliegen.

Weil wir den Zusammenhalt zwischen den Generationen in unserer Gesellschaft bewahren wollen, plädieren wir für Generationengerechtigkeit in der Rentenversicherung. Der Geburtenrückgang und die auch in Zukunft weiter ansteigende Lebenserwartung stellen uns im Hinblick auf eine gerechtere Lastenverteilung in der Altersversorgung vor gewaltige Herausforderungen: Heute kommen 55 Rentner auf 100 Erwerbstätige. Bis zum Jahr 2035 wird dieser Anteil nach neuesten Untersuchungen auf knapp 90 Rentner pro 100 Erwerbstätige anwachsen. Die heute absehbaren gewaltigen Probleme können nur mit einer langfristigen und zukunftsgerechten Politik gelöst werden.

Die Staatsregierung geht mit folgenden Eckpunkten in die Konsensgespräche mit der Bundesregierung: Das Leistungsprinzip steht als elementares Gerechtigkeitsprinzip an erster Stelle. Wer sein ganzes Leben lang Beiträge in die Rentenversicherung gezahlt hat, muss eine an dieser Beitragsleistung orientierte Rente erhalten. Einer leistungsfeindlichen Grundsicherung erteilen wir deshalb eine klare Absage.

(Beifall bei der CSU)

Die unerlässliche Gerechtigkeit zwischen den Generationen muss ergänzt werden durch die Gerechtigkeit innerhalb der jeweiligen Generation, und dies bedeutet auch einen gerechten Ausgleich für Familien mit Kindern. Hier geht es darum, dass die Entlastung zu dem Zeitpunkt erfolgen muss, an dem es die Familien am nötigsten haben. Die Staatsregierung hat gegen den Widerstand der Bundesregierung durchgesetzt, dass dieser Aspekt ein Teil der Rentengespräche geworden ist. Das ist für mich eine ganz entscheidende Innovation für die Zukunft. Der Generationenvertrag setzt voraus, dass die Familien gerade zu dem Zeitpunkt, an dem sie für die Erziehung der Kinder zuständig sind, Entlastung erfahren und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt.

(Beifall bei der CSU)

Wir wollen die Rückkehr zum demografischen Faktor, damit die gestiegene Lebenserwartung und die daraus resultierende längere Rentenbezugsdauer berücksichtigt werden. Die SPD hat sich bisher zu wenig um die

Entlastung der jungen Generation gekümmert. Die Aussetzung des demografischen Faktors richtet sich eindeutig gegen die Zukunftsperspektiven der Jugend.

Kernstück des bayerischen Optionsmodells ist die Teilkapitalisierung der Altersrente mit einer auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhenden privaten Zusatzversorgung. Dies ist eine Konzeption, die maßgeblich von Frau Kollegin Barbara Stamm ausgearbeitet wurde. Wir verfolgen damit das Ziel, mit staatlichen Anreizen die Verantwortung des Bürgers zur Eigenvorsorge zu stärken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe Ihnen damit sechs wichtige Schwerpunkte der Staatsregierung für dieses Jahr vorgestellt. Sie sehen, dass die Staatsregierung die großen Zukunftsaufgaben mit Mut und Entschlossenheit angeht.

(Zuruf von der SPD: Mehr Mut!)

Die Kriegs- und die Nachkriegsgeneration hatten als Ziel: „Unsere Kinder sollen es einmal besser haben.“ In unserer Wohlstandsgesellschaft ist dieser Gedanke an die bessere Zukunft unserer Kinder immer mehr in den Hintergrund getreten. Wenn wir die Zukunftsfähigkeit unseres Landes sichern wollen, müssen sich die Menschen wieder stärker an den Interessen der künftigen Generationen ausrichten. Denn auch unsere Kinder und Enkel sollen in einer intakten Umwelt und in einer solidarischen und friedlichen Gesellschaft leben. Sie sollen beste Startbedingungen durch gute Bildung und Ausbildung haben. Sie sollen nicht in erster Linie für die Schulden unserer Generation bezahlen müssen, und sie sollen Rahmenbedingungen vorfinden, die Ihnen in einem innovativen und wettbewerbsfähigen Bayern zukunftssichere Arbeits- und Lebensperspektiven bieten.

(Dr. Albert Schmid (Regensburg) (SPD): Sehr schlechtes Deutsch!)

Wir alle haben Mitverantwortung für unser Gemeinwesen und unsere gemeinsame Zukunft. Alle Generationen müssen Verantwortung für einander übernehmen. Nachhaltigkeit in diesem Sinne ist ein umfassender Generationenvertrag, damit unsere Kinder und Enkel es genauso gut haben wie wir. Die Staatsregierung richtet ihre Politik an diesem Ziel aus. Diesen „neuen Generationenvertrag“ kann der Staat aber nicht verordnen. In einer freiheitlichen Gesellschaft ist die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger unabdingbar. Wir alle sind gefordert, gemeinsam unserer Verantwortung für die künftigen Generationen gerecht zu werden. Alle sind eingeladen, daran mitzuwirken.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Ich eröffne die Aussprache. Als erster hat Herr Kollege Maget um das Wort gebeten.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachhaltigkeit ist ein wichtiges und sinnvolles Prinzip in der Politik. Wir freuen uns, dass auch die Bayerische Staatsregierung ihr Handeln unter diese Überschrift stellen will. Allerdings sind starke Zweifel