Protocol of the Session on February 1, 2000

(Glück (CSU): O Gott, das ist schon primitiv!)

Das wäre schon schlimm genug. Dass aber der bayerische Ministerpräsident die Regierungsbeteiligung der FPÖ herbeigeredet und als wünschenswert bezeichnet hat, das ist unverzeihlich.

(Beifall bei der SPD)

Damit kein Irrtum aufkommt, Herr Kollege Glück: Ich halte die von der EU ins Auge gefassten Sanktionen für problematisch und für eine Sackgasse.

(Dr. Bernhard (CSU): So ist es!)

Dass aber Edmund Stoiber den willfährigen Steigbügelhalter des Volksaufwieglers, Fremdenhassers und Antisemiten Haider abgibt, das ist eine Schande.

(Beifall bei der SPD – Oh-Rufe von der CSU)

Ihnen mag das egal sein, ich würde mich dafür schämen.

(Freiherr von Rotenhan (CSU): Ein innerparteiliches Schaulaufen ist das!)

Wir möchten unseren Kindern ein Europa übergeben, das nicht nur wirtschaftlich erfolgreich ist, sondern vor allem humanistisch und demokratisch. Das wäre ein vernünftiges Ziel nachhaltiger Politik.

Wenn wir die Politik der CSU in der letzten Dekade betrachten, stellen wir fest, dass sie Nachhaltigkeit offenbar anders verstanden hat als wir. Die Bilanz sieht aus unserer Sicht nämlich so aus:

Erstens: Nachhaltige Steuererhöhungen und insbesondere Anhebung der Mineralölsteuer für bleifreies Benzin, im Jahr 1991 um 22 Pfennig pro Liter auf einen Schlag und 1994 um 16 Pfennig pro Liter ebenfalls auf einen Schlag. Das war ein reines Abkassieren, ohne dass die

Bürgerinnen und Bürger dafür an anderer Stelle eine finanzielle Entlastung bekommen hätten.

(Ach (CSU): Ökosteuer!)

Wir gehen einen anderen Weg. Wir erhöhen die Mineralölsteuer schrittweise und geben die Mehreinnahmen auf Heller und Pfennig zurück für eine Senkung der Lohnnebenkosten, damit unsere Sozialversicherung stabilisiert werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Wie falsch Ihre Kampagne gegen die Ökosteuer ist, zeigen einige wenige Zitate: „Der Einsatz des Faktors Arbeit muss durch eine Senkung der Lohnzusatzkosten verbilligt, der Energieverbrauch verteuert werden“ – Wolfgang Schäuble 1997.

(Ach (CSU): Aber europaweit! – Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der erinnert sich nimmer!)

Das machen wir. „Die Rentenversicherung muss um zwei Prozentpunkte gesenkt werden. Zum Ausgleich für die Mindereinnahmen sollten die Energiesteuern entsprechend erhöht werden“ – Joachim Herrmann 1997. Sie haben Recht – und wir machen es.

(Lachen bei der CSU)

Sie vergessen das nur, wir setzen es um.

Zweitens: Nachhaltige Vernichtung bayerischen Kapitals. 1,3 Milliarden DM bei der Landesbank durch ein zweifelhaftes Engagement in Südostasien,

(Ach (CSU): Die Zahl ist falsch!)

500 Millionen bei der LWS, 40 Millionen durch die LfA in der Wüste versandet, nicht eingetriebene Steuermillionen bei Zwick – das sind schon fast 2 Milliarden DM nach heutigem Wissensstand. Wenn Sie das noch drei Mal so machen, sind die Milliarden aus den Privatisierungserlösen weg.

(Ach (CSU): Der Kronprinz der SPD ist sehr uninformiert!)

Drittens: Nachhaltiger Anstieg der Arbeitslosigkeit. Erst jetzt, nach Regierungsantritt der neuen Bundesregierung, ist konjunkturell und strukturell eine Trendwende erkennbar, vor allem bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit durch ein eigenes Ausbildungs- und Beschäftigungsprogramm für jugendliche Arbeitslose,

(Dr. Bernhard (CSU): Das gescheitert ist!)

das nicht gescheitert ist, sondern das nach Auskunft der Arbeitsverwaltung ausgesprochen erfolgreich ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

So etwas nenne ich nachhaltige Wirtschaftspolitik im Interesse der Jugend und der zukünftigen Generationen.

Viertens: Nachhaltiger Anstieg der Staatsverschuldung in Bayern unter Verantwortung Ihrer Regierung. Besonders toll haben Sie es aber in Bonn getrieben. Dort hat der Vorsitzende der CSU als Bundesfinanzminister einen Schuldenberg von 1,5 Billionen DM hinterlassen.

(Ach (CSU): Sagen Sie doch auch die Gründe dazu!)

Dies bedeutet Zinsbelastungen von 150000 DM pro Minute allein aus dem Bundeshaushalt.

Wir unterstützen eine Politik, die den Staat finanziell wieder handlungsfähig macht, im Bund und in Bayern. Das können wir gemeinsam tun.

(Dr. Bernhard (CSU): Dazu brauchen wir Sie nicht! – Ach (CSU): Siehe Saarland, siehe Niedersachsen!)

Fünftens: Nachhaltiger Anstieg der Verschuldung der bayerischen Kommunen. Ein Drittel der bayerischen Kommunen ist heute pleite, auch deswegen, weil ihnen vom Freistaat Bayern laufend neue Aufgaben zugewiesen, aber nicht die erforderlichen Mittel zu deren Bewältigung gegeben werden. „Wer zahlt, schafft an“ ist leider kein gängiger Begriff beim bayerischen Finanzausgleich.

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Darüber hinaus steht der Freistaat bei den Kommunen in Milliardenhöhe in der Kreide. Das ist eine „schöne“ Finanzpolitik, meine Damen und Herren, sich hier als ehemaliger bayerischer Finanzminister selber zu loben und eine solide Finanzpolitik zu predigen, aber draußen die Kommunen bluten zu lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nachhaltig im Sinne einer Stärkung der Subsidiarität ist das jedenfalls nicht.

(Ach (CSU): Niedersachsen hat die Klage verloren!)

Sechstens: Nachhaltige Belastung kommender Generationen durch eine Energiepolitik, die in Bayern zu 70% auf Atomstrom setzt. Dabei wissen wir noch nicht einmal, wo wir den Atommüll sicher lagern sollen. Wasserkraft als Stromlieferant, Solartechnologie zur Energiegewinnung, Biomasse als Chance für die Landwirtschaft, Energie sparen als Energiequelle mit dem höchsten ungenutzten Potenzial, Wasserstofftechnologie – das wären Konzepte für die Zukunft.

(Lachen und Zuruf des Abgeordneten (CSU): So ein Traumtänzer!)

Stattdessen schicken wir Atommülltransporte quer durch die Republik und türmen unseren Kindern und Enkelkindern Berge von verstrahltem Material auf.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe eine gesellschaftliche Mehrheit für einen Ausstieg aus der Atomenergie. Allerdings wollen die Men

schen sehen, dass die erforderlichen alternativen Energien auch tatsächlich schnell ausgebaut werden. Ich schlage deshalb einen nachvollziehbaren Plan für Bayern zur Förderung dieser alternativen Energien vor.

(Dr. Bernhard (CSU): Haben wir doch schon lang! Das ist ein alter Käse! – Hofmann (CSU): 500 Millionen haben wir doch schon dafür ausgegeben!)

Dazu kann eine Energie-Enquete, die wir zusammen im Bayerischen Landtag eingesetzt haben, wertvolle und wichtige Grundlagen liefern.

Der Ertrag einer nachhaltigen und stetigen Politik ist meist erst in zukünftigen Gesellschaften und Generationen sichtbar. Dies gilt insbesondere für eine vorausschauende Familien- und Bildungspolitik. Darauf setzen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten.

Wie nachhaltig CDU, CSU und FDP die Familien in Deutschland benachteiligt haben, ist ihnen durch ein vernichtendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts ins Stammbuch geschrieben worden.