Protocol of the Session on May 22, 2003

Es ist nun einmal so, dass verschiedene Argumentationen angeführt werden können, nämlich die ausstehende Gemeindefinanzreform. Ich meine aber, deutlich

gemacht zu haben, dass die Zweitwohnungsteuer eine berechtigte Ausnahme darstellt, zumal Bayern das einzige Bundesland ist, das die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer im Moment verbietet. Vonseiten der CSU ist dann angeführt worden, dass der Verwaltungsaufwand so hoch sei. Dazu kann ich Ihnen nur die Stellungnahme des Bayerischen Städtetages zitieren, der sich am 7. Januar 2003, also aktuell abgegeben, ganz eindeutig festlegt hat. Dort wird ausgeführt – ich zitiere –:

Der Verwaltungsaufwand ist relativ gering und liegt weit unter dem der Grundsteuer. Die Erhebungsgrundlagen für die Grundsteuer könnten gleichzeitig für die Erhebung der Zweitwohnungsteuer herangezogen werden.

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CSU-Fraktion, auch der vermeintliche Verwaltungsaufwand, der unangemessen sei, stellt keinen nachhaltigen Grund für Sie dar, die Einführung der Zweitwohnungsteuer zu verhindern.

Wir haben auch auf den Gerechtigkeitsaspekt hingewiesen. Es ist nun einmal so, dass die Zweitwohnungsteuer nur einer geringen Anzahl von Gemeinden zugute kommen würde. Gerade in den betreffenden Gemeinden ist es aber so, dass der Gerechtigkeitsaspekt beachtet werden muss. Zum Teil haben wir – das wissen Sie selbst – Gemeinden, die bis zu 30% Zweitwohnungen haben. Die restlichen 70% Stammbevölkerung – so nenne ich sie jetzt einmal – muss aber die gesamte Infrastruktur im Prinzip selbst und aus eigenen Mitteln finanzieren und aufrechterhalten. Dies gelingt den betroffenen Kommunen immer weniger; es fällt ihnen immer schwerer, weswegen von ihnen – wir haben hier im Haus auch über Petitionen befunden – der Gerechtigkeitsaspekt sehr betont angeführt wird.

Die Vertreterinnen und Vertreter der CSU-Fraktion haben gestern und heute früh wieder gesagt: Wir stehen an der Seite der Kommunen. Dazu kann ich nur sagen und appellieren: Beweisen Sie es. Machen Sie das, was gestern die kommunalen Spitzenverbände in Berching gefordert haben: Stimmen Sie der Einführung der Zweitwohnungsteuer zu.

(Beifall bei der SPD)

Meines sehr verehrten Damen und Herren, natürlich – das weiß doch jeder – löst eine Einführung der Zweitwohnungsteuer die Problematik der Kommunalfinanzen nicht. Dies hat auch niemand behauptet. Hören Sie einmal auf Ihre eigenen Kommunalpolitikerinnen und -politiker aus der CSU, die an uns nicht nur mit Petitionen, sondern auch mit entsprechenden Stellungnahmen immer wieder herangetreten sind, und nehmen Sie sich das einmal zu Herzen. Es gibt betroffene Gemeinden, die davon sehr wohl sehr positiv berührt wären.

Sie haben auch heute früh wieder eine Förderung der Wirtschaft und der Wirtschaftskraft angemahnt. Ich sage Ihnen: Die betroffenen Gemeinden, auch wenn es nicht viele sind, wären dann wieder in die Lage versetzt, als Auftraggeber und Arbeitgeber ihre Funktion auszufüh

ren; sie hätten wieder den Gestaltungsspielraum, im Markt entsprechend regulierend einzugreifen.

Ich kann nur sagen: Beenden Sie den Eiertanz, den Sie in den vergangenen Wochen an den Tag gelegt haben; helfen Sie unseren Kommunen, und zwar schnell. Es nützt überhaupt nichts, Berlin die Schuld in die Schuhe schieben zu wollen und selbst nichts zu tun. Die Zweitwohnungsteuer wurde über zehn Jahre von den kommunalen Spitzenverbänden gefordert, unterstützt und immer wieder angemahnt. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. Wie gesagt: Der Verwaltungsaufwand, die Harmonisierung der Bagatellsteuern – all dies sind keine Gründe, ihn abzulehnen. Ich bitte also, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Tausendfreund.

Frau Tausendfreund (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Im Verfassungsausschuss fand die Endberatung statt. Ich bin dort schon etwas zuversichtlich geworden, dass es mit dem Steuerfindungsrecht vielleicht doch noch etwas werden wird, weil es aus der CSU doch ein paar Stimmen gab, die sagten, ja, es bestünde eine gewisse Sympathie gegenüber der Zweitwohnungsteuer, nur sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.

(Hofmann (CSU): So ist es!)

Wahrscheinlich sind die Gesetzentwürfe einfach von den falschen Parteien gestellt worden. In der nächsten Legislatur kommt dann von Ihnen selbst der Vorschlag, die Zweitwohnungsteuer wieder zu erlauben.

Das Steuerfindungsrecht gehört zu den grundlegenden Bestandteilen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Sie haben es nach der Hindelang-Entscheidung soweit ausgehöhlt, dass tatsächlich nur noch die Erhebung der Hundesteuer davon übrig geblieben ist. Deshalb kann man nicht mehr von einem Steuerfindungsrecht der Kommunen reden. Sie erinnern sich: Der Markt Hindelang hatte in den Achtzigerjahren die Zweitwohnungssteuer eingeführt. Das Innenministerium wollte diese Zweitwohnungssteuer nicht genehmigen. Der Markt Hindelang hat daraufhin vor dem Verwaltungsgerichtshof sein Recht erstritten. Dann wurde kurzerhand durch den Bayerischen Landtag mit der CSU-Mehrheit die Zweitwohnungssteuer im Kommunalabgabengesetz verboten. Das ist reinster staatlicher Dirigismus. So etwas darf es bei uns nicht geben.

Wir wenden uns entschieden gegen einen solchen staatlichen Dirigismus; denn wir wollen, dass die Kommunen selbst entscheiden können, ob sie Bagatellsteuern bzw. die Zweitwohnungssteuer einführen oder nicht. Die Kommunen wissen genau, ob sie das ihren Bürgerinnen und Bürgern zumuten können und mit welchem Verwaltungsaufwand das verbunden ist. Sie wissen auch, dass sie das in den meisten Fällen bleiben lassen sollten. Die Kommunen brauchen jedoch die Entscheidungskompe

tenz. Bayern ist das einzige Bundesland, in dem die Zweitwohnungssteuer nicht erlaubt ist. In den meisten Bundesländern sind sogar die übrigen Bagatellsteuern offen.

Uns geht es nicht in erster Linie um die Rettung der Kommunalfinanzen durch die Einführung der Zweitwohnungssteuer. Uns ist klar, dass mit einer solchen Steuer die Finanznot der Kommunen nicht behoben werden kann. Diese Steuer ist jedoch ein Mosaikstein. Sie würde gerade den Fremdenverkehrsgemeinden helfen, die die Infrastruktur für die Zweitwohnungen vorhalten müssen, aber nichts davon haben. Wir wollen in erster Linie den Gemeinden ein Selbstverwaltungsrecht einräumen. Vielfach wurde die Befürchtung geäußert, Studenten müssten eine Zweitwohnungssteuer entrichten. Wenn sich ein Student an einem Studienort eine Wohnung nimmt, verlagert er seinen Hauptwohnsitz dorthin und muss sich ummelden. Damit ist das Problem der Zweitwohnungssteuer nicht mehr gegeben, weil der Studienort dann der Hauptwohnsitz ist.

Die CSU hat bereits signalisiert, dass sie unserem Gesetzentwurf nicht zustimmen wird. Bedauerlicherweise wird auch die SPD unserem erweiterten Gesetzentwurf nicht zustimmen, obwohl sie in früheren Zeiten die gleichen Forderungen aufgestellt hat. Deshalb kann ich nur hoffen, dass wir dieses Thema in der nächsten Legislaturperiode noch einmal anpacken werden. Vielleicht sind die Mehrheitsverhältnisse dann ein bisschen anders.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Kollege Ettengruber.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Tausendfreund, wir werden sehen, ob die Mehrheitsverhältnisse in der nächsten Legislaturperiode anders sind. Möglicherweise werden sie sich nicht so verändern, wie Sie das gern hätten.

(Prof. Dr. Gantzer (SPD): Warten Sie ab!)

Richtig, warten wir es ab. Frau Kollegin Tausendfreund, Sie haben gesagt, dass der Antrag möglicherweise von den falschen Parteien gestellt worden sei. Er ist auf alle Fälle zum falschen Zeitpunkt gestellt worden.

(Frau Peters (SPD): Es ist immer der falsche Zeitpunkt!)

Sie erwischen aber auch immer den falschen Zeitpunkt. Steuererhöhungen passen nicht in die derzeitige Situation, ganz gleich, von welcher Seite sie gefordert werden. In einer Situation, in der Deutschland kurz vor einer Rezession steht, darf man keine Steuererhöhungen fordern. Heute wurde schon oft genug betont, dass sich die Kommunen in einer schwierigen Situation befinden. Inzwischen hat sich diese Auffassung allgemein durchgesetzt. Ich möchte dazu trotzdem noch etwas sagen: Die bayerischen Kommunen sind im Verhältnis zu allen anderen immer noch in einer relativ guten Situa

tion. Ich möchte Ihnen dazu nur ein paar Zahlen nennen: Die Zinsausgaben der bayerischen Kommunen im Jahr 2001 liegen bei 3,1% der Gesamtausgaben; bei den westlichen Flächenländern liegen sie bei 3,6%. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied. Ein weiteres wichtiges Datum: Die Investitionsquote der bayerischen Kommunen liegt bei 22%, während sie in den übrigen Ländern bei 15,5% liegt.

(Frau Peters (SPD): Wie immer das errechnet wurde!)

Das beweist, dass die bayerischen Kommunen auch im Verhältnis zu den Ländern, die noch Bagatellsteuern haben, in einer guten Situation sind.

(Mehrlich (SPD): Das stimmt nicht, was Sie sagen!)

Ich weiß nicht, wo Sie Ihre Zahlen herhaben. Meine Zahlen sind amtlich. Die Kreditmarktverschuldung der bayerischen Kommunen liegt bei 1013 e je Einwohner. In den alten Flächenländern liegt sie bei 1077 e. Ich will damit nur sagen, dass wir in den Kommunen eine schwierige Situation haben. Schuld daran ist aber eindeutig die rot-grüne Bundesregierung.

(Frau Radermacher (SPD): Welche Überraschung! – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Ist das die Überraschung, die Sie versprochen haben?)

Sie glauben das immer noch nicht, es ist aber so. Liebe Kolleginnen, der Girls-day war doch schon.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Den haben wir nicht mehr nötig!)

Wir werden den beiden Gesetzentwürfen nicht zustimmen, weil damit die Finanzprobleme der Kommunen nicht gelöst werden. Wir brauchen vielmehr eine Gemeindefinanzreform. Voraussichtlich wird sie zum 1. Januar 2004 wieder nicht erreicht. Nur auf dieser Basis ist es möglich, den Kommunen gesicherte und planbare Einnahmen zu verschaffen. Wenn Sie beim Bund dafür sorgen würden, dass diese Reform endlich kommt, werden wir vernünftige Verhältnisse für unsere Kommunen erreichen.

Der bayerische Finanzausgleich ist immer das Ergebnis einer einvernehmlichen Verhandlung und einer einvernehmlichen Diskussion gewesen. Dass diese Diskussion schwieriger wird, ist auf die wirtschaftliche Situation und die Rezession, in der wir uns befinden, zurückzuführen. Die Steuereinnahmen brechen weg.

Meine Damen und Herren, diese Situation ist durch Bagatellsteuern nicht zu verbessern. Die Kommunen hätten dadurch keine nennenswerten Steuereinnahmen. Die Verwaltungskosten wären demgegenüber unverhältnismäßig hoch. Im Augenblick können wir unseren Bürgern keine neuen Steuern zumuten und dürfen als Landtag auch nicht die Möglichkeit dazu eröffnen.

Die Zweitwohnungssteuer hat sehr viele problematische Seiten. Sie betrifft nur wenige und hätte zur Folge, dass Mieter, Studenten usw. darunter leiden müssten. Ich darf

zusammenfassen: Wir sind für eine Stärkung der kommunalen Finanzautonomie, weil das ein wesentlicher Teil der kommunalen Selbstverwaltung ist. Wir meinen aber, dass die Diskussion um eine isolierte Revitalisierung des kommunalen Steuerfindungsrechts im Augenblick nicht in die Landschaft passt. Die Frage der finanziellen Zukunftsperspektive der Kommunen muss in einem Gesamtzusammenhang gesehen werden. Dann wird auch über das kommunale Steuerfindungsrecht zu reden sein. Wir werden das Thema auf Wiedervorlage behalten. Im Augenblick lehnen wir jedoch ab.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Kollegin Peters.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gemeindetag fordert die Bagatellsteuer. Wir wollen daraus nur die Zweitwohnungssteuer. Der Städtetag begrüßt unseren Änderungsantrag, das Verbot der Einführung der Zweitwohnungssteuer aufzuheben. Ihre Argumentation, dieses nicht zu tun, meine Damen und Herren von der CSU, ist wirklich nicht stichhaltig. Sie beklagten landauf und landab die Finanznot. „Stoiber lacht“, ist heute im Pressespiegel zu lesen. Zu Bettlern hat er uns gemacht, klagen die Kommunen.

Der Herr Kollege aus dem Stimmkreis erklärt dem Bürgermeister, der diese Zweitwohnungssteuer unbedingt will: Wir wollen nicht mehr Steuern. Und der Herr Ettengruber sagt das Gleiche.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Wir wollen das sogar!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch alles falsch dargestellt. Sie wollen nicht, dass sich die Kommunen selbst helfen können.

(Beifall bei der SPD)

Das wollen Sie einfach nicht. Erklären Sie das bitte dem Bürgermeister in Hindelang, erklären Sie es bitte dem Bürgermeister in Bad Füssing und erklären Sie es bitte auch den Bürgermeistern in allen anderen Heilbädern. Bad Füssing hat rund 2000 Zweitwohnungen. Das ist fast ein Drittel aller Wohnungen. Da sagen Sie offensichtlich: Das interessiert uns nicht. Die sollen sehen, wie sie mit diesem Problem zurande kommen. Wenn man bedenkt, dass auch die Staatsregierung ungeachtet aller Wundertätigkeit, die sie sich sonst so gerne zugute schreibt, nicht über einen Goldesel verfügt, sondern auf die Haushaltssperre setzt, frage ich Sie – als Einschub darf ich dazwischenfragen: Gilt die Haushaltssperre auch für die 100 Millionen e kommunale Beihilfen? – : Wissen Sie denn, was Sie tun?

(Zurufe von der SPD: Nein! – Hofmann (CSU): In dem Fall schon!)

Wir haben einmal einen Antrag eingebracht – das ist schon lange vor dem Antrag zur Zweitwohnungssteuer der Fall gewesen –, mit dem wir feststellen wollten, wie