Protocol of the Session on May 7, 2003

Nächster Redner ist Herr Kollege Dr. Bernhard.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bundestagswahl haben wir möglicherweise deswegen verloren, weil Sie gelogen und betrogen haben. Da hat Herr Lafontaine Recht.

(Beifall bei der CSU – Frau Biedefeld (SPD): Sie haben diese Niederlage immer noch nicht überwunden!)

Frau Kollegin Kellner, Sie zäumen das Pferd vom Schwanz her auf. Was soll denn das, wenn Sie hier sagen, wir legen uns auf ein Modell fest und dann schauen wir einmal, wie die Rechnung aufgeht? Sie spielen entweder hier oder in Berlin Theater. Was hat die Kommission für einen Sinn, wenn Sie hier sagen, wir haben uns längst auf eine Betriebssteuer festgelegt? Entweder hier oder in Berlin spielen Sie Theater. Was soll das?

(Beifall bei der CSU)

Wir werden uns in nächster Zeit festlegen; darauf können Sie Gift nehmen. Aber die Entscheidung ist außerordentlich schwierig, das haben Sie alle betont. Ich glaube, wir müssen hier ein Stück weiterdenken. Wir müssen das Steuerrecht, also sozusagen die Vorstufe der Gewerbesteuer, überprüfen. Ich bin aufgrund der Entwicklung sogar der Meinung, dass wir die Position, die wir mehr oder weniger gemeinsam vertreten haben, dass wir auf europäischer Ebene keinen Ertragssteuerwettbewerb haben wollen, überdenken müssen, weil wir sonst bestimmte Erscheinungen, die es hier gibt, nicht beseitigen können.

Frau Schmitt-Bussinger, die Behauptung, wir würden alles auf den Bund schieben, ist nicht richtig. Wenn wir sagen, es soll ein Umsatzsteueranteil dafür verwendet werden, den Kommunen zu helfen, dann ist klar, dass das Umsatzsteueraufkommen zwischen Bund und Ländern geteilt wird. Wenn wir das tun, dann tragen wir daran unseren Anteil. Das ist doch klar. Bei der Gewerbesteuerumlage ist es das Gleiche. Es ist total unglaubwürdig, wenn Sie hier sagen, wir sollen – jetzt lasse ich die rechtlichen Bedenken weg – unseren Anteil an die Kommunen weiterleiten. Diese Lösung haben Sie – der Minister hat es ausgeführt – zweimal abgelehnt. Das ist doch total unglaubwürdig. Was soll das?

Ich komme zu Ihrer Bemerkung zum kommunalen Finanzausgleich. Wenn Sie ein bisschen etwas davon verstehen, dann wissen Sie, dass man aus dem kommunalen Finanzausgleich nicht einzelne Elemente herausnehmen kann und sagen, da sind wir besser und da sind wir schlechter.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Und was machen Sie dauernd?)

Entscheidend ist, was insgesamt an die Kommunen fließt; entscheidend ist – wie Herr Kohl das so schön gesagt hat –, was hinten rauskommt. Sie wissen genau, dass die bayerischen Kommunen von ihrer Finanzsituation her – ich will die Zahlen betreffend Investitionsleistung, Pro-Kopf-Verschuldung usw. nicht alle aufführen – an der Spitze in Deutschland stehen. Ich denke, so schlecht kann unser Finanzausgleich dann nicht sein.

(Beifall bei der CSU)

Eine Bemerkung zu den Gastschulbeiträgen. Ich sage Ihnen offen, wie die Diskussion bei uns gelaufen ist. Ich bin ein Anhänger des gerechten Ausgleichs. Ich komme aus der Stadt München und war früher sogar ein Befürworter der Spitzabrechnung. Man könnte sagen, das ist eine Sache der interkommunalen Konnexität. Die Kommunen könnten einmal darüber nachdenken, was es bedeutet, wenn man anderen Kosten verursacht.

Wir haben festgestellt – Herr Kollege Hofmann ist angesprochen worden –, dass nach einer konkreten Berechnung manche Kommunen mehr bezahlen, als es berechtigt wäre. Das hat sich herausgestellt, und das war der Grund dafür, dass wir gesagt haben, so können wir das nicht beschließen; es muss einmal mit ausführlichem Zahlenmaterial dargestellt werden, wie die Situation wirklich ist, wer hier profitiert und wer nicht profitiert, wer zahlen muss und wer nicht zahlen muss.

Wir drücken uns überhaupt nicht in dieser Angelegenheit. Ich bin dafür, dass hier ein gerechter Ausgleich stattfindet, aber dieser Ausgleich muss berechtigt sein. Es hat sich herausgestellt, dass das nicht so einfach ist. Deshalb haben wir die Angelegenheit zurückgestellt.

Ich komme zu den Flutopferschäden. Es ist schon ein wenig grotesk, was Sie hier machen. Sie wissen ganz genau, dass wir eine ganz andere Finanzierung der Flutopferschäden wollten. Um des lieben Friedens willen haben wir dieser Lösung zugestimmt, weil wir gesagt haben, den Betroffenen hilft man nicht mit politischem Streit. Sie wissen genau, dass wir diese Lösung überhaupt nicht wollten.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Hartmann?

Nein, ich möchte meine Rede zu Ende führen.

Der letzte Punkt, den ich ansprechen will, ist der Solidaritätsbeitrag. Die Sache ist weithin diskutiert und festgelegt. Das, was Sie vorschlagen, ist unrealistisch und ungerecht, und wenn Sie eine solche Forderung schon aufstellen, sollten Sie erklären, wie der Landesanteil finanziert werden soll. Es hilft uns nicht weiter, wenn Sie fordern, die Mittel des Steuerverbundes sollen angehoben werden und der Solidaritätsbeitrag der Kommunen soll beseitigt werden, wenn Sie nicht sagen, wer das

bezahlen soll. Das ist unseriös. Lassen Sie das; das hilft uns überhaupt nicht weiter.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Alle drei Dringlichkeitsantragsanträge sollen namentlich abgestimmt werden. Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag der CSUFraktion betreffend „Sofortprogramm für die Kommunen“, Drucksache 14/12302, abstimmen. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne steht auf der Seite der CSUFraktion, die Nein-Urne auf der Oppositionsseite. Die Urne für Stimmenthaltungen befindet sich auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden. Sie haben fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 15.47 bis 15.52 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Das Ergebnis gebe ich später bekannt.

Sobald die Abstimmungsurnen wieder frei sind, führen wir die namentliche Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, betreffend „Finanzsituation der Kommunen verbessern“, Drucksache 14/12344, durch.

Bei dieser Abstimmung befindet sich die Ja-Urne auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne ist auf der Seite der CSU-Fraktion und die Urne für Stimmenthaltungen, wie immer, auf dem Stenografentisch. Mit der Abstimmung kann begonnen werden. Es stehen wieder fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 15.53 bis 15.58 Uhr)

Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Ergebnis wird wieder außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben.

Wir führen noch die namentliche Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion, betreffend „Umsetzung der Gemeinschaftsinitiative für Bayerns Kommunen“, Drucksache 14/12345, durch.

Für die Stimmabgabe sind die Urnen wie bei der vorherigen Abstimmung aufgestellt: Ja-Stimmen auf der Seite der Opposition, Nein-Stimmen bei der CSU-Fraktion und die Urnen für Stimmenthaltungen auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden.

(Namentliche Abstimmung von 15.59 bis 16.04 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Das Ergebnis gebe ich später bekannt. Wir fahren zwischenzeitlich mit der Beratung der Dringlichkeitsanträge fort.

Ich rufe zur gemeinsamen Behandlung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Radermacher, Leichtle und anderer und Fraktion (SPD)

Sportstättenförderung (Drucksache 14/12303)

und den nachgezogenen

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Kränzle, Peter Schmid und anderer und Fraktion (CSU)

Förderung des Sportstättenbaus (Drucksache 14/12347)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Wortmeldungen: Zunächst Herr Kollege Leichtle.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Staatsregierung hat das Kunststück fertiggebracht, das Vertrauen der Sportvereine in den Staat schwer zu erschüttern. Die über 800 Sportvereine in Bayern haben in letzter Zeit Post vom Bayerischen Landessportverband erhalten. Ihnen wurde angekündigt, dass die finanziellen Zusagen, die sie erhalten haben, und die Finanzierungspläne, die genehmigt worden sind, praktisch Makulatur geworden sind. Sportvereine mit Bauvorhaben, die bereits anfinanziert worden sind, müssen mit Wartezeiten rechnen – man spricht von 10 bis 15 Jahren –; Sportvereine, die bereits Bewilligungsbescheide haben, deren Bauvorhaben aber noch nicht anfinanziert sind, können sich sozusagen zwischen Pest und Cholera entscheiden, nämlich entweder nach der klassischen Sportförderung 10 bis 15 Jahre zu warten, was unkalkulierbar ist, oder sich für ein Sonderdarlehensprogramm der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt zu entscheiden.

Dieses Programm ist an und für sich kein schlechtes Programm; es hat gute Konditionen, nämlich 1,25% Zins. Ein Darlehen hat aber die komische Eigenart an sich, dass es im Gegensatz zu einem Zuschuss zurückbezahlt werden muss. Dies bedeutet, dass sich zum Beispiel ein Sportverein aus meinem Bereich in Augsburg, dem ein Zuschuss von 650000 e zugesagt worden war, von heute auf morgen um 650000 e zusätzlich verschulden muss. Dazu ist dieser Sportverein und sind viele, viele andere Sportvereine in Bayern aber nicht in der Lage.

(Zustimmung von der SPD)

Was ist passiert? Passiert ist Folgendes: Die Mittel für den Sportstättenbau wurden in den letzten 10 Jahren systematisch verringert. Sie betrugen 1990 noch 20 Millionen e und sind jetzt bis auf 3,8 Millionen e heruntergefahren worden. Im Jahr 2004 sollen sogar nur noch 1 Million e für den Sportstättenbau zur Verfügung stehen. Das heißt, faktisch findet eine Förderung nicht mehr statt.

Mittelkürzungen in diesem Umfang von 80 bis 90% hat es in keinem anderen Bereich auch nur annähernd gegeben. Über viele Jahre hinweg wurde die Situation durch den Einsatz der so genannten Privatisierungserlöse übertüncht. Nachdem nun die Privatisierungserlöse ausgelaufen sind, schlägt das Problem voll durch.

Nun könnte man sich ja vielleicht noch darüber unterhalten, wenn es Sportvereine betreffen würde, die erst jetzt Anträge stellen und ihre Finanzierungspläne entsprechend des Wissens aufstellen können, dass sie 10 bis 15 Jahre warten müssen oder ein Darlehen aufnehmen müssen, das sie dann zurückzahlen müssen. Aber nein: Bei diesen über 800 Sportvereinen handelt es sich um Vereine, deren Sportstätten zum größten Teil längst fertiggestellt sind oder die sich mitten im Bau befinden. Es ist einmalig, dass das Vertrauen von Vereinsvorständen in den Staat so missbraucht wird, wie das hier geschieht, indem bei bereits fertiggestellten Maßnahmen solche Kürzungen erfolgen.

(Beifall bei der SPD)

Es geht also darum, nach Wegen zu suchen, diesen Vereinen zu helfen und diese Vereine vor dem Ruin zu bewahren. Ich könnte Ihnen jetzt eine ganze Menge von Zuschriften von Bürgermeistern und von Vereinen vorlesen, die darauf hinweisen: Wir sind am Ende, wir sind ruiniert, wir sind nicht mehr in der Lage zu finanzieren, wir können auch die Schulden, die auf uns zukommen, unseren Vereinsmitgliedern nicht zumuten; zum Ersten können wir die Darlehen nicht zurückzahlen, und zum Zweiten können wir uns auch nicht bis über beide Ohren verschulden. Es geht, wie ich vorhin schon anhand eines Falles erwähnt habe, nicht um Kleckerlesbeträge, sondern um Beträge in der Größenordnung von zum Beispiel 650000 e. Das sind Beträge, die man nicht aus dem Handgelenk schütteln kann.

Aus diesem Grund sind wir also der Meinung: Der Vertrauensschutz der Sportvereine, der über 50 Jahre aufgebaut worden ist, ist durch die Art und Weise, wie diesen Vereinen mitgespielt wird, gröblichst missbraucht worden. Die Ehrenamtlichen in unseren Sportvereinen haben es nicht verdient, so behandelt zu werden, wie dies durch die Bayerische Staatsregierung geschieht und geschehen ist.

(Beifall bei der SPD)

Aus diesem Grund bitte ich, unseren Antrag – so haben wir uns auch abgestimmt – in die zuständigen Ausschüsse zu überweisen, allerdings mit dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass dieser Antrag noch in dieser Legislaturperiode gemäß der Geschäftsordnung in den Ausschüssen und im Plenum behandelt werden muss.

(Beifall bei der SPD und der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Leichtle, vielen Dank für Ihren Beitrag und für die Kürze. Der nächste Redner ist Herr Kollege Schmid.