Protocol of the Session on April 3, 2003

Ausgangspunkt unseres Antrags war ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4.07.2002, wonach die Entschädigung für Sach- und Personalkosten der Gerichtsvollzieher realitätsnah festzusetzen ist.

Die Entscheidung wurde an das nachgeordnete Gericht zurückverwiesen, um dieses im Einzelnen zu ermitteln.

Es wäre, meine Damen und Herren, doch erkennbar das Vernünftigste, mit den Gerichtsvollziehern in einen konstruktiven Dialog mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung einzutreten. Genau dieses geschieht bedauerlicherweise nicht. Nach Auffassung des Staatsministeriums der Justiz müssen die Gerichtsvollzieher ein Büro mit zwei Räumen, einem Warteraum und einem Parkplatz unterhalten. Allein die räumliche Ausstattung in diesem Umfang ist nötig, weil seit nicht allzu langer Zeit die Gerichtsvollzieher verpflichtet sind, die sogenannte eidesstattliche Versicherung gemäß § 807 ZPO den Schuldnern abzunehmen. Früher haben das die Amtsgerichte gemacht. Jetzt müssen es die Gerichtsvollzieher machen. Ergebnis ist, dass die Amtsgerichte entlastet werden und die Gerichtsvollzieher belastet.

Da die gesamte Büroeinrichtung mit Mobiliar, Kopierer, Faxgerät, EDV, Software und all diesen Dingen unterhalten werden muss, fallen erhebliche Kosten an, die festgehalten worden sind. Am Rande bemerkt: Die Abschreibungszeit für Computer wird vom Freistaat auf 10 Jahre, für Software auf 15 Jahre festgelegt. Man muss sich also nicht wundern, dass man zu zu geringen Beträgen kommt.

Die Frage ist, welches der richtige Betrag ist. Wir beziehen uns auf ein Gutachten, das die Gerichtsvollzieher von der Firma Roland Berger haben erstellen lassen. Die Firma Roland Berger hat auch bei der CSU ein sehr hohes Ansehen. Da Sie sich in anderen Fällen auf diese Firma berufen und realisieren wollen, was diese vorschlägt, sollten Sie sich nicht scheuen, es in diesem Falle auch zu tun. Die Firma Roland Berger kommt zu dem Ergebnis, dass ein Betrag von 61000 DM bzw. von etwa 31000 e pro Jahr der richtige Betrag wäre. Gingen Sie davon aus, hätten die Gerichtsvollzieher keine Schwierigkeiten mehr und das Problem wäre erledigt.

(Beifall bei der SPD)

Ich darf Sie deshalb sehr nachdrücklich bitten, unserem Antrag zuzustimmen. Sie würden nicht nur den Gerichtsvollziehern sondern auch der Rechtspflege in Bayern und der Möglichkeit des Vollziehens zivilgerichtlicher Entscheidungen einen wirklich guten Dienst erweisen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Stahl.

Frau Präsidentin, mein Herren und Damen! Angesichts der späten Stunde reizt es mich, eine namentliche Abstimmung zu beantragen. Ich tue es nicht, auch wenn es spaßig wäre, weil Sie dann morgen früh um 9 Uhr alle da wären.

Meine Herren und Damen, 300 Widersprüche, mehr als 200 Verfahren zur Klageerhebung sind bei Rechtsanwälten in Vorbereitung. Verlängerte Wartezeiten auf Ernennung zum Gerichtsvollzieher, verspätete Beförderung und eine zurückgehende Zahl von jungen Menschen, die den Beruf des Gerichtsvollziehers oder der Gerichtsvollzieherin nicht mehr ergreifen wollen, sprechen eine deutliche Sprache über die Situation in diesem Berufsstand.

Ein Gutachten von Roland Berger beschreibt und bestätigt die schwierige Situation der Gerichtsvollzieherinnen und der Gerichtsvollzieher. Doch das Justizministerium beeindrucken Überstundenzahlen und mangelhafte Entschädigungen nicht. Anstatt bei einer Neuregelung der Entschädigungsverordnung die Erkenntnisse des Gutachters einzubeziehen, was hieße, sich dem von den Gerichtsvollziehern geforderten Betrag von circa 30000 e anzunähern, erheben Sie Rückforderungen – Kollege Volkmann hat dies gerade sehr deutlich ausgeführt – in unfreundlicher Art und Weise. Das sind Rückforderungen, die Sie in einem laufenden Haushaltsjahr gnadenlos einziehen lassen.

Eine der beliebtesten Begründungen Ihrerseits ist, die Gerichtsvollzieher würden Familienangehörige beschäftigen und bräuchten deshalb nicht die veranschlagten Kosten. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz; denn in der Regel beschäftigen die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher gerade deshalb Familienangehörige, weil es schwierig ist, eine angemessene Entschädigung herbeizuführen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Auffassung von staatlich sanktionierter Selbstausbeutung teilen wir nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Teilen der SPD)

Der Beruf der Gerichtsvollzieher/innen ist kein Ehrenamt, sondern ein wichtiges Element zur Sicherung des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit. Gerichtsvollzieher/innen unterhalten auf eigene Kosten ein Büro und Schreibkräfte. Die dafür vom Staat zur Verfügung gestellten Sachkosten und die zu 70% zu versteuernden Entschädigungen genügen den heutigen Anforderungen nicht. Wegen der durch die zweite Zwangsvollstreckungs-Novelle übertragenen zusätzlichen Aufgaben sind Sach- und Personalkosten gestiegen.

Ich frage mich, welche Zahlen die Arbeitsgruppe der Länder zur Neuregelung der Gerichtsvollzieher-Entschädigung zugrunde gelegt hat. Ich habe den Eindruck, dass die Finanzverwaltungen der Länder, die ein gewichtiges Wort mitzureden haben, so lange nach Zahlen gesucht haben, bis herauskam, was die Staatsregierung bereit war zu zahlen. Nicht die tatsächliche Belastung sollte errechnet werden, sondern es sollte ein Betrag herauskommen, der für den bayerischen Haushaltsplan bereits vorgesehen war.

Wir fordern Sie auf, meine Herren und Damen, sich für eine sachgerechte Bürokostenabgeltung einzusetzen. Berücksichtigen Sie den tatsächlichen Personalbedarf, gemessen an der Pensenbelastung von Gerichtsvollziehern und -vollzieherinnen. Erhöhen Sie den Anteil an vereinnahmten Gebühren. Schaffen Sie Erleichterung mit einer angepassten Sachkostenpauschale.

Gerichtsvollzieher/innen haben eine schwierige Arbeit, die von der Übergabe von Schriftstücken über Versteigerungen bis zu Verhaftungen gehen kann. Wir brauchen deshalb für die Gerichtsvollzieher/innen eine solide Arbeitsbasis mit Rechtssicherheit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich bitte nun Herrn Kollegen Jetz.

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Lieber Herr Kollege Volkmann, Sie haben Ihren Antrag nicht vor Augen gehabt. Eine allgemeine Debatte über die Problematik der Gerichtsvollzieher und ihrer finanziellen Ausstattung hätte hier nicht geführt werden sollen. Lesen Sie Ihren Antrag, er weist auf die gerichtliche Entscheidung hin, an der wir angeblich die Entschädigung ausrichten sollen.

Frau Kollegin Stahl, Sie haben sich im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen der Stimme enthalten, weil der Antrag fehl geht. Herr Kollege Volkmann, Sie berufen sich auf das Bundesverwaltungsgericht. Es hat in der Hauptsache nicht entschieden, sondern zurückverwiesen und lediglich den Rechtsweg vorgegeben – sonst nichts. Nun wird beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof über die Hauptsache entschieden werden.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD))

Wir lehnen den Antrag ab, weil die Begründung und Ausführung im Antrag völlig irre gehen. Hier wird etwas vorgegaukelt, was nicht stimmt. Dem können wir nicht zustimmen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD))

Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass die Gerichtsvollzieher eine ausreichende finanzielle Ausstattung zu erhalten haben. Sie wissen ebenso wie alle anderen Mitglieder des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen, dass bei Erhebungen aus dem Jahre

2000 bei 8% aller Gerichtsvollzieher in Bayern die Bürokostenpauschale durchschnittlich bei 61000 DM durchschnittlich und die Ausgaben der Gerichtsvollzieher bei rund 30000 DM gelegen haben.

Wir müssen über die Angelegenheit debattieren und sprechen. Wir haben im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen entsprechende Vorgaben gemacht. Wir sind dafür, den Bürokostenanteil und den Personalkostenanteil zu teilen, um den Gerichtsvollziehern die entsprechend notwendige finanzielle Ausstattung zu geben. Ich bitte Sie, den Antrag der SPD abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Weiß.

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Ich bin allen Rednern dankbar, dass sie die Arbeit unserer Gerichtsvollzieher so hoch einschätzen. Das ist eine wichtige Arbeit, weil es nichts nützt, wenn die Gerichte in vier bis sechs Monaten die Urteile erlassen und möglicherweise ein halbes oder ein Jahr lang nicht vollstreckt wird.

Es ist auch richtig, dass die Gerichtsvollzieher in den vergangenen Jahren überlastet waren, nicht durch Fehlverhalten der Bayerischen Staatsregierung, sondern weil auf Wunsch der Gerichtsvollzieher zusätzliche Aufgaben, nämlich die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung, hinzugekommen sind.

(Dr. Hahnzog (SPD): Konnexität!)

Das ist eine Bundesregelung. Man hat das gewünscht, und dann ist man in der Arbeit abgesoffen. Wir haben dem aber abhelfen können. Im Doppelhaushalt 2001/2002 wurden 50 neue Planstellen zur Verfügung gestellt; damit ist die Situation im Wesentlichen geklärt. Es gibt insoweit kaum mehr Probleme.

Frau Kollegin Stahl, Ihre Aussage, junge Menschen würden diesen Beruf nicht mehr ergreifen wollen, ist schlichtweg falsch. Wir haben genügend Leute, nicht nur, um die Ausscheidenden zu ersetzen, sondern sogar, um die zusätzlichen 50 Planstellen zu besetzen. Es schadet nichts, wenn wir einige Externe dazunehmen.

Wir haben die Sache also, was die Arbeitsbelastung und die Dringlichkeit der Erledigung betrifft, im Griff. Es gibt Differenzen in der Bürokostenentschädigung. Herr Volkmann, Sie haben gesagt, da würden Bescheide im Nachhinein erlassen; das wäre unanständig. Sie haben wohl keine Ahnung von der Materie. Sie müssten wissen, dass zu Beginn des Jahres die Höhe der Bürokos

tenentschädigung vorläufig und nach Abschluss des Jahres endgültig festgesetzt wird. Dass die vorläufige Festsetzung mit der endgültigen nicht übereinstimmen muss, ergibt sich schon aus den Begriffen. Das ist weder unanständig noch unehrlich, sondern entspricht genau dem Gesetz.

Richtig ist, dass durch die Entschädigungsverordnung vom 18. September 2002 Unmut entstanden ist und manche Gerichtsvollzieher der Meinung sind, dass sie zu hoch in Anspruch genommen werden. Das wird geklärt, und zwar wird das ein Gericht klären. Ich darf Sie darüber informieren, dass das Staatsministerium der Justiz mit dem Bayerischen Beamtenbund, der auch den Bayerischen Gerichtsvollzieherbund repräsentiert, sowie mit der Dienstleistungsgesellschaft Verdi eine Prozessabrede getroffen hat. Damit wurde auch ein Stillhalteabkommen geschlossen. Fünf Musterklagen werden durchgezogen; die anderen halten still. Während diese Musterklagen geführt werden, wird auch nicht vollstreckt. An das Urteil werden sich dann alle halten. Bekommt die Staatsregierung Recht, wird die Rückforderung geltend gemacht. Bekommen die Kläger Recht, wird auch für die, die den Bescheid nicht angegriffen haben, der Ausgleich geschaffen. Ich glaube also, dass die Kuh vom Eis ist. Das Problem wird sauber gelöst.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nun hat noch Frau Stahl das Wort zu einer persönlichen Erklärung.

Ich möchte eine persönliche Erklärung zu den Aussagen von Herrn Kollegen Jetz machen. Herr Jetz, Sie bringen da etwas durcheinander. Die eine Enthaltung, von der Sie gesprochen haben, stammt von einem CSU-Kollegen aus dem Haushaltsausschuss.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Von der CSU!)

Wir haben diesem Antrag zugestimmt. Reden Sie besser einmal mit Ihrem Kollegen und bringen Sie das auf die Reihe.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Da nur bis 19.00 Uhr geladen ist, können wir nach dem Schluss der Aussprache heute nicht mehr abstimmen. Die Abstimmung findet morgen nach der Aktuellen Stunde statt. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.

(Schluss: 19.03 Uhr)