Ich möchte nun auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen, nämlich auf die Drohung von Minister Wiesheu, Ministerpräsident Stoiber und von der CSU insgesamt bezüglich der Express-S-Bahn. Ich sage hier bewusst „Drohung“, denn Sie gehen ja zu den Anwohnern und sagen denen: Wenn der Transrapid nicht komme, sondern diese Express-S-Bahn auf der gleichen Trassierung, dann sei dies wesentlich lauter. Zu dieser Luxus-Express-S-Bahn, die hier als Alternative zum Transrapid propagiert wird, ist Folgendes zu sagen: Interessanterweise haben sich die Kostenansätze innerhalb von eineinhalb Jahren verdoppelt. Ich habe ein Zitat von Minister Wiesheu aus dem November 2000 gefunden. Damals hat er gesagt, diese Luxus-Express-S-Bahn auf einer neuen Trasse koste etwa eine halbe Milliarde DM. Mittlerweile ist er auf eine Milliarde Euro gekommen.
Innerhalb weniger als drei Jahre finden Sie hier eine Vervierfachung der Kosten. Hier wird also entweder schöngerechnet oder schlechtgerechnet, gerade wie man es braucht.
Das ist die mit der neuen Trasse; das andere kostet nur 40 Millionen. Der Minister hat, wie ich schon ausführte, am 20. November 2000 gesagt, die Express-S-Bahn koste eine halbe Milliarde Mark. Das andere Projekt mit dem Staugleis in Neulustheim usw. hatte damals eine Größenordnung von 40 Millionen DM.
Nun ist eines dazu zu sagen: Wir gehen einmal von 20000 Fahrgästen aus; das ist angelehnt an die Hochrechnung für den Transrapid, wobei wir gehört haben, auf der S-Bahn – auch wenn es die Luxus-ExpressS-Bahn würde – führen weniger. Eine Bahn für 20000 Fahrgäste täglich bei 1 Milliarde e Kosten ist ein Projekt, das nie und nimmer genehmigungs- und förderungsfähig ist. Wir diskutieren doch gerade den zweiten Tunnel in München, Herr Minister Wiesheu. Dafür sind die Kosten mit 900 Millionen e angesetzt bei 100000 bis 120000 Fahrgästen. Da haben Sie nach der standardisierten Bewertung ganz große Schwierigkeiten, einen entsprechenden Nutzen-Kostenfaktor zu bekommen. Und da wollen Sie uns nun weismachen, bei 1 Milliarde e für 20000 Fahrgäste ein solches Projekt bauen zu können. Das ist schlicht und ergreifend lächerlich.
Wir bleiben weiterhin dabei: Wir wollen die ExpressS-Bahn light – von Ihnen immer abgemeiert als Humpelexpress. Dazu sind zu nennen einige kleinere Maßnahmen wie zwei Überwerfungsbauwerke, ein Staugleis in Neulustheim und Ähnliches. Der Fahrzeitgewinn betrüge eine Viertelstunde. Selbstverständlich kann man dann nicht mehr in Neufahrn flügeln, aber ich denke, das kann man den Fahrgästen zumuten. Die entscheidenden Vorteile sind folgende: Erstens. Sie lässt sich wesentlich schneller realisieren – und jetzt müssen solche Maßnahmen her –, und zweitens kostet sie nur einen geringen Bruchteil Ihrer beiden Traumschlösser Transrapid oder Luxus-Express-S-Bahn. Deshalb propagieren wir weiterhin diese Maßnahmen, die von Ihnen zwar immer wieder einmal zugesagt wurden, dann aber wieder zurückgenommen wurden, und so weiter und so fort. Wir meinen, es muss sofort etwas passieren.
Wir reden gerade von der S-Bahn. Ich habe gehört, dass Sie die zweite Stammstrecke angesprochen haben. Was Sie hier planen, ist auch sehr famos. Da gibt es doch folgende Probleme. Man muss so tief runtergehen, dass man länger auf der Rolltreppe steht als dann in der S-Bahn sitzt, und weil es so tief hinuntergeht, ist es auch so teuer, und deshalb kann man dann auch nicht genügend Stationen haben. Der Ostbahnhof ist dann im Grunde gar nicht angebunden, außer über eine 180-Grad-Schleife mit der Folge, dass dann, wenn es einen Störfall in der alten Röhre gibt, die Passagiere, die von Ismaning oder Markt Schwaben kommen und zum Ostbahnhof wollen, gar nicht dort hingelangen, sondern erst zum Marienhof fahren müssen, zu Fuß zum Marienplatz gehen und versuchen müssen, retour in Richtung Ostbahnhof zu kommen. Diese Problematik muss noch weiter diskutiert werden. Da gibt es noch einige kritische Punkte. Diese Diskussion ist aber heute nicht angesagt. Sie muss zu anderer Zeit geführt werden.
Eines ist klar zu sagen: Es hilft nicht, die Leute bis ins nächste Jahrzehnt zu vertrösten. Wir haben jetzt die Engpässe, die Störfälle, die katastrophalen Zustände. Dagegen müssen Sie aktiv werden und versuchen, Maßnahmen zu ergreifen wie die Umleitung der S-Bahn über den Bahnsüdring. Da sind keine teuren 100-MillionenLösungen angesagt; es reichen beispielsweise zwei Behelfsbahnsteige in Laim, einige wenige Überwerfungsbauwerke bzw. Weichen, und mit zwei weiteren Behelfsbahnsteigen an der Poccistraße könnte man schon sehr viel pendeln. Damit hätte man zum einen für die wochenendlichen Sperrungen etwas erreicht und zum anderen vor allen Dingen gegen die Störfälle, die immer wieder auftreten und die die Fahrgäste überaus verdrießen.
Ich komme wieder zum Transrapid zurück und möchte ein paar Bemerkungen zu den Anmerkungen machen, die uns immer wieder „entgegengeschnattert“ werden. Ein Argument, das auftritt, wenn wir unsere Bedenken vortragen, lautet: Wir müssen in der jetzigen Situation unternehmerisch handeln. Da bin ich völlig d’accord. Für mich aber heißt unternehmerisch handeln etwas wagen. Es kann nicht angehen, dass Sie allein die Gelder der Steuerzahler „wagen“ wollen, sondern auch die Industrie muss etwas wagen. Sie darf sich nicht allein auf den Steuerzahler verlassen.
Nun ein Wort zum Kollegen Maget. Es war interessant, dass Kollege Maget die Kostensteigerung auf der Strecke München – Ingolstadt – Nürnberg als Beispiel gebracht hat. Uns allen ist bekannt, was da passiert ist. Da wurde zunächst um eine Milliarde DM schöngerechnet, und dann ist eine weitere gute Milliarde dazugekommen, weil man die Höhlen im Karst nicht berücksichtigt hatte. Die, die da gebohrt haben, haben sich keine Vorstellung davon gemacht, und die am grünen Tisch, der Rechnungshof, der Bund Naturschutz und die GRÜNEN haben gesagt: Das wird schwierig, Leute; das kann bedeuten, dass im Tunnel Brückenbauwerke notwendig sind. Das alles wurde vom Tisch gefegt. Und es ist interessant, das jetzt aus dem Mund vom Kollegen Maget zu hören, denn wir waren damals im Landtag einsame Rufer in der Wüste. SPD und CSU haben dieses Projekt damals in Bayern ganz maßgeblich mit befördert. Dies sei an dieser Stelle angemerkt.
Meine Damen und Herren, wir alle sollten aus diesen Erfahrungen lernen. Es ist doch immer so, dass solche großen Verkehrsprojekte in den Kosten zu niedrig gerechnet und in den Erlösen zu hoch angesetzt werden. Dies wird beim Transrapid wieder der Fall sein. Damit wird die Rechnung von Minister Wiesheu noch mehr zur Milchmädchenrechnung werden.
Eine weitere spannende Geschichte sind die Arbeitsplätze. Jetzt ist von 1000 Arbeitsplätzen in der Bauphase die Rede. Meines Wissens hat Herr Bögl keine Lizenzen abgegeben, sondern Patente verkauft. Da möchte ich schon wissen, wer denn nun eigentlich bauen soll, auch wenn Herr Bögl der Generalunternehmer ist.
Aber lassen wir das mal ausgeblendet. Tausend Arbeitsplätze zeitweise für mindestens 1,5 Milliarden e, das sind sehr teure Arbeitsplätze. Ich meine, mit dem Geld könnte man tatsächlich etwas Besseres machen, auch unter arbeitsmarktpolitischen und industriepolitischen Gesichtspunkten, wie sie immer vorgetragen werden.
Ein Satz noch zum im Grunde schon ein bisschen Rumgeeiere der SPD. Zuletzt war das Argument, es gäbe keine Trasse, und an der Westtrasse stößt man sich. Dazu muss ich ganz klar sagen: Die Osttrasse war immer nur eine Luftnummer. Man hat immer gewusst, dass es die Speicherseen, das FFH-Gebiet gibt, und die Idee mit der Messe war völlig absurd, weil der Transrapid eben kein Massenverkehrsmittel ist. Da müsste man kilometerlange Bahnsteige haben mit den Caps, wo die Leute reingeschleust werden. Das war im Grunde nie realistisch.
Ein bisschen erschreckend für uns war schon, was beim letzten Plenum passiert ist. Erst hat die SPD signalisiert, unserem Antrag zuzustimmen. Die Hauptrede hat aber dann Herr Kollege Schläger gehalten, und er hat nichts anderes gemacht, als ein Loblied auf den Transrapid zu singen, indem er im Wortlaut aus der Werbebroschüre der Magnetschwebebahn-Vorbereitungsgesellschaft vorgelesen hat.
Das wurde heute nicht wiederholt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir sind froh darüber. Kollege Schläger, das Argument mit der Energie hat zum Teil für Langstrecken gegolten, es gilt aber zum Beispiel nicht für die Kurzstrecke, wo die Energiebilanz hundsmiserabel ist. Wir freuen uns also, dass hier gelernt worden ist.
Ich komme zum Schluss. Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kollege Maget, rede ich durchaus gern über NordrheinWestfalen.
Ich habe dieses Verkehrsmittel ja vorhin schon als schwebende Trambahn mit Stehplätzen bezeichnet. Das ist mindestens genauso absurd wie das bayerische Projekt. Wir sind auch alles andere als glücklich, dass sich unsere Kolleginnen und Kollegen in Nordrhein-Westfalen von Herrn Clement mit dem Herrn Möllemann haben erpressen lassen.
Genauso war es. Er hat gesagt: Wenn nicht ihr, dann kann ich auch mit dem Möllemann. – Das sind die Hintergründe, da brauchen wir uns überhaupt nichts vormachen.
Herr Kollege Dinglreiter, es ist schön, dass Sie mich aufmuntern. Dann kann ich noch etwas erzählen. Wir bedauern auch die in der Koalitionsvereinbarung erzwungene Haltung unserer Bundestagsfraktion. Auf der einen Seite findet sich der Transrapid, wie Sie gesagt haben, im Zukunftsprogramm Mobilität. Auf der anderen
Seite wird gesagt, mit dem 2,3-Milliarden-e-Deckel kommt er dann nicht. Das halten wir auch für eine nicht so wahnsinnig glückliche Position.
Wir müssen aber eines sagen: Wir, die GRÜNEN im Bayerischen Landtag, sind ganz klar und eindeutig positioniert, und wir sagen, wir haben die besseren Argumente. Wir halten das bayerische Transrapid-Vorhaben weiterhin für einen verkehrspolitischen Irrweg und für einen finanzpolitischen Irrsinn. Auf Kosten der Steuerzahler wollen sich einige Politiker ein Denkmal setzen und einige Geschäftsleute eine goldene Nase verdienen.
Zur Verkehrspolitik: Schauen Sie sich einmal die Brüche und die Systemzeiten an. Um die geht es doch. Sie brauchen nicht zu glauben, dass ein Geschäftsmann, der am Flughafen landet und zu Siemens nach Solln will, in den Transrapid steigt, dann aussteigt und ein Taxi nimmt, also einsteigt und wieder aus. Nein, der steigt gleich ins Taxi.
Oder er wird abgeholt. Die vierköpfige Familie aber schaut da schon auf den Geldbeutel und fährt weiterhin mit der „Humpel-Express-S-Bahn“ oder mit der alten S-Bahn. Hier ist der verkehrspolitische Nutzen gnadenlos übertrieben worden.
Aber für uns entscheidend sind die Steuergelder in Milliardenhöhe, die für den Transrapid ausgegeben zu werden drohen. Wir wollen das Ganze stoppen. Für uns ist auf keinen Fall hinnehmbar, dass Wiesheu und Stoiber weiterhin ungeniert in Nahverkehrskassen greifen wollen. Sie wollen einen Beutezug zulasten der Fahrgäste im Schienenpersonennahverkehr und im allgemeinen Personennahverkehr. Die Leute sollen, wie ich schon gesagt habe, weiterhin im Wind, im Regen, in überfüllten Bussen, in überfüllten Zügen stehen. Dieses Spiel machen wir nicht mit.
Deswegen halten wir weiterhin in aller Heftigkeit mit guten Argumenten dagegen, und deswegen beantragen auch wir namentliche Abstimmung über unseren Antrag.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Runge. Auch über den Antrag der GRÜNEN soll also namentlich abgestimmt werden. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Kaul das Wort.
Herr Präsident, wehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Runge, nur weil wir uns ja ab und zu zu diesem Thema begegnen: Das Patent ist nicht von 1935, sondern vom 14. August 1934. Es gibt immer Leute, die in solchen Aussagen herumrühren.
Herr Präsident, wehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir hier mit der Diskussion fertig sind, dann findet die Fortsetzung im Landtag von Nordrhein-Westfalen statt.
Ich habe hier die Einladung zur 38. Sitzung des Verkehrsausschusses des Landtags von Nordrhein-Westfalen, Tagesordnungspunkt 3: Metrorapidfinanzierung und Planungsstand, Bericht des Ministers für Verkehr, Energie und Landesplanung, Horstmann. Da ich die Tüchtigkeit unserer Stenografen kenne, bin ich sicher, dass wir in den nächsten eineinhalb Stunden die vorläufige Niederschrift vorliegen haben. Und da ich eine gute Verbindung nach Nordrhein-Westfalen habe, werde ich mir erlauben, besonders die Beiträge von Herrn Maget und von Herrn Dr. Runge den Kollegen zu faxen, damit sie gleich in die Diskussion in Nordrhein-Westfalen eingehen können. Das wird für sie in höchstem Maß interessant sein.
Das gilt besonders für die Bemerkung ihres grünen Kollegen Dr. Runge, dass die GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen in die Koalitionsvereinbarung gezwungen wurden, aber auch für die Ausführungen des Kollegen Maget. Herr Kollege Maget, Ihr Fraktionsvorsitzender Kollege – er heißt Edgar Moron, glaube ich, richtig? – stellt am 28. Januar 2003 – –
Ein guter Mann? – Sehr gut, ich finde ihn auch gut, ich will ihn nämlich jetzt zitieren, sonst würde ich ihn nicht gut finden.
Die Zitate, die jetzt kommen, die erst drei Wochen alt sind, ganz aktuell also, hat er von sich gegeben offensichtlich auch im Wissen um die Zitate, die Herr Kollege Maget von der Deutschen Bahn hier vorgetragen hat. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass Sie sich untereinander austauschen.
Verehrter Herr Kollege Maget, so leicht können Sie es sich nicht machen, dass Sie sagen: Ich bin hier in Bayern, und was die Nordrhein-Westfalen machen, geht mich nichts an.
Nein, nein. Wenn Ihr Genosse Stolpe diese beiden Projekte in einem Atemzug nennt – und Sie haben ja auch gesehen, dass die Deutsche Bundesbahn, ihre eigenen Zitate, beide Projekte miteinander verknüpft, indem sie sagt: entweder beide oder gar nicht –,
müssen Sie sich schon gefallen lassen, dass sich die Nordrhein-Westfalen über uns Gedanken machen – das werden Sie gleich sehen – und wir uns über sie. Wir machen uns diese Gedanken, aber Sie über Ihre Genossen nicht, und das ist Ihr Fehler.