(Lebhafter Beifall bei der CSU – Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe noch keinen grünen Chinesen gesehen, den müssen Sie mir mal zeigen!)
Aus dem einen Satz sind doch noch vier geworden. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Schläger das Wort. Herr Kollege Schläger, Sie sprechen zehn Minuten; so wurde ich informiert.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte bei diesem Thema in erster Linie über die verkehrstechnische Seite reden. Dreh- und Angelpunkt ist allerdings momentan die Finanzierung, wie wir
Ohne Zweifel ist der Transrapid ein höchst innovatives, zukunftsorientiertes und äußerst faszinierendes Verkehrsmittel.
Er ist verkehrstechnisch die optimale Lösung für ein drängendes Verkehrsproblem in Bayern. Die Verkehrssituation im Norden Münchens ist prekär; darüber brauchen wir uns nicht zu streiten, und das brauchen wir auch nicht zu vertiefen. Die A 9 zwischen dem Kreuz München-Nord und der A 92 ist der meistbefahrene Autobahnabschnitt Europas. Insgesamt spielen im Münchner Norden die Verkehrsströme vom und zum stark expandierenden Flughafen eine entscheidende Rolle, ob das manchen nun gefällt oder nicht.
Zur Entlastung brauchen wir ein öffentliches Verkehrssystem, das an Komfort und Schnelligkeit dem Pkw überlegen ist. Die S 8 und die S 1 sind zwar für die Region München von großer Bedeutung und bedeuten eine ideale Verbindung. Weil diese S-Bahnen aber – ich drücke das jetzt flapsig aus – an jeder Milchkanne halten, sind sie kein zukunftsweisendes Verkehrsmittel zum Flughafen. Ein Transrapid, der vom Hauptbahnhof ausgeht, bindet den Schienenfern- und -nahverkehr, bindet alle S-Bahnen, vier U-Bahnen und zahlreiche Straßenbahnen an den Flughafen. Der Hauptbahnhof München wird damit praktisch zu einem vorgelagerten Terminal des Münchner Flughafens. Das wäre eine ungeheure Steigerung der Attraktivität und brächte dem Fernverkehr zusätzlich Reisende, die vom Auto auf die Bahn umsteigen.
Der Transrapid ist ein sicheres Verkehrsmittel; denn er kann schon aus rein technischen Gründen nicht entgleisen. Der Linearmotor beschleunigt sechsmal so schnell wie der ICE-Elektromotor. Das heißt, dass er die gewünschte Geschwindigkeit in einem Sechstel der Zeit erreicht. Für den Bremsvorgang gilt Entsprechendes. Er ist auch viel steigungsfreudiger als alle Rad-SchienenFahrzeuge. Es gab einmal die Streckenplanung Berlin – Hamburg, die deshalb unsinnig war, weil man diese Transrapid-Strecke parallel zu einer ICE-Strecke bauen wollte. Man sollte also entweder das eine oder das andere machen. Herr Kollege Kaul, Sie haben vorhin von irgendwelchen roten Leuten gesprochen, welche die ICE-Technik nicht haben wollten.
Herr Kollege Kaul, es gibt einen Streit über Trassen, aber keinen Streit über die Technologie als solche.
Genauso ist es hier auch wieder. – Das Projekt Berlin – Hamburg hat dazu geführt, dass viele der Meinung sind, beim Transrapid handele es sich ausschließlich um ein Fahrzeug im Fernverkehr. Dem ist nicht so. Sein Erfinder Hermann Kemper hat in den Zwanziger- und Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts den Transrapid sogar für den öffentlichen Personennahverkehr konzipiert, und zwar als relativ langsamen Gleiter. Seine Vorteile im niedrigen Geschwindigkeitsbereich zwischen 200 und 300 Stundenkilometern sind: Er ist deutlich leiser, 30% weniger Energieeinsatz ist nötig, der Unterhalt ist günstiger, er schwebt ruhig bei hoher Beschleunigung. Mit anderen Worten: Der Transrapid ist schnell, leise, sparsam, umweltschonend, und in aufgeständerter Bauweise wird weniger Boden versiegelt als durch andere Systeme. In Japan wurden in der Zwischenzeit schon zwei weitere Variationen entwickelt, die auf deutschen Patenten beruhen. Das Musterbeispiel ist die Strecke in Shanghai in China. Ein Regio-Transrapid ist ökonomisch und ökologisch durchaus sinnvoll. Das Beispiel Chinas zeigt, dass der Bau innerhalb von zwei Jahren bewältigt werden kann.
Ich möchte ausdrücklich eine Warnung aussprechen. Wir haben in Deutschland das Faxgerät, das Fernsehen und den Laptop entwickelt, und all das wird heute schwerpunktmäßig in Japan, Korea, in Fernost gebaut. Es wäre sehr bedauerlich, wenn eines Tages beim Transrapid das gleiche Trauerspiel vor sich gehen würde.
Ich gehe auf das konkrete Vorhaben ein. Ich rechne mit einer 18-monatigen Dauer des Planfeststellungsverfahrens, wenn eine Trasse da wäre. Wir könnten also Mitte 2005 mit dem Bau beginnen. Die Nordstrecke, die Sie noch nicht haben, wäre 37 Kilometer lang; davon würden 7 Kilometer im Tunnel verlaufen. Der Betrieb könnte nach dieser Planung im Jahr 2009 aufgenommen werden.
Es gibt auch Prognosen, die besagen, dass der Transrapid gar nicht als Defizitprojekt laufen müsste. Die Investitionskosten würden 1,6 Milliarden betragen. Die Bundesregierung hat den bisherigen Finanzanteil von 550 Millionen e bestätigt. Da in der Zwischenzeit die Mittel für das Projekt in Nordrhein-Westfalen aufgestockt worden sind und die Bundesregierung ausgesagt hat, dass beide Verkehrsprojekte gleich behandelt würden, gehe ich davon aus, dass auch der bayerische Anteil auf über 550 Millionen e angehoben werden könnte. Es ist wirklich an der Zeit, dass die Staatsregierung ihre Hausaufgaben macht und darüber verhandelt. Herr Staatssekretär hat ja gesagt, Herr Staatsminister wäre im Moment in dieser Sache unterwegs.
Es muss klar sein, dass diese Gelder nicht zulasten des öffentlichen Personennahverkehrs gehen. Das heißt, der Transrapid darf nicht zulasten der Münchner S-Bahn, der Nürnberger S-Bahn und des übrigen regionalen Verkehrs in Bayern gehen; denn die Bürgerinnen und Bürger in der Oberpfalz, in Oberfranken und in anderen Gebieten auf dem flachen Land haben kein Verständnis dafür, dass sie zum Flughafen dreieinhalb Stunden brau
chen und dreimal umsteigen müssen, während die Münchner sagen, 40 Minuten zum Flughafen sind zu lang, wir wollen in 10 Minuten dort sein.
Wir müssen darauf achten, dass die Gelder für den öffentlichen Personennahverkehr in der Fläche bleiben. Ich sage ganz entschieden: Das Geld für den Transrapid muss aus anderen Töpfen kommen. Der Bund verhält sich hier vorbildlich. Die Gelder, die der Bund für beide Projekte zur Verfügung stellt, sind zusätzliche Mittel. Wir appellieren an die Staatsregierung, es in Bayern genauso zu machen.
Ich nehme hier auch die bayerische Wirtschaft nicht aus. Siemens und Thyssen Krupp haben versprochen, dass sie in Nordrhein-Westfalen mit investieren. 200 Millionen e haben sie zugesagt. Dazu muss ich sagen: Warum denn nicht in Bayern?
Den Gegnern dieser Strecke wird oftmals vorgeworfen – so ist es auch heute geschehen –, dass ihre Gesinnungsfreunde seinerzeit auch gegen den „Adler“ zwischen Nürnberg und Fürth gewesen wären. Tatsache ist, dass der „Adler“ überwiegend privat finanziert worden ist. Schauen Sie sich einmal den bayerischen Staatshaushalt von damals an: Da gab es keine müde Mark. Deshalb appelliere ich noch einmal an die Wirtschaft, sich zu engagieren.
Resümee: Die Sozialdemokraten verweigern sich einer zukunftsträchtigen Technologie nicht. Wir machen aber darauf aufmerksam, dass wir eine gesicherte Finanzierung und eine gesicherte Trasse brauchen, die wir heute leider noch nicht sehen. Wir werden in der Sache weiter miteinander reden und fordern die Staatsregierung auf, ihre Hausaufgaben zu machen.
(Beifall bei der CSU und bei Abgeordneten der SPD – Kaul (CSU): Was ist mit Ihren Genossen los? Nur einer hat geklatscht!)
Wenn schon die SPD nicht applaudiert, haben wenigstens wir dem Kollegen Schläger applaudiert, weil er eine vernünftige Rede gehalten hat.
„Finanzpolitische Abenteuer“ – das ist der Titel Ihrer Aktuellen Stunde – hat es in Bayern nicht gegeben und wird es in Bayern nicht gegen.
Kümmern Sie sich doch einmal um das, was Sie beispielsweise in Berlin in dieser Hinsicht angerichtet haben. 14 Milliarden e Nettoneuverschuldung – wenn Sie sich doch nur einmal darum kümmern würden, statt uns zu unterstellen, dass wir die Dinge nicht solide finanzieren! Wir brauchen eine solide Finanzierung; darin sind wir uns alle einig. Um diese solide Finanzierung müssen wir ringen; denn sie steht noch nicht – das sage ich ganz offen –, aber es wird darum gekämpft. Wir werden uns darum bemühen.
Herr Dr. Runge, was Sie machen, ist in hohem Maße unglaubwürdig. So geht es nicht. Sie erzählen uns, dass die GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen erpresst werden, dass es dort Machenschaften gibt und die Dinge hingedreht werden. Trotzdem stimmen Sie dort zu. Hier bei uns aber bekämpfen Sie das Projekt.
Ich darf ansprechen, was Herr Kollege Dr. Schläger gerade gesagt hat. Sie müssen doch einmal Ihre Position klären. Herr Kollege Schläger spricht hier als Hauptredner und hält ein Plädoyer für den Transrapid unter dem Vorbehalt, dass die Finanzierung gesichert werden kann. Da müssen Sie schon einmal klären, was Sie wirklich wollen.
Ich komme zum Thema der Wirtschaftlichkeit. Hören wir doch auf, bei der Frage immer so zu tun, als sei ein solches Infrastrukturprojekt in seiner Gesamtheit privatwirtschaftlich rentabel. Das ist die S-Bahn nicht, und das sind andere Projekte nicht. Worum es geht, ist die Frage: Wie ist das Betriebsergebnis, und macht es das Betriebsergebnis möglich, mit Darlehen zu finanzieren? Das ist der Punkt. In Nordrhein-Westfalen ist das Betriebsergebnis mit 50 Millionen e von vornherein negativ, während wir ein positives Betriebsergebnis von 26 Millionen e vorweisen können, mit dem sich durchaus ein Zinsdienst leisten ließe. Das muss man unterscheiden, um Klarheit in die Diskussion zu bringen.
Damit mir die Zeit nicht davonläuft, muss ich jetzt auf Herrn Kollegen Maget eingehen. Ich sage: Die Münchner CSU hat zu keinem Zeitpunkt den Transrapid abgelehnt.
Nein. Es hat Trassendiskussionen gegeben, die damals unter der Voraussetzung stattgefunden haben, dass es zwei Trassen gibt. Wie wir alle wissen, ist inzwischen eine Trasse aus den Überlegungen ausgeschieden. Ich bin sicher, dass dann, wenn die Sache von der Münchner CSU erneut behandelt wird, die Münchner CSU für den Transrapid ist. Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.
Herr Maget, Sie sollten nicht solche Beschlüsse im Münchner Stadtrat fassen. Wenn wir eine faszinierende Technologie einführen wollen, sollten Sie im Münchner Stadtrat sagen, jawohl, wir sind für diese Technologie, wenn wir sie finanzieren können. Das ist immer der Vor
behalt. Sie sollten sich aber nicht aus Gründen des Wahlkampfes hinstellen und den Transrapid insgesamt ablehnen. Das ist Heuchelei, Herr Maget.
Nein, das waren unsere Leute nicht. Ich garantiere Ihnen, dass die Münchner CSU für eine Transrapid-Strecke in München sein wird. Das wäre ja noch schöner.