Protocol of the Session on December 11, 2002

Ich entnehme aus Ihrer Frage und dem Beifall bei der SPD vor allem, dass Sie mit einer panischen Wut die Steuern in

Deutschland nach oben treiben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD)

Denn dies fügt sich natürlich in all das ein, was Sie nach der Bundestagswahl durch die Koalitionsvereinbarungen und durch sonstige Beschlüsse festgelegt haben. Nicht nur, dass Sie die Mehrwertsteuer erhöhen, nicht nur, dass Sie auf Immobilienverkäufe die Einkommensteuer erhöhen wollen, das Gleiche im Bereich der Wertpapiere. Nein, meine Damen und Herren, Sie wollen eine erhöhte Ökosteuer, Sie wollen jetzt auch noch die Vermögensteuer einführen. Dazu sage ich Ihnen: Wenn Sie das Land kaputtmachen wollen, dann machen Sie weiter mit dieser Steuerschraube.

(Starker Beifall bei der CSU)

Und, Herr Kollege Schieder, Sie sollten sich einmal selber fragen – ich habe Ihnen zugehört –: Warum sagen denn die Fachwelt des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, die gesamte Wissenschaft in Deutschland und maßgebliche Vertreter auch der internationalen Wirtschaft: Deutschland ist nicht nur unflexibel, sondern Deutschland hat auch mit die höchsten Steuern und Belastungen. Das ist doch der Ruf, den sich Deutschland leider erworben hat. Wenn Sie dem Ansehen Deutschlands weiter schaden wollen, dann, meine Damen und Herren, fahren Sie nur so fort. Aber dann wird Deutschland im internationalen Wettbewerb noch weiter zurückfallen. Deutschland ist doch nicht ohne Grund heute schon das Schlusslicht beim Wachstum in ganz Europa. Das ist auch ein Ergebnis überhöhter Steuern und Abgaben.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, gestatten Sie noch mal eine Frage des Herrn Schieder?

(Zuruf von der CSU: Aber nur eine Frage!)

Herr Staatsminister, würden Sie mir auf meine konkrete Frage entweder eine konkrete Antwort geben oder aber einräumen, dass Sie in der Sache nur herumphilosophieren?

(Zuruf von der CSU: Oho! – Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Schieder, ich könnte Ihnen drei Lexika dazu sagen, aber Sie werden dennoch nicht klüger, weil Sie nicht klüger werden wollen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Dinglreiter?

(Heiterkeit bei der CSU)

Für Freund und Gegner bin ich gerne bereit, ja.

Herr Staatsminister, könnten Sie dem Herrn Kollegen Schieder sagen,

(Heiterkeit bei der CSU)

dass im Sachverständigenrat, der gegen seine Äußerungen gesprochen hat, drei SPD-Mitglieder sind?

Da sehen Sie, wie solidarisch man innerhalb der CSU ist. Ich gebe das gerne weiter, aber ich habe nicht die Hoffnung, dass Herr Schieder dadurch klüger wird.

Meine Damen und Herren, was ist die weitere Folge? Ich sage dazu nur noch zwei, drei Gesichtspunkte. Wer die Vermögensteuer zum 01. 01. 2004 einführt, der muss zunächst einmal nach Schätzungen der Steuergewerkschaft etwa 6000 Planstellen in der Finanzverwaltung schaffen. Das heißt, er wird zunächst einmal in den Jahren 2004 und 2005 eine ungeheure Bürokratie aufbauen müssen, mindestens; das heißt zunächst einmal Beschäftigung für Finanzbeamte und Steuerfahnder. Irgendwann würden Sie wahrscheinlich im Jahr 2006 dann Mehreinnahmen bekommen. Wenn Sie aber erst 2006 beginnen, im kaputten Bildungssystem der Länder etwas zu tun, sind Sie viel zu spät dran, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Wir schlagen vor, für die Vermögensteuer die Länderkompetenz einzuführen. Wir begrüßen es, dass sich Bayern ganz eindeutig festlegt, wenn der CSU-Antrag mit Mehrheit beschlossen wird, und damit auch Klarheit schafft, dass in Bayern eine solche Vermögenssteuer nicht eingeführt wird.

Aber eines kann ich mir jetzt nicht verbeißen: Der Bundeskanzler hat ja als SPD-Vorsitzender vor kurzem gesagt, in seiner Partei gebe es eine große Kakophonie. Wo er Recht hat, hat er Recht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Im Falle der Vermögensteuer können Sie das hervorragend nachvollziehen. Vor der Wahl sagten sowohl Schröder als auch Eichel: keine Steuererhöhungen, denn Steuererhöhungen seien Gift für die Wirtschaft. Doch ein paar Tage nach der Bundestagswahl hatten einige Ministerpräsidenten schon die Idee der Vermögensteuer. Die anderen Steuererhöhungen habe ich Ihnen schon dargestellt. Die Bundestagsfraktion sagt, das sei Ländersache. Dann sagt der Bundeskanzler in seinem Parteivorstand wieder, er wolle innerhalb seiner Partei Klarheit, und macht in einem ZDF-Interview seine Position deutlich: Er hält die Vermögensteuer für falsch, weil sie die Steuerbelastung erhöhe und für die Wirtschaft schlecht wäre. Am nächsten Tag fordern dieselben Ministerpräsidenten eine rasche Einführung der Vermögensteuer. Ich stelle fest: Auch in Bayern möchte die

SPD eine länderübergreifende, bundeseinheitliche Vermögensteuer, während sie ihr eigener Parteivorsitzender für Unsinn hält. Meine Damen und Herren, da sehen Sie ein Beispiel für Kakophonie und Chaos innerhalb der SPD.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich lese heute in der Zeitung, dass in Niedersachsen Ministerpräsident Gabriel eine Unterschriftenaktion zur Einführung der Vermögensteuer plant. Dazu wünschen wir ihm viel Glück. Föderalismus heißt ja auch, dass jeder Unsinn machen darf, wenn er ihn in seinem eigenen Land vertritt. Die Wähler werden dann die Möglichkeiten haben zu entscheiden. Sie sollten aber Bayern und andere Länder, die sich dagegen wenden, nicht dazu zwingen. Wer für Föderalismus ist, soll anderen nicht etwas aufzwingen, das er für Unsinn hält. Deshalb sollte diese Länderentscheidung gegeben sein.

Die Unterschriftenaktion in Niedersachsen ist auch aus einem anderen Grund interessant; denn sie zeigt, in welche Zeiten die SPD zurückfällt. Wer Unterschriftenaktionen zur Vermögensteuer durchführen will, wird sie nicht sachlich und kühl begründen, sondern eine Neiddebatte vom Zaun brechen.

(Zuruf von der SPD: Haben Sie da Erfahrungen? – Weitere Zurufe von der SPD)

Sie wollen auf den Informationsständen in Niedersachsen eine Neiddiskussion vom Zaun brechen, gegen diejenigen, die höhere Vermögen besitzen, Stimmung machen und die Klassenkampfmanier wieder einführen. Das ist die Wirkung.

(Beifall bei der CSU)

Die Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, die in den letzten Jahren miserabel gewirtschaftet und eine hohe Schuldenlast aufgebaut haben, brauchen zum einen das Geld. Zum zweiten habe ich den Verdacht, dass man in Niedersachsen damit Wahlkampf machen und eine Stimmung erzeugen will, die sich gegen die Wirtschaft, gegen den Mittelstand und gegen Leute richtet, die mit ehrlicher Arbeit ein Vermögen erworben haben. Da werden Sie in Klassenkampf- und Neidmanier Stimmung erzeugen.

(Beifall bei der CSU)

Das ist neben der Steuerbelastung, die Sie auftürmen, ein weiteres, außerordentlich schlechtes Zeichen für die politische Kultur im Lande. Vonseiten der SPD wurde vor und nach der Wahl nicht nur gelogen und betrogen – jetzt wollen Sie auch noch eine Pogromstimmung im Lande. Das sollten Sie beenden.

(Beifall bei der CSU – Maget (SPD): Was zum Tod von zahlreichen Menschen geführt hat, das ist Pogrom! – Weitere Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Dr. Scholz, bitte.

Herr Staatsminister, Herr Maget hat mich zu Recht darauf hingewiesen, dass Sie vielleicht in Ihrer früheren Funktion als Generalsekretär etwas lockerer daherreden konnten. Aber als Staatsminister hier im Plenum des Bayerischen Landtags in diesem Zusammenhang den Ausdruck „Pogrom“ zu verwenden, ist eine Unverfrorenheit

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Radermacher (SPD): Das ist ein starkes Stück!)

und eine Verhöhnung der Geschichte und der Opfer, die in der Geschichte bei einem solchen umkamen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Dr. Scholz, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kupka? –

Nein. – Herr Staatsminister, Sie haben es mir sehr schwer gemacht, auf die vor uns liegende Fragestellung einigermaßen sachlich einzugehen.

(Maget (SPD): Ein Pogrom ist der Aufruf zur Tötung!)

Ihre Verhetzung, die Sie in den letzten Sätzen gebracht haben, entbehrt jeder sachlichen Diskussion und passt überhaupt nicht zu Ihrem Antrag.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Herrmann (CSU): Der Antrag stammt von uns!)

Ich möchte auf den Ernst des Themas zurückkommen. Stellen Sie sich bitte folgendes Szenario vor: Es findet die Wahl statt. Die Wahl wird gewonnen. Es wird eine neue Regierung gebildet.

(Zurufe von der CSU)

Gehen Sie doch mit mir diese Schritte. Es ist sehr interessant, sie nachzuvollziehen. – Die gebildete Regierung senkt die Steuern in einer bisher noch nie dagewesenen Weise, nämlich die Einkommensteuer im Spitzensatz um 10%, im Eingangssatz insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen um 20%, und sagt, das Problem der Gewerbeertragsteuer lösen wir, ihr könnt die Gewerbeertragsteuer von eurer Steuerschuld abziehen. Diese eben in Rede stehende Regierung sagt des Weiteren, auch für die Kapitalgesellschaften müsse man etwas tun, weil sie im internationalen Wettbewerb stehen, und senkt die Kapitalertragsteuer um fast ein Drittel.

(Dr. Bernhard (CSU): Die Körperschaftsteuer!)