Liebe Kolleginnen und Kollegen, der letzte Punkt, den ich noch ansprechen will, betrifft den Straßenbau. Die zentralen Fragen hinsichtlich der Infrastruktur unseres Landes sehen wir beim Bundesfernstraßenbau. In dieser Woche hatten wir ein Kamingespräch bei Herrn Bundes
verkehrsminister Stolpe, das in einer sehr guten Atmosphäre abgelaufen ist, von den Inhalten allerdings weniger gut gewesen ist. Nachdem sich abzeichnet, dass die Lkw-Maut im Jahr 2003 allenfalls marginale Erträge erbringt, entsteht für uns ein Riesenproblem, weil deshalb die Baumaßnahmen des Anti-Stau-Programms nicht finanziert werden können. Herr Bundesverkehrsminister Stolpe hat erklärt, dass er im Moment noch keine Lösung sieht, wie die Finanzierungslücke geschlossen werden könnte. Ich weise hier ausdrücklich darauf hin, gerade auch in Richtung Opposition: Wenn es bei dieser Aussage bleibt, werden wir stillgelegte Baustellen haben, werden wir im nächsten Jahr keine neue Baumaßnahme beginnen können, weil wir einen deutlichen Finanzierungsüberhang haben – alles mit dem Bund abgestimmt –, zum Beispiel bei der A 99 um München herum und die Refinanzierung über Anti-Stau-Mittel nicht kommt, weil erwartet wird, dass im nächsten Jahr die Lkw-Maut-Einnahmen für ganz Deutschland unter 20 Millionen e liegen werden.
Dies hätte eine weitere Reduzierung der Aufträge für die Bauwirtschaft zur Folge und brächte die Verkehrsinfrastruktur in keiner Weise voran. Darum ist es für mich völlig unverständlich, liebe Kollegen von der SPD, dass keine Bereitschaft besteht, die Hunderte von Millionen Euro im Verkehrshaushalt, die heuer von der Bahn nicht ausgegeben werden, weil die Bahn auch bei den Baumaßnahmen Verspätung hat, wenigstens übergangsweise auszugeben, bis die Lkw-Maut kommt; dann kann dies ja wieder zurückgeführt werden. Dies ist meines Erachtens eine ideologische Verblendung, die sowohl die Baukonjunktur weiter abwürgt als auch die Verkehrsinfrastruktur in unserem Lande dramatisch gefährdet.
Wir brauchen auch neue Finanzierungsmodelle. Mein Haus hat an der Entwicklung der so genannten A- und B-Modelle nach dem Bundesfernstraßengesetz mitgearbeitet. Ich möchte mich bei Herrn Poxleitner und seinen Leuten herzlich dafür bedanken, diese Modelle mitentwickelt zu haben.
Ich muss sagen: Wir haben exzellente Fachleute. Ich glaube auch – ich sage das hier ganz bewusst –, dass gerade beim Straßenbau nicht nach rot oder schwarz gefragt wird. Die Mitarbeiter des Hauses nehmen alle Abgeordneten in einer extrem kooperativen Weise ernst und versuchen, deren Anliegen positiv in die Verfahren einzubringen. Wir wissen, dass wir ohne die Mithilfe der verantwortlichen Mandatsträger die Öffentlichkeit für entsprechende Maßnahmen nicht gewinnen können, weil jede Maßnahme auch Belastete hat. Deshalb will ich auch den Mitarbeitern von dieser Stelle aus ein herzliches Dankeschön sagen.
Beim Staatsstraßenbau hat die Fraktion in Zeiten knapper Kassen deutliche Schwerpunkte gesetzt; in einem der Abänderungsanträge ist sogar eine pädagogische Maßnahme in Richtung Innenminister enthalten. Ich bedanke mich dafür, den Staatsstraßenbau als wichtige Maßnahme aufrechtzuerhalten. Wir befinden uns auf
einem Weg, auf dem in Zeiten knapper Kassen das System Staatsstraßen entsprechend verbessert wird. Auch hier muss ich sagen: Es könnte schneller gehen, aber wir können nicht mehr ausgeben, als wir haben. Es wird aber in vernünftiger Weise gearbeitet. Dass wir das auch über entsprechende technische Maßnahmen optimal umsetzen, können Sie in der schriftlichen Rede nachlesen.
Wir finanzieren die kommunalen Straßen zeitnah und ohne Zwischenfinanzierungen. Meine Vorgabe ist, lieber bei den Fördersätzen ein paar Prozentpunkte herunterzugehen, dann aber die Finanzierung zeitnah erfolgen zu lassen. Dies kann gehalten werden. Staatsstraßen in kommunaler Sonderbaulast stellen sich dabei als eine zentrale Maßnahme heraus. Ich bedanke mich beim Landtag für die Verlängerung dieser Maßnahme und bitte auch, mit den kommunalen Mandatsträgern, insbesondere mit den kommunalen Spitzenverbänden intensiv darüber zu reden, weil dort die Begeisterung für diese Maßnahme nicht so groß ist wie hier im Parlament und bei den einzelnen betroffenen Kommunen. Ich möchte nicht, dass diese Maßnahme gefährdet wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Rahmendaten von Wirtschaft und Finanzen zwingen uns zu deutlichen Einschränkungen. Wir müssen den Mut haben, das auch den Bürgern zu sagen. Es geht darum, die Prioritäten in schwieriger Zeit richtig zu setzen. Erst in der Krise zeigt sich die Qualität einer Verwaltung. Unsere Bürger können sich darauf verlassen, dass eine leistungsfähige innere Verwaltung für sie da ist und eine hochmotivierte, einsatzbereite Polizei für ihre Sicherheit sorgt. Ich habe Verständnis für manches, was jetzt von den Mitarbeitern als Unmut in den Diskussionen über die Bezahlung des öffentlichen Dienstes geäußert wird, weil manches, was da an Sonderopfern erscheint, die Leute in große Unsicherheit versetzt. Jeder muss aber wissen: Wir können nicht mehr ausgeben, als wir haben. Deswegen sage ich: Wir müssen auch bei den Mitarbeitern für Verständnis werben, dass bei leeren Kassen Schwierigkeiten entstehen. Diese Schwierigkeiten dürfen aber nicht einseitig zulasten des öffentlichen Dienstes gehen; sie dürfen nicht einseitig zulasten der Beamten gehen; sie dürfen nicht einseitig zulasten der Polizei gehen.
Ich danke den Mitarbeitern dafür, dass sie wirklich qualifizierte Arbeit leisten. Als abschließende Bemerkung richte ich meinen Dank an ein Haus mit über 1000 Mitarbeitern, die hoch engagiert sind. In der gesamten Verwaltung, der inneren Verwaltung und den Bauämtern tun ganz überwiegend außerordentlich engagierte Leute ihren Dienst, um auch in Zeiten knapper Kassen für den Bürger die besten Dienstleistungen zu erbringen. Ich hoffe, dass wir sie dabei gebührend unterstützen und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen. Ich bitte um eine freundliche Diskussion meines Haushalts. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde für die gemeinsame Aussprache eine Redezeit von zwei Stunden festgelegt. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 56
Minuten, auf die SPD-Fraktion 40 Minuten und auf die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN 24 Minuten. Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Das Wort hat Frau Kollegin Schmitt-Bussinger.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrter Herr Staatsminister Dr. Beckstein, meine Damen und Herren! Die Gewährleistung innerer Sicherheit ist und bleibt eine der wichtigsten Aufgaben der Innenpolitik. Kernaufgabe des Staates ist es, seine Bürgerinnen und Bürger vor Kriminalität zu schützen. Ein Leben ohne kriminelle Bedrohung gehört zu den unverzichtbaren Rahmenbedingungen individueller, beruflicher und persönlicher Entwicklung.
Seit dem 11. September 2001 hat sich das Gefühl von Bedrohung, hat sich aber auch die Bedrohungslage in Deutschland selbst verschärft, und mit einer Entspannung ist in Anbetracht der jüngsten Terroranschläge auch nicht zu rechnen. Die Bundesregierung – hier insbesondere Bundesinnenminister Otto Schily – hat mit der Verabschiedung des Sicherheitspaketes entschlossen gehandelt.
Mit dem am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Terrorismusbekämpfungsgesetz wurden zahlreiche Sicherheitsgesetze der neuen Bedrohungslage angepasst. So kann zum Beispiel die Einreise terroristischer Straftäter nach Deutschland verhindert werden. Identitätssichernde Maßnahmen im Visumverfahren wurden verbessert.
Die Rasterfahndung wird wirkungsvoller gestaltet. Durch die Abschaffung des Religionsprivilegs können die Aktivitäten extremistischer Ausländervereine in Deutschland unterbunden werden. Erst vor wenigen Tagen hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Klage gegen das schon vor einem Jahr verhängte Verbot des Kalifstaates abgewiesen. Dieses Urteil bestätigt das harte und konsequente Vorgehen der Bundesregierung gegen extremistische Vereine und Vereinigungen. Die laute Kritik von CSU und Bayerischer Staatsregierung, die Bundesregierung hätte nicht ausreichend auf die veränderte Sicherheitslage reagiert und zuwenig getan ist vollkommen unangebracht und entspricht auch nicht den Tatsachen.
Tatsache ist vielmehr, dass die Terrorismusbekämpfungsgesetze die Weichenstellung für eine konsequente und effektive Sicherheitspolitik in Deutschland und darüber hinaus vornehmen. Von Beginn des Jahres 2003 an werden zum Beispiel in den Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland neue Visa ausgegeben. Sie enthalten ein hoch sicheres integriertes Lichtbild und erlauben damit eine verbesserte Identitätskontrolle des Antragstellers im In- und Ausland. Dies ist ein erheblicher sicherheitspolitischer Fortschritt. Damit nimmt Deutschland innerhalb der Europäischen Union eine Vorreiterrolle ein. Die Mitgliedstaaten der EU haben sich auf Initiative Deutschlands auch verpflichtet, innerhalb der nächsten fünf Jahre einheitliche lichtbildintegrierte Visa einzuführen. Die rechtzeitig vor der Bundestagswahl von den Sicherheitsexperten der CSU verkündeten
Nachbesserungsanträge zu diesem Bereich waren damals und sind auch heute noch vollkommen überzogen und mit Datenschutz und geltendem Recht nicht zu vereinbaren.
Ich will auf eines der von Ihnen, Herr Minister, genannten Beispiele eingehen: Sie fordern die Regelanfrage im Einbürgerungsverfahren bzw. vor Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Bereits nach geltender Rechtslage darf ein Aufenthaltstitel nur dann gewährt werden, wenn kein Ausweisungsgrund vorliegt. Darüber hinaus ist der notwendige Informationsaustausch zwischen Sicherheitsbehörden und Ausländerbehörden durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz sichergestellt. Glauben Sie denn ernsthaft, andere Bundesländer hätten kein Interesse daran, extreme oder gewaltbereite Ausländer auszuweisen bzw. diese nicht einzubürgern? Denn genau das kritisieren Sie in Ihren Nachbesserungen. Aber so ist leider die Strategie bayerischer Sicherheitspolitik: Härte und Handlungsfähigkeit wird demonstriert, und zwar um jeden Preis.
Ich denke, wir brauchen kein Sicherheitspaket 3. Was wir brauchen ist die Umsetzung der Sicherheitspakete 1 und 2.
Herr Innenminister Dr. Beckstein, ich fordere Sie auf, die Übernahme polizeilicher Aufgaben durch die Bundeswehr nicht weiter zu verfolgen. Sie tun dies, obwohl Sie wissen, dass verfassungsrechtliche Gründe dagegenstehen. Sie fordern es, weil das zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit ausgebildete Personal, nämlich unsere Polizistinnen und Polizisten, so mit Aufgaben überfrachtet ist, dass die zusätzliche Bedrohungslage durch das vorhandene Polizeipersonal gar nicht abgedeckt werden kann. Sie haben darüber hinaus seit Jahren in sträflicher Weise die Einstellung junger Nachwuchskräfte vernachlässigt. Es ist daher kein Wunder, dass Ihnen Polizeipersonal fehlt. Es ist auch kein Wunder, dass Sie die Verantwortung auf den Bund schieben; das tun Sie öfter und auch gerne.
Herr Ministerpräsident Stoiber hat im vergangenen Jahr vollmundig – wie wir es von ihm gewohnt sind – das Sicherheitskonzept Bayern angekündigt. Es sollte mit 200 Millionen e, verteilt auf fünf Jahre ausgestattet sein. Es wurde von Ihrer Seite, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU – wie könnte es anders sein – als das größte Ländersicherheitspaket tituliert. Mit den im Rahmen dieses Sicherheitspaketes neu geschaffenen Stellen sollte die Präsenz der Polizei weiter gesteigert werden, es sollten Ermittlungen intensiviert, Verdächtige stärker observiert und die Schleier- und Rasterfahndung noch effizienter durchgeführt werden. Es wurden zwei Sonderprüfgruppen „Geldwäsche“ für München und Nürnberg angekündigt und die Steuerverwaltung sollte dafür 50 neue Stellen erhalten. Diese Liste der Ankündigungen ließe sich noch lange fortsetzen.
Ich frage Sie, Herr Minister, was haben Sie denn umgesetzt? Welche Ankündigungen sind denn bereits Realität? Was die Steigerung der Präsenz der Polizei betrifft, ist auf der ganzen Linie Fehlanzeige zu vermelden. In
keiner Dienststelle gibt es mehr Personal. Dort fragt man sich vielmehr, wo die angekündigten Stellenmehrungen denn versickert sein könnten. Es liegt leider die Vermutung nahe, dass die erst jüngst eingeläuteten sogenannten Modellprojekte zur nächtlichen Schließung von Inspektionen zeigen, wo das fehlende Personal für die angekündigte Höherpräsenz auf der Straße hergeholt wird, nämlich aus den Inspektionen selbst. Diese sogenannten Modellprojekte sollen dann auch noch als Erfolg verkauft werden, und zwar als Erfolg für mehr Sicherheit auf der Straße, obwohl – das wissen wir alle – dieses Vorhaben einzig und allein aus der Not geboren ist. Dieses Modellprojekt ist nichts anderes als ein reiner Marketinggag.
Die Aussage – auch aus Ihrem Munde, Herr Minister Beckstein –, diejenigen Polizisten, die nachts in einer Polizeidienststelle präsent sind, würden lediglich das Gebäude bewachen, ist eine Verhöhnung der Beamten.
Ich frage weiter: Was ist aus den angekündigten Sonderprüfgruppen Geldwäsche und den dafür notwendigen 50 neuen Stellen geworden? Man höre und staune: 30 Anwärter wurden eingestellt, die erst in drei bis vier Jahren ihre Ausbildung beendet haben und erst dann gegen Geldwäsche vorgehen können. Das ist eben – bei genauer Betrachtung – bayerische Sicherheitspolitik. Vollmundige Ankündigungen sind das eine; die Umsetzung wird dann nicht mehr ganz so ernst genommen.
Herr Innenminister, ich fordere Sie auf, den Ankündigungen auch die entsprechenden Taten folgen zu lassen. Wir von der SPD-Fraktion werden jede einzelne der im Sicherheitskonzept Bayern angekündigten 890 Stellen einfordern.
Wenn wir die Personalsituation bei der bayerischen Polizei näher betrachten, müssen wir von einer einzigen Verwaltung des Mangels sprechen. Sie, Herr Minister, schließen nachts Dienststellen, bauen die Sicherheitswacht aus, übertragen weitere Aufgaben an die kommunale Verkehrsüberwachung und das nur, um die Personalnot zu kaschieren. Dass die Arbeit unserer bayerischen Polizei trotzdem relativ gut funktioniert, ist zum großen Teil dem riesigen Engagement, das die Polizistinnen und Polizisten aufbringen, zu verdanken.
Herr Minister, nehmen Sie die Warnungen vor einem personellen Kollaps ernst. Nehmen Sie es ernst, wenn die Polizeistreife zu nächtlichen Ruhestörungen oder kleinen Unfällen nicht mehr kommen kann. Nehmen Sie es ernst, dass, obwohl bereits 440 Polizistinnen nicht zur Verfügung stehen, weil sie Mütter sind, nur 230 Stellen im Pool zum Ausgleich dafür da sind. Nehmen Sie es ernst, wenn eine Pensionierungswelle von Polizeibeamten auf uns zurollt, die heute schon Neueinstellungen erforderlich macht. Nehmen Sie es ernst, wenn die Lücke zwischen Sollstärke und Iststärke bzw. den tatsächlich zur Verfügung stehenden Polizeikräften immer weiter auseinanderklafft. Demotivieren Sie die Polizistinnen und Polizisten nicht dadurch, dass Leistungsanreize
abgeschafft, Beförderungsmöglichkeiten ausgesetzt und die Arbeitszeit erhöht wird, während gleichzeitig Gelder in Hülle und Fülle für die Propagandaabteilung der Staatsregierung, nämlich der Staatskanzlei vorhanden sind und auch noch aufgestockt werden.
Handeln Sie, Herr Minister, und tragen Sie den unausweichlichen Personalmehrungen Rechnung. Es geht schließlich um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch ein paar Gedanken zur Kriminalität von Kindern und Jugendlichen zum Ausdruck bringen. Bundesweit sank die Zahl der tatverdächtigen Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden in den letzten Jahren. In Bayern stieg sie im Jahr 2001 um 3,4%. Dabei spielen jugendliche Intensivtäter eine entscheidende Rolle. Über 80% der Straftaten dieser Altersgruppe werden von einen „harten Kern“ begangen.
Herr Minister, die SPD-Fraktion befürwortet ausdrücklich den Einsatz von Jugendkontaktbeamten, Schulverbindungsbeamten und den personenorientierten Ermittlungsansatz. Wir befürworten und unterstützen die verbesserte Zusammenarbeit zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft, Richtern, Jugendhilfe und Schulen. Wir begrüßen ausdrücklich das Schulschwänzer-Projekt in Nürnberg, das Projekt „Prävention im Team“ und viele der Projekte mehr.
Nur, Herr Minister, lassen Sie die eingeleiteten Projekte und Maßnahmen nicht zu Alibiveranstaltungen verkommen. Ziehen Sie die notwendigen aber auch die richtigen Konsequenzen. Es hilft nicht, wenn Sie das Strafmündigkeitsalter auf zwölf Jahre herabsetzen, und ein „Warnschuss-Arrest“ wie Sie ihn, Kolleginnen und Kollegen von der CSU erst kürzlich wieder beantragt haben, beruhigt nur das Gewissen.
Zu tun ist vielmehr Folgendes: Etatisieren Sie endlich Jugendkontaktbeamte, Suchtberater, Schulverbindungsbeamte, damit diese den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit intensiv wahrnehmen können. Sie könne sich ruhig am Beispiel Baden-Württemberg orientieren, wo dies seit Jahren umgesetzt wird.
Führen Sie die notwendigen und richtigen Modellprojekte wie das Nürnberger Schulschwänzer-Projekt über das Versuchstadium hinaus fort – allerdings auch mit staatlichen Finanzmittel – und führen Sie diese flächendeckend ein. Als Pädagogin – ich will das ausdrücklich sagen – halte ich das Schulschwänzer-Projekt für sinnvoll. Es hat durchaus pädagogische Dimensionen, wenn schulschwänzenden Schülern das staatliche Interesse an ihrem Tun durch polizeiliche Maßnahmen deutlich gemacht wird. Dass darüber hinaus Betreuung, Gespräche und vieles vieles mehr notwendig sind, um aus einem Schulschwänzer einen an seiner Bildung und seiner Zukunft interessierten jungen Menschen zu machen, ist, so glaube ich, uns allen klar. Erarbeiten Sie, Herr Minister, ein Konzept zum Umgang mit jugendlichen Intensivtätern aus. Eine spektakuläre Ausweisung, wie
Verstärken Sie präventive Maßnahmen. Dabei müssen die vielfältigen Ursachen von Kriminalität berücksichtigt werden. Es gilt, gesellschaftliche Bedingungen zu schaffen, die die Kriminalität reduzieren. Dazu zählen eine überzeugende Bildungs-, Wirtschafts- und Sozialpolitik, aber auch eine integrative Ausländer- und Aussiedlerpolitik. Und nicht zuletzt: Beziehen Sie die verantwortlichen Eltern in die verschiedenen Maßnahmen ein. Gehen Sie auch hier innovative Wege. Gewähren Sie Eltern Unterstützung und Hilfe beim Umgang mit ihren oft schwierigen „Sprösslingen“, und überprüfen Sie auch Möglichkeiten, dass nicht nur auf freiwilliger Basis die Schulen den Eltern in Fragen der Erziehung helfen.
Kolleginnen und Kollegen, die Situation – hier komme ich zum zweiten Themenschwerpunkt – der bayerischen Kommunen ist in den letzten Monaten dramatisch schlechter geworden. Haushaltssperre, Investitionsstillstand und drastische Einnahmeverluste prägen das Bild. Zu dieser Zustandsbeschreibung herrscht noch Einigkeit im Parlament. Bei der Ursachenforschung und den zu ziehenden Konsequenzen liegen wir jedoch meilenweit von einander entfernt. Wie es nicht anders zu erwarten war, suchen Sie die Verantwortlichen alleine in Berlin. Sie benutzen die weltwirtschaftliche Krise und die Probleme einzelnen Branchen, von ihrer hausgemachten kommunalfeindlichen Politik abzulenken.
Seit Jahren schon wachsen die Schulden der bayerischen Kommune wesentlich stärker als die des Freistaates. Das liegt gewiss nicht an der besonders ausgeprägten Freigiebigkeit unserer Städte und Gemeinden. Es liegt schlicht und einfach daran, dass Sie, Kolleginnen und Kollegen der CSU, einschließlich der Staatsregierung, die Städte, Gemeinde und Landkreise nicht ausreichend mit Finanzmitteln ausgestattet haben. Erschwerend kommt hinzu, dass Sie ohne Skrupel Jahr für Jahr Aufgaben auf die Kommunen übertragen haben, ohne die entsprechende Finanzierung zu sichern. Nein, darum musste man sich vor Ort selbst kümmern.
(Willi Müller (CSU): Das war vor allem der Bund! – Gegenruf der Frau Abgeordneten Werner-Muggendorfer (SPD): Das stimmt nicht!)