Protocol of the Session on November 13, 2002

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie, auch Herr Kollege Loscher-Frühwald, sprechen immer von verlässlichen Rahmenbedingungen. Was ist denn an einer derart kurzatmigen Politik verlässlich? Mit dieser Hauruck-Politik schaden Sie den bayerischen Bäuerinnen und Bauern. Versprochen – gebrochen. Das ist das Kennzeichen von Stoibers Agrarpolitik.

(Eckstein (CSU): Warum wählen die Bauern denn dann die CSU mit über 90%?)

Damals hat der Ministerpräsident erklärt, er wolle 10% Ökobetriebe in den nächsten Jahren. Das ist doch ein Versprechen. Da hätte man doch eigentlich erwarten können, dass auch 10% der Mittel für dieses Ziel ausgegeben werden. Nicht nur der Fördermittel, sondern der Mittel für Anstrengungen bei der Beratung, der Forschung und der Lehre.

(Loscher-Frühwald (CSU): Frau Künast soll auch 20% ausgeben!)

Wir können gern über Frau Künast reden, aber jetzt reden wir über den Lügner Miller und seinen Chef. Das ist der Punkt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Loscher-Frühwald (CSU))

Nicht nur Förder-, sondern auch Forschungsmittel sollten dafür ausgegeben werden. Was aber ist der Fall? Genau das Gegenteil. Seit vier Jahren gibt es einen einzigen Lehrstuhl für Ökoanbau in Bayern. Doch den gibt es nur auf dem Papier.

(Hofmann (CSU): Das reicht!)

Seit vier Jahren ist dieser Lehrstuhl nicht besetzt. Versprochen – gebrochen. Sie, Herr Minister, haben voriges Jahr hier versprochen: „Im Zuge der Neuausrichtung unserer Landesanstalten werden wir ein eigenes Institut für den ökologischen Landbau errichten.“ Ein eigenes Institut, das haben Sie gesagt. Pustekuchen. Aus den Augen der Öffentlichkeit – aus dem Sinn des Ministerpräsidenten. Das Ökoinstitut ist gestrichen. Versprochen – gebrochen. Sie, Herr Minister, und der Ministerpräsident persönlich haben im letzten Jahr erklärt, Sie wollten als Antwort auf die BSE-Krise die Regionalvermarktung stärken, die artgerechte Tierhaltung fördern und auf die Verfütterung von heimischen, möglichst am Hof angebauten Futtermitteln setzen. Ab heute sind diese Bemühungen für beendet erklärt. Versprochen – gebrochen.

Ministerpräsident Stoiber hat Anfang Oktober beteuert, er würde auf keinen Fall – so hat er in einem Interview gesagt – die Förderung zum Erhalt der Kulturlandschaft kürzen. Die Pflege der Landwirtschaft – so sagte er – sei ihm ein ganz wichtiges Anliegen. „Das sehe ich nicht als Kürzungsmasse“, sagte er. Das ist gerade einmal sechs Wochen her und jetzt will die Staatsregierung diese Fördermittel um insgesamt 4,3 Millionen e kürzen.

(Ach (CSU): Wissen Sie, dass wir Millionen weniger Steuereinnahmen haben?)

Wer so viele Versprechungen macht und sie in so kurzer Zeit bricht, sollte endlich aufhören, sich als Rächer der Enterbten aufzuspielen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Er hat seine Glaubwürdigkeit verspielt. Cui bono – wem soll es nützen? Wenn wir die gegenwärtige bayerische Agrarpolitik danach befragen, kann jeder sehen: der bayerischen Landwirtschaft jedenfalls nicht. Was Sie, Herr Minister Miller, als bayerische Agrarpolitik im Auftrag Ihres Herrn verkaufen müssen, schadet der Agrarpolitik. Ich bin auch ziemlich sicher, dass Ihnen diese Mogelpackung nichts nützen wird. Bei den Bäuerinnen und Bauern sowieso nicht, denn die können auf ihrem Konto nachschauen, was los ist. Es nützt Ihnen aber auch nichts, bei dem Versuch, sich bundespolitisch wichtig zu machen, denn die Zeit ist vorbei. Dort haben jetzt andere die Hosen an. Es hilft Ihnen auch nichts für den bayerischen Wahlkampf. Gerade die bayerischen Bäuerinnen und Bauern werden bald merken, dass sie bei Ihrem üblen Spiel die Dummen sind. Dann bekommen Sie die Quittung, Herr Minister Miller.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Dr. Dürr, mir ist leider entgangen, dass die Bezeichnung „Lügner“ gebraucht worden ist. Das hätte ich als unparlamentarisch rügen müssen.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn es aber wahr ist!)

Verbalinjurien werden grundsätzlich gerügt. Das ist nicht Stil dieses Hauses.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Frau Rader- macher (SPD): Dann hätte heute Morgen aber vieles gerügt werden müssen!)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Schläger.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In diesem Jahr wurde die Bayerische Staatsforstverwaltung 250 Jahre alt. Das ist eine Dimension, mit der Leute, die nur in fünfjährigen Legislaturperioden denken, nichts anfangen können. Es ist eine großartige Tradition, die diese Verwaltung hinter sich hat. Es gibt keine andere Verwaltung in Bayern oder darüber hinaus, die auf über 250 Jahre zurückblicken kann. In diesem Zusammenhang denken wir auch zurück an die Zeiten des 19. und des 18. Jahrhunderts, wo diese Verwaltung den bayerischen Haushalt noch zu 90% finanziert hat.

(Beifall des Abgeordneten Freiherr von Rotenhan (CSU))

Ein Drittel des Landes ist Wald. In all den Jahrhunderten lieferten Bayerns Wälder das benötigte Holz und erfüllten ihre Schutz-, Nutz- und Erholungsfunktion. Die Wälder schützen im Gebirge vor Steinschlag, Muren und Lawinen und sie dienen dem Klima, dem Wasser und dem Boden. Bereits die Kinder lernen in der Schule die

Wohlfahrtswirkung des Waldes kennen. Das sind Fakten.

Vor circa acht Jahren kam dann der bayerische Ministerpräsident und forderte, dass der Staatsforst ausschließlich nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen zu bewirtschaften wäre. Seither verstummt die Diskussion nicht – vor allem nicht in Jahren, in denen etwas draufzuzahlen ist –, ob der Bürger bereit ist, für seinen Wald auch ein Defizit mitzutragen. Ich sage Ihnen, er ist dazu bereit. Der Bürger wird auch nicht gefragt, ob er bereit ist, für die Pinakothek der Moderne 20 Millionen e mehr auf den Tisch zu legen oder ob er die Landschaftspflegearbeiten bezahlen will – um ein Beispiel aus einem anderen Ministerium zu nehmen –, die seit Jahren ansteigen – die zu Recht ansteigen –, und die heute das Doppelte und Dreifache im Haushalt gegenüber früher erreicht haben.

(Freiherr von Rotenhan (CSU): Sie vergleichen Äpfel mit Birnen!)

Eine intakte Umwelt und auch intakte Wälder sind dem Bürger etwas wert, Herr Kollege von Rotenhan.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Infolge der Forstreform werden unseren Forstbediensteten allerhöchste Leistungen abverlangt, und zwar auf allen Ebenen: Revier, Forstamt, Forstdirektion und Ministerium. Ich möchte an dieser Stelle allen Bediensteten unserer Staatsforstverwaltung dafür auch einmal herzlich danken.

(Frau Radermacher (SPD): Sehr gut!)

Der Einschlag im Staatsforst betrug vor dieser Reform 3,5 Millionen Festmeter. Heute sind wir bei circa 4,8 Millionen Festmeter angekommen. Man muss eindeutig feststellen, dass kein Raubbau betrieben wird, sondern dass mehr Holz nachwächst als früher, und dieses Holz ist auch zu nutzen. Das ist in Ordnung. Aber die damit verbundene Mehrarbeit haben wir bei der Forstreform und beim Revierzuschnitt nicht berücksichtigt. Es kommt hinzu, dass weitere zusätzliche Aufgaben nach unten delegiert wurden. Die Waldpädagogik ist eingeführt worden. Das Ergebnis ist, dass bei einer Umfrage deutlich wurde, dass 40% der Beamten über zu hohe Arbeitsbelastungen klagen.

Dann kommt noch das Problem des ZBV, also des Mannes oder der Frau, die zur besonderen Verwendung da ist, so wie das im Schuldienst der Springer ist. Es ist im Zusammenhang mit der Reform eindeutig festgelegt worden, dass die Aufgaben in den neuen großen Forstämtern und in den großen Revieren nur erfüllt werden können, wenn jedes Forstamt und jedes Revier einen ZBV hat. Das ist bis heute nicht überall realisiert. Die Erfüllung dieser Vorgabe ist eine unserer zentralen Forderungen.

Lassen Sie mich noch ein paar Sätze über unsere Bergwälder verlieren, die in weiten Bereichen zweifelsohne in ihrer Existenz bedroht sind. Das geht auch aus dem Papier über die Schutzwaldsanierung hervor, welches das Ministerium bei den Beratungen im Haushaltsaus

schuss auf den Tisch gelegt hat. Da wird von Wäldern gesprochen, in denen sich die Sanierung nicht lohnt, weil immer noch zu viel vom Wild verbissen wird. Immer wieder kommt die Diskussion Wald vor Wild auf, so wie es auch Kollege Starzmann am Schluss seines Beitrages formuliert hat. Diese Frage wird Gott sei Dank meistens zugunsten des Waldes entschieden. Es gibt aber böse Ausreißer, bei denen das anders ist. Ich nenne in diesem Zusammenhang nur die Forstämter Ebersberg, Freising und Landsberg. Ich möchte Herrn Staatsminister Miller ausdrücklich ermuntern, diese Probleme, die nur sein Haus angehen, zu lösen, sodass sich nicht der Wirtschaftsminister einschalten muss.

Abschließend bedaure ich, dass die CSU und die Staatsregierung unseren moderaten Änderungsanträgen zum Einzelplan 09 nicht gefolgt sind. Damit Sie, meine Damen und Herren von der CSU, gegenüber den Forstleuten aber nicht ganz mit leeren Händen dastehen, haben Sie sich dazu bequemt, im Rahmen der Haushaltsberatungen einige marginale Verbesserungen vorzunehmen. Ich sage es, wie es ist: Uns ist das zu wenig und deswegen können wir auch dem Haushalt nicht zustimmen.

Lassen Sie mich abschließend noch eine Forderung für die Zukunft formulieren: Wir sollten alles daran setzen, unser bayerisches Einheitsforstamt so zu erhalten, wie es jetzt ist. Wir sollten gemeinsam Begehrlichkeiten zur Privatisierung des Staatsforstes abwehren. Die Beispiele in Österreich und, wie angedacht, in Sachsen sind nicht gut, finden wir.

Unsere Staatsforstverwaltung ist circa fünfmal so alt wie die bayerische CSU. Sie kann auf eine 250-jährige Erfolgsstory verweisen. Das sollte auch in den nächsten 250 Jahren so sein. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CSU)

Letzte Wortmeldung: Herr Kollege Brunner.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bedaure es außerordentlich, dass zwei Personen, die in den letzten Jahren die Arbeit im Agrarausschuss geprägt haben, heute angekündigt haben, ihre letzte Rede zum Agrarhaushalt gehalten zu haben. Ich meine den Vorsitzenden Loscher-Frühwald und seinen Stellvertreter Herrn Gustav Starzmann. Beide haben gleichermaßen die Arbeit des Agrarausschusses durch Sachlichkeit und Kompetenz positiv beeinflusst und zu einem angenehmen Klima beigetragen.

(Beifall bei der CSU und der SPD)

Herr Starzmann, Sie wären mir in Berlin als Agrarminister viel lieber als Frau Künast.

(Beifall bei der CSU – Frau Radermacher (SPD): Schreiben Sie das einmal dem Herrn Schröder!)

Herr Kollege Dr. Dürr, Sie haben zu Recht erkannt, dass neben den beiden wahrscheinlich noch ein Dritter ausscheiden wird. Ihrer Annahme kann ich nur beipflichten. Wahrscheinlich werden Sie die beiden wohl beim Ausscheiden begleiten.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Er hat vorhin angekündigt, dass drei ausscheiden, und mit seiner Vorhersage hat er wahrscheinlich gar nicht so Unrecht.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Dritte ist Herr Miller!)

Wir wollen darüber nicht streiten, Herr Dr. Dürr. Ich weiß, was ich meine, und Sie glauben irrtümlich auch zu wissen, was Sie meinen.

Herr Starzmann, Sie haben vorhin die Eigenmechanisierung kritisiert. Deswegen fördert Bayern nicht den Schlepperkauf, sondern die Maschinenringe, weil selbstverständlich – und das ist der Unterschied – nicht per Dekret, sondern auf freiwilliger Basis den Landwirten eine Alternative zur Eigenmechanisierung angeboten werden soll. Das geschieht zunehmend und damit wird, meine ich, zunehmend auch wirtschaftlich gehandelt und überlegt.

Erstaunlicherweise haben vor kurzem Ihre Kollegen auf der Oppositionsbank, nämlich die GRÜNEN, einen Antrag eingereicht, der die Kürzung der Mittel für das Kuratorium für Maschinen- und Betriebshilfsringe fordert. Das ist erstaunlich, Herr Kollege Dr. Dürr. Dazu können Sie sich vielleicht auch noch äußern.