Protocol of the Session on July 18, 2019

Meine Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit für die Rede der Ministerin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Südwesten ist die Heimat zahlreicher großer Unternehmen und großer Arbeitgeber. Manche sind Hidden Champions, andere sind weltbekannt. Einer der größten Arbeitgeber in Baden-Würt temberg ist aber das Land Baden-Württemberg selbst mit 185 000 Beamtinnen und Beamten bzw. Richterinnen und Richtern und ca. 74 000 Tarifangestellten.

Jeden Tag profitieren wir alle vom Know-how und von der guten und wichtigen Arbeit unserer Landesbeschäftigten. Sie kümmern sich in den Schulen unseres Landes um eine gute Bildung der Kinder in unserem Land; bei der Polizei sorgen sie für die innere Sicherheit; an den Hochschulen lehren und forschen sie für die Zukunft; in der Justiz vertreten sie die Rechtsstaatlichkeit – um nur einige wenige Beispiele zu nen nen. Überall treffen wir mit den Beschäftigten des öffentli chen Dienstes auf Menschen, die sich Tag für Tag im Interes se unseres Landes und unserer Bürgerschaft engagieren.

Mit dem Tarifabschluss vom 2. März dieses Jahres halten un sere Tarifbeschäftigten Anschluss an die allgemeine Einkom mensentwicklung. Damit zeigen wir unsere Anerkennung und sorgen dafür, dass der öffentliche Dienst als Arbeitgeber at traktiv bleibt.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir können froh und stolz sein, dass wir in Baden-Württem berg eine sehr niedrige Arbeitslosigkeit haben, die niedrigste

seit der Wiedervereinigung. Aber wir haben natürlich als Ar beitgeber im Wettbewerb um die klügsten Köpfe auch ein gu tes Angebot zu machen. Denn Fachkräfte sind in der Wirt schaft, aber auch im öffentlichen Dienst knapp. Der Tarifab schluss drückt sowohl die Wertschätzung als auch die Wett bewerbsfähigkeit aus.

Gute und wertvolle Arbeit für unser Land leisten aber nicht nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch die Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter. Des halb habe ich nach Vorliegen des Tarifabschlusses vorgeschla gen, das Ergebnis zeitgleich und systemgerecht auf die Beam tenschaft und die Empfänger von Versorgungsbezügen zu übertragen.

Der Tarifabschluss sieht im Wesentlichen eine Anhebung der Tabellenentgelte in einem Gesamtvolumen von 3,2 % zum 1. Januar dieses Jahres, also zum 1. Januar 2019, vor; weite re 3,2 % folgen zum 1. Januar 2020, und zum 1. Januar 2021 sind weitere 1,4 % verabredet worden. Die Laufzeit geht bis zum 30. September 2021.

Die Dienst- und Versorgungsbezüge sollen mit diesem Ge setzentwurf, den wir heute erstmals hier im Parlament bera ten, analog um dasselbe prozentuale Gesamtvolumen steigen. Außerdem wollen wir die Vergütungen der Anwärterinnen und Anwärter anheben, zum 1. Januar 2019 und zum 1. Januar 2020 jeweils um 50 € pro Monat, also genauso wie die Ver gütung der Auszubildenden im Tarifbereich.

Ein wichtiger Schritt für unsere Beschäftigten im Land war sicherlich auch, dass sowohl der Ministerrat als auch die Ko alitionsfraktionen und der Finanzausschuss zugestimmt ha ben, dass wir rückwirkend zum Januar 2019 ab den Juli-Be zügen Abschlagszahlungen vornehmen können, natürlich vor behaltlich der gesetzlichen Regelung, die erst noch beschlos sen werden muss. Aber ich denke: Dass wir die Wartezeit un serer Beschäftigten nicht überstrapaziert haben, ist auch ein Zeichen unseres Respekts und unserer Wertschätzung für die Arbeit der Menschen bei uns im Land.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Vielleicht fragt sich ja der eine oder die andere, was es denn mit dem Begriff „systemgerecht“ auf sich hat. Hintergrund ist, dass wir nicht alles, was im Tarifbereich vereinbart worden ist, 1 : 1 auf die Beamtenschaft übertragen können. So kann z. B. die im Tarifabschluss vereinbarte Mindesterhöhung der monatlichen Entgelte wegen des Abstandsgebots im Besol dungsrecht eben nicht 1 : 1 übertragen werden. Wenn wir al so von „systemgerecht“ sprechen, dann heißt das, dass wir auch diese Bestandteile des Tarifvertrags auf andere Weise in nerhalb der 3,2 % einberechnet haben und so diesen Betrag übertragen.

Wir wollen natürlich die Leistungen unserer Beschäftigten würdigen. Wir wollen im Wettbewerb um kompetente, moti vierte Beschäftigte in Baden-Württemberg bestehen. Natür lich kann dies – wir werden es dann hoffentlich gemeinsam beschließen – auch nicht ohne zusätzliche Mittel erreicht wer den. Die Mehrkosten dieses Tarifabschlusses und seiner Über tragung belaufen sich auf 3,3 Milliarden € während der ge samten Laufzeit des Tarifvertrags.

Aber selbstverständlich erwischt uns das nicht kalt. Denn wir wussten ja, es gibt Tarifverhandlungen. Wir wussten, es wird Tariferhöhungen geben. Die Vorsorge, die wir in der mittel fristigen Finanzplanung getroffen haben, lag bei 2,1 %. Und es war nicht etwa eine Prognose, die wir dazu abgegeben hat ten, wie der Tarifabschluss wohl ausfallen wird. Wie in der Vergangenheit auch war es nämlich der Durchschnitt der letz ten zehn Jahre, den wir als Planungsgrundlage für die mittel fristige Finanzplanung genommen haben.

Wir müssen jetzt mit der Erhöhung um 3,2 % also 900 Milli onen € mehr ausgeben, als in der mittelfristigen Finanzpla nung vorgesehen waren. Ja, es sind natürlich beträchtliche Mehrausgaben, die wir bei der Aufstellung des Doppelhaus halts für die Jahre 2020 und 2021 in den Blick nehmen und auch finanzieren müssen.

Alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, meine Damen und Herren, leisten hervorragende Arbeit. Für diese Arbeit möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken. Die sen Dank wollen wir nicht nur mit Worten, sondern auch mit diesem Gesetz, mit der Übertragung der Tarifergebnisse zum Ausdruck bringen. Das haben auch die Gewerkschaften und Berufsverbände ausdrücklich anerkannt. Sie kennen die Äu ßerungen bei der Anhörung zum Gesetzentwurf.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Natürlich wurden im Anhörungsverfahren auch weitere Wün sche, Anregungen und Forderungen vorgetragen. Aber ich bit te um Verständnis – ich habe die Summen genannt, die dieser Tarifabschluss und die Übertragung für den Landeshaushalt bedeuten –, dass die Erfüllung derzeit leider nicht möglich ist. Wir müssen die Rahmenbedingungen im Blick behalten.

Wir haben eine Steuerschätzung von Mai dieses Jahres, die deutlich hinter der Steuerschätzung vom Herbst letzten Jah res zurückbleibt. Wir lesen leider zunehmend Meldungen, dass sich die Konjunktur hier und da doch schon deutlich abkühlt.

Natürlich müssen wir auch bedenken, dass ab 1. Januar kom menden Jahres die Schuldenbremse gilt; das heißt, wir kön nen dann tatsächlich nur noch so viel Geld ausgeben, wie wir einnehmen.

(Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Doch ich bin überzeugt, dass wir unter diesen Rahmenbedin gungen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf das Bestmögli che erreichen und ein deutliches Signal an unsere Beschäftig ten senden. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen mit Ihnen hier im Landtag von Baden-Württemberg und hoffe na türlich, dass wir gemeinsam zu einem guten Ergebnis kom men.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Her ren, für die Aussprache hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Es beginnt Herr Abg. Dr. Rösler für die Grünen.

Werte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute sprechen wir über den Ent wurf des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Ver sorgungsbezügen in Baden-Württemberg. Mit diesem Gesetz erfolgt – die Ministerin hat schon darauf hingewiesen – eine Anpassung der Besoldung für die Beamtinnen und Beamten, für die Richterinnen und Richter in den Jahren 2019 bis 2021.

Damit werden die Bezüge rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres um 3,2 % erhöht, 2020 erneut um 3,2 % und 2021 um 1,4 %. Außerdem werden die Anwärtergrundbezüge rückwir kend zum Januar dieses Jahres um 50 € und zum Jahr 2020 erneut um 50 € erhöht. Hierfür wird eine nicht ganz unwesent liche Summe verausgabt. 2021 wird das eine leicht zu mer kende Summe sein: 1 111 Millionen € im Jahr strukturell.

Es stellen sich daher durchaus Fragen nach der Notwendig keit und nach der Gerechtigkeit. Beide Fragen werde ich be antworten.

Für diesen Beschluss benötigen wir also einen großen Schluck aus der Amphore des Haushalts 2020/2021. Aber dieser Schluck ist nicht nur gehaltvoll, er ist auch sinnvoll. Es ist sinnvoll, weil wir Grünen wissen, was wir am öffentlichen Dienst haben und welchen Anteil der öffentliche Dienst am Erfolg Baden-Württembergs hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Nur zwei Beispiele: Baden-Württemberg ist eines der sichers ten Länder, dank unserer Polizistinnen und Polizisten. BadenWürttemberg liegt mit 5 093 Straftaten auf 100 000 Einwoh ner gleich hinter Bayern auf Platz 2 bundesweit, noch vor Hes sen. Wir haben exzellente Kindergärten, wir haben exzellen te Schulen, wir haben exzellente Hochschulen, und das ver danken wir der exzellenten Arbeit von Erzieherinnen und Er ziehern, Lehrerinnen und Lehrern und allen Lehrenden an den Hochschulen des Landes.

Auch in meiner täglichen Arbeit als Abgeordneter – am ehes ten in der Umwelt- und der Finanzverwaltung, aber natürlich auch darüber hinaus – bekomme ich immer wieder mit, wie wertvoll und gut diese Arbeit ist. Ich möchte daher die Gele genheit nutzen, an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst des Landes Baden-Würt temberg Danke für die gute Arbeit und das hervorragende En gagement zu sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU sowie des Abg. Andreas Kenner SPD)

Wir müssen und wir wollen diese gute Arbeit auch honorie ren. Wir müssen und wir wollen, selbstverständlich im Rah men unserer – schwankenden – haushaltlichen Möglichkei ten, dafür sorgen, dass Stellen im öffentlichen Dienst attrak tiv werden und attraktiv bleiben. Dazu gehören viele Punkte; drei seien exemplarisch genannt: erstens die flexible Arbeits zeitgestaltung, zweitens die gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf und drittens die Möglichkeit, ein Sabbatjahr einzu legen. Mit all diesen Maßnahmen kann der öffentliche Dienst der Wirtschaft gegenüber durchaus punkten.

Für die Beamtinnen und Beamten gibt es zudem eine im Ver hältnis zu anderen Berufsgruppen auch weiterhin attraktive lebenslange Arbeitsplatzsicherheit und gute Pensionen. Bei

des ist in der heutigen Zeit durchaus nicht mehr selbstver ständlich. Trotzdem: Bei der Bezahlung müssen wir dranblei ben, um nicht abgehängt zu werden. Ich kenne nämlich in zu nehmender Zahl Landräte und Bürgermeister, die mir melden: Wir bekommen nicht mehr genügend Bewerber; es melden sich nicht mehr genügend Leute auf unsere Stellenanzeigen.

Zum Teil – ich betone: zu einem Teil davon – hat dies schon damit zu tun, dass in der Wirtschaft bei uns im Land – erfreu licherweise – gut gezahlt wird. Es ist daher notwendig, die Gehälter der Beamten und Beamtinnen zeitgleich und fast in haltsgleich – die Ministerin hat es gesagt: systemgerecht – an die Lohnentwicklung im sonstigen öffentlichen Dienst anzu passen.

Die baden-württembergische Wirtschaft blickt auf äußerst er folgreiche Jahre zurück. Mit fast 4,8 Millionen sozialversi cherungspflichtig Beschäftigten sind bei uns im Land mehr Menschen als je zuvor beschäftigt. Dieser überdurchschnitt liche Erfolg wurde insbesondere von den ansässigen Unter nehmerinnen und Unternehmern und den Beschäftigten dort erarbeitet. Dieses erfolgreiche Wirtschaften wird aber auch durch die gute Arbeit in den Behörden ermöglicht, und diese Arbeit in den Behörden dient auch einer prosperierenden Ent wicklung unserer Gesellschaft und der Steigerung der Lebens qualität für uns alle. Die Anpassung der Bezüge ist also auch gerecht.

Öffentlicher Dienst und freie Wirtschaft stehen beim Ringen um die besten Köpfe in Konkurrenz. Ein gesamtgesellschaft licher Erfolg braucht aber beides – öffentlichen Dienst und Wirtschaft. Diese Win-win-Situation möchten wir bei uns im Land weiter fortsetzen. Es handelt sich daher um gut inves tiertes Geld.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Fünf Minuten Komma null, null.

(Vereinzelt Heiterkeit – Beifall des Abg. Alexander Maier GRÜNE)

Herr Kollege Klein spricht jetzt für die CDU.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute beraten wir in der ersten Lesung das Ge setz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezü gen für die Beamten des Landes, aber natürlich auch der Kom munen des Landes Baden-Württemberg. Wir alle haben ja im Frühjahr die Einigung der Tarifgemeinschaft der Länder und der Gewerkschaften begrüßt. Die CDU-Landtagsfraktion hat zugleich eine zeit- und wirkungsgleiche Übertragung auf die Beamten, Richter und Staatsanwälte sowie Versorgungsemp fänger des Landes gefordert – wohl wissend, dass diese Tarif anpassungen Mehrausgaben von 445 Millionen € im Jahr 2019, 900 Millionen € im Jahr 2020 und über 1 Milliarde € im Jahr 2021 bedeuten.

Auch für die Städte und Gemeinden im Land Baden-Würt temberg sind dies natürlich erhebliche Mehrausgaben – die

aber allgemein, so darf man sagen, akzeptiert sind, wie auch die Stellungnahmen der kommunalen Landesverbände in den Anhörungen dazu gezeigt haben.

Der öffentliche Dienst muss auch in Zeiten annähernder Voll beschäftigung attraktiv bleiben; denn qualifiziertes und hoch motiviertes Personal ist ein entscheidender Standortfaktor für ein erfolgreiches Land wie Baden-Württemberg; dies haben auch die letzten Jahrzehnte in unserem Land gezeigt.