Protocol of the Session on July 18, 2019

Das gilt insbesondere für den Osmanen Germania Boxclub. Wir waren bundesweit die Ersten, die gegen die wohl als lan ger Arm Erdogans fungierende Gruppe Ermittlungserfolge er zielen konnten.

Wir müssen aber weiter wachsam sein. Es muss für die Si cherheitsbehörden weiter gelten: Gegen solche kriminellen Vereinigungen müssen wir weiter entschlossen vorgehen: mit Verboten, strafrechtlichen Ermittlungen und einem wirksa men Schutz von Zeugen und Aussteigern.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ein anderer Bereich, in dem Paralleljustiz vorkommt, sind lei der die Haftanstalten. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass teilweise Strukturen von organisierter Kriminalität und Selbstjustiz in den Haftanstalten bestehen. Für mich ist ein deutig, dass das Gewaltmonopol des Staates auch hier gelten muss. Es darf nicht sein, dass wir die Menschen, die wir in haftieren, nicht ausreichend vor gewalttätigen Übergriffen schützen. Die grün-schwarze Koalition steht dafür ein, dass wir die Verhältnisse in den Haftanstalten verbessern und sol che Strukturen aufgelöst werden. Die Regierungsfraktionen

haben sich zum Ziel gesetzt, hier wesentliche Fortschritte in dieser Legislatur zu erreichen. Dazu dient auch unsere ge meinsame Arbeitsgruppe „Moderner Strafvollzug“.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Um die Strukturen in den Haftanstalten aufzubrechen, brau chen wir ausreichend gut ausgebildetes Personal und damit auch eine hinreichend attraktive Justizvollzugslaufbahn. Wir brauchen bauliche Anstrengungen und ausreichende Resozi alisierungsarbeit in Haft, um z. B. gegen Suchtproblematiken und anderes vorzugehen.

Wir können, nicht ohne Stolz, sagen, dass wir im Vollzug seit 2011 viel erreicht haben. Die vorliegende Studie muss uns trotzdem Anlass geben, weiter daran zu arbeiten. Liebe Kol leginnen und Kollegen, behalten wir auch diejenigen im Au ge, die wenig Fürsprecher in unserer Gesellschaft haben.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die Studie benennt auch Fälle im Ehrschutzbereich und an dere Konflikte im milieuspezifischen, kulturell geprägten Um feld. Hier gibt es bestimmte soziale Faktoren, die die Entste hung solcher Strukturen begünstigen. Wir haben glücklicher weise keine strukturierte Clankriminalität, aber es gibt auch hier Kriminalität mit ethnisch geschlossenem Hintergrund.

Begünstigt wird dies oft dadurch, dass Menschen aus anderen Kulturkreisen ihre Erfahrungen mitbringen und in ihrem Hei matland Polizei und Justiz oft nicht als Partner, sondern als Feind kennengelernt haben. Hier muss die Erfahrung der Po lizei als Freund und Helfer erst noch gemacht werden. Des halb ist es auch so wichtig, im Bereich der Ausbildung und Einstellung bei Polizei und Justiz mit auf Diversität zu ach ten.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Dr. Alexander Becker CDU)

Ein Augenmerk müssen wir auch auf Anzeichen einer Paral leljustiz in den Bereichen Menschenhandel, Prostitution und Drogenhandel, die unabhängig von ethnischem und kulturel lem Hintergrund vorliegen, richten.

Als sicherheitsgefährdend sind auch Reichsbürger und Selbst verwalter anzusehen, die eine große Affinität zu Waffen ha ben.

Ein Ausfluss der Paralleljustiz ist aus meiner Sicht aber auch die Selbstjustiz. Diese haben wir bedauerlicherweise u. a. in Chemnitz erlebt. Es darf nicht hingenommen werden, dass Menschen in Pogromstimmung eigene Strafen schaffen und umsetzen. Auch der NSU meinte, gerechtfertigt zu sein, Men schen zu töten, die nicht dessen krudem Weltbild entsprachen.

Wir sind es allen Betroffenen schuldig, entschlossen zu han deln. Hilfsangebote und Kooperation sind hier die richtigen Mittel. Man muss Tätern und Opfern Perspektiven aufzeigen. Denn wer sich als Teil der Gesellschaft fühlen kann, ist weni ger gefährdet, in kriminelle Parallelstrukturen zu geraten. Die Studie zeigt hier eine Menge Maßnahmen auf.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich in diesem Kontext die Ar beit des Kompetenzzentrums gegen Extremismus in BadenWürttemberg, kurz: konex. Das ist die zentrale Anlaufstelle für Extremismusaussteigerinnen und -aussteiger ebenso wie für Lehrkräfte, Polizisten und Sozialpädagogen, die in ihrem Berufsalltag mit Radikalisierungen zu tun haben. Hier wird effektiv Ausstiegsberatung und Qualifizierung geleistet.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Lassen Sie mich abschließend noch ein paar Worte zum Op ferschutz sagen, denn die Studie findet hierzu deutliche Wor te. In den letzten zehn Jahren wurden die Gesetze immer wie der so verbessert, dass der Opferschutz deutlich gestärkt wur de. Damit sind wir nicht am Ende, aber wir müssen konstatie ren, dass das Gesetz viele Möglichkeiten bietet, Opfer zu schützen.

Trotzdem attestiert uns die Studie, dass hier noch vielfach De fizite bestehen. Die Studie nennt Fälle, in denen Geschädigte und Zeugen bedroht werden, sich nicht trauen, die Wahrheit zu sagen, und keine Schutzprogramme bekommen. Die Mög lichkeiten, die die Gesetze geben, müssen also stärker umge setzt werden. Natürlich ist das eine Frage der Ressourcen. Wir haben die Justiz personell massiv gestärkt und setzen diesen Weg auch konsequent fort.

Neben einem Zuwachs an Ressourcen braucht es aber auch einen Zuwachs an Sensibilität bei allen Beteiligten. Die Stu die nennt hier viele Beispiele, bei denen Opferschutzmaßnah men bisher nicht in allen Fällen ausreichend zur Geltung ka men. Dessen müssen wir uns zukünftig noch stärker anneh men.

Ich denke, dass ein Opferschutzbeauftragter in solchen Fra gen einen wichtigen Beitrag leisten kann.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Wir, die grüne Fraktion, stehen für die Freiheitsrechte. Aber klar ist, dass alle Menschen, die in Deutschland leben, das Grundgesetz zu achten haben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der FDP/DVP)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Klos.

Frau Präsidentin, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Das Thema der Aktuellen Debatte lau tet: „Paralleljustiz – eine Herausforderung für den Rechtsstaat in Baden-Württemberg?“ –

(Abg. Nicole Razavi CDU: Schön, dass er uns das noch einmal vorliest!)

Fragezeichen. Ich frage Sie: Wie kann man da ein Fragezei chen setzen? Selbstverständlich ist Paralleljustiz immer eine Herausforderung für den Rechtsstaat. Sie muss mit allen Mit teln bekämpft werden, und gerade hier sagt die AfD: Wehret den Anfängen!

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Paralleljustiz ist mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbar. Wer also meint, Paralleljustiz to lerieren oder verharmlosen zu können, wendet sich gegen die Fundamente unserer Werteordnung. Zu den wichtigsten Pfei lern, die dieses Fundament tragen, gehören das Gewaltmono pol des Staates – festgehalten in Artikel 20 des Grundgeset zes –, die Eigentumsgarantie und nicht zuletzt die Unabhän gigkeit der Justiz.

Grundlage der Rechtsprechung sind ausschließlich die in un serem Land geltenden Gesetze und Vorschriften und können ausschließlich auch nur die in unserem Land geltenden Ge setze und Vorschriften sein. Die Ausübung von Recht und Ge setz findet nur durch die dafür vorgesehenen Gerichte und In stitutionen statt.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Wir befassen uns zunächst kurz mit dem Gewaltmonopol des Staates. Es bedeutet, dass alle Mitglieder eines Gemeinwe sens darauf verzichten, Gewalt auszuüben, und dies auf die staatlichen Stellen übertragen.

Was passiert, wenn der Staat Recht und Gesetz nicht mehr durchsetzen kann? Dann herrschen Ungerechtigkeit, Willkür und im schlimmsten Fall Anarchie; denn diese rechtsfreien Räume, dieses Machtvakuum, das dann durch den Rückzug des Staates entsteht, laden entsprechende Elemente ein, die ses Vakuum auszufüllen und die Macht im Staat zu ergreifen. Wir, die AfD, wollen das auf gar keinen Fall.

(Beifall bei der AfD)

Bereits den ersten Anzeichen einer schleichenden rechtswid rigen Machtergreifung muss mit aller Entschiedenheit begeg net werden. Deshalb bekämpft die AfD alle Versuche, das Ge waltmonopol des Staates aufzubrechen, auf das Schärfste.

Jetzt analysieren wir einmal, welche politische Gruppierung mit dem Gewaltmonopol des Staates denn so ihre Schwierig keiten hat. Da wenden wir uns jetzt einmal den Hauptverdäch tigen hier im Saal zu: den Grünen. Von ihnen stammen ja so nette Sätze wie – Zitat –:

Die Blödheiten mit dem staatlichen Gewaltmonopol müs sen wir uns endlich abschminken.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Aus welchem Jahrtausend?)

Aus ihren Reihen wurde die Zerstörung von Gleisanlagen, das sogenannte Schottern, gutgeheißen. Aus ihren Kreisen wurde das Umsägen von Strommasten befürwortet.

(Zurufe von den Grünen: Was? – Gar nicht wahr! – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Es wird Zeit für den Verfassungsschutz!)

Ihre Leute sprachen sich für eine Zulässigkeit von Gewalt ge gen Sachen aus. Aus ihren Reihen wurden Steine auf Polizis ten geworfen

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Gar nicht wahr!)

und mit Präzisionsschleudern Mordgeschosse auf Polizisten abgefeuert.

Deshalb ist die Aussage des Abg. Hauk in der letzten Legis laturperiode auch richtig: „Die Grünen mögen erst einmal ihr Verhältnis zur Polizei und zum Rechtsstaat klären.“

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos] – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das Verhältnis ist doch klar!)

Die Grünen sind unter Bruch unseres Grundgesetzes in die Parlamente eingezogen. Wie können Sie sich bei Ihrer Vita und Ihrem politischen Werdegang anmaßen, anderen demo kratischen Abgeordneten die Eigenschaft „Demokrat“ abzu sprechen, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos] – Zuruf: Bravo!)

Die Grünen haben sich für die damaligen Gewaltexzesse we der glaubhaft entschuldigt, noch haben sie die Schäden ersetzt. Diese geistigen Wurzeln wirken bis heute nach, wie die Äu ßerungen aus ihren Reihen in der letzten Zeit zeigen. Und so lange kann man den Grünen auch nicht glauben, wenn sie be haupten, auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu stehen oder für sie einzutreten.