Protocol of the Session on July 17, 2019

wenn am Ende das Gleiche in allen Ländern herauskommen soll, muss man auch den gleichen Weg gehen und vor allem den gleichen Lernstoff unterrichten.

Das Stimmengewicht, das Baden-Württemberg dann haben wird, nun, das wird nicht weit über ein Sechzehntel hinausge hen, und ein Sechzehntel ist ziemlich wenig. Auch die Grü nen werden dafür sorgen – was manchem in dieser Koalition schwer im Magen liegt –, dass wohlmeinende Ratschläge aus den so „erfolgreichen“ Bildungsländern Bremen und Ham burg gebührend berücksichtigt werden.

Das Gewicht Baden-Württembergs ist unter dieser Regierung leicht geworden. Man sieht das an der Forschungsfabrik Bat teriezelle, die eben nicht nach Ulm vergeben wird. Die SPD regiert anscheinend auch immer irgendwie leichtgewichtig mit. Denn im November 2015 wurde mitgeteilt: „Islamunter richt in Baden-Württemberg ab 2018 geplant, regulärer Reli gionsunterricht im Islam“. Das hat Herr Stoch damals bei der Konstituierung des Projektbeirats gesagt. Am 9. Juli 2019 le sen wir in der „Badischen Zeitung“:

Der Islamunterricht in Baden-Württemberg ist gesichert – Eine vom Land getragene Stiftung wird den sunnitischen Islamunterricht organisieren. Die grün-schwarze Regie rungskoalition hat damit das Tauziehen um das Stiftungs modell beendet.

Gratulation – Unterricht für 6 000 Sunniten. Angeblich gibt es auch noch andere Glaubensrichtungen im Islam.

Die Koalition hat ihre Unstimmigkeiten über die Neuor ganisation des islamischen Religionsunterrichts beige legt. „Es gibt jetzt eine Einigung“, sagte Ministerpräsi denten Winfried Kretschmann... am Dienstag.... Damit kann der Islamunterricht auch im kommenden Schuljahr fortgesetzt werden.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Herzlichen Glückwunsch, ein echter Durchbruch. Oder eine Vertagung wichtiger Fragen? Denn was bedeutet ein Stiftungs modell? Ein Kompromiss, Kopflosigkeit oder Naivität? Oder einfach erst mal den Unterricht einführen, und dann sehen wir mal?

Die Landesregierung hat DITIB gebeten, bei der Stiftung mit zumachen. DITIB weigert sich – eigentlich ein Affront. Aber das merkt man anscheinend gar nicht mehr. Vielleicht will man es auch nicht merken.

(Abg. Carola Wolle AfD: Genau!)

Jedenfalls, mit einer Stiftungsgründung gibt die Regierung staatliches Handeln ab. Was für ein Signal für souveränes Re gierungshandeln! Eigentlich sieht es ein bisschen anders aus. Staatliche Souveränität wird abgegeben in Hoffnung worauf? „Stillstand, Blockaden und faule Kompromisse“?

(Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Man könnte nun noch zum Unterricht kommen, aber ein biss chen Zeit möchte ich mir bis zum Schluss aufheben und be danke mich für das Zuhören.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich nun Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei SPD das Wort.

Zitat aus dem Regierungs programm der SPD Baden-Württemberg 2011:

Wir werden innerhalb des achtjährigen Gymnasiums (G 8) den Schulen die Möglichkeit geben, einen paralle len G-9-Zug einzurichten – mit Wahlfreiheit für die El tern, welche Variante für ihr Kind die beste ist.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Ja!)

G 9 ist SPD.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Vier Thesen: Schulen brauchen Ruhe, Schulen brauchen pä dagogische Konzepte, Schulen brauchen Wertschätzung,

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Schulen brauchen Ressourcen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

These Nummer 1: Schulen brauchen Ruhe. Was wir 2011 in diesem Land vorgefunden haben, war eine Art pädagogischer Stillstand. Wir haben schon damals – übrigens seit 2000 ab sehbar – auch mit Blick auf nationale Bildungstests deutliche Warnsignale erhalten.

Es war daher notwendig, dass wir 2011 bis 2016 zahlreiche wichtige Reformen durchgeführt haben. Es wäre wichtig ge wesen, sie in dieser Legislaturperiode sacken zu lassen und fortzuentwickeln.

Aber was haben die Schulen stattdessen bekommen? Eine Kultusministerin, die Unruhe als Politikprinzip versteht, die beispielsweise einen Qualitätsprozess intransparent und ohne Rückkopplung durchführt

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

und die durch permanente Nadelstiche – und dabei noch nicht einmal mit offenem Visier – die Gemeinschaftsschulen unter Druck setzt.

Herr Rülke, hören Sie endlich auf mit dem Mythos der Privi legierung! Dann sagen Sie bitte dazu, dass die Gemeinschafts schulen im Sekundarbereich beispielsweise die Hauptarbeit bei der Inklusion leisten. Dafür sind wir sehr dankbar.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Schwarz, wenn Sie sich für die Grünen hier hinstel len und die Gemeinschaftsschulen loben, dann erwarte ich von Ihnen auch, dass Sie Ihrem Regierungspartner bei diesen per manenten Nadelstichen endlich mal in die Arme greifen. Da draußen machen Lehrerinnen und Lehrer eine sehr gute Ar beit, aber von den Grünen kommen überhaupt keine Wider stände,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Falsch!)

wenn es darum geht, dass die Schwarzen die Gemeinschafts schule angreifen.

(Beifall bei der SPD)

Nein, es wäre notwendig gewesen – ebendas ist die Position der SPD –, Reformen sacken zu lassen oder auch konsequent weiterzuentwickeln. Ja, es ist Zeit für die Wahlfreiheit bei G 9, und ja, wir müssen auch den Gemeinschaftsschulen dort, wo sie dies in Bezug auf ihre Schülerzahlen leisten können, die Möglichkeit geben, die gymnasiale Oberstufe einzuführen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Wollt ihr denn bei des? G 9 und Oberstufe? – Abg. Anton Baron AfD: Oje, oje!)

Übrigens ist es bei den Realschulen wichtig, diese pädago gisch fortzuentwickeln und den Ansätzen der letzten Legisla tur zu folgen. Mit Sicherheit aber ist es nicht richtig, diese in die Vergangenheit rückabzuwickeln, so, wie wir es zurzeit er leben.

(Beifall bei der SPD)

These Nummer 2: Schulen brauchen pädagogische Konzep te. Wir haben eine große Anzahl von Herausforderungen: die Fragestellung der individuellen Förderung, die Sprachförde rung – übrigens nicht nur für Kinder mit Migrationshinter grund –, Elternarbeit – wie können wir Eltern als aktivere Partner gewinnen? –,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das macht man be reits im Kindergarten!)

Migration als Chance, das Megathema Digitalisierung eben so wie die Fortentwicklung der Ganztagsschule – Stichwort Sekundarschule.

(Zuruf von der CDU)

Und was haben die Schulen bekommen? Eine Kultusministe rin, die nicht nur „erfolgreich“ „ella“ mit 28 Millionen € po tenziellem Schaden an die Wand gefahren hat

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Das sagen gerade Sie! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Vorsicht mit die sem Thema! – Abg. Nicole Razavi CDU: Pfeifen im Walde, Herr Kollege!)

und die auch keinerlei Impulse zur Fortentwicklung im IT-Be reich setzt, eine Kultusministerin, die im Bereich Ganztags schule trotz netter Konzepte immer wieder mehr der Flexibi lität statt der Qualität das Wort redet – ich könnte auch sagen: Bällebad statt Pädagogik.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Wenn wir nun in dieser Woche das Papier zur Kenntnis neh men müssen, dann müssen wir gleichzeitig zur Kenntnis neh men, dass die Kommunen auf den Bäumen sind, weil sie über haupt nicht gefragt worden sind. Das ist der „transparente Qualitätsprozess“.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die Kommunen wollen die flexible Betreuung!)

Es ist ein Fehler, wenn Sie Partner so vor den Kopf stoßen.

Und letzten Endes haben unsere Schulen eine Kultusministe rin bekommen, die massive Eingriffe in die Pädagogik vor nimmt. Man könnte auch sagen, Kollege Röhm: Plattgemacht ohne jede Evaluation, ob es nun um das Thema Schreiben geht, ob es um den – sehr gut besprochenen – Versuch der „Schule ohne Noten“ geht.