Noch etwas: Der Gesetzentwurf des Finanzministers beziffert die Kosten des Scholz-Modells auf 462 Millionen €. Man sagt, 3 000 zusätzliche Beamte werden wir allein in den Bewer tungsstellen der Finanzämter brauchen. Das sind Kosten, die die Länder tragen müssen.
Was wollen wir deshalb? Wir wollen ein einfaches, schlankes und transparentes Grundsteuermodell. Deshalb appelliere ich an alle Seiten: Lassen Sie uns diese Grundsteuerreform ge meinsam zum Erfolg machen. Ziehen wir parteiübergreifend klug mit vereinten Kräften im Bundestag, im Bundesrat, in der Landesregierung, auch hier in diesem Parlament an einem Strang.
Eines ist klar: Wenn jetzt Bundestag und Bundesrat eine Ei nigung finden, die auch mit der Verfassungsänderung durch geht, dann werden wir uns mit unserem Koalitionspartner un terhalten. Auch da werden wir einen Kompromiss finden.
Wir alle wollen doch einen starken Föderalismus. Wir alle wollen auch eine kluge Lösung. Deshalb lassen wir den en gagierten Bekenntnissen zum Föderalismus jetzt auch enga giertes Handeln folgen.
(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Bester Satz!)
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Oberstes Ziel muss es sein, dass die Kommunen im nächsten Jahr, nach dem 31. Dezember 2019, weiterhin die Grundsteuer erheben können. Das hat für uns oberste Priorität.
Denn die Situation ist klar: Gelingt die Grundsteuerreform nicht innerhalb dieses Jahres, dann war es das mit der Grund steuer. Das ist der Ernst der Lage.
Für die Kommunen geht es um viel. Es geht um eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen. In Deutschland nehmen die Kommunen rund 14 Milliarden € aus der Grundsteuer ein, in Baden-Württemberg sind es 1,8 Milliarden €. Das mag zu nächst eine abstrakte Zahl sein: 1,8 Milliarden €. Aber von der Grundsteuer ist jede Bürgerin, jeder Bürger unmittelbar be troffen. Es geht darum, wie vor Ort in den Städten und Ge meinden Kindertagesstätten, Bibliotheken,
eine leistungsstarke Verwaltung, quasi die kommunale Da seinsvorsorge finanziert werden. All das würde ohne Grund steuer zur Disposition stehen. Deswegen ist für meine Frak tion klar: Die Sicherung der Grundsteuer hat oberste Priori tät.
Es kommt jetzt darauf an, dass rechtzeitig bis zum Jahresen de ein Bundesgesetz in Kraft tritt. Dazu muss die Bundesre gierung auf die Grünen und auch auf die FDP zugehen. Denn sonst klappt es nicht mit der geplanten Grundgesetzänderung.
Kollege Wolfgang Reinhart hat ja dargestellt, welche Chan cen eine Länderöffnungsklausel bietet. Ja, diese Öffnungs klausel ermöglicht uns mehr Gestaltungsspielräume.
Wir können trefflich darüber streiten, welche Vorzüge, wel che Nachteile das eine oder das andere Modell haben. Aus un serer Sicht ist klar: Wertbasierte Bemessungsgrundlagen sind fairer, sind gerechter als das Flächenmodell. Aber diese Dis kussion werden wir zu gegebener Zeit führen.
Die Risiken müssen gut abgewogen werden; auch die verfas sungsrechtlichen Bedenken müssen gut abgewogen werden. Schnellschüsse darf es hier nicht geben. Deswegen ist für uns klar: Wir werden die unterschiedlichen Modelle ausführlich und gründlich prüfen. Dazu nehmen wir uns dann die Zeit, die wir benötigen.
Um noch einmal deutlich zu machen: Worum geht es heute? Worum geht es jetzt? Die Öffnungsklausel oder die Modell fragen sind heute gar nicht die entscheidenden Punkte; um diese Punkte geht es im Moment nicht. Vielmehr kommt es jetzt darauf an, bis zum Jahresende die Reform der Grund steuer durch den Bundestag und den Bundesrat zu bekommen. Wir Grünen werben für eine breite Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat zum vorliegenden Gesetzentwurf. Dieses Gesetz zur Grundsteuer muss noch in diesem Jahr im Gesetz blatt stehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Man muss allerdings sagen: Die schwarz-rote Koalition im Deutschen Bundestag ist mit ihrem Gesetzentwurf reichlich spät gekommen. Seit dem 10. April 2018 wissen wir, dass die bisherige Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig ist.
Wir kennen seit dem 10. April 2018 die engen Fristen, die das Bundesverfassungsgericht uns vorgelegt hat.
Daher hat sich eine breite Mehrheit der Länder darangemacht, diese Herausforderung gemeinsam zu bewältigen.
Alle Landesregierungen – mit Ausnahme der in Bayern – ha ben sich sehr verantwortungsbewusst gezeigt. Sie haben ei gene Reformmodelle, eigene parteipolitische Ziele zugunsten einer großen Lösung zurückgestellt. Ich finde, die Landesre gierung hat sich hier als verlässlicher Partner erwiesen. Ge nau darauf kommt es im Föderalismus an: dass man sich als verlässlicher Partner outet. Diese Haltung werden wir Grünen auf jeden Fall weiter praktizieren.
Wir haben jetzt am Wochenende erfahren, dass die Regie rungsfraktionen im Bundestag einen Gesetzentwurf einbrin gen – knapp vor der Sommerpause. Quasi zeitgleich zu unse rer heutigen Sitzung erfolgt die Erste Lesung im Deutschen Bundestag. Buchstäblich in letzter Minute haben CDU und SPD noch die Kurve gekriegt.
Dazu ist eine Grundgesetzänderung nötig. Für eine Grundge setzänderung ist nicht nur eine einfache Mehrheit erforder lich, sondern wir brauchen eine Zweidrittelmehrheit im Bun destag und eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat.
Jetzt ist der Einigungsdruck hoch. Wir Grünen machen uns für eine breite Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf stark. Baden-Württemberg wird hier, wie bisher, eine konst ruktive Rolle spielen und am Gelingen dieser Reform arbei ten. Oberstes Ziel für uns ist es, Rechtssicherheit und Pla nungssicherheit für die Städte und Gemeinden zu bekommen. Das hat Priorität.
Erstens: Das Bundesgesetz muss verfassungsfest sein. Es muss den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts ge nügen.
Zum Zweiten: Die Grundsteuerreform muss das bisherige Aufkommen der Grundsteuer sichern. Nur so bleiben die Handlungsspielräume der Städte und Gemeinden erhalten.
Zum Dritten: Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen dürfen insgesamt nicht stärker belastet werden. Das Wohnen darf nicht teurer werden.
Viertens: Die Reform muss für mehr Gerechtigkeit sorgen. Sie erinnern sich: Die bisherige Grundsteuer ist verfassungswid rig, weil sie nicht gerecht und nicht fair ist.
Fünftens: Die Reform darf kein Bürokratiemonster werden. Es muss möglich sein, die Bemessungsgrundlagen regelmä
Der sechste und letzte Punkt, der uns Grünen wichtig ist: Ei ne neue Grundsteuer muss Anreize zur Bebauung baureifer Grundstücke in den Städten und Gemeinden setzen. Wir wol len, dass die Städte und Gemeinden künftig für baureife, aber unbebaute Grundstücke einen höheren Hebesatz festlegen können. Dadurch werden Spekulationen erschwert und wird zusätzlicher Wohnraum geschaffen. Wir begrüßen ausdrück lich die neue Grundsteuer C, die vorgesehen ist, liebe Kolle ginnen und Kollegen.
Priorität hat für meine Fraktion das Gelingen der Grundsteu erreform rechtzeitig vor dem 1. Januar 2020. Die Sicherung der Grundsteuer muss unser gemeinsames Ziel sein.