Protocol of the Session on June 26, 2019

Es stimmt uns natürlich schon nachdenklich, wenn die Finanz verwaltung – Frau Kollegin Sitzmann sitzt ja neben Ihnen – mittlerweile sogar ein eigenes Sicherheitskonzept für sich ent wickelt. Da würden wir uns schon Koordination und Feder führung des Digitalisierungsministers wünschen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Ministers Thomas Strobl)

Sie müssen sich im eigenen Land noch stärker aufstellen. Ba den-Württemberg darf bei der wünschenswerten und ange strebten Kooperation zwischen Bund und Ländern nicht am Katzentisch sitzen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Ulrich Goll FDP/ DVP und Abg. Willi Stächele CDU unterhalten sich stehend im Plenarsaal.)

Herr Abg. Karrais würde gern zum Redepult kommen, wenn ihn die Herren in der Mit te durchlassen würden. Insgesamt ist der Geräuschpegel hier auch ziemlich gestiegen.

Herr Abg. Karrais, Sie sprechen für die FDP/DVP.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland belegt im europäischen Vergleich Platz 26 von 28 bei den digitalen Be hördengängen.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Aha!)

Gleichzeitig nutzen nur 43 % der Deutschen überhaupt irgend welche Maßnahmen aus dem Bereich E-Government. Der EUSchnitt liegt hier bei 64 %. Dies sind Zahlen aus dem Digital

Economy and Society Index, der jährlich erhoben wird. Das heißt also, wir stehen ziemlich weit hintendran. Der Stand beim E-Government entspricht definitiv nicht mehr der Le benswirklichkeit der Bürgerinnen und Bürger im Land.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Andreas Ken ner SPD)

Darum ist es richtig und gut und wichtig, dass mit der Ände rung des IT-Staatsvertrags eine Gesellschaft geschaffen wird, die sich gerade vermehrt um solche Aufgaben kümmern soll; denn es ist allerhöchste Eisenbahn.

Herr Minister, Sie haben heute Morgen das schöne Bild ver wendet, dass Sie das Gaspedal bis zum Bodenblech durchdrü cken. Das sollte man nicht nur im Bereich der digitalen Inf rastruktur machen, das muss man vor allem auch in diesem Bereich machen, der direkt die Bürgerinnen und Bürger be trifft, die auch ein Anrecht darauf haben, digitale Dienste im Umgang mit der Verwaltung zu nutzen. Auch für sie muss man das Gaspedal bis zum Bodenblech durchdrücken. Wichtig da bei ist aber, darauf zu achten, welches Auto man fährt:

(Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Mit einer Ente können Sie das machen, da kommen Sie nicht besonders schnell voran. Sie sollten in den Porsche einstei gen, damit es hier weitergeht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Wir brauchen ganz dringend einen Digitalfahrplan. Herr Mi nister, Sie wurden einmal gefragt – es müsste vom „Staatsan zeiger“ gewesen sein –, ob Sie hierfür eine Spitzenkraft für erforderlich halten, die sich um so etwas kümmert. Darauf ant worteten Sie: Nein, das sei nicht erforderlich. Im Übrigen ge be es schon das Onlinezugangsgesetz, in dem ein gewisser Fahrplan mit zeitlichen Zielen vorgegeben sei. Aber, meine Damen und Herren, das reicht nicht aus. Nur weil in einem Gesetz irgendein Ziel mit irgendeinem Datum, das zu erfül len ist, drinsteht, heißt das noch lange nicht, dass es dann auch tatsächlich in dem Umfang, wie es geschehen soll, passiert.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: So ist es!)

Dieser Rückzug hinter das Onlinezugangsgesetz lässt leider eine gewisse Ambition der Landesregierung im Bereich E-Government vermissen. Das ist sehr schade, und das müs sen wir an dieser Stelle kritisieren.

Wir, die FDP/DVP-Fraktion, sehen das sogenannte OnceOnly-Prinzip, das wir gern einführen möchten, vor allem beim Thema E-Government als ein wichtiges und sinnvolles Ele ment an. Das sollte auch möglichst schnell gehen, denn es würde einen sehr großen Beitrag dazu leisten, dass der Auf wand für die Bürgerinnen und Bürger beim Kontakt mit dem Staat reduziert wird und dass das Frustrationspotenzial redu ziert wird. Es ist auch ein wichtiger Beitrag dazu, dass die Bürgerinnen und Bürger im Land mit der Regierung zufrie den sind und deshalb auch ein gewisser Politikverdruss redu ziert wird. Vor allem ließe sich so auch die Transparenz erhö hen, wenn man es entsprechend einrichtet, sodass jeder mit bekommt, wenn auf die Daten, die man beim Staat hinterlegt hat, zugegriffen wird.

Das sind wichtige Ziele, die wir uns setzen. Dazu braucht es aber auch – das sagt z. B. auch der Beamtenbund – eine ent sprechende Weiter-, Aus- und Fortbildung der jetzigen Beam ten. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass Aspekte des E-Governments vermehrt und verstärkt in die Ausbildung der Beamten in der Verwaltungswissenschaft einfließen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ansonsten geht es mit dem Thema nicht besonders schnell vo ran. Denn es reicht nicht aus, irgendwelche Digitallotsen in den Kommunen zu installieren. Es reicht nicht aus, einfach nur irgendwelche Fortbildungsseminare anzubieten. Es ist ein Kraftakt. Es ist schwierig. Da muss reagiert werden. Da muss gehandelt werden. Denn es kann nur vorangehen, wenn alle in den Verwaltungen verstehen, worum es beim E-Govern ment geht, was das bedeutet und was zu machen ist.

Ein weiterer Punkt fehlt aber auch – das haben wir auch schon in der Vergangenheit kritisiert –: Das ist das Thema „Ausstat tung und Verfügbarkeit von schnellem Internet in den Behör den, in den Ämtern, in den Ministerien“. Denn wenn oberste Landesbehörden, wenn Ministerien zum Teil keine vernünf tige mobile Ausstattung für die Mitarbeiterinnen und Mitar beiter, für die Beamten haben, dann kann es nicht vorange hen. Wenn man nicht in der zeitgemäßen Infrastruktur lebt, kann man auch keine zeitgemäßen Maßnahmen umsetzen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das haben wir z. B. beim Landesverwaltungsnetz kritisiert, bei dem Sie auf Kupfertechnologien setzen und da nicht ein fach einmal eine Gigabitinfrastruktur hinstellen, die dann auch genutzt wird. Erst wenn die Verfügbarkeit gegeben ist, entwi ckelt sich auch eine Nachfrage. Das haben wir mehrfach kri tisiert. Leider ging es nicht voran. Das sind wichtige Grund lagen, ohne die wir zwar von E-Government träumen können, ohne die wir es dann aber letzten Endes nicht bekommen.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Richtig!)

In diesem Sinn stimmen wir der Änderung des Staatsvertrags zu. Es kann mit dieser Änderung nur besser und nicht schlech ter werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Her ren, mir liegen im Moment keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit können wir die Aussprache beenden.

Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/6374 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres, Digita lisierung und Migration zu überweisen. – Sie sind damit ein verstanden.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

Dann ist das so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 6 ist erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Mi nisteriums für Inneres, Digitalisierung und Migration – Maßnahmen nach den Ausschreitungen beim Fußballspiel des VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC – Drucksache 16/1992

Das Präsidium hat hierzu folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Zuerst spricht Herr Abg. Stickelberger für die SPD. – Sie ha ben das Wort, Herr Abg. Stickelberger.

Vielen Dank. – Frau Präsi dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Mehr als zwei Jahre sind nun seit den gewalttä tigen Ausschreitungen beim Fußballspiel des Karlsruher SC gegen den VfB Stuttgart vergangen. Am 9. April 2017 kam es beim Derby zu massiven Ausschreitungen.

In der kommenden Fußballsaison werden der VfB und der Karlsruher SC wieder aufeinandertreffen.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Oh!)

Beide Teams werden auch auf Dynamo Dresden treffen – Par tien mit erheblicher Brisanz. Daneben sind mit Heidenheim und Sandhausen zwei weitere Vereine aus Baden-Württem berg in der Zweiten Bundesliga.

(Zuruf: Bald spielt der VfB gegen die Kickers!)

Zeit, eine Bilanz der letzten zwei Jahre zu ziehen, Herr Innen minister. Sie haben die sogenannten Stadionallianzen auf den Weg gebracht, wobei man sagen muss, dass diese Idee nicht neu ist. Es wurde ein altes Konzept aus der Schublade gezo gen, dem man dann eine neue Überschrift gegeben hat. Viele der Maßnahmen wurden außerdem ohnehin schon durch die Vereine durchgeführt, und das auch ganz ohne die Etikettie rung der Stadionallianzen.

Keine neue Idee – aber wurde damit wirklich mehr Sicherheit in den Stadien erreicht? Der Erfolg ist aus unserer Sicht mä ßig, auch wenn Sie, Herr Innenminister, das Modell gern bun desweit als Erfolgsmodell darstellen. Sie schreiben die zu rückgegangene Einsatzbelastung der Polizei den Stadionalli anzen zu. Wir sagen, das ist eher der äußerst günstigen Spiel konstellation der vergangenen Saison geschuldet.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Sie bezeichnen Stadionallianzen als Erfolgsmodell. Wir sa gen: Wenn die Anzahl der Verletzten bei Fußballspielen steigt, dann sind die Stadionallianzen wohl kein Erfolg. Um es deut licher zu sagen: Wenn die Reduzierung von Einsatzstunden der Polizei mit einer Zunahme von Verletzten einhergeht, dann sind wir ganz sicher nicht auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei der SPD)

Bei kritischen Partien haben die Stadionallianzen nicht funk tioniert. Erinnert sei nur an das Spiel zwischen SV Waldhof Mannheim und KFC Uerdingen mit 45 Verletzten. Der Pra