Meine Damen und Her ren, jetzt haben noch einmal die Fraktionsvorsitzenden das Wort. Zuerst spricht für die AfD Herr Abg. Gögel.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ja, Herr Kretschmann – lieber Herr Ministerpräsident –, Gerichtsurteile sind selbstverständlich anzuerkennen. Nur: Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, über Gesellschaften wie die DUH solche Verfahren zunächst einmal anzustrengen und das gewünschte Ergebnis vielleicht auch schon mit in Auftrag zu geben. Diesen Eindruck haben zumindest wir von der AfD. Denn nach der ersten Instanz sind Sie nicht in Beru fung gegangen – diese Absicht hatten Sie gar nicht –, sondern haben gleich eine Sprungrevision beantragt, bei der Sie nur noch eine Prüfung auf Verfahrensfehler vornehmen und nicht den Inhalt des Urteils in erster Instanz überprüfen lassen kön nen.
Das war der erste große Fehler; und das war aus unserer Sicht beabsichtigt, Herr Ministerpräsident, um das gewünschte Er gebnis zu bekommen und hier in Baden-Württemberg auch umzusetzen.
Zur blauen Plakette: Der zweite Sturm der Entrüstung kam dann bei der Frage, warum der Bund die blaue Plakette nicht einführt. Wo ist denn der Unterschied zwischen blauer Plaket te und Fahrverbot? Sie hätten es lediglich einfacher gehabt, Bußgelder zu erlassen,
wenn ein Polizist sofort erkennt, dass keine blaue Plakette vorn auf der Scheibe des Autos klebt. Aber sonst gibt es doch de facto keinen Unterschied zu den Fahrverboten, die Sie heu te erlassen haben.
Filterung von Feinstaub – ich muss es noch einmal betonen –: Wir wurden im Verkehrsausschuss vor eineinhalb Jahren für unsere Forderung ausgelacht. Wir haben Unternehmer präsen tiert, die solche Projekte vorstellen wollten, und wurden aus gelacht – das sei unmöglich und funktioniere überhaupt nicht. Jetzt werden Sie in absehbarer Zeit – so hoffen wir zumindest – Ergebnisse in der Frage der technischen Möglichkeiten be
kommen, die man an Brennpunkten wie dem Neckartor für die Menschen einsetzen könnte, die dort leben. Dort sind kei ne Kindergärten, dort ist kein Krankenhaus und auch kein Al tenheim. Direkt an dieser Stelle stehen Bürogebäude. Inner halb dieser Bürogebäude, Herr Ministerpräsident, gelten Grenzwerte von 60 Mikrogramm und draußen auf der Straße von 40 Mikrogramm.
Die Messungen, die z. B. von der DEKRA in Stuttgarter U-Bahn höfen durchgeführt wurden, haben Werte von über 100 Mikro gramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft ergeben. Da wurde uns im Verkehrsausschuss nahegelegt, wir sollten die Verkehrsträ ger nicht gegeneinander ausspielen; man kümmere sich jetzt erst einmal um die Luft draußen und um die Reduzierung des Verkehrs in der Stadt.
Hier wünschen wir doch eine Gleichheit in der Behandlung der Verkehrsträger. Deshalb fordern wir nicht nur probewei se Messungen, sondern dauerhafte Messeinrichtungen an die sen U- und S-Bahn-Stationen in Stuttgart,
Zur Softwarenachrüstung: Hier haben Sie von Betrug gespro chen. Es gab tatsächlich Softwarebetrug bei dem einen oder anderen Produzenten, der die Software manipuliert hat. Die se Fahrzeuge wurden über Softwarenachrüstung wieder in den Zustand versetzt, in dem sie ursprünglich hätten sein sollen. Das hat die Automobilindustrie übernommen. Die Hard warenachrüstung können Sie fordern, aber Sie können diese nicht umsetzen. Denn bis das in den einzelnen Typen, in den Typenklassen umgesetzt ist – das sind technische Eingriffe, Sie brauchen Tankanlagen –, haben Sie so viele technische Veränderungen in dem Fahrzeug, dass die Betriebserlaubnis schon nach dem zweiten Eingriff erlöschen würde und Sie das Fahrzeug wieder abmelden könnten.
Das wäre eine behutsame Entwicklung, eine technische Ent wicklung, die Sie dann über Jahre betreiben müssen. Bis Sie die betrieben haben, sind diese Fahrzeuge, die Euro-5- und Euro-6-Fahrzeuge, schon alle wieder vom Markt, und Sie ha ben tatsächlich annähernd emissionsfreien Verkehr hier in der Stadt.
Die Busspur haben Sie jetzt nicht angesprochen; die möchte ich noch einmal ansprechen. Wenn Sie eine Busspur am Ne ckartor einführen und die Fahrbahnen für den Individualver kehr verengen, dann werden Sie Staus produzieren. Durch die
Das leuchtet jedem Bürger mit gesundem Menschenverstand ein. Man muss den Verkehr fließen lassen. Versuchen Sie ein zugreifen,
weil Sie den Verkehr um 20 % reduzieren müssen – auch das steht im Urteil drin; das habe ich eingangs schon erwähnt –, dann müssen Sie über andere Maßnahmen nachdenken. Eine haben wir heute schon gehört. Geben Sie endlich die Blocka dehaltung zu der Umfahrung Stuttgart-Ost auf, und schauen Sie, dass Sie solche Verkehrslenkungsmaßnahmen dann auch umsetzen.
Ganz wichtig: Sie sind jetzt seit acht Jahren in der Regierung in Baden-Württemberg. Sie hätten genügend Zeit gehabt, Din ge umzusetzen, um tatsächlich die Zielwerte zu erreichen. Diese sind ja länger als acht Jahre bekannt. Was haben Sie in den acht Jahren getan? Man müsste eigentlich Ihren Verkehrs minister fragen, aber der schweigt heute dazu, was er in die sen acht Jahren getan hat – außer am Ende auf die Verbote des Individualverkehrs in Stuttgart und des Autoverkehrs in Ba den-Württemberg hinzuwirken.
Vielleicht wäre es gut, wenn sich zumindest der grüne Regie rungspartner einmal ein paar Jahre zur Ruhe setzt. Vielleicht wird die Luft in Baden-Württemberg, in Stuttgart dann bes ser.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Man könnte den Inhalt der Rede des Mi nisterpräsidenten ganz einfach zusammenfassen: Für die Fahr verbote trägt diese Regierung keine Verantwortung; alle an deren sind schuld, aber definitiv diese Regierung nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Vereinzelt Bei fall bei der AfD – Zurufe von der SPD und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Genau!)
Ich glaube, da machen Sie es sich zu einfach, Herr Kretsch mann. Sie machen es sich deswegen zu einfach, weil Sie mit Ihrer Suada auf die Wahrung des Rechtsstaats, die Sie am An fang gehalten haben, uns jedenfalls nicht gemeint haben kön nen. Ich habe in meinen Vorschlägen, die ich vorhin in mei ner Rede ausgeführt habe, auf der Basis geltenden Rechts ar gumentiert, und ich habe auf der Basis der Begründung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts argumentiert. Wenn Sie sich hier als Hüter des Rechtsstaats hinstellen, dann wür de ich erwarten, dass Sie zu unseren Vorschlägen auch kon kret Stellung nehmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich halte es wirklich für problematisch: Wenn es geltendes Recht gibt, wenn es Grenzwerte gibt, die Gesetzeskraft haben, können die nicht einfach ignoriert werden. Das habe ich auch mit keiner Silbe meiner Rede hier in Abrede gestellt. Ich habe allerdings deut lich gemacht, dass wir es uns als politisch Verantwortliche, als diejenigen, die die Gesetze machen, sei es im Landtag, im Bundestag oder im Europäischen Parlament, nicht so einfach machen können, Recht zu setzen, dass wir dafür eine Verant wortung haben und dass wir, wenn Menschen oder Organisa tionen wie die DUH aufgrund dieser Gesetzeslage eine Kla ge erheben oder ein Urteil erstreiten, nicht sagen können: „Oh, mit dem allen haben wir nichts zu tun.“ Das ist aus meiner Sicht keine ehrliche Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Jetzt kommen wir einmal zu den wirklich entscheidenden Fra gen, um die es hier geht. Hier geht es darum, wie wir unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in BadenWürttemberg, vor allem in Städten wie Stuttgart, Mobilität wahren können, wie wir Menschen, was ihr Eigentum an ih ren Fahrzeugen angeht, möglichst wenig beeinträchtigen und gleichzeitig die gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf die Mess werte erfüllen.
An dieser Stelle erwarte ich auch von dieser Regierung mehr Fantasie, als sie bisher aufgebracht hat. Denn, meine sehr ge ehrten Damen und Herren, das Urteil des Bundesverwaltungs gerichts – es gefällt uns nicht; das sage ich ganz deutlich – hat gesagt, bei Dieselfahrzeugen mit der Euronorm 4 und älter ist ein Fahrverbot bereits ab dem 1. Januar 2019 verhältnismä ßig, auch und vor allem aufgrund des Alters der Fahrzeuge und damit des Wertes.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Uns, der SPD-Fraktion, gefällt das Urteil an dieser Stelle nicht, weil die Menschen, die da von betroffen sind, eben diejenigen sind, die nicht das Geld auf dem Konto haben, um einfach loszulaufen und sich ein neues Auto zu kaufen – auch wenn Sie das glauben, liebe Kol leginnen und Kollegen.
Aber jetzt geht es doch auf der Basis geltenden Rechts dar um, Schlimmeres zu vermeiden. Damit meine ich die Euro-5Dieselfahrzeuge.
Herr Ministerpräsident, ja, ich glaube Ihnen persönlich, dass Sie den Vorsatz haben, das zu verhindern. Aber die Strategie, die vor allem die Grünen auf dem Weg zu den Euro-4-Diesel fahrverboten verfolgt haben, kann ich jetzt wieder sehr gut in Ihren Beschlüssen zum Euro-5-Diesel erkennen. Denn auch damals haben Sie Maßnahmenpakete geschnürt. Und – ei ver dutzt! – irgendwann war es dann so: Die Messwerte waren immer noch schlecht.
Ich sage Ihnen, ich prophezeie Ihnen: Trotz aller Maßnahmen werden wir im Laufe dieses Jahres – egal, wie viele Messstel len Sie einrichten – eine Überschreitung der 40 Mikrogramm und auch eine Überschreitung der 50 Mikrogramm haben. Das
sagen nämlich verlässliche Vorausberechnungen der Institu te. Dann bin ich sehr gespannt, wie eine CDU-Fraktion daste hen wird, die hier noch vollmundig verkündet, man werde al les tun, um flächendeckende Fahrverbote zu vermeiden.
Die wird es nicht geben; Entschuldigung, Herr Kollege Rül ke; herzlichen Dank. – Dann wird nämlich wieder einer kom men, der sagt: Aber wir sind gezwungen, nach Recht und Ge setz vorzugehen.