Protocol of the Session on February 13, 2019

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man einen Grundsatz wie „Kurze Beine, kurze Wege“ aufstellt, dann hat man zu diesem Grundsatz auch zu stehen.

(Beifall des Abg. Stephen Brauer FDP/DVP)

Wir stehen zum Grundsatz „Kurze Beine, kurze Wege“. Wir werden Ihnen heute die Schaffung eines weiteren Schlupflochs nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Herr Abg. Dr. Rülke, bitte, für die FDP/DVP.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Er ist heute im Dauerein satz! Hat er als Fraktionsvorsitzender nichts zu tun?)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Ge setzentwurf hat die Landesregierung ein Paket aus unter schiedlichen Bestandteilen geschnürt. Vielleicht hoffte sie, auf diese Weise auch die Zustimmung derer zu erhalten, die ihr bildungspolitisches Handeln sonst kritisch begleiten.

Die Zustimmung der FDP/DVP-Fraktion erhält die Landes regierung jedoch nur für drei von vier Bestandteilen dieses Gesetzentwurfs. Ich werde sie hier noch einmal kurz skizzie ren.

Das ist erstens die Möglichkeit, schulordnungswidrig mitge führte oder verwendete Gegenstände vorübergehend einzu ziehen. Mit dieser Normierung gelebter Schulpraxis wird Rechtsklarheit geschaffen und den Schulen der Rücken ge stärkt.

Zweitens stimmen wir einer eigenen Kategorie für die Sach kostenzuschüsse an Sonderschulen, Sonderberufsschulen und Sonderberufsfachschulen in freier Trägerschaft zu. Bisher ori entierte sich die Zuschusshöhe an den Berufs- bzw. den Be rufsfachschulen, was zweifellos nicht sachgerecht war.

Drittens tragen wir auch eine Übernahme der Deutsch-Fran zösischen Grundschulen in Freiburg im Breisgau und in Stutt gart-Sillenbuch in die Regelform mit. Sie waren in den Neun zigerjahren als Schulversuch eingerichtet worden und haben sich aus unserer Sicht bewährt.

Nicht zustimmen können wir allerdings dem Paketbestand teil, der eine Einschränkung der Schulwahlfreiheit bewirken soll. Einerseits danken wir zwar für die Klarstellung durch die Kultusministerin, dass Berufsschulen – also die Schulen der dualen Ausbildung – nicht betroffen seien. Hier hätte die Ein schränkung der Wahlfreiheit zu einem Verwaltungsmehrauf wand aufseiten der Betriebe führen können. Andererseits kön nen die Eingriffe in die Wahlfreiheit ansonsten erheblich sein.

Wie bereits in der ersten Lesung erwähnt, ist uns bewusst, dass Einschränkungen manchmal notwendig sind, beispielsweise, wenn ein Ausgleich bei der Auslastung von Schulen geschaf fen werden muss. Aber gerade weil mit dem Gesetzentwurf eine Erweiterung der möglichen Einschränkungen vorgenom men werden soll, sollte die Balance zwischen organisatori schen Erfordernissen einerseits und Wahlfreiheit andererseits wiederhergestellt werden. Zudem gilt es zu verhindern, dass faktische Schulbezirke entstehen, wo gar keine eingerichtet sind, z. B. indem aus Ausgleichsmaßnahmen Automatismen werden.

Deshalb beantragt unsere Fraktion, dass nicht nur auf den Schultyp, sondern auch auf das gewählte Fächerprofil und die Sprachreihenfolge Rücksicht zu nehmen ist. Das bedeutet: Im Konfliktfall muss der individuelle Wahlwunsch erfüllt wer den, wenn nicht gewichtige Argumente dagegenstehen. Lei der erhielt dieser Antrag im Bildungsausschuss keine Mehr heit.

Aber wir wollen nichts unversucht lassen, um die beschriebe ne Balance wiederherzustellen. Also haben wir unseren An trag zur zweiten Lesung noch einmal gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof machte in seiner Entscheidung vom 8. September 2017 darauf aufmerksam, dass die priva ten Interessen des Antragstellers an der freien Wahl der Aus bildungsstätte und einer seiner Begabung entsprechenden Er ziehung grundrechtlich geschützt sind. Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes verfügt – ich zitiere –:

Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Gemäß Artikel 11 unserer Landesverfassung hat jeder junge Mensch – ich zitiere – „das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung“.

Diesen Verfassungsbestimmungen wollen wir mit unserem Entschließungsantrag Rechnung tragen. Wenn Sie diesem Ent schließungsantrag nicht beitreten können – wie ich ja schon gehört habe –, dann können wir diesen Gesetzentwurf nicht zusammen mit Ihnen verabschieden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Regierung spricht Frau Kultusministerin Dr. Eisenmann.

Ich darf noch einmal darauf aufmerksam machen, dass das Fotografieren hier im Plenarsaal nicht erlaubt ist, es sei denn, man hat eine spezielle Genehmigung dafür.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Hat mich jetzt jemand fotografiert?)

Das kommt leider immer wieder vor. Ich will die Geschäfts ordnung noch einmal in Erinnerung rufen.

Frau Ministerin Dr. Eisenmann, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir verabschieden hoffentlich heute die Zusammen führung von verschiedenen gesetzlichen Grundlagen, die wir natürlich in unterschiedlichen Bereichen und aufgrund unter schiedlicher Bedarfe geregelt haben. Es geht zum einen um das Thema Rechtssicherheit und damit die Bitte der Lehrerin nen und Lehrer, wie mit Geräten, gerade auch Handys, umzu gehen ist. Darüber hinaus geht es um die Verstetigung unse rer bilingualen, unserer deutsch-französischen Grundschulen, und es geht um weitere gesetzliche Veränderungen, deren Not wendigkeit dadurch entstanden ist, dass wir gerichtlich gebe ten wurden, diese Punkte klarzustellen.

Das Thema „Freie Schulwahl“ nehmen wir natürlich ernst. Aber klar ist, dass wir schon für einen gewissen Ausgleich, übrigens auch schon im Sinne der investierenden Kommunen, sorgen müssen. Das ist, glaube ich, eine völlig selbstverständ liche Vorgehensweise.

Ich selbst war über viele Jahre Schulbürgermeisterin der Lan deshauptstadt Stuttgart, auch in der letzten Legislaturperiode. In der letzten Legislaturperiode hat sich häufig der Bedarf ge zeigt, dass man auf mich zugekommen ist, weil Schülerlen kung durch die SPD-geführte Kultusverwaltung notwendig wurde. Da ging es gar nicht um die Frage des Schulprofils, sondern da ging es um das Thema G 8/G 9. Weil der Wunsch nach G 9 relativ groß war, wurden im Durchschnitt 50 bis 80 Schülerinnen und Schüler auf G 8 umgelenkt, sehr zum Är ger der Eltern, mit hoher Konsequenz der SPD-geführten Kul tusverwaltung. Ich sage Ihnen ehrlich: Ich habe das als Schul bürgermeisterin auch immer mitgetragen, weil ich es verstan den habe, dass man einen gewissen Ausgleich braucht und nicht in jedem Schuljahr darauf reagieren kann, wo Eltern ih re Kinder hinschicken wollen. Aber es ist die Ultima Ratio. Uns geht es darum, Elternwünsche bestmöglich zu berück sichtigen. Das macht meine Schulverwaltung auch.

Aber die Aufforderung, für Rechtssicherheit da, wo sie not wendig ist, zu sorgen, haben wir aufgegriffen. Dahinter steckt kein politisches Geheimnis und auch nicht die Absicht, durch die Hintertür irgendetwas einzuführen, sondern wir schaffen hier Rechtsklarheit über ein Vorgehen, das seit Jahrzehnten nicht nur in Baden-Württemberg, sondern in ganz Deutsch land gang und gäbe ist. Deshalb ist das nichts Geheimnisvol les, nichts Böses, sondern die Schaffung einer rechtlichen Grundlage, auf die wir vom Gericht hingewiesen wurden. Das tun wir.

Deshalb bitte ich hier für diese Vorschläge, die wir Ihnen im Rahmen einer Schulgesetzänderung vorgelegt haben, um Zu stimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Bitte schön, Herr Abg. Born.

(Abg. Daniel Born SPD begibt sich zum Redepult. – Abg. Raimund Haser CDU: Das Laufen zum Rede pult wird nicht von der Redezeit abgezogen!)

Nur damit das Parlament auch das letzte Wort hat

(Vereinzelt Heiterkeit)

das ist auch in eurem Sinn. – Liebe Kolleginnen und Kolle gen, nur um das klarzustellen: Ein Gericht tritt nicht mit einer Bitte an die Landesregierung heran. Wenn Sie sagen, Frau Mi nisterin, Sie seien vom Gericht gebeten worden, ist das eine völlige Missinterpretation dieses Urteils.

Nur um es noch einmal zu erwähnen: In der Aktuellen Debat te zu den kleinen Grundschulstandorten haben Sie gesagt: „Das Entscheidende ist, sie sind halt teuer.“ Wenn Sie sich nun hier ein Gesetz schustern, mit dem Sie aufgrund von Res sourcenargumenten entsprechende Schülerzuweisungen ma chen können, dann ist das eine Gefahr für „Kurze Beine, kur ze Wege“. Wir lehnen Ihr Gesetz ab.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt können wir in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Ge setzentwurf Drucksache 16/5421 kommen. Abstimmungs grundlage ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport, Drucksache 16/5682. Der Aus schuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf unverändert zu zustimmen.

Zum Gesetzentwurf liegt der Änderungsantrag der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 16/5718, vor, den ich dann bei Ar tikel 1 zur Abstimmung stellen werde.

Ich rufe auf

Artikel 1

mit den Nummern 1 bis 5. Bevor wir in die Abstimmung über diesen Artikel eintreten, darf ich noch folgenden Hinweis ge ben: Im Einleitungssatz muss die Fundstellenangabe der letz ten Änderung, die bislang offen geblieben ist, noch aufgenom men werden. Die letzte Änderung bezieht sich auf Artikel 8 des heute unter Tagesordnungspunkt 2 vom Landtag beschlos senen Gesetzes zur Umsetzung des Qualitätskonzepts für die öf fentlichen Schulen in Baden-Württemberg, Drucksache 16/5422. Ich bitte Sie, damit einverstanden zu sein, dass das Ausferti gungs- und Verkündungsorgan ermächtigt wird, die Fundstel lenangabe der letzten Änderung vor der Verkündung des Ge setzes zu aktualisieren. – Ich sehe, Sie sind damit einverstan den.

Zu Artikel 1 ist nummernweise Abstimmung gewünscht wor den.

Ich rufe daher Nummer 1 zur Abstimmung auf. Wer Num mer 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist Nummer 1 einstimmig zugestimmt.

Ich rufe Nummer 2 mit den Buchstaben a und b auf und schla ge Ihnen vor, dass wir Nummer 2 insgesamt zur Abstimmung stellen. – Damit sind Sie einverstanden. Wer Nummer 2 zu stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegen stimmen? – Enthaltungen? – Nummer 2 ist mehrheitlich zu gestimmt.

Wir kommen zu Nummer 3. Hierzu liegt der Änderungsan trag der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 16/5718, vor. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? –

(Zuruf: Das war knapp! – Vereinzelt Heiterkeit)