Es ist nicht hinnehmbar, dass alle Ebenen einer Kultusverwal tung – das will ich ausdrücklich sagen – und auch Bildungs fachleute von den Ergebnissen überrascht waren. Vielmehr muss klar sein: Wir müssen frühzeitig erkennen können, wo etwas nicht gut läuft, um im Sinne der Lehrerinnen und Leh rer, der Schulen, aber vor allem auch im Sinne der Kinder ge gensteuern zu können, um die bestmögliche Ausbildung im Rahmen unseres Bildungssystems zur Verfügung zu stellen.
Deshalb ist die Entwicklung, die wir gesetzlich verankern wollen, im Grunde so zu überschreiben, dass wir eine Kultur des Hinschauens auf allen Ebenen entwickeln möchten, um frühzeitig zu erkennen, wo Verbesserungsbedarfe bestehen.
Die Diagnose ist das eine. Das andere ist die Frage, wie wir insgesamt damit umgehen können. Wir werden mit dem Ins titut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg, IBBW, künf tig ein Institut haben, das strategisches Bildungsmonitoring für Baden-Württemberg aufbaut, um damit uns allen gemein sam die Grundlage für eine systematische, datengestützte Qualitätsentwicklung auf allen Ebenen, vom Kultusministe rium bis hin zur einzelnen Schule – da ist keine auszunehmen –, liefern zu können. Das ist, glaube ich, ganz entscheidend.
Darüber hinaus ist dann aber die Frage, wie wir mit den Er kenntnissen, die aus dieser datengestützten Analyse erfolgen, umgehen, um tatsächlich den Schulen, den einzelnen Stand orten vor Ort helfen zu können, die Schul- und Unterrichts qualität zu verbessern.
Dass wir dafür auch das Ausbildungs-, das Fortbildungs- und Unterstützungssystem insgesamt verbessern müssen, ist der zweite Teil der Erkenntnis. Wir wissen, dass wir viele unter schiedliche Zuständigkeiten haben, viele Ebenen. Zum Teil befasst man sich zweifach, dreifach, vierfach mit den gleichen
Themen, und dies kann in keinem Bereich, auch nicht im Bil dungsbereich, dazu führen, dass etwas besser wird; vielmehr leidet die Qualität insgesamt darunter.
Deshalb geht es darum, klare Zuständigkeiten und klare Ver antwortlichkeiten zu definieren, um auch den Schulen, jedem einzelnen Schulstandort, deutlich zu machen: Wo ist derjeni ge, der mir bei meinem Problem, bei meinem Anliegen, bei meinem Wunsch helfen kann? Das ist auch die Rückmeldung von vielen Schulen, dass ihnen dies wünschenswert und sinn voll erscheint. Deshalb müssen wir auch in diesem Bereich die Orientierungslosigkeit – sie ist ein Stück weit da – in ei ne zielgerichtete Unterstützung umwidmen.
Wie notwendig dies ist, hat übrigens erst kürzlich eine aktu elle Studie zur Lehrerfortbildung – ein ganz zentrales Thema in diesem Rahmen –, die die Universität Tübingen im Auftrag der GEW durchgeführt hat, bestätigt.
Sie erinnern sich: Wir haben vor gut einem Jahr im Rahmen einer Onlinebefragung bei allen Lehrerinnen und Lehrern ein ähnliches Ergebnis bekommen. Deshalb haben uns die Ergeb nisse nicht überrascht, sondern in dem bestätigt, was wir se hen, nämlich Handlungsbedarf, gerade auch im Bereich der Lehrerfortbildung.
Mit dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung, ZSL, gehen wir genau diese Themen – ergänzend zum IBBW – künftig an. Das ZSL und seine sechs Regionalstellen in den unterschiedlichen Bereichen des Landes Baden-Württemberg werden durch den Aufbau eines kohärenten, wissenschafts orientierten und auf Unterrichtsqualität fokussierten Ausbil dungs-, Fortbildungs- und Beratungssystems künftig den Rah men für optimale Unterstützungsstrukturen bilden.
Wie gesagt, wir schaffen damit klare Strukturen, klare Verant wortlichkeiten, bauen Doppelbefassungen ab und stellen – das war eine ganz zentrale, nachvollziehbare Forderung der Rek torinnen und Rektoren – eindeutige Ansprechpartner für un sere Schulen zur Verfügung.
Wir werden auch – dies ist aus meiner Sicht überfällig, und so lautet auch der Ratschlag der Expertinnen und Experten – die Lehrerausbildung und die Lehrerfortbildung systematisch miteinander verknüpfen und dadurch stärken.
Als wichtige und in dieser Art auch neue Dienstleistung für die Schulen wird deshalb bei jedem Hauptsitz einer Regional stelle – sechs in Baden-Württemberg – eine Leitstelle für pä dagogische Unterstützung eingerichtet werden, die als Kon taktstelle genau für die Anliegen jeder einzelnen Schule und jeder einzelnen Schulart dienen wird, die Anfragen und Un terstützungswünsche konkret bedient und damit den Schulen aktiv und ganz konkret helfen wird.
Jede Schule hat somit einen benannten Ansprechpartner für Ausbildung, Fortbildung und Beratung. Uns war es wichtig, die dezentralen Strukturen, die ein ländlich strukturiertes Flä chenland wie Baden-Württemberg braucht, zu erhalten. Denn regionale Besonderheiten in unserem Bundesland – das ist auch eine Stärke unseres Bundeslands – müssen sich natür lich auch in einer Beratung konkret widerspiegeln. Deshalb
bin ich dankbar dafür, dass viele Fachleute, die in den einzel nen Bereichen heute schon tätig sind, in diesem Bereich auch bleiben und die Erfahrungen, die sie in der konkreten Bera tung von Schulen vor Ort haben, in dieses neue System künf tig aktiv einbringen werden.
Wir stärken auch die Zuständigkeiten der Schulaufsicht – der Staatlichen Schulämter und der Abteilungen 7 in den Regie rungspräsidien –, wobei die Schulaufsicht im Sinne des Mit einanders verstanden wird, in dem Sinn, erster Ansprechpart ner für Anliegen, für Sorgen, für Handlungsbedarfe in der Schule zu sein. Die Vertreter der Schulaufsicht sollen diejeni gen sein, die aktiv in die Schulen gehen und mit den dort Ver antwortlichen daran arbeiten, wie man Probleme angehen, wie man Probleme lösen kann. Das ist also keine Schulaufsicht im Sinne von Vorgabe und strikter Führung, sondern im Sinne ei nes konstruktiven Miteinanders, bei dem alle an einem Strang ziehen. Ich glaube, dass das gerade auch für die Staatlichen Schulämter und die Abteilungen 7 in den Regierungspräsidi en eine ganz zentrale und wichtige Aufgabe ist, die sicherlich noch an Bedeutung zunimmt.
Abschließend möchte ich sagen: Auch in den letzten einein halb Jahren ist durch viele Gespräche, durch viele Veranstal tungen, durch die Einbindung derer, die davon auch betroffen sind, deutlich geworden, dass es nicht darum geht, dass all das, was bisher war, schlecht war – wahrlich nicht. Aber die Zeiten haben sich verändert. Wir haben gesellschaftlich ver änderte Entwicklungen, und den Schulen stellen sich heute noch einmal andere Herausforderungen als früher.
Die Aufgabe von uns, von der Verwaltung, unsere Schulen da bei unterstützen, wie wir uns auf konkrete Probleme, die sich verändert haben, ausrichten, um darauf auch konkrete Ant worten zu geben – wissenschaftsbasiert, auch evaluiert mit ei ner hohen Verlässlichkeit –, ist etwas, was wir in Baden-Würt temberg zu spät erkannt haben. Im Vergleich mit anderen Bun desländern, die diesen Weg schon früher gegangen sind und dementsprechend auch schon früher entsprechende Früchte ernten konnten, ist es nun notwendig, dass wir in diesem Be reich tatsächlich die Strukturen auf das hin anpassen, was wir vor Ort brauchen.
Ich habe mich sehr gefreut, dass es uns bei der Besetzung der Führungsposition im Zentrum für Schulqualität und Lehrer bildung gelungen ist, Herrn Dr. Riecke-Baulecke zu gewin nen. Das ist der Fachmann, der vor 15 Jahren begonnen hat, dieses System in Schleswig-Holstein aufzubauen; er wird nach Baden-Württemberg wechseln und künftig das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung leiten. Es wird uns eine gro ße Hilfe sein, dass jemand mit dieser Erfahrung Lust hat, sich auf Baden-Württemberg einzulassen, und diesen Prozess span nend und interessant findet. Das wird uns sehr helfen.
Darüber hinaus wird die Führungsposition im Institut für Bil dungsanalysen künftig mit Herrn Dr. Klein besetzt werden. Herrn Dr. Klein, der bisher Leiter des Landesinstituts für Schulentwicklung war, kennen Sie. Daran wird auch deutlich, dass es nicht darum geht, zu sagen: „Bisher war alles falsch, bisher haben alle Fehler gemacht.“ Vielmehr setzen wir auch
auf Kontinuität. Mit Herrn Dr. Klein haben wir einen Fach mann, der Baden-Württemberg gut kennt, der die handelnden Personen gut kennt.
Damit wird deutlich, dass wir dem Veränderungsprozess, der notwendig ist, den wir auch seitens der Verwaltung brauchen, um in den Schulen konkret Hilfestellung zu leisten, entspre chend Rechnung tragen. Das ist ja die zweite Säule. Mit dem Umbau der Verwaltung erzeuge ich zunächst einmal keine Qualität in den Schulen. Das ist klar. Aber die einzelnen Schul standorte, die wir in ihrem Entwicklungsprozess fördern, brau chen Beratung und Unterstützung bei den Anliegen, die aus gehend von einer gesellschaftlichen Entwicklung da sind.
Deshalb glaube ich, dass wir auch mit diesen beiden Perso nen deutlich machen, dass wir sowohl auf Kontinuität als auch auf Weiterentwicklung setzen, dass wir Strukturen, Herange hensweisen verändern müssen, um die 4 500 Schulstandorte in Baden-Württemberg optimal beraten und begleiten zu kön nen. Deshalb freue ich mich, dass wir diesen Prozess konkret auf den Weg gebracht haben.
Ich möchte mich ausdrücklich bei all denen bedanken, die die sen Prozess aktiv begleitet haben. Das waren sehr viele der am Schulleben Beteiligten. Das ist keine Selbstverständlich keit. Aber ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir diesen Weg in Baden-Württemberg jetzt auch konsequent und stringent beschreiten.
Meine Damen und Her ren, für die Aussprache hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Ge setzentwurf, der erst einmal ein bisschen trocken daherkommt, schaffen wir die Grundlage dafür, dass es in Baden-Württem berg zukünftig endlich auch ein systematisches Bildungsmo nitoring gibt. Damit gehen wir auch die Fortbildung bei uns im Land qualitativ an und verbessern sie. In der Debatte über die Qualität in den Schulen in Baden-Württemberg, die wir in den letzten anderthalb Jahren mit diversen Praktikern, mit Ex perten aus der Wissenschaft geführt haben, wurden diese bei den Punkte immer als zentrale Elemente für die Weiterent wicklung an den Schulen in unserem Land genannt.
Die Einführung eines systematischen Bildungsmonitorings, um die Schulen bei ihrer Entwicklung zu unterstützen, und die qualitativen Verbesserungen bei den Fortbildungen: Bei de Punkte werden mit der Einführung der beiden Qualitätsin stitute aufgegriffen. Wir gehen dabei einen Weg, der von Schleswig-Holstein bereits in den vergangenen Jahren be schritten worden ist. Dabei wurden seit der Einführung die ses Qualitätsinstituts den Ergebnissen der Bildungsvergleiche zufolge stetige Verbesserungen erzielt. Damit schließen wir uns an einen erfolgreichen Weg an, der in Deutschland bereits begangen wurde.
Das Institut für Bildungsanalysen, das wir mit dem vorliegen den Gesetzentwurf einführen wollen, soll durch die systema tische Aufarbeitung von meist bereits vorhandenen Daten die Möglichkeit der schulischen Entwicklung unterstützen. Für uns Grüne war wichtig, dass dabei nicht nur Daten verwendet werden, die beispielsweise aus Leistungsvergleichen oder aus den Lernständen stammen, sondern dass auch sozioökonomi sche Daten verwendet werden – das heißt, dass auch geschaut wird, in welchem sozialen Umfeld eine Schule liegt, welches soziale Milieu eine Schule hat – und dass man auch andere Lerninhalte berücksichtigt. Es geht also nicht allein um den Lernoutput, sondern auch darum, welches soziale Lernen bei den Kindern und Jugendlichen vorliegt und wie am Ende die Integration in den Arbeitsmarkt geglückt ist.
Das heißt, wir verwenden ein komplettes Bild der schulischen Daten, um zu schauen, welche Entwicklung die Schule vor Ort nehmen kann. Wichtig ist für uns dabei, dass die eigen verantwortliche Entwicklung der Schulen gestärkt wird. Es geht nicht darum – von oben gesteuert –, zu sagen, wie sich eine Schule entwickelt. Vielmehr geht es darum, dass die vor handenen Daten dafür genutzt werden, die Eigenentwicklung der Schule zu unterstützen und Lehrerinnen und Lehrern bei der Schulentwicklung beiseitezustehen.
Mit dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung legen wir einen stärkeren Fokus auf die Lehreraus- und -fortbildung. Schule und Lernen verändern sich stetig. Damit die Lehrerin nen und Lehrer auf neue Herausforderungen gut vorbereitet werden, braucht es entsprechend gute Fortbildungen.
Vonseiten der Lehrerinnen und Lehrer wurde gerade in der Diskussion um die Lehrerfortbildung und – die Frau Ministe rin hat es angesprochen – auch in der Umfrage im vergange nen Jahr immer wieder angesprochen, dass Angebot und Nach frage oftmals nicht zusammenpassen. Beispielsweise gab es im vergangenen Jahr eine große Nachfrage nach Lehrerfort bildungen. Diese können bei der Heterogenität aber überhaupt nicht in dieser Fülle angeboten werden. Das Land muss auf solche Entwicklungen schnell reagieren können. Wir brauchen dafür die guten Fortbildungen, die Lehrerinnen und Lehrer auf die Herausforderungen in Schule und Unterricht vorberei ten.
Schon bei der Begleitung durch die Universität Tübingen an Gemeinschaftsschulen wurde deutlich, wie wichtig es ist, dass die Lehrerinnen und Lehrer in einem Kollegium gut und ein heitlich fortgebildet sind. Ein Manko, das bei uns in BadenWürttemberg immer wieder genannt wurde, ist, dass es in Lehrerkollegien oftmals zwar einzelne Lehrerinnen und Leh rer gibt, die gut fortgebildet sind, andere Lehrerinnen und Leh rer aber nicht diese Fortbildung genossen haben.
Das heißt, unser Ziel muss sein, dass wir bei der Lehrerfort bildung einen stärkeren Fokus auf das gesamte Lehrerkolle gium legen, dass wir die Fortbildungen an Angebot und Nach frage anpassen und dass die Fortbildungen gut zertifiziert sind, damit man von einer hohen Qualität ausgehen kann.
Natürlich bedeuten – das wird jetzt sicherlich auch von der Opposition gleich als ein Kritikpunkt genannt werden – die
(Abg. Daniel Born SPD: Wir haben noch viel mehr Kritik! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die hören wir uns gern an!)
Ich bin gespannt. – Die Qualität im Unterricht entscheidet sich natürlich nicht anhand dieser beiden Qualitätsinstitute, aber wir schaffen damit die Voraussetzungen, dass Lehrerin nen und Lehrer, dass die Schulen in unserem Land im Hin blick auf die Qualität bessere Unterstützung bekommen als bisher, dass sie eine bessere Beratung bei ihrer Schulentwick lung erhalten, dass sie im Bereich der Fortbildung besser un terstützt werden. Dann wird am Ende auch die Qualität im Un terricht verbessert werden. Das ist das Ziel, das mit dem vor liegenden Gesetzentwurf verfolgt wird.
Ich bin überzeugt: Wir gehen mit diesen beiden Qualitätsins tituten einen richtigen Weg. Für den Fall, dass jetzt eine ent sprechende Kritik kommt, weise ich darauf hin: Dieser Ge setzentwurf wurde mit Praktikern, mit Wissenschaftlern, mit Beteiligten aus Schule und Unterricht vorbereitet.
Es ist kein Konzept, das auf einer politischen Grundlage ba siert, sondern es wurde aufgrund von vielen Beratungen ein gesetzt. Ich glaube, dass wir damit den richtigen Weg gehen. Jetzt wird entscheidend sein, wie die Beteiligten in den Pro zess eingebunden werden,