Protocol of the Session on January 31, 2019

Gerade auch vor diesem Hintergrund ist es aus meiner Sicht zutiefst bedauerlich, dass bisher kein politischer Konsens in der Bundesrepublik Deutschland, auch zwischen Bundestag und Bundesrat, hergestellt werden konnte, nach dem den West balkanstaaten folgend weitere Staaten mit einer sehr geringen Gesamtschutzquote zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt wer den.

Am guten Willen Baden-Württembergs hat es in der Vergan genheit im Übrigen nicht gefehlt

(Abg. Anton Baron AfD: Was ist mit Hessen?)

und – das füge ich hinzu – wird es auch in Zukunft nicht feh len.

Herr Kollege Dr. Goll, es ist auch nicht so, dass es immer nach dem Motto „Baden-Württemberg stimmt zu in Kenntnis der Tatsache, dass das Gesetz nicht zustande kommt“ gemacht worden ist, sondern bei den Westbalkanstaaten war es gerade die Zustimmung aus Baden-Württemberg, die das Gesetz letztlich in Kraft gesetzt hat.

(Abg. Anton Baron AfD: Was ist mit Hessen?)

Geben wir also die Hoffnung nicht auf. Ich setze auch auf un seren Partner und darauf, dass sein Werben bei anderen Bun desländern Erfolg haben wird.

Schauen wir uns noch einmal die erwähnten Westbalkanstaa ten an. Dort hat sich das Konzept der sicheren Herkunftsstaa ten bewährt. Der Zugang von Asylsuchenden ohne Schutz gründe aus dem Westbalkan hat sich insbesondere nach der Erweiterung auf Albanien, die Republik Kosovo und Monte negro im Oktober 2015 signifikant verringert. Die Zahl der freiwilligen Ausreisen hat stark zugenommen.

Selbstverständlich, Herr Kollege Hinderer, ist es richtig, dass wir ein rundes Konzept erst bekommen, wenn es entsprechen de Rücknahmeabkommen mit den Staaten gibt. Dass aller dings der Bundesaußenminister sich einen so schlanken Fuß macht

(Abg. Anton Baron AfD: Ja, ja, ja!)

und sagt, mit diesen internationalen Verhandlungen habe er gar nichts zu tun, finde ich vonseiten der SPD etwas dürftig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Sascha Binder SPD: Er ist nicht zuständig!)

Ich finde, das Auswärtige Amt darf hier durchaus etwas in die Gänge kommen.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage...

Nein, ich würde gern – –

... des Herrn Abg. Katzenstein zu?

Der Kollege Katzenstein? Bitte schön.

(Heiterkeit – Abg. Anton Baron AfD: Den würde ich auch mal sprechen lassen, Herr Strobl!)

Vielen Dank, Herr Mi nister. – Sie haben vorhin aus dem Gesetzentwurf der Bun desregierung zitiert. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, lautet dort die Formulierung, dass die Asylbewerber v o r der Anhörung die Möglichkeit haben, diese spezielle Rechts beratung in Anspruch zu nehmen. Beinhaltet das im Umkehr schluss, dass dann während des Verfahrens diese spezielle Rechtsberatung ausgeschlossen ist?

Nein.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Ist gut! – Abg. Thomas Blenke CDU: Man muss nicht jede Frage verstehen! – Abg. Klaus Dürr AfD: Das hat jetzt nie mand verstanden! – Abg. Anton Baron AfD: Das hat niemand verstanden, Herr Strobl!)

Mit der Einstufung als sichere Herkunftsstaaten können die Asylverfahren insbesondere beschleunigt werden. Das ist – darauf hat Herr Kollege Dr. Goll zu Recht hingewiesen – auch das, was die Bevölkerung von uns erwartet. Das ist im Übri gen auch ein wichtiges Signal in die Herkunftsstaaten. Ich be tone noch einmal: Mit diesem Signal entziehen wir insbeson dere den Schlepperorganisationen die Geschäftsgrundlage.

Flüchtlingsschutz umfasst nicht die Flucht aus wirtschaftli chen Gründen. Wer ein besseres Leben sucht, ohne in seiner Existenz etwa an Leib und Leben bedroht zu sein, ohne poli tisch verfolgt zu sein, der kann auch keine Asylgründe für sich in Anspruch nehmen.

Das sind wir übrigens den wirklich politisch oder durch Bür gerkrieg Verfolgten schuldig, dass wir das nicht durcheinan derbringen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Ga briele Reich-Gutjahr FDP/DVP)

Wir müssen deshalb unterscheiden: Wer tatsächlich humani tär schutzbedürftig ist, der muss und wird in Deutschland ad äquaten Schutz erhalten. Wer aus rein wirtschaftlichen oder anderen Gründen einreisen will, kann das nur im Rahmen der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen tun und nicht unter dem Vorwand einer angeblichen Verfolgung. Das ist beispielsweise auch eine Aufgabe der Zuwanderungsge setzgebung des Bundes, die ja in Arbeit ist.

Schlussbemerkung: Das Recht auf Asyl, die Schutzgewährung für Flüchtlinge ist eine humanitäre Verantwortung, der wir selbstverständlich vollumfänglich nachkommen. Darüber gibt es Einigkeit in diesem Haus.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Fakt ist aber auch, dass wir nicht alle Menschen in unser Land aufnehmen können. Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck hat das auf die kurze Formel gebracht:

Unser Herz ist weit. Aber unsere Möglichkeiten sind end lich.

Auch das ist Teil der Wahrheit, die gesagt werden und die Leit linie unseres Handelns sein muss.

Ich rechne es unserem baden-württembergischen Ministerprä sidenten hoch an, dass er entgegen dem Credo seiner Partei kollegen aus anderen Ländern und insbesondere aus der Bun despartei der Grünen das Instrument der sicheren Herkunfts staaten nicht verwirft, sondern konstruktiv angeht.

Unter Zugrundelegung des Schutzkonzepts des BAMF kön nen wir guten Gewissens davon ausgehen, dass besonders Schutzbedürftige nicht alleingelassen werden. Zugleich kön nen wir darauf setzen, dass die Einstufung der genannten Staa ten als sichere Herkunftsstaaten verfahrensbeschleunigend wirkt. Schutz für diejenigen, die des Schutzes bedürfen, zü gige Verfahren für alle Beteiligten und ein klares Signal an die Schlepperkriminalität: „Eure Geschäftsgrundlage in Nordaf rika entfällt“, das alles sind Punkte, die ich sehr begrüße.

Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei Ab geordneten der AfD – Vereinzelt Beifall bei den Grü nen)

Nun hat noch einmal Herr Abg. Rottmann für die AfD das Wort.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Zum Thema, bitte!)

Sehr geehrte Frau Landtagsprä sidentin, sehr geehrte Kollegen, sehr geehrte Damen und Her ren! Kollege Hinderer, wenn Sie meinen, ich wollte hier nur unterhalten, dann haben Sie nicht richtig zugehört. Ich nehme gern einmal eine andere Sichtweise und einen anderen Stand punkt ein, um die Dinge zu beschreiben oder zu benennen, weil ich die Hoffnung habe, dass der eine oder andere damit vielleicht mehr versteht, über welche Probleme wir hier re den.

Herr Minister Strobl, ich möchte Ihnen für Ihre klaren Worte sehr herzlich danken. Ich nehme es Ihnen durchaus ab, dass Sie es bei diesem Thema sehr ernst meinen und um Lösungen bemüht sind. Ich verstehe allerdings nicht, wie Sie es dann in dieser grün-schwarzen Koalition aushalten.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Herr Abg. Rottmann, Ih re Redezeit ist schon eine Weile abgelaufen.

Ich bin gleich fertig; zwei Sät ze noch.

(Zurufe)

Die Frage ist: Wird der Ministerpräsident und werden wir Ab geordneten im Interesse des Landes Baden-Württemberg han deln oder nur Parteipolitik betreiben?

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Satz 1!)

Diese Frage muss sich jeder von uns stellen.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Satz 2!)

Und ich tue es. – Satz drei.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Für die Grünen spricht jetzt Herr Abg. Lede Abal.