Protocol of the Session on January 31, 2019

Am wichtigsten ist, glaube ich, die Ernährungsbildung für Kinder. Seit mehr als drei Jahrzehnten engagieren wir uns auf diesem Gebiet. Meine Vorgängerin Gerdi Staiblin hat dieses wichtige Thema schon vor 20 Jahren vorangebracht. Als vie le seine Bedeutung noch nicht erkannt hatten, hat sie das The ma „Kindererziehung, Kinderernährung“ schon als Baustein in ihre damalige Ernährungsstrategie eingebaut.

(Beifall der Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch)

Daran hat sich nichts geändert. Man muss sagen: Das war da mals etwas Gutes, und heute ist es noch notwendiger gewor den.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Also heißt es in der Konsequenz: Wir müssen das weiter ver stärken.

Ich glaube, es ist ganz entscheidend und wichtig, dass wir in der Bildung nicht mit dem Finger und dem Zeigestock zeigen, wohin es gehen soll. Vielmehr sollten wir einfach das Ge schmackserleben fördern. Junge Menschen, Kinder müssen einfach erleben, wie die Tomate, der Paprika, der Apfel schme cken, und zwar auch saisonal, wie die Erdbeere, die Kirsche schmecken. Das müssen sie erleben, weil sie solche Geschmacks richtungen sonst gar nicht mehr mitbekommen.

Die Gefahr ist durchaus vorhanden, dass die Fast-Food-Ket ten im Prinzip einen Einheitsgeschmack produzieren, dass die ser beliebt wird und alles andere gar nicht mehr wahrgenom men bzw. nicht mehr als gut empfunden wird. Deshalb muss man im Prinzip dafür sorgen, dass das Geschmackserleben von frühester Kindheit an gefördert wird.

Da die Kinder – das kann man bedauern oder beklagen, aber man muss es zumindest einmal feststellen – überwiegend in Betreuungseinrichtungen, in Kindergärten sind, sich dort ganz tags aufhalten, muss man prinzipiell auch die Chance nutzen, mit einer guten Ganztagsverpflegung die Geschmacksvielfalt ernährungsphysiologisch unproblematisch und nicht mit dem erhobenen Zeigefinger an Kinder heranzubringen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Zuruf des Abg. Martin Grath GRÜNE)

Das ist eine gewaltige Chance, weil wir damit ganze Alters kohorten erfassen und zumindest Grundlagen legen. Es mag durchaus sein, dass später dann die Pommes, der Döner und der Burger von der Bude im Zweifelsfall noch immer attrak tiv bleiben. Ich will auch keinen Menschen dahin umerziehen, dass er nur noch regional oder bio isst. Er sollte aber immer wieder erleben, dass Bioprodukte, regionale Produkte anders sind, dass sie besser sind, dass sie qualitativ hochwertiger sind. Das muss doch unsere Zielsetzung sein.

Die Menschen müssen erkennen können, dass es Unterschie de gibt. Viele sind doch, was das Schmecken angeht, schon

auf dem niedrigsten Level. Die können doch schon gar nicht mehr erkennen, was frisch ist. Die können nicht mehr erken nen, welches Fleisch gut ist. Sie sind einen Einheitsgeschmack gewohnt. Wir wollen einfach dem Vorschub leisten, dass die se Geschmacksvielfalt schon den Jüngsten, nämlich den Kin dern, nahegebracht wird und sie das ihr Leben lang nicht mehr verlernen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Herr Minister Hauk, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stickelberger zu?

Aber gern.

Herr Minister, vielen Dank. – Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die Er nährungsgewohnheiten natürlich im Vergleich zur Lebenssi tuation von Menschen im 20. oder gar im 19. Jahrhundert än dern müssen.

Ich darf Sie mal mit einer Aussage konfrontieren, die Sie im Jahr 2014 gemacht haben. Da haben Sie der grünen Fraktion, als es um die Einführung des Veggie Days ging, noch Gesin nungsterrorismus vorgeworfen.

(Vereinzelt Heiterkeit – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Haben Sie in diesen vier Jahren auch dazugelernt, oder blei ben Sie bei dieser Deutung?

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Lieber Herr Stickelberger, da denkt wieder ein glänzender Jurist in klaren Kategorien.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das hilft!)

Die klare Kategorie, die es bei Ihnen, die es bei den Grünen mal gab – – Aber das verfolgen die ja nicht weiter; sie haben ja Abkehr geschworen. Das finde ich gut. Der Veggie Day be inhaltet nämlich eine Bevormundung.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, genau so ist es!)

Das ist nämlich die Verpflichtung, an einem Tag nichts ande res zu tun und zu essen. Das lehnen wir grundsätzlich ab.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig!)

Wir setzen auf Information. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der AfD)

In der Kindererziehung ist das so ähnlich.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, es ist deutlich zu laut. Herr Minister Hauk hat das Wort.

Ich komme schon klar, Frau Präsidentin.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich sage mal, in der Kindererziehung ist es, glaube ich, ganz wichtig, dass bereits die Kinder lernen, Geschmackserlebnis se unterschiedlich wahrzunehmen. Wenn sie das mit allen Sin nen erleben und sich das Wissen dazu aneignen, dann können sie es auch im späteren Leben umsetzen. Ob sie es umsetzen, das ist dann der freie Wille eines jeden Einzelnen. Aber sie müssen es zumindest mal erlebt haben, um es überhaupt um setzen zu können.

Deshalb informieren die Referentinnen für bewusste Kinder ernährung die Eltern, bilden Erziehungskräfte fort, unterrich ten in Schulen und coachen die Kitas auf ihrem Weg zum BeKi-Zertifikat. Wir haben bisher 340 Kitas zertifiziert. Un ser Ziel für 2019 sind 500. Wir wollen bis zum Ende der Le gislaturperiode diese Zahl verdoppeln, damit in den Kitas im mer stärker das Bewusstsein für gesunde Ernährung wächst.

Die Kitas machen nachhaltig deutlich, dass Essen und Trin ken in ihrer Einrichtung Teil des pädagogischen Profils ge worden ist. In Schulen unterstützen wir vor allem die Lehr kräfte bei der im Bildungsplan verankerten Ernährungsbil dung. So fördern wir die landesweite Umsetzung des Ernäh rungsführerscheins, für den sich Staatssekretärin Gurr-Hirsch vorbildlich eingesetzt hat,

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

und die pädagogische Begleitung des Schulprogramms.

Meine Damen und Herren, es ist einfach wichtig: Über das Thema Ernährung gewinnt man Menschen in Bezug auf ihre Grundbedürfnisse und kann sie dort, ohne mit dem erhobenen Zeigefinger zu drohen, auch in Richtungen lenken, die gewollt sind.

Ziel des Ministeriums ist die flächendeckende Umsetzung des Ernährungsführerscheins als Baustein der im Lehrplan veran kerten Ernährungsbildung. Im Schuljahr 2017/2018 hat das MLR daher in allen 2 400 Grundschulen und in 400 sonder pädagogischen Bildungs- und Beratungszentren ein Paket des Ernährungsführerscheins zur Verfügung gestellt, weil es im Bildungsplan verankert ist. Laut einer Umfrage haben in die sem Schuljahr bereits 65 % der Grundschulen das Material im Unterricht eingesetzt. Das ist auch nicht verwunderlich, mei ne Damen und Herren. Wenn Kinder ganztägig, also mehr stündig bleiben, spielt das Thema Ernährung an der Schule ei ne Rolle. Dadurch kann man sich im Unterricht auch deutlich stärker damit auseinandersetzen.

Das EU-Schulprogramm in Baden-Württemberg ist eine Er folgsgeschichte. Im vergangenen Jahr haben über 40 % der Grundschul- und der Kitakinder im Land davon profitiert. – Das Geld kam aus den 6 Millionen €, von denen Sie, Frau Wolle, gesprochen haben. Die Zahl stimmt. Aber ansonsten war alles falsch oder stand in einem falschen Zusammenhang.

(Oh-Rufe von der AfD)

Das muss man einfach mal sagen: Was Sie verbreitet haben, waren Fake News vom Zusammenhang her und waren Fake News in den Zahlen.

(Abg. Anton Baron AfD: Das erzählen Sie immer!)

Mit billiger Polemik gegenüber der Europäischen Union kom men Sie hier halt nicht weiter; um das einmal klar zu sagen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD – Zuruf von der AfD: Das wird sich ändern!)

Hier im Landtag – das wird sich auch bei Ihnen ändern müs sen – werden Sie lernen müssen, sich auch mit Fakten ausei nanderzusetzen.

(Lachen bei der AfD – Zuruf des Abg. Dr. Heiner Merz AfD)

Tatsache ist nämlich, dass die 40 000 Landwirte in BadenWürttemberg jedes Jahr 600 Millionen € direkt von der Euro päischen Union als Direktzahlungen aus der zweiten Säule er halten

(Abg. Bernd Gögel AfD: Und wie viel zahlen wir ein?)