Protocol of the Session on January 31, 2019

Das kann nicht mehr so weitergehen. Zudem geht es um die Wertschätzung – das ist vorhin schon gesagt worden – von Lebensmitteln und vor allem auch um die Wertschätzung der Arbeit der Produzenten der Lebensmittel. Das ist ein ganz wichtiges Ziel.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Der vom Ministerrat beschlossene landesweite Maßnahmen plan zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung muss schnell angegangen und umgesetzt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Nun zum Schluss: Lassen Sie uns gemeinsam investieren in Gesundheitsschutz, Transparenz sowie Umwelt- und Klima schutz durch eine gesunde, regionale und nachhaltige Ernäh rung. Und ein bisschen Bio darf gern auch dabei sein.

Vielen Dank und guten Appetit!

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sehr gute Rede!)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Frau Abg. Wolle das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen, Herren und diverse Abgeordnete!

(Abg. Thomas Blenke CDU: Mein Gott, seid ihr heu te wieder lustig drauf! – Unruhe)

Das Thema der Aktuellen Debatte „Gesund, regional und nachhaltig – Ernährung als Zukunftsinvestition“ klingt wie ein Marketingslogan und zeigt, dass die CDU ergrünt ist. Man darf nicht unterschätzen, dass die zunehmend aussichtslose Lage der bäuerlich-familiären kleinen und mittleren Betriebe in Baden-Württemberg bei der CDU offenbar angekommen ist. In gut zwei Jahren sind Landtagswahlen, und da wird es

offenbar Zeit, sich wieder der Klientel im ländlichen Raum zu widmen.

(Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch: Ojemine! – Zuruf des Abg. Martin Hahn GRÜNE)

Dort sieht es nicht besonders gut aus. Bei uns liegt die land wirtschaftliche Betriebsgröße weit unter dem Bundesdurch schnitt. Von 1999 bis 2016 hat die Zahl der Bauernhöfe im Land um rund ein Drittel abgenommen. Der Trend ist unge brochen und schreitet weiter fort.

Es ist kein Geheimnis, dass diese Betriebe mit den Großbe trieben im Osten kaum noch mithalten können. Woran liegt das? Der SPIEGEL titelte am 5. Januar 2019: „EU-Geld züch tet Großbetriebe“. Der dem Artikel zugrunde liegende Agrar atlas der Heinrich-Böll-Stiftung mit dem Titel „Daten und Fakten zur EU-Landwirtschaft“ stellt heraus, dass die meis ten Direktzahlungen der EU in der Landwirtschaft an die Un ternehmensfläche gekoppelt sind.

Verlierer dieses Systems nicht nur in Deutschland sind die kleinen bäuerlichen Unternehmen, also gerade die Familien betriebe hier in Baden-Württemberg. Wie so oft kommen al so auch in der Landwirtschaft die Probleme der EU auch in Baden-Württemberg an.

Das Höfesterben hat aber nicht nur für die betroffenen Land wirte Konsequenzen. Nicht umsonst wünschen sich die Deut schen laut forsa eher kleinere Bauernhöfe anstelle von Agrar fabriken, und das hat seinen guten Grund.

(Zuruf der Abg. Martina Braun GRÜNE)

Regional hergestellte landwirtschaftliche Produkte sind für den Verbraucher transparenter. Kurze Transportwege entlas ten die Straßen, befördern das Tierwohl und sorgen für mehr Frische der Produkte. Darüber hinaus helfen die landwirt schaftlichen Betriebe, unsere Natur- und Kulturlandschaften zu erhalten und zu pflegen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Es besteht also akuter Handlungsbedarf zur Stärkung und zum Erhalt unserer bäuerlichen Landwirtschaft.

Was ist zu tun? Wie auch die KMUs werden die bäuerlichen Betriebe von Bürokratie förmlich erdrückt. Als Beispiel mö gen hier nur die ausufernden Nachweis-, Dokumentations- und Kennzeichnungspflichten dienen. Bis zu 10 % der Ar beitszeit – so schätzen die Landwirte – gehen für Formalien, Meldungen, Beantragungen von Subventionen verloren.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Sie sind doch gegen Sub ventionen! Sie sind doch immer dagegen!)

Hier muss eine deutliche Entlastung erfolgen. Derartige An träge sollten unserer Ansicht nach einfach sein und nicht nur auf einen Bierdeckel, sondern auf eine Briefmarke passen.

Die Position der Erzeuger von Lebensmitteln muss gegenüber den großen Handelsunternehmen gestärkt werden und Wege direkter und regionaler Vermarktung müssen gefördert wer den. Neue Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen dürfen die Landwirte nicht einseitig belasten und müssen daher mit ent sprechender Förderung einhergehen. Der ländliche Raum als

solcher, in dem Landwirtschaft stattfindet, darf wirtschaftlich nicht abgehängt werden. Daher ist eine wirksame Förderung notwendig.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die Steigerung der Attraktivität des ländlichen Raums nutzt direkt den dort ansässigen landwirtschaftlichen Betrieben. Diese verhindern wiederum als Arbeitgeber, dass Landflucht stattfindet. Darüber hinaus ist die Nutzung der Potenziale, die in der Digitalisierung – auch der Landwirtschaft – liegen, nur möglich, wenn der ländliche Raum nicht abgehängt wird.

Doch Qualität hat auch ihren Preis. Regional sorgfältig pro duzierte Lebensmittel sind der Massenproduktion qualitativ deutlich überlegen. Dagegen sind Produkte aus Agrarfabriken preislich grundsätzlich vorteilhaft. Jedoch kann sich nicht je der Verbraucher hochwertige und damit teure Lebensmittel leisten. Der Gang zum Discounter bleibt unvermeidlich. Blo ße Schulung reicht leider nicht aus, Herr Grath.

Wenn es im Interesse des Landes ist, sowohl die bäuerlichen Betriebe zu erhalten als auch die Versorgung der Bürger mit gesunden und hochwertigen Lebensmitteln sicherzustellen, dann muss die ländlich-bäuerliche Produktion gezielt geför dert und die Landwirtschaft so weit wie möglich entlastet wer den. Das Geld dazu ist vorhanden, es wird nur falsch ausge geben.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

41 % des Gesamthaushalts der EU, also 56 Milliarden €, gin gen 2017 in die Landwirtschaft. Deutschland zahlte davon al lein 23 Milliarden €. An die deutschen Landwirte flossen im selben Zeitraum allerdings nur 6,3 Milliarden € zurück.

(Abg. Jonas Weber SPD: Das ist eine Milchmädchen rechnung!)

Es bedarf keiner großen Fantasie, sich vorzustellen, welche konkrete Förderung der Landwirte in Deutschland mit dem Differenzbetrag von 16,7 Milliarden € möglich gewesen wä re.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Jonas We ber SPD: Das ist eine Milchmädchenrechnung!)

Hinzu kommen die völlig sinnlosen Ausgaben für die Biogas förderung, die die Landwirte dazu zwingen, auf ineffiziente Weise Kraftstoffe anstatt Lebensmittel zu erzeugen.

Frau Abg. Wolle, lassen Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Martin zu?

(Zuruf von der AfD: Von Frau Martin?)

Ganze Landstriche werden zu Maiswüsten. In der Folge kommt es zu Erosion, Boden- und Grundwasserbelastung. Auch die hierfür aufgewendeten Gelder ließen sich besser für die För derung hochwertiger, regional produzierter Lebensmittel ein setzen.

Eines der Ziele bei der Gründung der Europäischen Wirt schaftsunion war damals die Erreichung der Selbstversorgung

der beteiligten europäischen Länder mit Lebensmitteln. Als dies dann erreicht war, erwiesen sich die eingeführten Instru mentarien als zunehmend mit Konstruktionsfehlern behaftet. Überproduktionen wie z. B. Butterberge und Milchseen wa ren die Folge. Bis heute werden die Agrarüberschüsse hoch subventioniert und teilweise in Entwicklungsländer exportiert.

(Minister Peter Hauk: Keine Ahnung!)

Verwerflich ist in diesem Zusammenhang, dass dies dazu führt, dass dort der Aufbau einer eigenen, tragfähigen Land wirtschaft verhindert wird

(Zuruf des Ministers Peter Hauk)

oder gar vorhandene bäuerliche Strukturen zerstört werden.

Frau Abg. Wolle, warten Sie bitte. – Herr Minister Hauk, ich darf Sie daran erinnern, dass von der Regierungsbank keine Zwischenrufe gemacht werden dürfen oder sonst irgendetwas kommen darf. Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Anton Ba ron AfD: Sehr gut! – Minister Peter Hauk: Erträglich ist das nicht, deshalb setze ich mich hierhin! – Minis ter Peter Hauk begibt sich zu seinem Abgeordneten platz. – Heiterkeit)

Sie haben ja die Möglichkeit, als Abgeordneter Platz zu neh men. Dann sind Zwischenrufe möglich.

(Anhaltende Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Jetzt muss aber was kommen! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Die Vorlesung geht weiter!)

Meine Damen und Herren, Frau Abg. Wolle hat das Wort. – Fahren Sie bitte fort.

Wollten wir nicht Fluchtursachen verhindern?