Hier ist allerdings die Gefahr einer Zentralisierung besonders stark. Deshalb sollten die Länder – ohne die Einflussnahme des Bundes durch Ablehnung oder Gewährung von Zuschüs sen – zusammenarbeiten. Meine Damen und Herren, auch wir sind der Meinung, dass für den Digitalpakt eine Grundgesetz änderung nicht notwendig ist.
Ein Punkt ist uns besonders wichtig: Es nutzt nichts, wenn wir uns heute mit Vehemenz gegen die Bevormundung durch den Bund wehren und gleichzeitig unter der Hand eine Europäi sierung unserer Bildungslandschaft vorantreiben.
Ich erinnere an die Föderalismusreform vor einigen Jahren. Auch diese sollte vordergründig der Stärkung des Föderalis mus dienen. Doch gleichzeitig wurden die Länder dazu ver pflichtet, an Feststellungen der Leistungsfähigkeit des Bil dungswesens im internationalen Vergleich mitzuarbeiten. Wir haben es hier mit Steuerungselementen zu tun, bei denen wir durchschauen müssen, in wessen Dienst diese Werkzeuge ein gesetzt werden, meine Damen und Herren. Nicht umsonst herrscht ein großes Misstrauen gegenüber diversen Stiftungen und NGOs, die versuchen, hier Einfluss auszuüben.
Bei allen Bedenken gegenüber der Bremer oder der Berliner Bildungspolitik: Das französische Schulsystem hat mit unse ren baden-württembergischen Schulen noch weit weniger zu tun. Wir erwarten hier eine gesunde Skepsis. Nicht alles, was von der EU kommt, sollte befolgt werden.
Was bedeutet gute Bildung im digitalen Zeitalter? Dasselbe, was bei anderen gesellschaftlichen Veränderungen auch gilt: die Vorzüge des Fortschritts anzunehmen, ohne das Gute der traditionellen Bildung aufzugeben.
Digitalisierung bedeutet in den meisten Bereichen eine große Erleichterung der Arbeitstechniken. Sie ist in diesen Berei chen Werkzeug – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Eini ge Menschen glauben, der junge Mensch bräuchte im Zeital ter von Google und Wikipedia nichts mehr selbst zu wissen. Meine Damen und Herren, das ist natürlich völlig falsch. Ge rade bei der Flut von Einzelinformationen braucht der Mensch ein Wissen und ein Verständnis von den übergeordneten Zu sammenhängen, um diese Einzelinformationen einordnen zu können, sonst wird er zum Spielball von Empfindungen oder von Meinungen. Er unterliegt dann der Gefahr, Opfer von Ma nipulation zu werden.
Meine Damen und Herren, wir erleben das gerade in der Die seldebatte, in der wissenschaftliche Tatsachen vollkommen ignoriert werden – ein Armutszeugnis für ein Land, das ein mal wissenschaftlicher Vorreiter war.
Die Schüler müssen mit den modernen Arbeitstechniken sou verän umgehen können. Das sind die gängigen Programme der Textverarbeitung und der Tabellenkalkulation, deren An wendung die Schüler schon in der allgemeinbildenden Schu le lernen sollen. Sie sollen auch die Grundbegriffe des Pro grammierens erlernen, um so an die Arbeitsfelder der Zukunft
herangeführt zu werden. Hierfür brauchen wir Experten, die es schaffen, den Schülern das notwendige Wissen und Kön nen zu vermitteln. Es darf nicht so sein, wie es oft der Fall ist, dass die Schüler ihren Lehrern im Umgang mit digitalen Me dien ständig voraus sind.
Das sind unserer Meinung nach die Ziele, die im Digitalpakt verfolgt werden sollten. Wir müssen den jungen Menschen die Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln, die die Arbeitge ber heutzutage von jungen Menschen erwarten, aber auch das Wissen und das Können, auf das die Professoren im ersten Se mester aufbauen wollen. Eine breite gesellschaftliche Debat te haben wir bereits gefordert – aber unter Einbeziehung von Arbeitgebern, Ausbildern und Hochschulprofessoren, meine Damen und Herren.
In der grundsätzlichen Frage nach der Gestaltung unseres Bil dungsföderalismus sehen wir auch die Problematik, dass die Zersplitterung unserer Bildungslandschaft dem Bürger schwer zu vermitteln ist. Doch leider bedeutet Vereinheitlichung im mer eine Nivellierung der Leistungsanforderungen nach un ten, und gerade das wollen wir von der AfD nicht.
Die Leistungsanforderungen müssen sich an denjenigen Bun desländern orientieren, die die besten Ergebnisse hervorbrin gen.
Das sind heute Bayern und Sachsen. Baden-Württemberg war einmal ganz vorn mit dabei, und da müssen wir auch wieder hin.
Wir unterstützen deshalb den von Herrn Kretschmann skiz zierten Pfad, bitten jedoch darum, dass nicht die Mitwirkung des Bundes vordergründig mit großem Pathos abgelehnt wird, um gleichzeitig durch die Hintertür europäische Bildungsstan dards einzuführen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Regierungsinformation des Ministerpräsidenten kommt auf den ersten Blick recht harmlos daher. Da redet ein Ministerpräsident, der bildungs politische Ziele formuliert, gegen die man eigentlich gar nicht sein kann: Informatikunterricht an allen weiterführenden
Schulen, Medienbildung von der ersten Klasse an, 150 Milli onen € für die Digitalisierung im Klassenzimmer.
Herr Ministerpräsident, Sie formulieren dann die Zielsetzung, die dieses Haus sicherlich nicht spaltet: eine gute Bildung für die Kinder. Dagegen kann niemand etwas haben. Wüsste man es nicht besser, oder würde man Ihre Regierungsinformation nicht genau lesen, dann käme man zu dem Ergebnis: Ja, da ist ein Ministerpräsident, dem es hauptsächlich um bessere Bil dung für die Kinder geht.
Aber es wird dann doch deutlich, dass Sie im Grunde so et was sind wie der Franz von Moor der baden-württembergi schen Bildungspolitik. Sie tun so, als hätten Sie hehre Ziele. Aber eigentlich geht es Ihnen um etwas ganz anderes. Sie wol len an das Geld des Bundes ohne Vorgaben, weil Sie im Hin terkopf haben, dieses Geld gar nicht für die Digitalisierung der Schulen einzusetzen, sondern im großen Haushalt von Frau Sitzmann verschwinden zu lassen.
Deshalb fürchten Sie Vorgaben des Bundes, und deshalb su chen Sie nach einem Weg, ohne Vorgaben an dieses Geld he ranzukommen.
Wie verräterisch ist dieses Adverb „endlich“, Herr Minister präsident? Wer ist denn der Hauptschuldige, dass das Ganze noch nicht umgesetzt worden ist? Das sind doch Sie, Herr Mi nisterpräsident Kretschmann – und niemand anders.
Sie erklären, Sie gäben diese Regierungsinformation hier am heutigen Tag und würden anschließend nach Berlin aufbre chen, um zu verhandeln. Ja, wer verhandeln möchte, sollte, bevor er zu den Verhandlungen aufbricht, nach Möglichkeit auch dafür sorgen, dass das Verhandlungsklima nicht vergif tet wird, Herr Ministerpräsident.
Glauben Sie allen Ernstes, ein Satz wie – ich zitiere – „Der Bund ist mit seinen Zentralisierungsfantasien auf dem Holz weg“ sei eine günstige Voraussetzung für Verhandlungen? Die Art, wie Sie, Herr Ministerpräsident, hier auftreten, erinnert doch eher an trump-ähnliche Kraftmeiereien als an elegante Diplomatie.
Sie können doch nicht ernsthaft glauben, Sie würden mit ei nem solchen Auftreten ein Verhandlungsklima schaffen, bei dem man sich näherkommt.
Nein, es geht Ihnen um etwas anderes. Sie wollen nach Mög lichkeit eben nicht, dass es zu einem Konsens mit dem Bund kommt, es sei denn, Sie schaffen es, dieses Geld sozusagen ohne Zweckbindung für den Landeshaushalt zu bekommen.
Sie erklären, die Debatte um den Digitalpakt verhindere die Qualitätsdebatte im Bildungsbereich. Also, Sie müssen nicht fürchten, dass diese Qualitätsdebatte ausfällt, sondern bei Ih rer bildungspolitischen Bilanz sollten Sie, Herr Ministerprä sident, fürchten, dass diese Debatte geführt wird.
Schauen Sie sich doch einmal an, wie sich in Ihrer Regie rungszeit das Niveau baden-württembergischer Schulen und Schüler in allen Bildungsrankings entwickelt hat. Schauen Sie sich das doch einmal an, Herr Ministerpräsident! Und da stel len Sie sich ernsthaft hier hin und sagen: „Wir müssen nach Möglichkeit alle Einflüsse von außen abwehren.“ Herr Minis terpräsident Kretschmann, bei Ihrer bildungspolitischen Bi lanz der letzten acht Jahre müssen Sie nicht fürchten, dass Ih nen irgendwer hineinredet, sondern Sie sollten froh sein, wenn von irgendwoher Hilfe kommt.