Protocol of the Session on January 23, 2019

Was ist passiert? Es gibt mal wieder Zoff bei Grün-Schwarz – so weit nichts Neues. Diesmal weigern sich die Grünen laut „Südwest Presse“ vom 19. Januar 2019, Schulleitungen klei ner Grundschulen besser zu bezahlen. Die bildungspolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende der Landtagsfrak tion der Grünen, Kollegin Sandra Boser, spricht sich in die sem Artikel für eine Mindestgröße der Schulen bei einer mög lichen Besoldungsanhebung aus. 40 Schüler in einer Schule sind ihr nicht genug.

Solche Misstöne in Richtung kleiner Grundschulen vonseiten der Grünen sind nicht neu. Ministerpräsident Kretschmann machte schon am 9. September 2017 im „Mannheimer Mor gen“ deutlich, dass er längere Wege für Kinder für hinnehm bar hält.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Hallo! „Kurze Bei ne, kurze Wege“!)

Angesichts dieser Haltung der Grünen müssen in über 100 Gemeinden im ländlichen Raum nun die Alarmglocken laut schrillen. Was hier nämlich droht, ist nichts anderes als ein grünes Schulschließungsprogramm für kleine Standorte durch die Hintertür.

(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Beifall bei der AfD – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Wir nähern uns der Faschingszeit! Die Faschingszeit naht! – Abg. And reas Schwarz GRÜNE: Der politische Aschermitt woch! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Denn was ist das Problem? Selbst der Landesrechnungshof empfahl 2016, für Schulleitungen tiefer in die Tasche zu grei fen und schnell für echte Verbesserungen zu sorgen. Heute schreiben wir das Jahr 2019 – und umgesetzt wurde bislang nichts. Dabei ist die Lage akut. Den Job der Schulleitung wol len unter den aktuellen Bedingungen immer weniger machen –

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

viel Verantwortung, wenig Gestaltungsraum und finanziell, na ja. In der Folge sind derzeit 216 Schulen ohne Leitung. 143, also zwei Drittel davon, sind Grundschulen.

Reichlich verspätet rührt sich im Kultusministerium nun doch etwas. Der offizielle Sprech lautet: Schulleitungen sollen ent lastet werden, mehr Zeit für Führungsaufgaben haben und endlich Wertschätzung erfahren. Wertschätzung!

Warum, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, soll das eigentlich für kleine Grundschulen nicht gelten? Dort fal len die gleichen Aufgaben an wie bei den großen; nur sind Schulleitungen dort oftmals auch Hausmeister, Sekretärin, Klassenlehrer. Ihre Kollegien sind so klein, dass sie kaum et was abgeben können.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Es ist Aufgabe der Kommune, das zu regeln!)

Aber am Ende des Monats haben sie gerade einmal 100 € mehr auf dem Konto. Nein, auch an dieser Stelle ist es höchs te Zeit, etwas zu tun.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Stephen Brauer FDP/DVP)

Nächste Frage: Warum sind kleine Grundschulen so wichtig? Bislang war es Konsens in diesem Haus, dass wir am Prinzip „Kurze Beine, kurze Wege“ festhalten wollen. Es ist ein klas sischer Zielkonflikt. Kleine Schulen unterliegen pädagogi schen Einschränkungen. Gleichzeitig verbindet sich mit ei nem Grundschulstandort aber erstens die bessere Vereinbar keit von Familie und Beruf durch kurze Wegezeiten. Ein län gerer Weg bedeutet früheres Aufstehen, bedeutet mehr Stress. Das mag mancher belächeln, das ist aber Alltag in den Fami lien.

Zweitens hängt für junge Familien die Attraktivität einer Ge meinde davon ab, ob sie eine Grundschule hat – ein knallhar ter Standortfaktor für den ländlichen Raum im Wettbewerb mit den großen Zentren.

Und schließlich geht es auch um eine bessere ökologische Bi lanz durch kurze Wegstrecken. Es wäre doch an Absurdität nicht zu überbieten: Die Grünen erteilen in Stuttgart Fahrver bote, und auf dem Land könnten in Zukunft Kinder dank der Ökopartei nur noch mit dem Elterntaxi zur Schule kommen. Das wäre doch völlig daneben.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Beifall bei der AfD!)

Und schließlich: Was wäre denn die Folge, wenn an kleinen Grundschulen schlechter bezahlt würde? Kollege Walter, fra gen Sie sich doch mal selbst,

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ich stelle mir viele Fragen bei dieser Rede!)

welche Stelle für Sie interessant wäre, wenn Sie sich als Schulleiter bewerben wollten: die nach A 13 besoldete oder die nach A 12, diejenige, von der Sie wissen, dass Sie die Rü ckendeckung der Politik haben, oder diejenige, bei der Sie das Gefühl haben müssen, permanent unter dem Damoklesschwert einer Schließung zu arbeiten? Die Frage beantwortet sich von

selbst: weniger Geld, weniger Wertschätzung, weniger Be werbungen, weniger Grundschulen.

Ich sage es noch einmal: Im Raum steht nichts anderes als ein grünes Schulschließungsprogramm durch die Hintertür.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Falsch!)

Mit einer verantwortungsvollen Schulentwicklungsstrategie hat das nichts zu tun. Entweder Sie drücken sich vor transpa renten Aussagen zur regionalen Schulentwicklung, oder Sie zielen – noch schlimmer – auf einen schleichenden Tod der Grundschulen ab. Beides ist verantwortungslos, beides för dert weder die Qualität noch die Entwicklung im ländlichen Raum.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: So ist es!)

Apropos Schulleitung: Wie sieht es denn bei den anderen Schulen aus? Der Streit blockiert weiterhin eine schnelle Hil fe für Schulleitungen. Da brennt auch an anderer Stelle zum Teil kräftig die Hütte. Obwohl im Konzept zur Stärkung von Schulleitungen einige wichtige Punkte angesprochen werden, kommt es zu spät und greift an einigen Stellen auch noch deut lich zu kurz.

Zwei Beispiele: Bei der Ausstattung von Schulleitungen wird weiterhin nicht zwischen Ganztagsschulen und Halbtagsschu len unterschieden – trotz eines deutlich höheren Organisati onsaufwands beim Ganztagsbetrieb. Die 250 Schulkindergär ten – als Zweites – kommen auch gar nicht vor. Vor allem ist nicht nachvollziehbar, warum die Maßnahmen erst zum nächs ten Schuljahr kommen bzw. in Teilen sogar auf unbestimmte Zeit in die Zukunft geschoben werden sollen. Das geht doch so nicht.

Also, Kolleginnen und Kollegen insbesondere von den Grü nen: Hören Sie auf, Schulleitungen zu verunsichern. Schaffen Sie Transparenz über Ihre wahren Pläne: Halten Sie am Ver sprechen „Kurze Beine, kurze Wege“ fest oder nicht? Machen Sie Ihren Job! Handeln Sie zügig. Ziehen Sie das Schulleiter stärkungsprogramm vor. Und vor allem: Lassen Sie die Grund schule im Dorf.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Stefan Herre und Lars Patrick Berg AfD)

Das Wort hat Herr Kolle ge Walter für die Grünen.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor einigen Jahren habe ich ein Interview mit einem Psychologen gelesen. Das hat der Kolle ge von der SPD leider nicht gelesen. Danach treten über 90 % der Dinge,

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

über die man sich Sorgen macht oder über die man sich är gert, gar nicht ein. In diesem Fall ist es genauso. Sie ärgern sich über etwas. Ich weiß nicht, woher Sie das haben.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Aus der Zeitung! – Zuruf von der SPD: Die Grundschulen ärgern sich über Sie!)

Ich habe den Eindruck, meine Damen und Herren, Ihre Hal tung ist – Kollege Hofelich hat es ja verkündet –: „Die Grü nen sind jetzt unser großer Gegner.“ Ihnen geht es gar nicht um den Inhalt, sondern Sie wollen sich selbst irgendwie ge genüber den Grünen profilieren.

Der Grundsatz „Kurze Beine, kurze Wege“ gilt für uns – ge nauso wie für die CDU – nach wie vor.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Sprechblasen! Nichts als Sprechblasen!)

Dieser Grundsatz steht aber nicht allein da; denn neben einer guten Erreichbarkeit – – Sie haben den Zustand der Schulen geschildert und erklärt, wie viele Rektorenstellen nicht besetzt sind. Zu diesem Zustand ist es ja nicht erst in den letzten zwei einhalb Jahren gekommen, sondern es gab ihn auch schon, als Sie in der Regierung waren.

(Zuruf von der SPD: Sie aber auch! – Heiterkeit bei der SPD)

Was ich bei Ihnen vermisse, meine Damen und Herren, ist das Weiterdenken, wie sich eine Schule entwickeln soll. Da geht es eben nicht nur um die Erreichbarkeit – diese ist uns sehr wichtig –, sondern auch um die Fragen: Welche Qualität ha ben unsere Schulen, und welche Qualität haben unsere Grund schulen?

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Gerade in Zeiten von Lehrermangel haben wir daher auch die Verantwortung, alle Strukturen und Maßnahmen auf ihre Wirk samkeit und ihre Umsetzbarkeit hin zu prüfen. Es gilt, ein gu tes, regionales Angebot zu gewährleisten. Aber wir müssen gleichermaßen auch die Stärkung der Grundschulen insgesamt im Blick haben. Wir sollten uns schon die Frage stellen, ob wirklich jede eigenständige Grundschule notwendig ist,

(Zuruf von der SPD: Aha!)

um den Grundsatz „Kurze Beine, kurze Wege“ umzusetzen. Es geht auch nicht um die Räume, sondern es geht um die Strukturen: Wie kann ich die Strukturen und sozusagen die Regierung einer Schule verbessern, ohne dass ich an den Räumlichkeiten etwas verändere? Darüber muss man doch einmal diskutieren können.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Ich glaube, dass diesem Grundsatz auch weiterhin gefolgt werden kann, wenn man beispielsweise mehrere Grundschu len unter eine Leitung stellt und damit Synergien schafft. Dies kann aber auch ohne Eingriff – ich betone es noch einmal – in die räumlichen Gegebenheiten geschaffen werden.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Sascha Bin der SPD)

Dies hat auch den Vorteil, dass man Vertretungssituationen besser regeln kann, die heute ein großes Problem darstellen, und auch dem fachfremden Unterricht entgegenwirken kann. Da sind Sie doch sicherlich auf unserer Seite. Gerade an klei nen Schulen, an denen nur zwei oder drei Lehrerinnen und

Lehrer eingesetzt sind, ist es oft enorm schwierig, Ausfälle zu kompensieren und aufzufangen.

(Abg. Martin Hahn GRÜNE: Ja! – Abg. Raimund Ha ser CDU: Sehr richtig!)