Wenn ich dann höre, dass der Landkreis Karlsruhe keine Vor teile in der Aufnahme sieht, dann muss man doch sagen: Leu te, dann lasst’s, dann beenden wir doch besser die Diskussi on an dieser Stelle –
(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Da könnte man ja auch noch einen Stadtkreis machen!)
bei allem Verständnis für den Wunsch derjenigen, die die Ver änderung wollten. Ich glaube, da muss man auch verstehen, dass der Landtag diese ganzen anderen Aspekte im Blick be hält.
Gerade der Kollege Blenke hat ja sehr, sehr sorgfältig Vor- und Nachteile abgewogen. Daran sieht man sehr deutlich, dass wir das Anliegen im Prinzip ernst nehmen, dass wir jedes Bür gervotum ernst nehmen, aber dass wir in diesem Fall gut da ran tun, an der Kreiszugehörigkeit von Bad Herrenalb nichts zu verändern. Deswegen werden wir dem Entschließungsan trag der Regierungsfraktionen zustimmen.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin Aras, liebe Kol leginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Wir behandeln in der heutigen Plenarsitzung des Landtags von Ba den-Württemberg mit dem Umkreisungswunsch der Stadt Bad Herrenalb einen weiteren Fall, den es so in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg noch nicht gegeben hat.
Ausgangspunkt ist ein Bürgerentscheid, der am 23. Oktober 2016 in der im nördlichen Schwarzwald gelegenen Stadt Bad Herrenalb stattgefunden hat. Bei einer Beteiligung von 58,9 % aller Wahlberechtigten stimmten 29,8 % für und 29,1 % ge gen den Wechsel der Stadt vom Landkreis Calw zum Land kreis Karlsruhe. Der Unterschied betrug 43 Stimmen, also ein sehr, sehr knappes Ergebnis.
In der Folge dieser Entscheidung befasste sich die Landesre gierung intensiv mit dem Anliegen, das der Bürgermeister von Bad Herrenalb in Umsetzung des Bürgerentscheids an uns he rangetragen hatte. Ziel der Initiatoren war der Erlass eines ent sprechenden Gesetzes durch den Landtag, mit dem der Land kreiswechsel vollzogen werden sollte.
Das Innenministerium hat zunächst die Stadt Bad Herrenalb sowie die beiden betroffenen Landkreise Calw und Karlsru he zu dem Anliegen angehört. Im Anschluss daran erhielten die einzelnen Ministerien Gelegenheit, sich zu dem Gesuch der Stadt Bad Herrenalb in fachlicher Hinsicht zu äußern.
Die eingegangenen, teils umfangreichen Stellungnahmen wur den dem Landtag mit der Beantwortung der Großen Anfrage, die auf der heutigen Tagesordnung steht, vorgelegt. Diese Stel lungnahmen sowie die eingegangenen Äußerungen der Bür gerinitiative „Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe“ bildeten die Grundlage für die Antwort der Landesregierung auf die einer seits grundsätzlichen, teilweise aber auch detaillierten Fragen der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der CDU.
Rückblickend möchte ich feststellen: Es war ein ganz beson ders offenes und transparentes Verfahren, das letztlich auch eine gewisse Zeit in Anspruch genommen hat. Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der Thematik erscheint dies aber auch gerechtfertigt, ja angemessen.
Alle Beteiligten sind zu Wort gekommen und konnten ihre Sicht der Dinge und ihre Argumente vortragen und in die Dis kussion einbringen. Dies zeigte sich vor allem bei der Anhö rung, die am 9. April 2018 stattgefunden hat und bei der Ver treter der Stadt Bad Herrenalb, der Landkreise Calw und Karlsruhe sowie der Bürgerinitiative die Gelegenheit beka men, ihren jeweiligen Standpunkt darzulegen, Fragen an die anderen Beteiligten zu richten und selbst Fragen zu beantwor ten.
Nach meinem Eindruck haben sich die Abgeordneten gründ lich und sehr ernsthaft mit dem Anliegen befasst. Dadurch wurde auch dem Ergebnis des Bürgerentscheids Rechnung ge tragen. Die Meinung der Bürgerinnen und Bürger wurde ge hört und ernst genommen, und die Argumente für und gegen eine Umkreisung Bad Herrenalbs wurden im Wege einer sorg fältigen Prüfung gegeneinander abgewogen. Ergänzt wurde dieser Prozess durch begleitende Gespräche mit den Beteilig ten.
In der Sache selbst ist das Ergebnis der Abwägung der für und gegen eine Umkreisung sprechenden Argumente dann recht eindeutig ausgefallen, wie auch die Bewertung der Antwort auf die Große Anfrage zeigt.
Letztlich sprechen nach Auffassung der Landesregierung die gewichtigeren Gründe für eine Beibehaltung der Zugehörig keit der Stadt Bad Herrenalb zum Landkreis Calw. Die von der Landesverfassung und der Landkreisordnung geforderten Gründe des öffentlichen Wohls für eine Gebietsänderung sind nicht gegeben. Der Landtag schließt sich nun mehrheitlich dieser Bewertung an.
Aus den verschiedenen Stellungnahmen ergaben sich bei zu sammenschauender Betrachtung nur sehr wenige Vorteile und demgegenüber eine ganz erhebliche Anzahl von teils gewich
tigen Nachteilen im Fall eines Landkreiswechsels Bad Her renalbs in den Landkreis Karlsruhe. Lassen Sie mich hierzu beispielhaft folgende Punkte herausgreifen. Als positive As pekte mit in die Betrachtung eingestellt wurden eine teilwei se bessere Erreichbarkeit von öffentlichen Einrichtungen mit dem öffentlichen Personennahverkehr und die bestehende so ziale und ökonomische Verflechtung Bad Herrenalbs mit dem Raum Karlsruhe.
Gegen einen Kreiswechsel spricht freilich der Verlust an Ver waltungseffizienz für verschiedene Bereiche wie etwa die Ab fallwirtschaft, die Baurechtsverwaltung, das Feuerwehrwe sen, den Straßenbau, die Kfz-Zulassung sowie den Bereich Jugend, Soziales und Integration.
Für den im Landkreis Calw bedeutsamen Bereich des Touris mus, den wichtigsten Wirtschaftsfaktor für die Stadt und den Landkreis,
wird bei einem Landkreiswechsel mit erheblichen Nachteilen und einer deutlichen Schwächung Bad Herrenalbs und des Landkreises Calw gerechnet.
Auch wären keine positiven Auswirkungen auf die Finanz kraft und die Haushalte der beteiligten Kommunen zu erwar ten. Ja, es wäre vielmehr mit einer Verschlechterung zu rech nen.
Hinzu käme ein Bedeutungsverlust der Stadt Bad Herrenalb. Diese wäre im Landkreis Karlsruhe in Bezug auf die Größe nur noch auf Platz 25 von dann 33 Gemeinden. Im Landkreis Calw ist sie dagegen die achtgrößte Gemeinde.
Da sich die Bürger in den beiden Teilorten Rotensol und Neu satz mit deutlicher Mehrheit gegen einen Kreiswechsel aus gesprochen haben, würde im Fall einer Umkreisung mögli cherweise sogar eine Spaltung Bad Herrenalbs drohen. Dies wurde in der Anhörung im April von Ortsansässigen sehr deut lich angesprochen.
Ein Kreiswechsel hätte überdies negative Folgen durch eine Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft mit Dobel.
Mit einzubeziehen in die Abwägung ist auch die Tatsache, dass sich der Landkreis Calw deutlich gegen einen Kreis wechsel ausgesprochen hat. Auch der Landkreis Karlsruhe bezweifelt, dass Gründe des öffentlichen Wohls für einen Landkreiswechsel vorliegen. Beim Bürgerentscheid im Herbst 2016 hat zudem nur eine knappe Mehrheit für eine Umkreisung votiert.
Letztlich ist aus einer übergeordneten, landesbezogenen Per spektive eine mögliche Vorbildwirkung eines Präzedenzfalls einer Umkreisung Bad Herrenalbs mit Auswirkungen für das gesamte Land mit in die Überlegungen einzubeziehen. Mit weiteren Wechselwünschen anderer Städte und Gemeinden müsste gerechnet werden, was jedoch nicht im Interesse des Landes wäre. Das Land hat vielmehr ein besonderes Interes se an einer leistungsfähigen Verwaltungsstruktur, wofür eine gewisse Homogenität der Landkreise erforderlich ist. Wir ha ben in Baden-Württemberg – Gott sei Dank – diese leistungs fähige kommunale Verwaltungsstruktur.
Insgesamt wurde bei der Prüfung des Anliegens deutlich, dass die von der Rechtsprechung für Gebietsänderungen geforder ten Voraussetzungen in Bezug auf das Gesuch der Stadt Bad Herrenalb, vom Landkreis Calw zum Landkreis Karlsruhe zu wechseln, nicht vorliegen. Hervorzuheben sind aber zahlrei che bestehende und in der Praxis gut funktionierende kreis übergreifende Kooperationen und Verbindungen, wie bei spielsweise beim Nahverkehr, beim Breitbandausbau und im Schulbereich. Die Liste ließe sich noch weiter fortführen.
In den genannten sowie in weiteren Bereichen funktioniert die interkommunale Zusammenarbeit jetzt schon gut – um nicht zu sagen: sehr gut. Die aktuelle Diskussion sollte auch aus Sicht der Landesregierung dazu genutzt werden, dass die Stadt Bad Herrenalb und die Landkreise Calw und Karlsruhe noch mals intensiv prüfen und darüber diskutieren, an welchen Stel len die interkommunale Zusammenarbeit weiter intensiviert und verbessert oder auf andere Bereiche ausgeweitet werden kann. Insofern unterstütze ich ausdrücklich Ziffer 3 des Ent schließungsantrags und das darin zum Ausdruck gebrachte Anliegen.
Ich wünsche mir auch im Hinblick auf Bad Herrenalb, dass die heutige Entscheidung des Landtags Akzeptanz bei allen Beteiligten findet und der durch den Bürgerentscheid und die erfolgreiche Landesgartenschau erzeugte Schwung sowie die in der Anhörung von Herrn Bürgermeister Mai erwähnte wohltuende Aufbruchstimmung in konstruktive Gespräche und Überlegungen zur Weiterentwicklung der bereits jetzt gu ten Zusammenarbeit zwischen der Stadt Bad Herrenalb und den Landkreisen Calw und Karlsruhe münden werden.
Hierzu möchte ich die Verantwortlichen ausdrücklich ermun tern. Für die weitere positive Entwicklung der Stadt Bad Her renalb wäre dies ein wunderbares und wichtiges Signal und für die Bürgerinnen und Bürger Bad Herrenalbs allemal.
Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Ich möchte die verbleibende Redezeit nut zen, um noch mal auf die Bedeutung und das Ergebnis des Bürgerentscheids auch für uns hinzuweisen. Denn das Thema Bürgerbeteiligung ist uns ein sehr wichtiges Anliegen. Wir ha ben das Ergebnis des Bürgerentscheids – wir finden es gut, dass er zustande gekommen ist; wir stellen auch die Mehrheit überhaupt nicht infrage – sehr wohl geschätzt, respektiert.
Der Bürgerentscheid war überhaupt der Grund, dass wir uns so intensiv mit diesem Thema „Macht ein Landkreiswechsel Sinn oder nicht?“ auseinandergesetzt haben. Es ist mir ein fach wichtig, das noch mal zu betonen.
Wir müssen aber bei so einer Entscheidung – das ist einfach unsere Aufgabe als Landtag – immer auch bedenken, wer denn noch alles betroffen ist und nicht mit entscheiden konnte. Das sind u. a. die Landkreise Calw und Karlsruhe. Die Bürgerin
nen und Bürger dort konnten gar nicht mit abstimmen. Es gibt übrigens auch gar keine Bürgerentscheide auf Landkreisebe ne, was man durchaus auch mal infrage stellen könnte. Aber das nur am Rande.
Unsere Aufgabe als Landtag ist es, das Gemeinwohl, das öf fentliche Wohl zu betrachten. Das haben wir auch getan und haben uns intensiv mit diesen Fragestellungen, mit dem Für und Wider auseinandergesetzt. Wir mussten dann entschei den: Gibt es ein überwiegendes öffentliches Wohl, das tatsäch lich einen Kreiswechsel nahelegt und ihn erforderlich macht? Und das war für uns eben nicht gegeben.
Deswegen nun diese Entscheidung. Wir können verstehen, dass sie manchem in Bad Herrenalb und gerade auch der Bür gerinitiative nicht gefällt und hier zu Enttäuschung führt. Ich möchte aber wirklich sagen: Lassen Sie uns alle das Beste da raus machen. Wenn dieser ganze Prozess jetzt dazu führt, dass wir hinterher zu einer guten, verstärkten interkommunalen Zu sammenarbeit und Kooperation finden, dann hat sich das wirk lich gelohnt. Ich glaube, das ist die Aufgabe, die wir jetzt al le angehen sollten.
Danke schön. – Frau Präsiden tin, werte Kolleginnen und Kollegen! Das einzig Habhafte, was dem Kollegen von ganz rechts vorhin eingefallen ist, war, zu bekritteln, es sei ein Trauerspiel aufgrund der langen Be arbeitungszeit gewesen.
Hätten wir das innerhalb von vier Wochen entschieden, hieße es wahrscheinlich von der gleichen Seite, wir würden es durchpeitschen.