Protocol of the Session on December 20, 2018

1971/1972 wurden mit der Kreisreform gute Dinge geschaf fen, aber manches war ein Fehler. Über einen solchen disku tieren wir heute. Villingen-Schwenningen will ich an dieser Stelle nur am Rande erwähnen. Tatsache ist einfach: Wenn man einen Fehler erkennt, ist es an der Zeit, diesen zu repa rieren. Gehen wir einfach mutig voran.

Ich frage die Grünen noch einmal, warum sie bei diesem The ma eigentlich nicht für die bunte Vielfalt sind, obwohl dies doch unser Land betrifft. Ich sage auch zur CDU: Sie waren ja schon damals an der Regierung. Es wäre ein Zeichen von Größe, einen Fehler einzugestehen und ihn einfach zu besei tigen.

(Abg. Ulli Hockenberger CDU: Wenn es einer war!)

Wenn es einer war. – In diesem Sinn werden wir, die Alter native für Deutschland, für die Mehrheit der Bürger in Bad Herrenalb und damit gegen den vorliegenden Antrag stimmen. Wir sprechen uns für kraftvolle Bürgerbeteiligung und eben für den Landkreiswechsel von Bad Herrenalb aus.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Hinderer das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Herr Abg. Balzer, zunächst möchte Heilbronn sicher nicht in den Landkreis Karlsruhe. Es geht um Bad Herrenalb.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Heiterkeit des Abg. Ulli Hockenberger CDU – Abg. Anton Baron AfD: Das war ein Versprecher! – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Zum Zweiten: Die Bürgerinitiative möchte – davon bin ich überzeugt – sicher kein dem Brexit ähnlich gelagertes Szena rio. Ob die Bürgerinitiative den Beistand der AfD will, lasse ich einmal dahingestellt.

(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Aus Sicht der SPD-Fraktion unterscheiden sich dieser Tages ordnungspunkt und das Anliegen ganz wesentlich von dem vorausgegangenen Tagesordnungspunkt „Gründung eines Stadtkreises Reutlingen“. Zudem würden wir – im Gegensatz zum Fall des Antrags der Stadt Reutlingen – bei der Befür wortung eines Landkreiswechsels unter Umständen tatsäch lich einen Präzedenzfall schaffen. Einzelanliegen oder Wün schen von Gemeinden zu einem wie auch immer begründeten Wechsel des Landkreises wären damit wahrscheinlich nicht Tür und Tor, zumindest aber Türchen geöffnet. Aber das ist für uns nicht der ausschlaggebende Punkt. Wir stimmen auch inhaltlich und argumentativ der Entschließung der Regie rungsfraktionen zu.

(Abg. Ulli Hockenberger CDU: Sehr gut!)

Dem Grunde nach wurde das Anliegen der Bürgerinitiative „Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe“ bzw. der Auftrag des Bür gerentscheids vom 23. Oktober 2016 bereits erfüllt. Denn In halt war ja, dass sich die Stadt Bad Herrenalb umgehend bei der Landesregierung, den Landtagsfraktionen sowie den Landtagsabgeordneten dafür einsetzt, dass diese eine Geset zesvorlage in den Landtag einbringen, nach der die Stadt Bad Herrenalb aus dem Landkreis Calw aus- und in den Landkreis Karlsruhe eingegliedert wird. Das wurde mit einer hauchdün nen Mehrheit von 43 Stimmen so beschlossen, und diese In itiative ist ja auch erfolgt.

Allerdings – das muss man sagen – hat das Anliegen der Stadt Bad Herrenalb und der Bürgerinitiative zumindest aus Sicht der Bürgerinitiative dann einen negativen Ausgang. Die SPDFraktion kann jedoch die Argumente und die Schlussfolgerun gen der Landesregierung nachvollziehen. Wir sagen aber, dass auch die Befürworter durchaus gute Argumente für ihr Anlie gen vorgetragen haben und dass der Einsatz und das Engage ment dieser Bürgerinitiative völlig legitim sind.

Ein Argument war, dass die Stadt Bad Herrenalb besser an den Landkreis Karlsruhe angebunden sei als an den Landkreis Calw. Untersuchungen haben durchaus ergeben, dass dies zu mindest für den ÖPNV gilt und dass damit eine einfachere Er reichbarkeit von öffentlichen Institutionen gegeben wäre. Ei ne Schlussfolgerung daraus muss für uns allerdings sein, dass auch im Landkreis Calw – so wie im ganzen Land – der ÖPNV noch verbessert wird.

Ein weiteres Argument war, dass die Stadt an der dynamischen und innovativen Entwicklung des Wirtschaftsraums Karlsru he teilnehmen könnte. Ich wünsche, dass auch Calw eine ähn lich dynamische Entwicklung nimmt und dass wir im Hin blick auf die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse im ganzen Land auch diesbezüglich die Unterschiede zwischen den Landkreisen über mittlere Sicht noch besser ausgleichen können.

Aus unserer Sicht erscheinen die Argumente der – in diesem Sinn – Bewahrer des Status quo stichhaltiger. Die politische Wahrnehmung der Stadt Bad Herrenalb würde sich ver schlechtern, ebenso wie ihre wirtschaftliche Position. Die Fi nanzkraft des Landkreises Karlsruhe würde sich verschlech tern, und es wäre in der Tat eine Einzelkorrektur der Kreisge bietsreform.

Die Rechtsprechung setzt beachtliche Gemeinwohlbelange für einen Wechsel voraus. Das heißt: Steigerung der Leis

tungsfähigkeit von Kommunen, Effizienz der kommunalen Aufgabenerledigung, Sicherung der Solidität kommunaler Haushalte, Sicherung umfassender Daseinsvorsorge. Genau so, wie all diese Punkte bei einer Stadtkreisgründung in Reut lingen hätten zugestanden werden müssen, liegen sie in die sem Fall aus unserer Sicht nicht vor.

Die Stellungnahme und Position der Landkreise und der Stadt waren uns auch wichtig. Der Landkreis Calw hat sich deut lich gegen einen Wechsel ausgesprochen. Der Wechsel hätte negative Auswirkungen; die Argumente sind genannt: wirt schaftlich, politisch, organisatorisch, die Kosteneffizienz und die Bürgernähe wären beeinträchtigt.

Der Landkreis Karlsruhe bezweifelt zumindest, dass für den Wechsel Gründe des öffentlichen Wohls angenommen wer den können, und ein Wechsel wäre aus Sicht des Landkreises Karlsruhe nur hinnehmbar, wenn eine finanzielle Kompensa tion gewährleistet wäre. Eine solche Kompensation kommt für uns nicht infrage.

Die Stadt Bad Herrenalb ist insgesamt für einen Wechsel. Al lerdings würde ein Landkreiswechsel auch zu einer finanziel len Mehrbelastung in Bad Herrenalb führen, ausgehend von der derzeitigen Kreisumlage – und da geht es uns weniger um die Müllgebühren. Die Befragung hat – ich glaube, das ist auch schon ein wichtiges Argument – zumindest in zwei Teilorten ein deutlich ablehnendes Ergebnis gebracht.

(Abg. Ulli Hockenberger CDU: Sehr richtig!)

Das heißt, innerörtliche Konflikte wären unter Umständen auch vorprogrammiert.

(Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es! – Abg. Ulli Hockenberger CDU: Ganz genau!)

Unser Ergebnis ist: Es liegen keine überwiegenden Gründe des öffentlichen Wohls vor, die für einen Wechsel des Land kreises sprechen. Ein Landkreiswechsel hätte keine oder nur ganz unwesentliche Auswirkungen auf Polizei, Feuerwehr, Notrufzentrale, Patienten- und Arzneimittelversorgung, Schie nenverkehr und die Schulsituation der Stadt Bad Herrenalb. Wir denken in diesem Fall tatsächlich, es gibt auch ohne ei nen Landkreiswechsel Möglichkeiten, die interkommunale Zusammenarbeit noch auszubauen.

Zusammenfassend sind wir der Auffassung, dass ein Wechsel der Stadt Bad Herrenalb vom Landkreis Calw zum Landkreis Karlsruhe abzulehnen ist. Es gibt keine zwingenden Gründe, die für einen solchen Wechsel sprechen.

Trotzdem sage ich abschließend nochmals einen Dank auch von unserer Seite für das Engagement der Bürgerinitiative und der gesamten Bürgerschaft. Wenn Sie das Ergebnis heute mit nach Hause nehmen, machen Sie trotzdem weiter, sagen Sie Ja zu Bad Herrenalb – für die Stärken, für die Fortentwick lung Ihrer Stadt. Das tut dann allen gut.

Wir, die SPD-Fraktion, stimmen dem Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen zu.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Wir verzichten auch auf eine getrennte Abstimmung, obwohl uns, wie schon beim letzten Entschließungsantrag, der erho bene Zeigefinger – in diesem Fall in Ziffer 3 des Antrags – nicht gefällt und diese Mahnung in Richtung der Landkreise und der Stadt völlig überflüssig ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Goll.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es ist nun schon sehr viel Richtiges gesagt worden. Außerdem kann ich mich hier auf die Vorbe merkungen zur Strukturreform meines letzten Beitrags beru fen; das brauche ich auch nicht zu wiederholen. Deswegen kann ich mich, so wichtig der Gegenstand ist, doch als letzter Redner hier etwas kürzer fassen.

Ich fange in diesem Fall, Bad Herrenalb, jetzt einmal mit der Frage an, was es eigentlich den Menschen bringt. Wenn man sich unvoreingenommen hinsetzt und herauszufinden ver sucht, welchen Vorteil es dort für die Menschen vor Ort bräch te, wenn sie den Kreis Calw verlassen,

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das ist immer die Aus gangsfrage!)

fällt einem auf, dass Bad Herrenalb durch seine Grenzlage Verflechtungen in vier Kreise hat. Das sind Calw, der Enz kreis, Rastatt und Karlsruhe. Das ist schon eine besondere La ge.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Und die kann niemand ändern!)

Aber wenn man sich dieses Geflecht anschaut und auch all das, was für Calw spricht, kommt man meines Erachtens fast zwingend zu dem Schluss, dass ein Wechsel keinen zwingen den Vorteil hätte, keinen Vorteil, dem nicht auch irgendwel che Nachteile gegenüberstünden. Es ist ja unsere Aufgabe, zu beurteilen, ob die Stadt Bad Herrenalb, aber auch die Gebiets körperschaften darum herum in der neuen Situation besser dran wären als jetzt.

Wenn man einmal ehrlich ist: Das Votum der Bürgerinnen und Bürger in Bad Herrenalb spricht eine deutliche Sprache. Na türlich nehmen wir den Bürgerwillen ernst, aber man kann ja auch nicht nur sagen: „Die Bürger haben entschieden“, man muss an irgendeiner Stelle auch einmal sagen: Es waren 43 Stimmen Vorsprung, und 40 % der Bürger haben sich an dem Bürgerentscheid nicht beteiligt. Das ist kein vorbildliches Ver halten – das sehe ich auch so –, aber immerhin spricht dieser Umstand, dass 40 % gleich daheim geblieben sind, weder für einen Leistungsdruck noch für einen sonderlichen Verände rungswillen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Es ist zu Recht auch darauf hingewiesen worden, dass es ein zelne Ortsteile gibt, die ganz überwiegend beim Kreis Calw bleiben wollen. Das brächte dann künftig auch keine beson ders gute Situation. Auch diesen Aspekt müssen wir im Auge behalten.

Wenn ich das alles zusammen betrachte, dann spricht für mich und für uns mehr dafür, die Verhältnisse so zu lassen, wie sie sind.

Es ist mehrfach der Brexit genannt worden. Das ist nur teil weise vergleichbar. Sicher ist, dass man dort mit so knappen Mehrheiten schlechte Erfahrungen macht. Außerdem ist na türlich der Unterschied zum Brexit, dass wir es letztlich im Landtag entscheiden müssen

(Abg. Ulli Hockenberger CDU: Genau so ist es!)

aufgrund einer Gesamtwürdigung.

Es gibt aber einen noch wichtigeren Unterschied zum Brexit: Die Briten können einfach raus, aber Bad Herrenalb muss ir gendwo auch wieder rein.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Thomas Blenke CDU: Genau!)

Wenn ich dann höre, dass der Landkreis Karlsruhe keine Vor teile in der Aufnahme sieht, dann muss man doch sagen: Leu te, dann lasst’s, dann beenden wir doch besser die Diskussi on an dieser Stelle –