Protocol of the Session on June 30, 2016

Für die rund 240 000 Beamtinnen und Beamten des Landes schreckt diese grün-schwarze Landesregierung im Hinblick auf das Sparen dort offensichtlich auch vor dem Einsatz von „Folterwerkzeugen“ nicht zurück. Das habe laut der WELT wohl CDU-Chef Strobl gesagt.

(Zuruf: Was?)

Jetzt frage ich mich: Wie ist das mit den „Folterwerkzeugen“ in dieser Landesregierung? Ich habe und wir haben die Ver mutung: Das Staatsministerium hat jetzt 22 „Folterwerkzeuge“ zusätzlich, um die CDU in ihren Ministerien zu kontrollieren. Herr Kretschmann, Vertrauen in den Koalitionspartner sieht wahrlich anders aus.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP)

Frau Kollegin Walker, wenn Sie mir das gestatten und mir Ihr Ohr leihen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das gibt es, seit es Landesregierungen gibt, und Sie, Herr Binder, wis sen das!)

Sie haben hier sinngemäß gesagt: „Eine neue Landesregie rung muss in der Lage sein, Neueinstellungen vorzunehmen.“ Richtig. „Eine neue Landesregierung muss auch in der Lage sein, neue Stellen zu schaffen.“ Das ist ein Unterschied.

(Zuruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Auch das ist gestattet. Auch das haben wir vor fünf Jahren ge meinsam gemacht. Wir haben die Stellen im Integrationsmi nisterium inhaltlich begründet, wir haben die damaligen 60 Stellen im Verkehrsministerium inhaltlich begründet,

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

und wir haben alle 180 Stellen mit einem k.w.-Vermerk ver sehen, sodass sie innerhalb von fünf Jahren wieder abgebaut sind. Sie haben von diesen 98 Stellen eben nicht alle mit ei nem k.w.-Vermerk versehen. Ich frage mich, warum Sie das nicht getan haben. Das gehört zur Wahrheit dazu, und das hät ten Sie uns heute eben auch so sagen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie uns Populismus vorwerfen, sage ich: Dieser Vor wurf ist an dieser Stelle völlig falsch. Sagen Sie mir doch ein mal, welchen politischen Schwerpunkt das Staatsministerium im Vergleich zu den vergangenen fünf Jahren jetzt zusätzlich hat, den es vor fünf Jahren nicht hatte – mit Ausnahme des sen, dass jetzt ein Europaminister zu kontrollieren ist, weil die eigene Europaabteilung nicht mehr im Haus ist, liebe Kolle gin Walker?

(Beifall bei der SPD)

Wo liegen die neuen Schwerpunkte im Innenministerium? Auch dort gibt es über 20 neue Stellen. Vielleicht können Sie auch eine Antwort auf die Frage geben: Wie viele davon sind denn jetzt für das Thema Digitalisierung vorgesehen, und wie viele davon sind für das persönliche Wohlbefinden des stell vertretenden Ministerpräsidenten vorgesehen, damit er mit dem Ministerpräsidenten auf Augenhöhe ist, damit sich die Ministerien gegenseitig beobachten können? Insofern haben die Steuerzahler kein Verständnis. Entweder herrscht in einer Regierung Vertrauen, oder man lässt es. Auf jeden Fall darf man es nicht auf dem Rücken der Steuerzahler austragen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

In dieser Regierung herrscht ein Klima des Misstrauens. Das allein ist für die Zukunft von Baden-Württemberg schon ge fährlich, Herr Kollege Sckerl. – Herr Kollege Sckerl, wenn Sie sich jetzt so aufregen – –

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das können Sie im Kindergarten in der Lesestunde vorlesen!)

Wir beide sind dem Kindergarten – Sie schon länger, ich noch nicht so lange – schon lange entwachsen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Meine Güte!)

Aber, lieber Herr Kollege Sckerl, wer wie Sie und Ihre Partei in diesen Fragen von Stil spricht und sich selbst auf einen So ckel stellt, alles anders machen zu wollen als alle anderen vor Ihnen, der muss sich an diesem Sockel auch messen lassen. Und das machen wir heute.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP)

An dieser Stelle ist es schon bemerkenswert, dass die Grünen die CDU in ihrer Selbstbedienungsmentalität mittlerweile völ lig übertroffen haben. Deshalb ist Regieren eine Stilfrage; aber, wie wir sehen, herrscht ein anderer Stil, als ihn sich die Bürgerinnen und Bürger bei der Wahl am 13. März erhofft ha ben.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP)

Für die Landesregierung er teile ich Frau Staatssekretärin Dr. Splett das Wort.

(Staatssekretärin Dr. Gisela Splett begibt sich zum Rednerpult. – Zuruf: Grün-schwarz gekleidet! – Ge genruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Chamäleon!)

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Titel der Debat te entspricht einigen Presseäußerungen der vergangenen zwei Wochen. So haben Sie, Herr Fraktionsvorsitzender Rülke, in der „Bild“-Zeitung am 24. Juni geschimpft:

Es ist einfach unglaublich, mit welcher Dreistigkeit sich Grün-Schwarz einerseits über Haushaltslöcher beklagt und andererseits aber so viele unnötige Stellen schaffen will.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Ganz genau! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Recht hat er!)

Erstens ist daran bemerkenswert, dass Sie schon am 23. Juni zu wissen meinten, wie viele neue Stellen denn im Zuge der Regierungsneubildung geschaffen werden. Dabei gab es zu dem Zeitpunkt weder eine Kabinettsvorlage noch einen Ge setzentwurf.

Zweitens meinten Sie, auch zu wissen, dass die Stellen unnö tig seien. – Unnötige Stellen – da können Sie ganz sicher sein – werden nicht geschaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Da sind wir aber nicht sicher!)

Natürlich kamen aus den Ressorts in den vergangenen Wo chen Bedarfsanmeldungen für neue Stellen. Das ist normal. Das ist im Übrigen auch gut so; denn es zeigt, dass die Minis terinnen und Minister gestalten und die Zukunftsthemen die ses Landes anpacken wollen und dass sie wissen, dass es da für in den Ministerien gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter braucht.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Schon an dieser Stelle ist von unnötigen Stellen nicht die Re de. Aber es geht noch weiter: Diese Regierung hat sich – das wurde angesprochen – zum Ziel gesetzt, den Haushalt zu kon solidieren, und das werden wir machen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das merkt man!)

Wir gehen mit den Mitteln sorgsam und verantwortungsvoll um. Deshalb achten wir auch darauf, dass möglichst wenige neue Stellen geschaffen werden.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Befriedigt werden können angesichts der Haushaltslage nur die allerdringlichsten Bedarfe, das, was notwendig ist, um für die politischen Herausforderungen der Zukunft dieses Landes mit leistungsfähigen Ministerien weiterhin gut aufgestellt zu sein.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Wir sind schon lange nicht mehr bei der Zahl von über 200 Stellen, die durch die Presse ging. Wir sind bei 98 Stellen, von denen 44 nicht dauerhaft, sondern nur auf Zeit geschaffen wer den sollen. Insofern sollten Sie Ihre vorhin angestellten Rech

nungen an der einen oder anderen Stelle noch einmal über prüfen.

Frau Staatssekretärin, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abg. Gruber zu?

Ein bisschen später.

(Heiterkeit – Abg. Thomas Blenke CDU: Drei Minu ten!)

Also am Ende.

Am Ende. – Warum braucht es überhaupt neue Stellen, wenn sich eine Regierung neu bil det? Bei einer Regierungsbildung ändern sich Zuschnitte der Ressorts. Insbesondere muss das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft wieder getrennt werden. Die Aufstellung in den Hausspitzen verändert sich. Neue Aufgaben kommen ent sprechend der gesellschaftlichen Entwicklung und der Ziele des Koalitionsvertrags hinzu, z. B. die Digitalisierung, die jetzt beim Innenministerium angesiedelt ist. Die Ressorts wer den – auch das ist keine Neuigkeit – in unterschiedlichem Zu stand übergeben. Bisweilen sind Presse- und Zentralstelle leer. Hier muss natürlich die Möglichkeit bestehen, Stellen zu be setzen.

Auf die zehn Fachministerien verteilen sich ca. 75 Stellen. Die größten Bedarfe haben das Innenministerium mit der neuen Aufgabe Digitalisierung sowie das Wirtschafts- und das Fi nanzministerium im Zuge der Auftrennung. Bei anderen Häu sern verändert sich zum Teil gar nichts; es kommen also kei ne neuen Stellen hinzu. Bei wieder anderen kommen einzel ne wenige Stellen hinzu, z. B., um das Büro des jeweiligen Staatssekretärs arbeitsfähig zu machen oder einzelne Positio nen in der Presse- oder der Zentralstelle besetzen zu können. Das sind im Übrigen auch keine Stellen für „Häuptlinge“, son dern vorwiegend für „Indianer“, um bei der Wortwahl von Ih nen, Herr Rülke, zu bleiben.

Das Staatsministerium hat deutlich gemacht, dass es für die dort angesiedelten, zum Teil auch neuen wichtigen Aufgaben, z. B. die Einrichtung eines Normenkontrollrats, einen maß vollen Stellenaufwuchs braucht.

Klar ist auch: Es sind zwei Minister weniger im Staatsminis terium – die sind im Stellenplan nie aufgetaucht –, die Aufga ben müssen aber trotzdem erledigt werden.

Klar ist auch, dass es im Staatsministerium Spiegelreferate gibt.