ist ein gutes Zeichen auch, ich muss es leider so sagen, angesichts der prekären Situation, die wir im Haushalt vorfinden.
Ich frage Sie, meine Damen und Herren von den Regierungs fraktionen: Wie verträgt sich eine solche fachlich nicht ge rechtfertigte Aufblähung des Regierungsapparats, wie wir sie erleben, mit der prekären Haushaltslage, von der der geschätz te Herr Minister Strobl noch vor wenigen Wochen selbst sprach? Versteht es sich nicht von selbst, dass in Zeiten knap per Kassen Regierungs- und Administrierungskosten einem gesteigerten Rechtfertigungs- und Begründungszwang unter liegen? Warum tragen Sie dem nicht Rechnung?
Wie lässt sich diese Ausweitung von Regierungsämtern – of fenkundig wohl, um allfällige Proporzgelüste zu befriedigen
und Versorgungsposten für den Regierungsspitzen naheste hendes Personal zu schaffen – denn mit der Sparsamkeitsrhe torik vereinbaren, die unser Landesvater an den Tag legt?
Im Lichte der angekündigten Einsparungen für Beamte frage ich Sie: Was glauben Sie, wie kommt eine solche den eigenen Ankündigungen diametral widersprechende Postenvergabe wohl bei den vielen Tausend von realen Kürzungen und Ein sparungen betroffenen Landesbediensteten an, etwa bei Leh rern und Polizisten? Dies betrifft übrigens auch den allgemei nen gehobenen Verwaltungsdienst. Schauen Sie sich die Kür zung der Eingangsbesoldung einmal an: Das ist erschütternd; diese Beschäftigten haben überhaupt kein Geld mehr, eine Fa milie zu gründen.
Oder wie kommt dies bei den unter der Flüchtlingskrise äch zenden und von Ihnen mit den Lasten der Integration weitge hend alleingelassenen Städten und Gemeinden im Land an?
Nicht von ungefähr sprach der Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg Kehle – übrigens ein Mitglied der Partei von Herrn Strobl – im Hinblick auf die Sparpolitik der neu gewählten Landesregierung von einer – Zitat – „Plünderung der kommunalen Kassen“ und fragte er in einer Presseerklä rung vom 3. Mai dieses Jahres zudem nach dem Verbleib der Haushaltsüberschüsse in Milliardenhöhe. Wortwörtlich sagte Herr Kehle Folgendes – Zitat –:
Das Sparen bei den Städten und Gemeinden, wie von Grün-Schwarz angekündigt, bedeutet nicht, dass die Rat häuser einfach nur das Geld besser zusammenhalten müs sen, und alles geht so weiter wie bisher. Es bedeutet zum einen, dass bereits geplante und von den Bürgern vor Ort erwartete Vorhaben nicht umgesetzt werden können. Zum anderen werden die Kommunen es nicht vermeiden kön nen, Steuern und Gebühren zu erhöhen, um ihre Pflicht aufgaben finanzieren zu können. Wir müssen den Men schen vor Ort erklären, dass sie nicht Zuschauer bei der Plünderung der kommunalen Kassen sind, sondern in der Folge selbst zur Kasse gebeten werden, wenn vor Ort die Schlaglöcher repariert werden müssen, die Kinderbetreu ung gesichert werden oder es weiterhin Schwimmbäder, Bibliotheken oder Kulturangebote geben soll.
Das ist die Lage, in der sich das Land Baden-Württemberg derzeit finanziell befindet. In dieser Situation lassen Sie, mei ne Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, es sich nicht nehmen, bei der Stellenbesetzung an der Spitze der Mi nisterien Parteibuchwirtschaft, Ämterpatronage und Pfründe verteilung zur alleinigen Richtschnur Ihres Handelns zu ma chen –
und das, nachdem Sie zuvor das Gegenteil für richtig befun den hatten! Das ist ein Sinneswandel insbesondere bei der CDU, die die Besetzung mit den grünen Staatsministern und Staatssekretären in den Fällen Murawski, Schopper und Ratz mann ohne zu murren mitträgt – wohl auch nicht ganz ohne Hintergedanken im Hinblick auf zu versorgendes Personal aus dem eigenen Beritt. Es zeigt sich ein weiteres Mal, dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU, längst nicht mehr für bürgerliche Tugenden stehen, sondern für Beliebigkeit und Selbstbedienungsmentalität.
Insofern ist den Kollegen der bis vor Kurzem mitregierenden SPD durchaus beizupflichten, wenn sie unter Bezug auf das als Sparprogramm verkaufte neue Regierungsteam von Au genwischerei sprechen, wie es Herr Gall getan hat. Gleich wohl waren es die Sozialdemokraten, die seit Jahrzehnten die Tore aufgestoßen haben zu einer immer hemmungs- und rück sichtsloseren Parteibuchwirtschaft in der Exekutive.
(Abg. Andreas Stoch SPD: Da hätte ich jetzt etwas verpasst! Das würde ich so nicht bestätigen können!)
Ich sage es Ihnen: In der Ära Adenauer – falls Sie sich an die Ära Adenauer noch erinnern können; nach unserem Dafürhal ten die erfolgreichste und freiheitlichste Zeit unserer Repub lik, in der das Fundament für Wohlstand und Demokratie hier überhaupt erst gelegt wurde – waren viele Staatssekretäre par teilos. Parteizugehörigkeit von Staatssekretären galt als bei nahe anrüchig. Nach Vorstellung eines traditionellen Beamten ethos sollte der Regierungsapparat von den Niederungen des politischen Konflikts ferngehalten werden. Mit dieser guten Tradition und mit diesem Ideal des neutralen Beamten, der al len Herren gleich gut und willig zu Diensten ist und sich letzt lich nur dem Allgemeinwohl verpflichtet fühlt, wurde seit der ersten sozial-liberalen Regierung 1969 systematisch gebro chen, und heute ist das völlig normal. Das ist etwas, was wir beklagen.
Um es klar zu sagen: Was wir nicht benötigen, damit das Land Baden-Württemberg für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet und gut aufgestellt ist, sind Cliquen, Klüngel und Kar rieren, sind Proporz, Parteibuchwirtschaft und ein System der Schacherdemokratie,
vor dem einst schon der Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek im Hinblick auf die augenfälligen Degenerationen des Parteienstaats sprach.
Wir haben leider in Baden-Württemberg eine Landesregierung, die den Menschen einerseits zumutet, dass wichtige Infrastruk turaufgaben wie etwa im Straßenbau oder bei Brückenrepara turen auf die lange Bank geschoben werden, aber – –
(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das stimmt doch überhaupt nicht! In diesem Bereich investieren wir Millionen, Herr Kollege! Da sollten Sie mal den Haus halt lesen!)
Dann machen wir ein bisschen Haushaltsanalyse bei der Haushaltsdebatte. Okay, Herr Schwarz, lassen wir das doch bis dahin anstehen. – Lassen Sie mich jetzt zu Ende reden.
Dann wuchern hier Staatssekretärsposten auf eine aberwitzi ge Weise, und der Tagespresse ist zu entnehmen, dass zusätz lich 98 neue Stellen in den Ministerien geschaffen werden. Das schlägt nun wirklich dem Fass den Boden aus. Eine Re gierung, die den Bürgern abverlangt, den Gürtel enger zu schnallen, gleichzeitig aber den eigenen Apparat aufbläht, ver hält sich dreist.
Sie wird bei kommenden Landtagswahlen – da bin ich mir sehr sicher – die Quittung erhalten. Damit haben wir ja schon häufiger recht gehabt.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Folgende Überschriften konnte man in den vergangenen Wochen der Landespresse entnehmen:
31. Mai 2016, Deutsche Presse-Agentur: „Grün-Schwarz schickt Regierungspräsidenten in den Ruhestand“.
22. Juni 2016, „Stuttgarter Nachrichten“: „Grün-Schwarz will sich bis zu 220 neue Stellen genehmigen“.
Vor dem Hintergrund dieser Zeitungsüberschriften der letzten Wochen kann ich Ihrem zentralen Wahlslogan bei der Land tagswahl nur ausdrücklich zustimmen, Herr Ministerpräsident: „Regieren ist eine Stilfrage“, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Sie, Herr Ministerpräsident, haben hier im Landtag von Ba den-Württemberg am Tag Ihrer Wahl und der Vereidigung der Ministerinnen und Minister des Landes Baden-Württemberg auch die Namen der Staatssekretäre verlesen. Sie hätten in diesem Zusammenhang vielleicht auch darauf hinweisen kön nen, dass Sie zusätzlich weitere Staatssekretäre benennen wol len, die Sie kurze Zeit später schon auf dem Gruppenfoto der neuen Landesregierung verewigt haben wollten. Das würde ich unter Transparenz und unter einer guten Zusammenarbeit mit dem Landtag verstehen, damit die Abgeordneten, die hier sitzen, wissen, wer in Zukunft in dieser Regierung Ansprech partner sind, und nicht aus bayerischen Zeitungen erfahren müssen, dass bayerische Landeskinder nun in Baden-Würt temberg Karriere machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die spannendste Antwort der vielen Antworten, die wir auf unseren Antrag bekommen haben – die eher wenig aussagen –, ist die Antwort auf die Frage, ob weitere beamtete Staats sekretäre ernannt werden sollen. Da kam folgende Antwort:
Das führt bei uns natürlich zu der Frage, ob in diesen 98 Stel len weitere Staatssekretärsstellen beinhaltet sind und ob im Staatsministerium zusätzlich zu den bereits vorhandenen drei beamteten Staatssekretären ein weiterer Staatssekretär hinzu kommt. Eine Ahnung kann man haben, wenn man weiß, dass die Zuständigkeit im Staatsministerium für die Medienpolitik noch nicht abschließend geklärt ist. Sie können heute viel leicht auch die Frage beantworten, ob Ihr Pressesprecher in Zukunft beamteter Staatssekretär in Ihrem Haus werden soll. Wir würden uns über eine Antwort heute hier im Parlament freuen, und wir wollen es nicht unbedingt aus der Presse er fahren, Herr Ministerpräsident.
Die Reduzierung der Zahl der Minister sei mit Blick auf den Haushalt ein wichtiges politisches Signal – so schrieb es die Landesregierung in der Stellungnahme zu unserem Antrag. Der Regierungssprecher hat uns sogar aufgefordert, die neue Landesregierung aufgrund der Einsparungen, die auf dieser obersten Regierungsebene vonstattengegangen sind, zu loben. Vielleicht sollten Sie, bevor Sie diesen Regierungssprecher zum Staatssekretär ernennen, noch einmal in den Haushalt bli cken und nachschauen lassen, was die einzelnen Stellen ad diert insgesamt an Mehrausgaben ergeben. Es ergeben sich in den fünf Jahren Mehrausgaben in Höhe von rund einer hal ben Million Euro pro Jahr. Das ist ein erheblicher Betrag, den man auch für etwas anderes aus Ihrem Koalitionsvertrag hät te ausgeben können, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Für die rund 240 000 Beamtinnen und Beamten des Landes schreckt diese grün-schwarze Landesregierung im Hinblick auf das Sparen dort offensichtlich auch vor dem Einsatz von „Folterwerkzeugen“ nicht zurück. Das habe laut der WELT wohl CDU-Chef Strobl gesagt.