Protocol of the Session on December 19, 2018

Ich rede von der konkreten Position zu diesem Fall, den ich vorhin am Pult geschildert habe. Ist das die Position der Landesregierung, dass diese Ab schiebung in diesem Fall nicht zu vermeiden war?

Ich habe Ihnen erläutert, was die Gründe dafür sind, dass das Gründe sind, die nicht in unserem Verantwor tungsbereich liegen, weil der entsprechende Flug so terminiert war. Deswegen ließ es sich in diesem speziellen Fall nicht an ders machen.

Ich wiederhole: Wir versuchen, so etwas zu vermeiden, wo immer es nur geht. Wir verzichten aber nicht darauf, den Rechtsstaat durchzusetzen. Das ist die klare Position der Lan desregierung.

Danke schön. – Die nächste Frage kommt von Herrn Abg. Poreski.

Herr Minister, genau zu die sem Fall: Stimmen Sie mir zu – so habe ich Sie auch ein Stück weit verstanden –, dass es für alle Beteiligten hilfreich wäre, wenn die Gesetzeslage so wäre, dass – z. B. über eine Stich tagsregelung – gut integrierte Menschen, die auch vom Ar beitsmarkt gewollt werden, eben nicht in eine solche Situati on kommen, dass sie abgeschoben werden?

(Zuruf der Abg. Gabi Rolland SPD)

Das ist, Herr Abgeordneter, jetzt noch einmal ein anderer Bereich. Es ist bekannt, dass ich mich dafür einsetze, dass wir insbesondere für im Pflegebereich tätige Personen entsprechende Aufenthalts- und Duldungsrechte finden. Das ist ein Bereich, in dem – das ist halt so – im Augenblick der Bundesgesetzgeber am Start ist. Wie Sie wissen, hat das Bun deskabinett heute Vormittag einen entsprechenden Gesetzent wurf verabschiedet. Das begleiten wir seit vielen Monaten und Wochen konstruktiv, und das werden wir seitens der Landes regierung – auch ich als Person – auch weiterhin tun, sodass wir in dem von Ihnen angesprochenen Sinn bundesrechtliche Regelungen bekommen werden.

Die nächste Frage kommt von Herrn Abg. Katzenstein.

Sehr geehrter Herr Mi nister, ich habe jetzt verstanden, dass Sie sagen, die Abschie bung wäre zu diesem Termin unausweichlich gewesen. Aber wäre es nicht möglich gewesen, die Familie dann vielleicht nicht auf diesen Flug zu buchen, sondern auf einen Folgeflug zu einem anderen Termin? Sie haben ja erläutert, dass übli cherweise die Abflugzeiten nicht am Nachmittag sind, son dern mittags, sodass solche unschönen Situationen – wir ha ben es gehört: für die Betroffenen selbst, für die anderen Kin der, für die Erzieherinnen, für die Lehrerinnen und Lehrer und die Polizei – hätten vermieden werden können. Können Sie nicht versuchen, in analogen Fällen zu gewährleisten, dass solche Abschiebungen, bei denen Kinder betroffen sind, dann lieber auf einen Folgeflug terminiert werden, wenn es solche Terminschwierigkeiten gibt?

(Abg. Rainer Hinderer SPD: Gute Frage!)

Ich gehe davon aus, Herr Abgeordneter, dass so wohl die zuständigen Beamtinnen und Beamten im Regie rungspräsidium Karlsruhe als auch die Polizistinnen und Po lizisten ein großes Interesse daran haben, solche konkreten Si tuationen zu vermeiden, und dass immer dann, wenn es geht, auch entsprechende Alternativen in Betracht gezogen werden. Ich gehe davon aus, dass das im konkreten Fall einfach nicht möglich war.

Jetzt haben wir noch zwei Mi nuten Zeit. Deshalb lasse ich noch eine Frage zu, und zwar von Herrn Abg. Kleinböck.

(Zuruf: Schnell, schnell!)

Herr Minister, Sie hatten ge rade erläutert, dass in diesen Berufen, bei denen wir heutzu tage einen großen Mangel haben, das Problem besonders gra vierend ist, wenn man aus den Arbeitsverhältnissen heraus ab schiebt. Welchen Beruf hatten denn die Eltern, die jetzt mit ihren Kindern abgeschoben wurden? Meines Wissens waren diese gerade im Bereich der Pflege tätig.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das ist doch völlig egal!)

Hätte man da nicht mal – Sie sind ja auch in der Bundespoli tik tätig – die Möglichkeit, genau an dieser Stelle zu sagen: „Jetzt warten wir noch einmal diese drei, vier, fünf Tage ab“? Denn Sie wussten ja, dass das Gesetz in Vorbereitung ist und die Diskussion auf Bundesebene entsprechend geführt wird.

Herr Abgeordneter, um welche Berufe es im Konkreten geht, kann ich Ihnen nicht sagen, aber es ist schon richtig, dass die Eltern im Pflegebereich

(Zuruf des Abg. Gerhard Kleinböck SPD)

tätig gewesen sind, und das ist genau der Grund, warum wir daran arbeiten, diesbezüglich die Rechtslage entsprechend zu ändern. Solange wir aber eine Rechtslage haben, die so ist, wie sie ist, ist es korrekt, dass das Recht so vollzogen wird, wie es eben ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der AfD – Zuruf des Abg. Gerhard Kleinböck SPD)

Da, wo wir Ermessensspielräume haben, werden die Ermes sensspielräume ausgeübt.

Vielen Dank, Herr Minister. – Damit ist die Stunde für die Regierungsbefragung zeitlich um. Ich danke Ihnen. Das nächste Thema kann ich daher nicht auf rufen.

Damit ist Punkt 4 der Tagesordnung erledigt.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das ist aber schade! Ich habe mich so schön vorbereitet!)

Das bedaure ich sehr für Sie, Herr Abg. Blenke. Aber so ist es.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sie sind aber streng heu te!)

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Eu ropa und Internationales zu der Mitteilung des Ministeri ums der Justiz und für Europa vom 23. Oktober 2018 – Bericht über aktuelle europapolitische Themen – Druck sachen 16/5072, 16/5215

Berichterstatter: Abg. Fabian Gramling

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

In der Aussprache erteile ich das Wort für die Fraktion GRÜ NE Herrn Abg. Frey.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Herzlichen Dank an die Landesregierung für den europapolitischen Bericht. Ich wür de daraus drei Punkte aufgreifen.

Zunächst zum Brexit. Sie haben das Chaos in der vergange nen Woche erlebt. Die Brexit-Verhandlungen in Großbritan nien waren wieder erfolglos und ohne Ergebnis zu Ende ge gangen. Für die Menschen in Großbritannien steigt die Ver unsicherung. Ferner hat in der vergangenen Woche der Euro päische Gerichtshof entschieden, dass Großbritannien einsei tig und ohne Zustimmung der übrigen Mitgliedsstaaten aus dem Brexit wieder aussteigen könnte. Damit ist die Schwelle für einen Rückzieher doch niedriger als gedacht. Ein zweites Referendum wäre nun möglich.

Wir sollten Richtung Großbritannien signalisieren, dass für Großbritannien im Falle eines Rücktritts vom Austritt die Tür offensteht.

(Beifall bei den Grünen und der FDP/DVP sowie Ab geordneten der CDU)

Wir müssen aber auch klarmachen, dass die EU Prinzipien hat, an denen wir festhalten werden. Es darf für uns keine EU à la carte geben, für keinen Mitgliedsstaat, weder für Ungarn noch für Großbritannien noch für andere Mitgliedsstaaten. Es kann nicht sein, dass man nur die ökonomischen Vorteile für sich mitnimmt und dabei die Werte der EU nicht beachtet. Denn die EU ist mehr als eine Zollunion, sie ist eine Werte- und Schicksalsunion.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)

Egal, wie sich Großbritannien nun entscheidet: Die Demokra tisierung der EU muss mit Entschlossenheit vorangebracht werden. Sie muss von unten in einem breiten Beteiligungs prozess weiterentwickelt werden. Denn viele Menschen ha ben das Gefühl, dass sie die Politik in Brüssel nicht gerade be einflussen können.

Deshalb ist es wichtig, dass Teilhabemöglichkeiten geschaf fen werden, wie es sie z. B. seit diesem Jahr in Baden-Würt temberg gibt. Die Landesregierung hat mit einem Europadia log eine einzigartige Form der Beteiligung ins Leben gerufen, und die Erstellung eines Europaleitbilds steht kurz bevor. Das ist ein wichtiger Schritt zu einem Europa der Bürgerinnen und Bürger. Herzlichen Dank der Landesregierung dafür, dass sie diesen mutigen Schritt gegangen ist.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Für die Weiterentwicklung der EU brauchen wir einen echten Dialog, in dem sich die Bürgerinnen und Bürger und darüber hinaus die Kommunen und Regionalparlamente verstärkt wie derfinden können. Dabei müssen wir uns an das Prinzip der Subsidiarität, so, wie sich alle Mitgliedsstaaten im Vertrag über die EU bereits verpflichtet haben, auch halten. Da steht, die Entscheidungen seien möglichst bürgernah zu treffen. Ein echtes Europa der Regionen kann den Menschen starke und räumlich greifbare Identifikationspunkte bieten und gleichzei tig lokale Besonderheiten der anderen auch übersetzen helfen.

Deshalb halte ich es für sinnvoll, im Nachgang des Europadi alogs über dieses Leitbild auch im Landtag zu debattieren. Als grüne Fraktion treten wir für die Weiterentwicklung der Eu ropäischen Union ein, mit einem starken Europaparlament und mit starken demokratisch legitimierten Regionen, die gemein sam das Ziel verfolgen, Europa nachhaltig voranzubringen und solidarisch zusammenzuhalten. Soziale Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung sind für uns nicht teilbar.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Andreas Kenner SPD)

Der europäische Haushalt muss deshalb für die nächste För derperiode stärker umweltpolitischen Zielen dienen. Das ha ben wir heute Morgen schon gehört. Nachdem bei der UNKlimakonferenz keine ambitionierten Ziele festgelegt wur den, sollten wir nun wenigstens alles daransetzen, innerhalb der EU mutig voranzugehen.

Das ist mit der aktuellen Klimaschutzstrategie der Europäi schen Union nicht so gewährleistet, wie wir uns das vorstel len. Um die Ziele des Pariser Abkommens einzuhalten, brau chen wir gegenüber dem Jahr 1990 bis 2030 eine 55-%-Re duzierung der Treibhausgasemissionen statt der im Szenario der EU vorgesehenen läppischen 40 %.

Denn wenn wir nicht handeln, können wir bald die halben Niederlande aus der EU streichen. Nach Berechnungen des Weltklimarats wird der globale Meeresspiegel bis 2100 min destens einen halben Meter steigen. Das bedeutet, Holland

wäre zur Hälfte unter Wasser. Das müssen wir gemeinsam mit allen Mitteln verhindern.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Eine europäische Klimapolitik muss deshalb von der EU mit mehr Finanzmitteln ausgestattet werden. Die Klimapolitik steht beispielhaft für andere europäische Politikfelder, die von einer gestärkten EU für uns alle übernommen werden sollten. Deshalb ist es dringend notwendig, dass wir uns unter Einbe ziehung aller Bürgerinnen und Bürger gemeinschaftlich gera de den Herausforderungen stellen, die nur europäisch zu be wältigen sind. Lassen Sie uns das hier in Baden-Württemberg anpacken und damit Vorbild für ganz Europa sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)