Protocol of the Session on December 12, 2018

Dieses Gesetz ist ausgeweitet worden, ausgeweitet worden, ausgeweitet worden. Ein sehr guter Rechtsanwalt aus Karls ruhe, Widmaier – viele kennen ihn; er ist leider früh gestor ben –, hat in einer Podiumsdiskussion einmal zu mir gesagt,

das könne jetzt jeder Dorfpolizist. Ich sagte dazu: Jeder Dorf polizist? Unmöglich! Ich fahre nach Hause und blättere im Gesetz. Gegen Schluss des Paragrafen heißt es: jede Polizei dienststelle im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung.

Der Mann hatte recht; jeder Dorfpolizist kann zumindest the oretisch die Kontostammdaten abfragen. Das ist sehr fragwür dig. Aber dass es dann ausgerechnet das Landesamt für Ver fassungsschutz nicht darf, ist auch wieder kurios. Darum stim men wir diesem dritten Teil auch noch zu. Denn wenn, dann soll es auch oder gerade das Landesamt für Verfassungsschutz tun dürfen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Für die Regierung spricht Herr Staatssekretär Klenk.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir vorab einige weni ge Worte zu den schrecklichen Ereignissen in Straßburg, die uns alle betroffen machen. Menschen, die fröhlich waren, die im Grunde genommen wie wir unbesorgt Weihnachten feiern wollten, mussten ihr Leben lassen. Menschen, die einfach nur eine schöne Zeit verbringen wollten, wurden schwer verletzt.

Familien müssen jetzt am Krankenbett um das Leben ihrer Väter, Mütter, Schwestern, Brüder bangen. Manche Familien hat die Gewissheit ereilt, dass sie ihre geliebten Angehörigen nie mehr in die Arme werden schließen können, dass sie für immer Lebewohl sagen müssen. Ich denke, wir alle sind in Gedanken bei diesen Menschen. Wir sind bei den Angehöri gen, die trauern und sich vermutlich schmerzerfüllt der Frage nach dem Warum zuwenden.

Die Hintergründe der Tat sind noch nicht ausermittelt; doch lässt sich sicher sagen, dass wir dieses furchtbare Leid, das über die Menschen gekommen ist, niemals hinnehmen wollen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der AfD, der SPD und der FDP/DVP)

Für das Innenministerium Baden-Württemberg kann ich sa gen, dass unsere Sicherheitsbehörden alles in ihrer Macht Ste hende tun, um die französischen Kollegen bei den Fahndungs- und Ermittlungsarbeiten – Sie wissen, was das bedeutet – zu unterstützen, um den oder die Täter dingfest zu machen. – Vie len Dank.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen, kommen wir nun zu dem Gesetzentwurf. Wir verfolgen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vor allem das Ziel, bereichsspezifische datenschutzrechtliche Änderun gen am Landesverfassungsschutzgesetz, am Landessicher heitsüberprüfungsgesetz und am Ausführungsgesetz zum Ar tikel 10-Gesetz vorzunehmen. Diese Änderungen sind auf grund der Novellierung des allgemeinen Datenschutzrechts zum 25. Mai 2018 erforderlich.

So wollen wir etwa solche Datenschutzregelungen in das Lan desverfassungsschutzgesetz aufnehmen, die bisher im Lan desdatenschutzgesetz enthalten waren. Aufgenommen wer

den soll auch die Möglichkeit der Verarbeitung personenbe zogener Daten aufgrund einer Einwilligung des Betroffenen. Diese Regelung war schon seit Jahrzehnten im bisherigen Landesdatenschutzgesetz verankert, fand also Konsens über alle Regierungsparteien hinweg und ist auch im Bundesver fassungsschutzgesetz und sogar in der Datenschutz-Grund verordnung enthalten.

Das bisherige datenschutzrechtliche Niveau behalten wir bei; auch der Landesbeauftragte für den Datenschutz hat dies in seiner Stellungnahme ausdrücklich bestätigt.

Diese datenschutzrechtlichen Änderungen haben wir zum An lass genommen, das Landesverfassungsschutzgesetz über sichtlicher zu gestalten. Es wird in Abschnitte unterteilt, die Überschriften einiger Vorschriften werden konkretisiert, das Gesetz wird systematisch-logisch aufgebaut und redundante Regelungen werden beseitigt.

Zugleich sorgen wir durch maßvolle Änderungen der Befug nisse dafür, dass das Landesamt für Verfassungsschutz wei terhin in der Lage ist, Bedrohungen effektiv zu begegnen. Zum einen soll unser Landesamt für Verfassungsschutz zu künftig die Befugnis zur Abfrage von Kontostammdaten er halten. Dabei bekommt es über das Bundeszentralamt für Steuern beispielsweise Zugang zur Nummer eines Kontos oder zum Tag der Eröffnung des Kontos.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat diese Befugnis schon, und von dieser Befugnis soll selbstverständlich bei al len Formen des Extremismus Gebrauch gemacht werden kön nen. Wir wollen dies nicht, so wie Sie von der Fraktion der AfD – da muss ich Sie ansprechen –, so einschränken, dass das ausgerechnet in Fällen des Inlandsextremismus, also des deutschen Rechts- und Linksextremismus, ausgeschlossen ist.

Auch die Befürchtung Ihrer Fraktion, die Abfrage würde nicht protokolliert, ist unbegründet.

Schon jetzt hat das Landesamt für Verfassungsschutz die wei ter reichende Befugnis, Auskunftsersuchen an Kreditinstitute zu Konten, Kontoinhabern, Geldbewegungen und Geldanla gen zu richten, und die so erlangten Informationen über Geld ströme und Kontobewegungen von Organisationen und Per sonen können – das wurde von Vorrednern schon angespro chen – zur Feststellung von Hintermännern beitragen, die ex tremistischer Bestrebungen oder sicherheitsgefährdender bzw. geheimdienstlicher Tätigkeiten verdächtigt werden.

Wenn wir über die Geldströme an die Hintermänner kommen, können wir effektiv gegen Verfassungsfeinde vorgehen und ihre Strukturen damit aufdecken. Genau an diese Drahtzieher wollen wir doch alle heran. Voraussetzung dafür ist jedoch die Kenntnis des kontoführenden Kreditinstituts. Dafür ist bisher ein Ausforschen mit nachrichtendienstlichen Mitteln erforder lich. Dagegen kann das Landesamt für Verfassungsschutz die se Kenntnis zukünftig über die Kontostammdatenabfrage er langen, die mit einer geringeren Eingriffstiefe verbunden ist.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Genau!)

Die neue Befugnis beruht auf einer neu gefassten Regelung der Abgabenordnung, die erst ab dem 1. Januar 2020 anwend bar ist. Daher soll auch das Landesamt für Verfassungsschutz die Möglichkeit der Kontostammdatenabfrage erst ab diesem

Zeitpunkt erhalten. – Lieber Kollege Binder, da hätten wir dann darüber reden können. Das hätte nicht zwingend zum 1. Januar erfolgen müssen; ich wäre da offen gewesen.

(Abg. Klaus Dürr AfD: „Gewesen“!)

Zum anderen wollen wir die materiellen Voraussetzungen für den Einsatz eines IMSI-Catchers verändern. Mit dem IMSICatcher können Geräte- und Kartennummern eines Mobilte lefons ermittelt und der Standort des Geräts innerhalb einer Funkzelle lokalisiert werden. Diese Maßnahme ist wichtig für die Vorbereitung von Beschränkungsmaßnahmen nach dem Artikel 10-Gesetz und von Verbindungsdatenauskünften.

Zukünftig sollen die materiellen Voraussetzungen für den Ein satz eines IMSI-Catchers der neueren Rechtsprechung des Bun desverfassungsgerichts Rechnung tragen. Danach ist der Ein satz eines IMSI-Catchers nicht mit einem Eingriff in Artikel 10 des Grundgesetzes verbunden. Die Voraussetzungen für den Einsatz sollen daher nicht – wie bisher – strenger sein als für eine Beschränkungsmaßnahme nach dem Artikel 10-Gesetz.

Deshalb wollen wir die Fälle des Inlandsextremismus zukünf tig nicht zusätzlich auf Fälle mit Gewaltbezug beschränken. An der materiellen Einsatzschwelle des Artikel 10-Gesetzes und der Verfahrenssicherung in Form der Durchführung eines dem Artikel 10-Gesetz entsprechenden Verfahrens halten wir dagegen fest, obwohl das verfassungsrechtlich nicht vorgege ben ist.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass selbst der Landesbeauftragte für den Datenschutz in sei ner Stellungnahme festgestellt hat, dass die materiellen Än derungen dieses Gesetzentwurfs überschaubar sind. Die Be fugnis zur Erhebung von Kontostammdaten erscheine unpro blematisch, und die Reduzierung der Voraussetzungen für den Einsatz des IMSI-Catchers sei nachvollziehbar begründet; gra vierende datenschutzrechtliche oder verfassungsschutzrecht liche Probleme seien damit nicht verbunden. Das sehen wir genauso.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade in Zeiten rechtsext remer, linksextremer und islamistischer Umtriebe erwarten die Bürger, dass der Rechtsstaat handlungsfähig ist. Unser Landesamt für Verfassungsschutz hat genau diese wichtige und zugleich schwierige Aufgabe, Gefahren von unserer De mokratie abzuwehren. Dazu braucht es aber auch die hierfür notwendigen Mittel.

Dieser Gesetzentwurf ist daher ein richtiger Schritt, den wir mit Bedacht machen. Wir schaffen mehr Sicherheit für die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Ich darf mich schon jetzt bei den Fraktionen, die ihre Zustimmung signalisiert haben, recht herzlich bedanken.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Meine Damen und Her ren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen dann in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 16/5164.

Grundlage ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Digitalisierung und Migration, Drucksache 16/5289. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustim men.

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der AfD vor, den ich dann bei Artikel 1 zur Abstimmung stellen werde.

Ich rufe auf

Artikel 1

Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes

mit den Nummern 1 bis 23. Kann ich die Nummern zusam menfassen? – Herr Abg. Baron, bitte.

Wir möchten gern die Nummern 8 und 9 getrennt abstimmen lassen. Den Rest kann man zusam menfassen.

(Zuruf von der CDU)

Dann kann ich die Num mern 1 bis 7 und später dann die Nummern 10 bis 23 gemein sam abstimmen lassen.

Ich rufe jetzt die Nummern 1 bis 7 von Artikel 1 auf. Wer stimmt diesen Nummern zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit sind die Nummern 1 bis 7 einstimmig so beschlossen.

Jetzt komme ich zu Nummer 8. Dazu liegt der Änderungsan trag der Fraktion der AfD, Drucksache 16/5362, vor. Er be zieht sich in Ziffer 1 auf die Nummer 8 und in Ziffer 2 auf die Nummer 9. Sie wollen einzeln darüber abstimmen. Ich stelle daher die einzelnen Buchstaben von Ziffer 1 des Änderungs antrags der Reihe nach zur Abstimmung.

Wer Buchstabe a von Ziffer 1 des Änderungsantrags zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist Buchstabe a mehrheitlich abge lehnt.

Wer Buchstabe b zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist Buchstabe b mehrheitlich abgelehnt.

Wer Buchstabe c zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Auch Buchstabe c ist mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zu Buchstabe d. Wer stimmt hier zu? Handzei chen, bitte! – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist auch Buchstabe d mehrheitlich abgelehnt.

Nun lasse ich abstimmen über Ziffer 2 des Änderungsantrags der Fraktion der AfD. Wer Ziffer 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Ziffer 2 mehrheitlich abgelehnt.