Bei den überarbeitenden oder neuen Gremien gibt es hinsicht lich der Zusammensetzung aber auch das eine oder andere Fragezeichen. Ich will in der gebotenen Kürze gar nicht auf alles eingehen. Nur so viel: Es ist schon bemerkenswert, dass Sie in einem Gesetz einer Organisation schon einen Platz ver schaffen, die es noch gar nicht gibt. Ich meine die Pflegekam mern. Auch über diese wird in diesem Hohen Haus noch zu sprechen sein.
Meine Damen und Herren, Sie sehen: Unsere Fraktion sieht den Gesetzentwurf kritisch. Die Ausführungen zu den Kos tenwirkungen sind bemerkenswert. Wenn Sie sagen, es ent stünden kaum Verpflichtungen, da die Einrichtung von Bera tungsstrukturen und die Förderungen freiwillig seien, dann mag das formal so sein. In Wahrheit sind das aber finanzpoli tische Nebelkerzen, die Sie pünktlich zur Adventszeit anzün den. Ich hätte mir schon Modellrechnungen gewünscht, und die Aussagen zum Erfüllungsaufwand sind schlicht nicht nach vollziehbar.
Bei der politischen Bewertung mag es dem Zeitgeist entspre chen, alles auf ambulante Strukturen zu setzen und den Ein druck zu erwecken, man könnte in der eigenen Häuslichkeit oder im eigenen Quartier alle Bedarfe decken.
Wie schon geäußert – Kollege Kenner hat es gesagt –: Wir werden noch einmal ein Anhörungsverfahren anstreben.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist es ganz klar, dass die Pflegeangebote weiterzuentwickeln und auszu bauen sind. Die Potenziale der Digitalisierung wie auch die Entlastung der Pflegekräfte durch technische Hilfen sind ver stärkt in den Fokus zu nehmen.
Meine Damen und Her ren, alle Fraktionen haben jetzt ein bisschen mehr Redezeit beansprucht. Das fand ich auch ganz in Ordnung, weil die Re gierung auch besonders lange gesprochen hat. Jetzt liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor.
Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/5175 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Soziales und In tegration zu überweisen. – Damit sind Sie einverstanden. Dann ist das so beschlossen.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landes-Behindertengleichstel lungsgesetzes – Drucksache 16/5176
Werte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der technische Fortschritt begleitet unseren Alltag. Das Internet bietet uns immer mehr Möglichkeiten, und so spielen sich auch immer mehr Aktivitäten des Alltags online ab. Wir in formieren uns im Internet darüber, was auf der Welt passiert. Wir erfragen Öffnungszeiten oder Wegbeschreibungen, sehen nach, ob die Bahn pünktlich fährt – okay, das könnte man sich manchmal sparen –, reservieren einen Tisch im Restaurant oder kaufen Kinokarten.
Nicht nur am PC, mittlerweile vor allem an den Smartphones spielt sich das digitale Leben ab. Das Smartphone ist mittler weile ein digitaler Alleskönner. Wie viele Schritte wir machen, wohin wir gehen, mit wem wir kommunizieren, welche Such begriffe wir bei Google eingeben, das alles zeichnet das Smart phone auf. Chat, Musik, Training, Dating, Wetter, unzählige weitere Apps, alles ist darauf. Und wir alle gucken z. B. auch während der Parlamentssitzungen immer wieder darauf. Die Digitalisierung unserer Gesellschaft schreitet also voran,
Selbstverständlich gilt das auch für Menschen mit Behinde rungen. Digitale Medien können Menschen mit Behinderun gen eine möglichst selbstständige Teilhabe am sozialen, kul turellen und beruflichen Leben ermöglichen und erleichtern. Doch damit Menschen mit Behinderungen auch am digitalen Leben teilhaben können, ist es entscheidend, dass die Websei ten und mobilen Anwendungen barrierefrei sind.
Unser vorliegender Gesetzentwurf zur Änderung des LandesBehindertengleichstellungsgesetzes ist demnach ein sehr wich tiger Schritt in diese Richtung. Der Gesetzentwurf setzt die EU-Richtlinie über den barrierefreien Zugang zu den Websei ten und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen um.
Das Landes-Behindertengleichstellungsgesetz verpflichtet seit 2015 öffentliche Stellen dazu, ihre Internetauftritte und -an gebote barrierefrei zu gestalten.
Mit der Änderung stärken wir die Rechte von Menschen mit Behinderungen noch mehr. So wird der Anwendungsbereich des Landes-Behindertengleichstellungsgesetzes erweitert. Künf tig sind auch öffentliche Stellen dazu verpflichtet, neben ih ren Internetseiten auch ihr Intranet und ihre mobilen Anwen dungen barrierefrei zu gestalten. Dabei müssen die Nutzerin nen und Nutzer die Möglichkeit bekommen, Rückmeldungen zu geben, und sie haben damit auch die Möglichkeit, Verbes serungen anzustoßen.
Zudem schafft das Gesetz einen zeitlichen Rahmen mit Fris ten für die Umsetzung der gesetzlichen Pflichten.
Die EU-Richtlinie über den barrierefreien Zugang zu Websei ten und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen verpflich tet die Mitgliedsstaaten zudem dazu, regelmäßig zu überwa chen, ob öffentliche Stellen die Barrierefreiheitsanforderun gen einhalten.
Dieses Verfahren ist sowohl für die Verwaltungen als auch für Menschen mit Behinderungen eine große Chance. Denn eine Überprüfung bietet öffentlichen Stellen zum einen die Mög lichkeit, das eigene Handeln zu reflektieren und zu evaluie ren. Zum anderen kann eine Überprüfung zu einer Überarbei tung der Webseite oder der App führen mit dem Ergebnis, dass sie dann besser ist und die Teilhabe von Menschen mit Behin derungen im medialen Bereich noch besser ermöglicht.
Welche Stelle letztlich die hoheitliche Aufgabe des Überwa chungsverfahrens übernimmt, wird im kommenden Jahr zu klären sein. Land, kommunale Landesverbände und die Lan des-Behindertenbeauftragte werden daran beteiligt sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den letzten Jahren haben wir viel gemacht und viel erreicht, um die Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu stärken. Der Landesaktionsplan für die Umsetzung der UN-Behinder tenrechtskonvention, die Umsetzung des Bundesteilhabege setzes und auch die Änderung des Landes-Behindertengleich stellungsgesetzes – all dies sind wichtige Schritte zur echten Teilhabe.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute die erste Wei terentwicklung des bundesweit besten Landes-Behinderten gleichstellungsgesetzes.
Es gilt seit 2015, es war Ergebnis einer langen und intensiven Debatte und wurde im Ergebnis nicht nur von Grün und Rot, sondern auch von der CDU beschlossen.
Die bisherigen Rückmeldungen zu seiner Wirkung sind sehr gut, mit unabhängigen Behindertenbeauftragten in allen Stadt- und Landkreisen, mit einer verbesserten Teilhabe von Men schen mit Behinderungen auf allen Ebenen, mit der Verpflich tung zur Herstellung von Barrierefreiheit und Teilhabe im Re gelbereich des Landes und der Kommunen; Letzteres auch deswegen, weil die UN-Behindertenrechtskonvention Men schen- und dabei Teilhaberechte definiert, die für alle staatli chen Ebenen gelten.
Dem dient ganz wesentlich auch unsere unabhängige, nicht weisungsgebundene Landes-Behindertenbeauftragte, die die Perspektiven von Menschen mit Behinderungen an vielen Stellen wirksam zur Geltung bringt,
in den Gesetzgebungsverfahren ebenso wie bei einer Vielzahl von Eingaben aus der Bevölkerung, mit ombudschaftlichen Aufgaben wie der Mediation.
Das L-BGG hat das Leben von Menschen mit Behinderungen seit 2015 bereits spürbar verbessert. Sie wurden und sie wer den von passiven Fürsorgeempfängerinnen und Fürsorgeemp
fängern zu aktiven Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, die ihre Rechte immer selbstbewusster vertreten und durchsetzen. Und das ist auch gut so. Das ist der Weg, den wir mit der Um setzung des Bundesteilhabegesetzes konsequent fortsetzen.
Das L-BGG wird turnusgemäß nach fünf Jahren überprüft und dann gegebenenfalls weiterentwickelt. Dennoch ist es notwen dig, bereits heute an einer Stelle nachzubessern. Im L-BGG gibt es zwar bereits die Pflicht zur barrierefreien Ausgestal tung von Websites und Internetauftritten; die EU-Richtlinie, für die wir jetzt das L-BGG anpassen, geht jedoch weiter. Wir präzisieren deswegen auch im L-BGG den erweiterten Gel tungsbereich. Wir präzisieren den Begriff der medialen Ange bote, die verpflichtende Bereitstellung einer Erklärung zur Barrierefreiheit und die Etablierung eines Überwachungsver fahrens. Auch Intranetangebote und digitale Apps sind jetzt erfasst.
Die Überwachungsstelle, die wir dafür einrichten, ist aus un serer Sicht ein erster Schritt zu unserem Landeskompetenz zentrum Barrierefreiheit. Dieses haben wir im grün-schwar zen Koalitionsvertrag vereinbart. Es wird eine umfassende Beratungs- und Monitoringkompetenz im Bereich der barrie refreien Kommunikation, im Bereich des Bauens und ebenso im Bereich des barrierefreien öffentlichen Raums haben.
Das Kompetenzzentrum Barrierefreiheit wird seinen Nieder schlag im Landes-Behindertengleichstellungsgesetz finden, wenn wir es 2020 entsprechend der dann vorliegenden Aus wertung anpassen. Die Auswertung wird auch zeigen, ob und wo wir die für den Moment bewusst schlanke Anpassung, die wir heute diskutieren, noch weiterentwickeln müssen. Dazu gehört beispielsweise, ob wir zusätzlich konkret die elektro nisch gestützten Verwaltungsabläufe regeln müssen oder ob die vielfältigen Bemühungen im Land und in den Kommunen, diesen Bereich mit abzudecken, eine dezidierte Regelung im L-BGG überflüssig machen oder ob wir über die bestehenden Beschwerde- und Schlichtungsmöglichkeiten im Landesrecht hinaus zusätzlich eine spezialisierte Schlichtungsstelle benö tigen. Diese Klärung ist aus unserer Sicht sinnvoll und not wendig, und der Weg zu dieser Klärung ist definiert.
Zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll und notwendig ist jedenfalls der vorliegende Gesetzentwurf, denn er fördert aktiv den Zu gang von Menschen mit Behinderungen zu den neuen Infor mations- und Kommunikationstechnologien. Diese Teilhabe ist ein zentraler Bestandteil des Staatsziels, dem wir uns im Land – von der UN-Behindertenrechtskonvention inspiriert – verpflichtet fühlen. Inklusion ist für uns kein abstraktes Ziel, sondern wird im Alltag konkret erlebbar.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Mit der Verabschiedung des Landesgesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behin derungen, das am 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, wurde
im Jahr 2014 eine fraktionsübergreifende Entscheidung ge troffen. Das zu diesem Zeitpunkt geltende Landes-Behinder tengleichstellungsgesetz aus dem Jahr 2005 wurde im Lichte der UN-Behindertenrechtskonvention weiterentwickelt. Zie le waren die bessere Durchsetzung der gleichberechtigten Teil habe, die Verhinderung und Beseitigung von Diskriminierun gen sowie die Sicherung einer selbstbestimmten Lebensfüh rung von Menschen mit Behinderungen.
Dementsprechend lag ein Schwerpunkt des neuen Landes-Be hindertengleichstellungsgesetzes auf der Verbesserung der Barrierefreiheit in der elektronischen Kommunikation. Die ser Weg wird im Lichte europäischer Vorgaben fortgesetzt. Eine weitere Barriere zu beseitigen, das ist das Ziel unseres Gesetzentwurfs.
Die Barrieren, die die Menschen mit Handicaps einschränken, sind nicht nur physischer Natur, auch die Digitalisierung stellt eine Aufgabe dar, Gleichstellungspolitik umzusetzen. Die Landesregierung tut dies mit dem heute im Entwurf vorlie genden Gesetz. Die Bedürfnisse von Blinden, Seh- und Hör geschädigten und Menschen mit anderen Handicaps liegen uns am Herzen.