Aber ich bin froh, dass Winfried Kretschmann hier einen kla ren Weg einschlägt und deutlich macht: Zu einer lebendigen demokratischen Ordnung gehören starke Länder und – Frau Präsidentin! – auch starke Landesparlamente.
Artikel 106 des Grundgesetzes gibt doch einen klaren, einfa chen Weg vor, wie zu verfahren wäre. Schauen Sie sich ein fach einmal Artikel 106 an, oder lassen Sie es sich von Herrn Binder aufschreiben.
Artikel 106 sagt ganz klar: Es gibt eine Umsatzsteuervertei lung zwischen Bund und Ländern. An dieser müsste man sich orientieren. Und wenn man merkt, es kommt eine neue Auf gabe auf die Länder zu – beispielsweise die Digitalisierung der Schulen –, dann ist eben einfach der Anteil der Länder an der Umsatzsteuer zu erhöhen. So sieht es Artikel 106 vor – ei ne einfache Lösung.
(Abg. Andreas Stoch SPD: Jetzt langt es dann mal! Peinliche Figur! – Gegenruf der Abg. Nicole Razavi CDU: Das geht aber nicht! – Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)
Denn Gelder des Bundes könnten ohne eine Verfassungsän derung ganz einfach an die Länder übertragen werden. So würden sie vor Ort schneller Wirkung erzielen.
Einen Moment, Herr Abg. Schwarz. – Meine Damen und Herren, ich bitte insgesamt um mehr Ruhe. Ehrlich gesagt, gerade in der ersten Reihe würde ich es mir wünschen. Sie reden nachher ja auch alle. Daher bitte ich insgesamt um mehr Ruhe. – Danke.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, digitale Bildung hat für uns im Innovationsland Ba den-Württemberg höchste Priorität.
Die vorgeschlagenen Grundgesetzänderungen dagegen füh ren uns auf rutschiges Eis. Wir wollen nicht, dass BadenWürttemberg ein Verwaltungsdepartement nach französi schem Vorbild wird.
Mit einer Neuverteilung der Umsatzsteuer kämen wir schnel ler ans Ziel, wäre die digitale Infrastruktur schneller bei den Schulen. Ich freue mich, dass unser Ministerpräsident hier standhaft bleibt – für starke Länder und starke Landtage.
(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Es wird von Sitzung zu Sitzung schwächer! Meine Güte!)
Frau Präsidentin, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen! Keine Frage: Wie für alle Lebensbereiche ist die Digitalisierung auch für unser Bil dungswesen ein Megathema. Wir müssen dafür sorgen, dass sich die digitale Realität in Wirtschaft und Gesellschaft auch in unseren Schulen abbildet.
Die allermeisten Schüler haben heute bereits ein digitales Pro fil im sozialen Internet. Sie informieren sich, sie kommuni zieren, sie leben auch im Netz. Digitale Systeme, Werkzeuge, Geräte und Inhalte erobern, durchdringen und prägen mittler weile auch unser tägliches Leben. Also müssen sie natürlich auch im Bildungsalltag der Schulen stattfinden.
Wie überall müssen wir die Chancen der Digitalisierung und digitaler Technologien auch für den Unterricht nutzbar ma chen. Wir müssen die digitale Kompetenz junger Menschen auch in der pädagogischen Praxis auf breiter Front fördern und auch stärken.
Wir brauchen deshalb digitale Medien und auch digitale Lern umgebungen, völlig richtig. Die „Kreidezeit“ ist vorbei. Wir brauchen eine zeitgemäße digitale Ausstattung an den Schu len. Wir brauchen auch die pädagogischen Konzepte, um den Mehrwert digitaler Technik für den Unterricht zu erschließen.
Diesen Aufgaben stellen wir uns. Deshalb ist Bildung auch ei nes der zentralen Themen bei der Digitalisierungsstrategie des Landes. Daher haben wir, wie zu Recht angeführt, im Nach tragshaushalt einen dreistelligen Millionenbetrag für die Di gitalisierung an Schulen eingeplant.
Ich will in diesem Zusammenhang aber auch betonen: Ein Smartboard oder ein Tablet allein bringt noch lange nicht den besseren Unterricht.
Es gilt auch weiterhin: Auf den Lehrer kommt es an. Es gilt der Grundsatz: Die Technik muss der Pädagogik folgen. Was zählt, sind nicht Gadgets und digitale Spielereien, sondern Qualität. Darauf kommt es an. Das ist unser Credo.
Deshalb besteht im Ziel ohne jeden Zweifel bei uns allen – auch bei allen Fraktionen hier im Parlament – breite Einig keit. Der Unterschied liegt nur in der Frage des Weges, wie wir zu diesem Ziel kommen. Auch das sollte heute klar sein, wenn wir über so etwas sprechen.
Es ist meine tiefe Überzeugung: Wir sollten uns an unserer Verfassung und an den Grundlagen unseres Föderalismus nicht ständig von Neuem zu schaffen machen und daran her umdoktern.
Es ist berechtigt – das wissen Sie auch –, dass gerade wir Lan desparlamentarier uns fragen: Rechtfertigen 5 Milliarden €, verteilt auf fünf Jahre, für alle 16 Länder wirklich den Teil ausverkauf der wichtigsten Länderzuständigkeit?
Ich kann gut verstehen, dass gerade klamme Länder den Si renengesängen des Bundes nicht widerstehen können. Aber braucht man dafür wirklich eine solche Verfassungsänderung? Wir sollten die Relationen sehen. Für 2019 hat der Bund in sein Sondervermögen für den Digitalpakt gerade mal 720 Mil lionen € eingestellt. Heruntergebrochen auf Baden-Württem berg sind das 94 Millionen €. Wir haben im Doppelhaushalt 2018/2019 22,5 Milliarden € für die Bildung etatisiert. Das ist die Relation.
Jetzt wissen wir ja, dass die Steuerschätzer, übrigens auch den Ländern, Steuermehreinnahmen von über 8 Milliarden € vo raussagen. Wir haben weder bei den Kommunen noch bei den Ländern noch beim Bund aktuell ein Einnahmeproblem. In einer solchen Zeit ist es berechtigt, zu fragen, ob man das fö derale Tafelsilber verscherbeln soll, um sich den goldenen Zü gel anlegen zu lassen. Ist das wirklich notwendig? Ist das nö tig, oder gibt es nicht einen anderen Weg?
Denn wir sprechen über die geplante Änderung des Artikels 104 c des Grundgesetzes. Die Frage ist: Ist das wirklich ein guter Deal für die Länder? Er verschafft dem Bund jetzt zum Schnäppchenpreis den direkten Zugriff auf das, was genuin exklusiv Ländersache ist, nämlich auf unsere Kulturhoheit.
Damit ist der Geist unserer Verfassung und unserer föderalen Ordnung betroffen. Für ein zeitlich begrenztes Progrämmchen sollen die Länder den Bund jetzt ans Eingemachte lassen. Ein mal mehr heißt das Motto: Geld gegen Macht. Diese Tausch logik unterhöhlt das bundesstaatliche Prinzip, und das forciert – zu Recht gesagt – den Zentralismus.
Herr Kollege, historisch gesehen hat es zuerst die Länder ge geben und dann den Bund. In der Verfassung sind sehr wohl Hoheiten verankert. Das Bundesverfassungsgericht sieht in der Kulturhoheit das Hausgut der Eigenstaatlichkeit der Län der. Es geht hier nicht um Nuancen oder Befindlichkeiten. Hier geht es um die Kernarchitektur unseres föderalen Staats wesens.