500 000 Menschen wird und wurde ein erheblicher Schaden zugefügt, Menschen, die teilweise aufgrund der Diesel-Ver sprechen der Autoindustrie ein solches Auto gekauft haben, teilweise auf Kredit, den sie immer noch abbezahlen müssen und damit auch den Schaden bezahlen müssen.
Das sind Menschen, für die ein Grenzwert von 40 Mikro gramm pro Kubikmeter eine andere Bedeutung hat als ein Grenzwert von 100 Mikrogramm pro Kubikmeter – was im Übrigen dem Grenzwert in den USA entsprechen würde –, Menschen, für die ein solcher höherer Grenzwert dann keine Entwertung ihres Besitzes, ja, keine Einschränkung ihrer Mo bilität bedeuten würde. Das sind Betroffene, die sich nach vollziehbar Fragen stellen, wenn sie in den Medien von Ex perten hören, der Grenzwert sei willkürlich – Aussagen wie die von Alexander Kekulé, einem Arzt und Biochemiker, der sagt, der Grenzwert sei aus medizinischer Sicht schlicht Un sinn.
Verstärkt wird die Unsicherheit auch millionenfach, wenn in der Timeline Berichte auftauchen, dass Messstationen falsche Ergebnisse liefern, also Pollen die Messwerte verfälschen.
Im Kern wollen die Menschen eine nachvollziehbare Erklä rung für diesen sehr konkreten Schritt. Denn eines ist für die Betroffenen klar: Ihnen erfolgt aus den Messergebnissen und den Grenzwerten ein unverhältnismäßiger Schaden, ein Scha den, den man, sollte er nicht kompensiert werden, zumindest
Statt diesen Menschen ein transparentes Verfahren oder eine klare Antwort zu ermöglichen, erhalten sie neben all den ver wirrenden Nachrichten einen Werbebrief vom Kraftfahrt-Bun desamt, in welchem von staatlicher Seite aus interessante Tat sachen aufgezeigt werden. So heißt es:
Die Maßnahme zur Hardware-Nachrüstung befindet sich derzeit noch in der Ausarbeitung und wird erst im Laufe des Jahres 2019 zur Verfügung stehen.
Durch Ihr Mitwirken bei der Flottenerneuerung kann die Luft in unseren Städten weiter verbessert werden, ohne dass Sie eine Einschränkung für Ihr Mobilitätsverhalten fürchten müssen.
Das ist eine Einschränkung, die ab dem 1. Januar 2019, also in 34 Tagen, in weniger als 816 Stunden, in Stuttgart zur Re alität wird, eine Einschränkung, die ab Neujahr im ganzen Stadtgebiet greift, also bereits in der Silvesternacht – in der über 5 000 t Feinstaub freigesetzt werden; eine Menge, die etwa 17 % der jährlich im Straßenverkehr abgegebenen Fein staubmenge entspricht. In dieser Nacht wird das Fahrverbot in Kraft treten und damit für viele Menschen nur eine Lösung zulassen: die Flottenerneuerung auf eigene Kosten.
Den Verweis auf Alternativen, den wir vorhin gehört haben, auf öffentliche Verkehrsmittel, kann man angesichts der Prei se und der Pünktlichkeitsquoten der Bahn für viele Menschen als nicht alltagstauglich zurückweisen.
(Beifall der Abg. Dr. Rainer Balzer AfD und Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos] – Zuruf von der AfD: Sehr gut!)
Auch werden die neuen Fahrradstraßen beispielsweise für ei nen Großteil der über 55 000 Ein- und Auspendler, die täglich nach Reutlingen oder von Reutlingen fahren, keine Lösung sein – meine Heimatstadt, für die nach wie vor das Risiko von Fahrverboten besteht, allerdings nicht unmittelbar, wie für Stuttgart, wo täglich 224 000 Menschen einpendeln und knapp 92 000 Menschen auspendeln.
84 % aller Pendler nutzen laut einer Studie das Auto oder das Motorrad. Ein relevanter Teil dieser Fahrzeuge werden Diesel fahrzeuge sein. Diesen Pendlern und allen betroffenen Men schen sollten wir gut erklären, warum der Grenzwert so festge legt wurde, wenn wir keinen dauerhaften Vertrauensverlust in unser Rechts- und politisches System erhalten wollen.
Diese Erklärung beginnt mit einem weitreichenden Konsens. Wir wollen in unseren Ballungsräumen bessere Luft haben, eine bessere Lebensqualität. Einig sind wir uns mit Blick auf die objektiven Daten hoffentlich auch, dass die Luft in unse ren Städten in Summe in den letzten Jahrzehnten deutlich bes ser geworden ist. Es ist uns nicht nur gelungen, die Schwefel dioxid- und Bleibelastung drastisch abzusenken, sondern Feinstaubkonzentrationen, Benzol- und Stickoxidkonzentra tionen gehen ebenfalls kontinuierlich zurück.
Nicht rückläufig jedoch sind die CO2-Emissionen des Auto verkehrs, weil die Zahl der Fahrzeuge steigt, unsere Gesell schaft immer mobiler ist und auch ein Trend zu größeren Fahr zeugen besteht.
Aber zurück zum Stickoxid: Nachdem man beim Feinstaub allmählich Entwarnung geben kann und die Werte in unserer Luft erfreulicherweise sinken, sind die Schwefeldioxidemis sionen aus Dieselautos gestiegen – nicht zuletzt wegen der Anstrengungen der Ingenieure, den Feinstaubausstoß zu sen ken. Nun sind wir teilweise in eine unsinnige Diskussion ge schlittert.
Böse Diesel sollen durch gute Benziner ersetzt werden – zu mindest da, wo ein Elektroauto nicht infrage kommt oder be zahlbar ist. Damit aber steigen die CO2- und auch die Fein staubemissionen wieder an.
Vor diesem Hintergrund muss man selbstverständlich dafür plädieren, den strengen und international sehr ehrgeizigen Grenzwert für Stickoxid auch neuen Analysen, Studien und Untersuchungen zu unterziehen. Denn die Kritiker sind ja kei ne ahnungslosen Spinner, sondern ausgewiesene Lungenfach ärzte und andere Experten.
Die Konsequenzen für die betroffenen Dieselfahrerinnen und Dieselfahrer sind zu einseitig und zu hart.
Das ist gut, und das ist ein großes Glück für unser Land. Des halb gelten die Grenzwerte und Gesetze, die festgelegt bzw. erlassen wurden. Weder Richter noch Regierungen oder Kom munen können sie ignorieren – auch wenn sie umstritten sind.
Wie eingangs gesagt, befreit uns das jedoch nicht davon, den Menschen eine gute Begründung für die kommenden Ein schränkungen zu liefern, eine Begründung, die auch von der Landesregierung geliefert werden muss.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht: Kann es sein, dass wir da einen gewissen Dis sens zwischen der CDU und den Grünen in der Debatte wahr nehmen?
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP/ DVP, der AfD und der SPD – Zurufe von der CDU: Nein, nein! – Unruhe)
Herr Abg. Haußmann, warten Sie bitte. – Meine Damen und Herren, ich darf um etwas mehr Ruhe bitten! – Vielen Dank.
Das ist ja schon bemer kenswert, wenn man jeden Tag in der „Stuttgarter Zeitung“ die verschiedenen Positionen über die Anfahrbarkeit von Parkand-ride-Parkplätzen oder zur Umsetzung der Maßnahmen am Neckartor liest. Das zeigt schon, dass die CDU hier natür lich in vielen Punkten auch die richtigen Dinge anspricht. Lie ber Herr Kollege Schütte, Sie haben ja gerade viele Dinge richtig dargestellt. Nicht umsonst hat die FDP-Bundestags fraktion ein Moratorium bezüglich der Grenzwertethematik gefordert. Minister Hermann hat mitgeteilt, dass es über 300 wissenschaftliche Untersuchungen als Grundlage für die Fest legung dieses Stickoxidgrenzwerts gibt.
Da muss man sich aber schon fragen: Wie passt das dann zu sammen, lieber Herr Hermann, wenn man – wie es auch der Kollege Schütte gesagt hat – das näherungsweise über die Er mittlung der Zahl von Gasherden in Haushalten berechnet hat? Man darf also berechtigterweise auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hören, die da erhebliche Zweifel haben.
Umso wichtiger ist es, wenn es jetzt um solche auch existen ziellen Themen wie Fahrverbote geht, dass man sich sehr in tensiv mit dieser Thematik auseinandersetzt. Das tut unser Verkehrsminister in Baden-Württemberg aber leider nicht.
Sie müsste aber entsprechend der Toleranz nicht dort stehen. Wenn es eben um Fahrverbote für Euro-4-Dieselfahrzeuge geht – und in der Perspektive können wir schon heute kons tatieren, dass in dieser Struktur auch die Fahrverbote für Eu ro-5-Dieselfahrzeuge kommen –, dann sollte man dem Vor schlag Folge leisten, den wir, die FDP/DVP, schon in der letz ten Legislaturperiode gemacht haben, zumindest – wenn man diese Messstelle schon nicht versetzen will – eine zweite Messstelle in einer anderen Toleranz dort aufzustellen, um hier auch in die Diskussion zu gehen. Das unterlässt man hier. Auch ein solches Unterlassen ist Politik der Landesregierung.