Protocol of the Session on November 8, 2018

Der Wald ist Erholungsraum für Menschen – für Wanderer, Radfahrer, Reiter –, Umfeld für Sportler und gleichzeitig auch Grundlage touristischer Aktivitäten.

Die nachhaltige und multifunktionale Forstwirtschaft wird in unserem Land seit mittlerweile über 300 Jahren entwickelt

und den Gegebenheiten angepasst. Bei der Bewirtschaftung der Wälder, aber auch im Hinblick auf die Be- und Verarbei tung des Holzes sind jedoch immer wieder Verbesserungen notwendig; das ist richtig. Auch darauf zielen die Kollegen von der FDP/DVP ab.

Allerdings gilt festzuhalten: Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Forstwirtschaft in Baden-Württemberg unter Einbezie hung aller Ziele, die wir als Gesellschaft im Hinblick auf den Wald haben, auf weltweit höchstem Niveau.

Wir müssen aber auch auf Widersprüche achten. Alle Zertifi zierungen und Biosiegel sind genau dann sinnentleert, wenn wir – davon abgeleitet – Holz aus anderen Ländern importie ren, wenn die Transportwege lang sind und CO2-Bilanzen ins Schwanken kommen.

Flächenstilllegungen und überbordende Einschränkungen, die die Zusammenhänge zwischen Waldbewirtschaftung, Betrieb, Umwelt, Naturschutz und Klima außer Acht lassen, führen zwangsläufig zu Dilemmata.

Woher soll z. B. bezahlbares und regional produziertes Holz kommen, wenn bei uns die Bewirtschaftung und die Verarbei tung nicht mehr darstellbar und nicht mehr kalkulierbar sind und wenn die notwendigen Wälder hierfür nicht mehr genutzt werden können? Wie können wir Arbeitsplätze und Struktu ren gerade im ländlichen Raum nachhaltig erhalten, wenn die Rahmenbedingungen für die Betriebe nicht mehr gegeben sind oder eingeschränkt werden? Was haben wir schlussendlich ge wonnen, wenn wir richtigerweise zwar mehr Holz einsetzen wollen, wenn bei uns aber nicht mehr produziert und verar beitet werden soll?

Das ist nicht nur eine Frage der volkswirtschaftlichen Betrach tung, sondern eben auch eine Frage der ökologischen Ver nunft. Deswegen ist es wichtig und richtig, dass wir seitens der Landesregierung, seitens der Koalition die Waldbesitzer fördern und waldbauliche Fragestellungen unterstützen, dass wir ökologische Zielsetzungen mit ökonomischen vereinen und dass wir – auch mit Blick auf eine weitere Verwendung des Holzes – mit dem Technikum Laubholz neue Wege be schreiten.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Thekla Walker GRÜNE – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig!)

Uns geht es um die Zukunftsfähigkeit der Forst- und Holz wirtschaft, um neue Technologien, um digitale Komponenten, aber natürlich auch um die Einbindung waldbaulicher Kon zeptionen und um die Fortführung dessen, was hier seit eini gen Jahrzehnten – um nicht zu sagen: sogar schon seit Jahr hunderten – in diesem Bereich passiert.

Abschließend möchte ich all jenen Danke sagen, die wir gern auch politisch unterstützen: die Akteure in der Forstwirtschaft, die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, die Forstkammer Baden-Württemberg, kommunale und private Waldbesitzer, die Zertifizierer und alle Holzverarbeiter vom Schreiner bis zum Zimmerer.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Thekla Walker GRÜNE)

Das Wort erhält Herr Abg. Herre für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, ge schätzte Kollegen Abgeordnete! „Unsere heutige Gesellschaft stellt hohe Ansprüche an den Wald.“ So ist es in der Antwort der Landesregierung zu lesen. Korrekterweise müsste es hei ßen: Verschiedenste Interessengruppen streiten sich um unser Holz. Die einen wollen mit dem baden-württembergischen Forst die Natur retten, die anderen das Klima, die Wirtschaft will ihre Umsätze retten und die Landesregierung ihre Hoheit.

Ökonomie trifft auf Ökologie, Fakten treffen auf Wunschvor stellungen. Aber das ist ja unter Grün-Schwarz nichts Neues.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Während sich die FDP/DVP Sorgen um die Formulierungen im Koalitionsvertrag macht bzw. 2017 machte – so alt ist näm lich ihre Anfrage –, haben die Natur, Gerichtsurteile und – Sie hören richtig – die Chinesen bereits Tatsachen geschaffen.

Es zeigt sich vor allem eines: Der Wald ist zum Politikum ge worden. Wie ein Scheidungskind wird er hin- und hergezerrt. Man will doch eigentlich nur das Beste für ihn, besser gesagt: für sich selbst. Da passt es natürlich sehr gut, dass Formfeh ler dafür sorgen, dass die Landesregierung weiterhin kräftig an der Holzwirtschaft mitverdienen kann.

Kostendeckend wolle man nun seine Dienste Waldbesitzern anbieten. Das bedeutet nichts anderes als eine kräftige Erhö hung der Gebühren für Waldbesitzer, wenn sie das Forstper sonal des Landes in Anspruch nehmen oder nehmen müssen.

Manche Gemeinden rechnen gar mit 50 % Mehrausgaben für die gleiche Leistung. Man muss es nicht einmal zwischen den Zeilen suchen. Denn dass der Landesregierung die „extrem kleinteilige Besitzstruktur im Privatwald“ ein Dorn im Auge ist,

(Abg. Dr. Patrick Rapp CDU: Wer sagt denn so et was? – Gegenruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Der, der ihm den Text geschrieben hat! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

steht klar und deutlich hier in der Antwort der Landesregie rung auf die Große Anfrage der FDP/DVP. Lesen Sie es nach.

(Abg. Winfried Mack CDU: Da wissen Sie mehr als wir!)

Mit höheren Kosten zwingt man die Besitzer kleinerer Wald flächen mit aller Gewalt in die Knie, auch wenn man natür lich vorgibt, diese auch weiterhin tatkräftig unterstützen zu wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Wir von der AfD-Fraktion werden es beobachten.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Nur zu!)

Man muss bleibende Einnahmen irgendwie ausgleichen, und die kommen, denn sie sind im Koalitionsvertrag niederge schrieben. Bis 2020 sollen 10 % der Waldfläche in BadenWürttemberg unberührt sein und bleiben.

(Abg. Dr. Patrick Rapp CDU: Nein, bis zu 10 %!)

So schön das für Menschen, Bäume und Tiere auch ist, das hat einen erheblichen Nachteil: Unbewirtschaftete Waldflä chen werfen logischerweise kaum zu verarbeitendes Holz ab, das sich gewinnbringend vertreiben ließe.

Das zeigt das eingangs angesprochene Dilemma unserer Lan desregierung: Nicht alles, was für die Natur gut ist, ist auch für die eigene Kasse gut.

Dann waren da noch die Chinesen, die ich eingangs erwähn te. Während man beinahe naiv über Maßnahmen schreibt, um die regionalen Kreisläufe in Forst- und Holzwirtschaft zu stär ken, berichten Medien, dass die Chinesen einen beinahe un stillbaren Hunger nach Holz haben. Buche und Eiche stehen dabei ganz hoch im Kurs. China ist vergleichsweise waldarm. Doch im Bereich der Möbelproduktion liegen sie weltweit ganz vorn.

Kanada und einige andere Länder haben die Ausfuhr nach China bereits vorausschauend reguliert und zum Teil gestoppt. Und die EU, die sonst jeden Plastikstrohhalm und jede Pom mes reguliert,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

tut was, wenn es um unseren Wald geht? Richtig: nichts bis sehr wenig.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Carola Wolle AfD: Gar nichts!)

Natürlich hört man die Kassen gern klingeln, aber wenn be reits heute 40 % des deutschen Holzes ins Reich der Mitte ge hen, wirken Maßnahmen wie das Label „Holz von hier“ bei nahe niedlich.

All das zeigt: Wenn es um den Wald geht, ist es schwer, einen Kompromiss zu finden. Von allen ökologischen und ökono mischen Wünschen, Ideen und Forderungen abgesehen, will ich nur daran erinnern, dass der Wald vor allem in unserem schönen Bundesland Baden-Württemberg mehr ist als nur ei ne Ansammlung von Bäumen. Für viele Bürger ist er ein Stück Lebensqualität, ein Stück Heimat, das unseren ganzen Schutz verdient hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD spricht Herr Kollege Gall.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Große Anfrage der FDP/DVP handelt in der Tat fast alle Themen des Waldes und der Holzwirtschaft ab. Es bleibt in fünf Minuten nicht viel Zeit, die gesamte Themen palette zu besprechen. Wir haben in den zurückliegenden zwölf Monaten das Thema „Holzwirtschaft und Wald“ hier wiederholt diskutiert und erörtert, beispielsweise auch über eine Große Anfrage von uns zum Kartellverfahren. Sie haben ja darauf hingewiesen: Ihre Große Anfrage hat nun schon so zusagen eine gewisse Laufzeit, und deshalb ist die eine oder andere Antwort inzwischen auch tatsächlich überholt.

Aber ich will schon etwas mehr in den Mittelpunkt stellen, als dies – mit Ausnahme des Kollegen Rapp – meine Vorredner getan haben: Die Große Anfrage macht wieder einmal deut lich – ich finde, das muss man häufig erwähnen und immer wieder hervorheben –, wie sehr der Wald tatsächlich mehr ist als ein Acker, auf dem Bäume wachsen, auf dem Holz erzeugt wird. Sie haben überwiegend über Markt und Wirtschaft ge sprochen. Der Wald liefert natürlich Holz – überhaupt keine Frage – für die Bauwirtschaft. Er liefert auch Energie. Das ist von uns auch gewollt, und das unterstützen wir selbstverständ lich. Aber der Wald hat auch eine wichtige Funktion für den Wasserhaushalt, für das Grundwasser. Er ist unverzichtbar für den Naturschutz, für die Luftqualität, für das Klima. Meine Damen und Herren, der Wald ist auch ein Sanatorium für Geist und Seele.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Sandra Boser GRÜNE)

Das Gute ist – das will ich schon sagen, weil hier sehr viel von Wirtschaft gesprochen worden ist –, dass der Wald bei uns in Deutschland und in Baden-Württemberg zu wesentlichen Tei len dem Staat, also Bund, Ländern und Kommunen, gehört, aber auch Privaten – Sie haben es angesprochen –, vielen Zehntausenden Kleinstwaldbesitzern.

Das heißt aber auch: Es gibt unterschiedliche Interessen, die dabei zu beachten sind. Das Kartellverfahren ist ja aus einer bestimmten Interessenlage heraus angestrengt worden. Des halb reden wir hier darüber, und deshalb sind auch immer wie der gesetzliche Änderungen erforderlich.

Seit wenigen Wochen wissen wir auch: Der Waldzustandsbe richt hat uns wiederum vor Augen geführt, dass der Wald seit Jahrzehnten tatsächlich im Stressmodus ist – Stichworte sind Bodenversauerung, Luftbelastung, Klimawandel, Trockenheit – mit der Folge, dass Baumsorten – Herr Hoher, da haben Sie natürlich recht – über den beabsichtigten Waldumbau hinaus anfälliger werden für Sturm und Borkenkäfer und dass be stimmte Baumsorten aufgrund dieser Veränderungen automa tisch zurückgedrängt werden. Auch haben wir mit neuen Krankheiten im Wald umzugehen.

Deshalb will ich schon sagen: Wer vom klimatisch, ökolo gisch und ökonomisch gebeutelten Wald etwas abverlangt – und das tun wir ja, weil wir von Holzwirtschaft reden –, der muss ihn natürlich auch pfleglich behandeln. Deshalb will ich für uns, für die SPD-Fraktion, sagen: Wir halten es nach wie vor für richtig, dass wir unseren Wald vor Jahren FSC-zerti fiziert haben. Ich rate dringend, da abzuwarten, nicht über schnell zu handeln und nicht wieder gegenläufige Maßnah men in Gang zu setzen. Wir wissen, der Wald reagiert ziem lich träge. Deshalb rate ich da zu ein bisschen Gelassenheit.

Weil wir enorme Herausforderungen haben, müssen die Wei chen richtig gestellt werden. Richtig können wir sie stellen – jedenfalls nach meiner Auffassung –, wenn wir auch in der neuen Struktur des Forstes so viel Einheitsforstamt wie mög lich in dieses Verfahren implementieren. Denn dort geht es – Sie haben es angesprochen – um Arbeitnehmerinteressen. Vie le Menschen sind dort beschäftigt. Es geht aber auch um die Qualität der Waldbewirtschaftung. Da glaube ich wirklich, dass der Staat selbst, dass die Gebietskörperschaften ein hö heres Interesse daran haben, Qualitätsbewirtschaftung zu be treiben, als andere.

Deshalb ist es wichtig, dass Landkreise, Städte und Gemeinden und Kleinstwaldbesitzer nicht zu Leichtgewichten oder zum Spielball im neuen Holzmarkt werden. Großen Sägekonzernen müssen ein Angebot und eine Marktkraft entgegengesetzt wer den. Deshalb unterstützen wir ausdrücklich, was jetzt auf den Weg gebracht worden ist, was zunehmend auch Fuß fasst, näm lich Holzverkaufsinitiativen, Vermarktungsgenossenschaften. Die können dazu beitragen, Stabilität auf dem Holzmarkt zu gewährleisten. Wie gesagt: Erfreulicherweise gründen sich ja solche, und sie haben auch unsere Unterstützung.