Wir fordern eine deutlich agilere Vorgehensweise mit mehr Ressourcen und mit professionellen Partnern, die solche Pro jekte bereits erfolgreich umgesetzt haben. Wir erinnern in die sem Zusammenhang an unseren Vorschlag zum wohldurch dachten Konzept der Digitalisierungsmanager.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie schon in der ersten Lesung angekündigt, werden wir das Gesetz mittragen – aber, aber.
Herr Minister, Sie sprachen in der ersten Lesung ausweislich des Protokolls von einem ersten Schritt. Nach unserer Auffas sung ist es allenfalls ein Schrittchen.
Der Motor stottert gewaltig, Herr Dr. Kern, und E-Govern ment ist für uns in weiter Ferne. Ich will das an drei Punkten festmachen.
Mit diesem Gesetz wird im Zuge der Digitalisierung der Zah lungsverkehr mit dem Land angepasst. So weit, so gut. Damit setzen Sie lediglich eine Vorgabe des europäischen Rechts um, was Sie ohnehin tun müssen.
Fehlanzeige! Geht nicht, ein Medienbruch. Die entsprechen den gesetzlichen Grundlagen – das haben Sie im Innenaus schuss angekündigt – werden noch anstehen. Sie wurden für das nächste Jahr angekündigt. Wir sind gespannt. Jedenfalls ist insoweit mit diesem Gesetz kein Fortschritt zu erzielen.
Zweiter Punkt: Die elektronische Akte ist ein wesentlicher Baustein. Aber auch bei diesem Thema wirken Sie eher wie ein Getriebener als ein Antreiber. Sie haben in der ersten Le sung die Bedeutung der ressortübergreifenden E-Akte ziem lich wortreich beschrieben. Die Kollegin Lisbach hat in der ersten Lesung noch die Vorreiterrolle des Landes in diesem Bereich gelobt. Aber seit Montag wissen wir, wenn wir die „Stuttgarter Zeitung“ oder die „Stuttgarter Nachrichten“ ge lesen haben, dass der gesetzlich vorgeschriebene Zeitplan für die Einführung nicht eingehalten werden kann. Sie sind nun mehr gezwungen, das entsprechende Gesetz zu ändern, damit Sie sich hier retten können.
Sie begründen das mit einer höheren Nutzerzahl. Aber das überzeugt uns nicht. Denn insbesondere wenn die Polizei hin zukommt, hätten Sie ja die Möglichkeit des unmittelbaren Zu griffs, während wir uns das bei ressortübergreifender Abstim mung natürlich eher schwierig vorstellen. Aber auch hier ist festzustellen: Der Motor stottert gewaltig.
Der dritte Punkt betrifft die Qualifizierungsoffensive. Da ha ben Sie die Digitalakademie, in der Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter der Verwaltung dann entsprechend geschult werden können, ausreichend – jedenfalls sehr wortreich – beschrie ben. Das klingt sehr vielversprechend. Dazu haben Sie im In nenausschuss viel gesagt, aber eigentlich wenig Konkretes. Auf Nachfrage haben Sie dann zugestanden, im Grunde hand le es sich um eine virtuelle Akademie, die innerhalb der be kannten Organisationsstruktur arbeiten wird. Aha, toll! Wir sind begeistert.
Das Ganze wird von ITEOS unterstützt. Herr Minister, wol len Sie im Ernst nach dem Scheitern von „ella“ eine solch ge waltige Aufgabe, die vor uns liegt, mit ITEOS umsetzen?
Unser Fazit jedenfalls ist: Dieses Gesetz ist ein ganz kleiner Schritt. Lassen Sie den großen Worten zum Thema E-Govern ment auch entsprechende Taten folgen! Wir begleiten Sie auf diesem Weg intensiv. Machen Sie das Thema E-Government zur Chefsache!
Und vergessen Sie nicht, in ausreichendem Umfang die Mit arbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung mitzunehmen. Ohne die wird es nicht gelingen.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es dürfte unbestritten sein, dass die Digitalisierung ein Zukunftsthema ersten Ranges für unser Land ist. Ausgerechnet in diesem entscheidenden Politikbe reich erleben wir beim zuständigen Digitalisierungsminister Thomas Strobl Unvermögen und/oder Desinteresse, sodass die Zukunftsfähigkeit unseres Landes gefährdet ist.
Erstens: der Flickenteppich beim digitalen Elterngeld. Im Ok tober 2018 startete die Bundesfamilienministerin die Pilotpha se für das digitale Elterngeld. Künftig soll diese Leistung auch online beantragt werden können. Außer Bayern und BadenWürttemberg haben alle Bundesländer eine Absichtserklärung abgegeben, sich an der Umstellung zu beteiligen.
Gegenüber dem Bund formulieren wir auch klare Erwar tungen. Unsere eigenen Bemühungen und bereits erarbei teten Lösungen dürfen nicht durch Doppelarbeiten kon terkariert werden. Es dürfen auch nicht diejenigen be straft werden, die bereits früher als andere in die Digita lisierung von Verwaltungsverfahren eingestiegen sind.
Ich frage Sie, Herr Minister Strobl: Wann wird es in BadenWürttemberg möglich sein, das Elterngeld digital zu beantra gen? Ich bin sehr gespannt, ob uns hier der nächste digitale Rohrkrepierer wie bei ASV-BW oder „ella“ erwartet.
Zweitens: die verspätete Einführung der E-Akte. Am Montag berichtete Nils Mayer in der „Stuttgarter Zeitung“ unter der Überschrift „Papierlose Verwaltung kommt deutlich später“:
Von 2022 an dürfen Mitarbeiter der Landesverwaltung keine Papierakten mehr nutzen. Sie müssen mit der elek tronischen Akte, der E-Akte, arbeiten. So ist es zumindest im E-Government-Gesetz des Landes verankert. Doch schon jetzt ist nach Informationen unserer Zeitung klar: Bis die Arbeitsplätze mit der neuen Software ausgerüstet und alle Nutzer geschult sind, dauert es mindestens zwei Jahre länger.... Der Grund für die Verzögerung sei, dass... die Zahl der künftigen Nutzer... steige. „Wir kleckern jetzt nicht, sondern klotzen und machen eine große Lö sung. Das kostet etwas mehr Zeit, ist aber richtig“, sag te Strobl.
Herr Minister Strobl, wissen Sie, woran mich Ihre Aussage erinnert? An Ihren Satz aus der Landtagsdebatte zu „ella“ vom 13. Juni 2018. Damals sagten Sie – Zitat –:
Wozu Ihr zweiter Schuss bei „ella“ letztlich geführt hat, be darf keiner größeren Erklärung. Jedenfalls kann einem vor diesem Hintergrund um die digitale Verwaltung in BadenWürttemberg wirklich angst und bange werden.
Drittens: Es fehlt an der Grundvoraussetzung: breitbandiges Internet. Minister Thomas Strobl war letzte Woche in einem wunderschönen Wahlkreis, vielleicht sogar im allerschönsten, nämlich in meinem.
In Baiersbronn wurden Sie auf abgelehnte Förderbescheide für den Breitbandausbau angesprochen. Die „Neckar-Chro nik“ vom 5. November berichtet – Zitat –:
So weit, so gut, Herr Minister. Das Problem ist nur, dass Sie diesen Ankündigungen keine Taten folgen lassen. Denn am selben Tag berichtete der „Schwarzwälder Bote“ darüber, dass zwei Förderanträge – ausgerechnet aus Baiersbronn – von Ih rem Ministerium abgelehnt wurden.