Protocol of the Session on October 11, 2018

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Nun erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Fiechtner.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren! Ich bin überrascht über die Position der AfD. Denn wer will, dass Ausländer in ihre Heimat zurückkehren, der sollte sich eigentlich für den Konsulatsunterricht einsetzen. Genau dazu diente er ja ursprünglich.

Ich denke, wir sind uns alle einig, dass rassistische und extre mistische Inhalte nichts im Unterricht verloren haben. Den noch gab es in Berlin Vorfälle, bei denen religiöse und natio

nalistische Inhalte vorkamen. Diese Prägung war übrigens schon vor Erdogans Regierungswandel vorhanden. Doch spä testens seitdem häufen sich beunruhigende Vorfälle: aus An kara gesteuerte Imame, eine App, um politische Gegner zu melden, bis zu 6 000 Spitzel und Agenten des türkischen Nachrichtendienstes in Deutschland.

Erst gestern dann die Nachricht von Autos in Berlin mit dem Aufdruck der türkischen Antiterroreinheit Özel Harekat – was sogar die Linkspartei, die sonst immer die Polizei schwächen will, auf die Idee bringt, hier den Rechtsstaat zu stärken.

Auch das Entlassen zahlreicher Regierungskritiker aus Ver waltungsinstitutionen der Türkei lässt nichts Gutes ahnen – erst recht nicht, wenn man bedenkt, dass Konsulatslehrer al le fünf Jahre ausgetauscht werden.

Unsere Kultusministerin, Frau Dr. Eisenmann, war es, die da raufhin das Thema auf die Tagesordnung der Kultusminister konferenz brachte. Vorfälle wie im Berliner Lehrplan sind kei nesfalls hinnehmbar. Das sieht selbst die dortige rot-rot-grüne Regierung so.

Natürlich ist es wichtig, dass Kinder etwas über ihre Ur sprungsländer erfahren. Dennoch ist es wichtig, genau zu schauen, was dort gelehrt wird – gerade hier in Baden-Würt temberg, wo sich über die Hälfte der bundesweit rund 40 000 Konsulatsschüler befinden.

Eine Verstaatlichung des Unterrichts, der rund 60 Millionen € jährlich kosten würde, halte ich weder für sinnvoll noch für zielführend. Viel eher bedarf es einer regelmäßigen Inspekti on des Unterrichts.

Bevor man bei diesem heiklen Thema blind drauflos brüllt, sollte man sich erst einmal persönlich ein Bild davon verschaf fen. Eine Möglichkeit hierzu gibt es jedes Jahr im Herbst bei einer Einführungsveranstaltung durch das Kultusministerium in Zusammenarbeit mit dem türkischen Generalkonsulat. Al lein 2016 nahmen daran 50 neue türkische Lehrkräfte teil.

Nun erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Gedeon.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es geht um die Integration von drei Millionen Türken in Deutschland. Diese Integration ist ge scheitert. Nach 50 Jahren türkischer Immigration können wir das sagen. Es ist nicht nur die Tatsache, dass immer noch 25 % der Türken von Sozialtransfers abhängig sind, und es ist auch nicht der „Fall Özil“ – obwohl er eine enorme symbolische Kraft in sich hat.

Ich will Ihnen zwei Zahlen nennen, die das dokumentieren, was ich sage. Erstens: die Mediennutzung der türkischen Be völkerung. 90 % der hier lebenden Türken nutzen regelmäßig türkische Medien, aber nur ca. 35 % nutzen – gelegentlich – deutsche Medien. Lassen Sie sich diese Zahlen einmal durch den Kopf gehen.

Die zweite Zahl ist noch schlimmer: Zwei Drittel der hier le benden Türken bezeichnen die türkische Regierung als ihre Regierung und Erdogan als ihren Präsidenten. Nur 38 % der hier lebenden Türken bezeichnen die deutsche Regierung als ihre Regierung.

Kapieren Sie denn, was diese Zahlen bedeuten, meine Damen und Herren?

(Zuruf von der AfD: Nein!)

Totales Scheitern der Integration der Türken nach 50 Jahren; das ist das Ergebnis. Diese Entwicklung wollen Sie mit der Politik einer Stärkung des Konsulatsunterrichts weiter fördern. Sie fördern über die Sprache systematisch die kulturelle Iden tität der Türken, und gleichzeitig tun Sie alles dafür, dass die Deutschen ihre eigene Identität immer weiter ablegen.

(Zuruf des Abg. Raimund Haser CDU)

Identität bei Deutschen, das ist für Sie dann schon „Rassis mus“. Damit spalten Sie nicht nur die deutsche Gesellschaft,

(Zuruf von den Grünen)

Sie eliminieren systematisch das Deutsche aus der deutschen Gesellschaft. Sie machen systematisch aus der deutschen Ge sellschaft eine nicht deutsche Gesellschaft, meine Damen und Herren, eine nicht deutsche, multikulturelle Gesellschaft. Da werden nicht nur wir von der Opposition nicht mitmachen, sondern auch ein Großteil der deutschen Bevölkerung wird da nicht mitmachen.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Davor haben Sie Angst. In diesem Sinn bedeutet das A von AfD wirklich Angstmache, aber nicht für die Bevölkerung, sondern für die Systemparteien und ihre Vertreter. Die haben zu Recht Angst vor dieser Entwicklung.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Mir schlottern die Knie!)

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Daniel An dreas Lede Abal GRÜNE: Beifall bei der AfD!)

Für die Landesregierung er teile ich das Wort Herrn Staatssekretär Schebesta.

Ich möchte nicht auf die letzten beiden Wortbeiträge eingehen, aber ich möchte zwei Punkte aufgreifen, die in der zweiten Runde vonseiten der Fraktionen angesprochen worden sind.

Zum einen, Herr Dr. Fulst-Blei, habe auch ich – leider – Er fahrung mit Oppositionsarbeit. Ich habe mich immer darum bemüht, wörtliche Zitate in meinen Reden mit einem Beleg zu unterlegen. Dann kann man das Ganze auch nachvollzie hen. Deshalb hätte ich einfach die Bitte an Sie,

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Liefern wir!)

dass Sie, wenn Sie künftig in Debatten wörtliche Zitate ver wenden, uns die Gelegenheit geben, das zu überprüfen, indem Sie sagen, woher Sie dieses wörtliche Zitat haben wollen.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Liefern wir nach!)

Der zweite Punkt: Ich bin deshalb nicht auf Ethikunterricht und islamischen Religionsunterricht eingegangen, weil es mir

wichtiger war, den Konsens von vier Fraktionen im Haus da rüber herauszustellen, dass wir keine ersatzlose Streichung von muttersprachlichem Unterricht haben wollen.

(Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Das war mir in dieser Debatte wichtiger, weil es ein wichti ger Kontrapunkt zu der Intention der Aktuellen Debatte ge wesen ist. Dies zu unterstreichen war mir wichtig. Deshalb bin ich auf die anderen Themen nicht eingegangen – die auch nicht Gegenstand des Themas der Aktuellen Debatte sind.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Ak tuelle Debatte beendet und Punkt 1 der Tagesordnung erle digt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Unterrichtsausfall auf Rekordniveau – Eltern an Gymnasien verklagen Kultusministerium – be antragt von der Fraktion der SPD

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung. Ich darf die Mitglieder der Landes regierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Rede zeitrahmen zu halten.

Schließlich darf ich auf § 60 Absatz 4 unserer Geschäftsord nung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das klappt doch nicht!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, Kolleginnen und Kollegen! Den Eltern stinkt es. In Stutt gart konnten sie die weichgespülten, jahrelang vermittelten Zahlen des Kultusministeriums zum Unterrichtsausfall nicht länger glauben und fragten bei ihren Gymnasien selbst nach. Das Ergebnis der Elternvertretung ARGE war ebenso alarmie rend wie vorhersehbar:

(Zurufe von den Grünen und der CDU)

13,49 % des Unterrichts fanden nicht wie geplant statt, 7,81 % fielen komplett aus. Gesprächsanfragen hierzu an die Kultus ministerin wurden noch nicht einmal als Eingang bestätigt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wie viele haben sich denn beteiligt?)

Nun kommt es noch dicker: Die Eltern wissen keinen ande ren Ausweg, als ihr eigenes Kultusministerium zu verklagen. Was für ein einmaliger Vorgang, was für eine Schande für un ser Land!