Sehr geehrte Frau Landtags präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bessere ist der Feind des Guten.
Herr Stoch, stellen Sie sich vor, Sie haben für Ihre Großfami lie ein Haus gebaut, und nach dem Einzug stellen Sie fest, dass trotz aller Planungen im Vorfeld das Zusammenleben nicht ganz so reibungslos klappt.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ist das eine Beschreibung der grün-schwarzen Koalition? – Abg. Andreas Stoch SPD: Reden Sie gerade von Ihrem Verhältnis in der Koalition?)
Ihre beiden Kinder weigern sich partout, das Zimmer zu tei len, und damit man ins Bad kommt, muss die Großmutter ins nächste Stockwerk hoch.
Sie haben jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder Sie nehmen lästige Reibungsverluste und ständige Unzufriedenheiten in Kauf, oder Sie sinnen auf Abhilfe.
Genau Letzteres machen wir mit der Evaluation. Denn wir ha ben noch unter Grün-Rot der Polizei und vor allem den Bür gerinnen und Bürgern versprochen, die Reform auf den Prüf stand zu stellen. Die Sicherheit der Menschen steht an erster Stelle. Um sie zu gewährleisten, braucht unsere Polizei die besten Arbeitsbedingungen. Dann kann sie effizient, vor Ort präsent und bürgernah sein.
Tatsächlich hat die Evaluation einige Schwachstellen der Re form aufgezeigt und uns einen Katalog von Handlungsemp fehlungen beschert. Ich nenne die wichtigsten:
Da ist zum einen die notwendige Änderung im Zuschnitt ei niger Präsidien. Das Wasser ist, was die Polizei angeht, eher ein trennender als ein verbindender Faktor. Deshalb werden wir nördlich vom Bodensee das Präsidium Ravensburg neu schaffen und im Westen die Zuständigkeit des Präsidiums Konstanz neu sortieren.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Emil Sänze AfD: Sehr präsent! – Abg. Andreas Stoch SPD: Und was das kostet, wussten Sie im letzten Jahr noch nicht!)
Ein weiteres Ergebnis der Evaluation war die Notwendigkeit eines 13. Polizeipräsidiums. Mit diesem Ergebnis der Evalu ation haben wir Grünen uns sehr kritisch auseinandergesetzt. Letztendlich sind wir zum Schluss gekommen, dass das 13erModell eine gute Lösung ist, bei dem auch die Kosten im Rah men bleiben. Denn sowohl für die einmaligen als auch für die strukturellen Kosten gilt: Ein 14er-Modell wäre uns doppelt so teuer gekommen.
Wir sind überzeugt, dass sich im 13er-Modell Polizeifachlich keit und Haushaltsdisziplin treffen. Vor allem diese beiden As pekte galt es abzuwägen, um dann im Sinne bestmöglicher Si cherheit für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zu entscheiden.
Sinnvoll ist in diesem Zusammenhang die Entscheidung, das 13er-Modell nicht vor 2020 umzusetzen. So müssen in Zeiten der Personalknappheit keine Kräfte aus Revieren oder Spezi aleinheiten abgezogen werden. Denn es war und ist Bedin gung von uns Grünen, dass die jetzt gefundenen Lösungen nicht zulasten der operativen Ebene gehen.
Ein weiteres Ergebnis der Evaluation betrifft die Zusammen legung der Direktionen Reviere und Verkehrspolizei. Diese beiden in einer Direktion Schutzpolizei zusammenzuführen ergibt großen Sinn. Wichtige Errungenschaften wie z. B. die zentrale Verkehrsunfallaufnahme werden beibehalten. Gleich zeitig gibt die neue Struktur den Präsidien die nötige Flexibi lität, die personellen Kapazitäten optimal einzusetzen. Diese Änderung ist für mich ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig es war, die Erfahrung und Expertise der Polizei mit einzube ziehen und aus dem Guten das Bessere zu machen.
Ein Wort zu den Kosten: Stand heute können wir sagen, die Umsetzung der Handlungsempfehlungen wird viel Geld kos ten. Aber, Herr Stoch, um was wetten wir? Würde die SPD auf eine Umsetzung der von Fachleuten erarbeiteten Empfeh lungen verzichten und sich mit dem Guten zufriedengeben? Das glaube ich nicht, und das hoffe ich auch nicht.
Nicht der einzige, aber ein wesentlicher Kostentreiber sind die Baukosten. Das Finanzministerium – da danke ich der Finanz ministerin – hat im Unterschied zu den ersten Berechnungen den Risikozuschlag auf satte 30 % erhöht. Ich halte das für ei ne sehr umsichtige, vorausschauende Maßnahme.
Auch dafür stehen wir. Die Investitionen in die Polizei sind kein Selbstzweck, sondern Investitionen in unser aller Sicher heit. Wir brauchen die beste und neueste Technik für den po lizeilichen Alltag und für die ständig zunehmenden Spezial aufgaben. Das kostet.
Wir brauchen moderne Räumlichkeiten in allen Präsidien. Das kostet. Wir brauchen kurze Interventionszeiten, also neue Standorte für Spezialeinheiten. Wir brauchen ausreichend Ein satzkräfte. Wir schaffen neue Stellen und haben Ausbildungs kapazitäten erhöht. Auch das alles kostet.
Nur zufriedene Beamtinnen und Beamte und Angestellte ar beiten engagiert, effizient und motiviert. Deshalb beziehen wir die Polizei in all unsere Überlegungen mit ein. Sie ist Teil der notwendigen Modernisierung und Umgestaltung. Nach poli zeilichen und wirtschaftlichen Kriterien erreichen wir so das Beste für unsere Sicherheit, für unsere Polizei und für unser Land. Das ist es uns wert.
Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Die Polizeireform 2014 war der größ te Umbau der Polizei in der Geschichte des Landes BadenWürttemberg. Bei solchen Maßnahmen ist es normal und rich tig, dass man hinterher eine Evaluation macht,
insbesondere dann, wenn es deutliche Hinweise gibt, dass bei der Reform weit über das Ziel hinausgeschossen wurde.
Aber die Evaluation, die hervorragende Arbeit des Evaluati onsteams, die sogenannte EvaPol, hat deutliche Hinweise ge geben, dass es Änderungsbedarf gibt, und die Ausgestaltung durch das Projekt „Polizeistruktur 2020“ unter Leitung von Herrn Polizeipräsident Falk hat das konkretisiert.
Wir haben uns deswegen in der Koalition auf behutsame Än derungen geeinigt – nicht in Gänze, sondern behutsame Än derungen. Das betrifft beim Zuschnitt – das ist immer das Wichtigste – vor allem die Frage: Erhöhung auf 13 Präsidien und Option für ein 14. Präsidium? Wir führen bei diesem Zu schnitt Oberschwaben wieder zusammen mit einem Präsidi
um in Ravensburg. Oberschwaben abzuteilen und Konstanz zuzuschlagen war ein Fehler. Wir führen den Nordschwarz wald wieder zusammen. Es war ein Fehler, die Region Nord schwarzwald aufzuspalten. Wir führen die Region mit einem Präsidium Nordschwarzwald in Pforzheim zusammen.
Wir werden die Präsidien in ihrer Führung verschlanken. Das hat die Kollegin Häffner eben auch schon dargelegt. Der Feh ler war, eine Unterteilung der Präsidien bei der Schutzpolizei in Revierdienste und Verkehrsdienste zu machen. Dies war unnötig; es hat sich nicht bewährt. Deswegen schaffen wir jetzt eine klare Struktur. Es gibt künftig nur noch die Krimi nalpolizei und die Schutzpolizei. Damit haben wir klare Struk turen, und jeder weiß genau, wo er hingehört.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen – Abg. Andreas Stoch SPD: Das kostet aber keine 200 Millionen, Herr Kollege!)
Darauf kommen wir gleich noch, Herr Stoch. – Bei diesen Strukturen wird nämlich der Streifendienst vor Ort wieder ge stärkt, der auch wieder mehr qualifizierte Unfälle aufnehmen darf als bislang, als Sie es ihm untersagt haben, lieber Herr Gall.
Der Verkehrsunfalldienst wird so eingerichtet, dass wir eine 24/7-Bereitschaft, also eine Bereitschaft rund um die Uhr, ha ben. Das ist im Interesse der Bürger, eine Umgestaltung in nerhalb der Abläufe.
Lieber Kollege Stoch, zunächst einmal: Als wir die ersten Zahlen gehört haben, waren wir schon auch ein bisschen er schreckt.