An dem durch Maßnahmen nach § 81 a Absatz 1 oder § 81 c erlangten Material dürfen mittels molekulargene tischer Untersuchung das DNA-Identifizierungsmuster, die Abstammung und das Geschlecht der Person festge stellt und diese Feststellungen mit Vergleichsmaterial ab geglichen werden, soweit dies zur Erforschung des Sach verhalts erforderlich ist.
Diesem Satz können wir unseren Beifall nicht geben. Denn die Neuregelung ist hier nicht ausreichend. Die Forensik hat wesentliche Fortschritte auf dem Gebiet der DNA-Analyse er zielt; Augen-, Haar- und Hautfarbe einer Person lassen sich mit hohen Wahrscheinlichkeiten ermitteln. Das sind Täterbe standsmerkmale, die den Ermittlern zur Verfügung gestellt werden müssen. Es darf hier keinen gesetzlichen Täterschutz geben, meine Damen und Herren.
Außerdem spricht dafür schon die Tatsache: Je höher die An zahl der Kriterien ist, die zur Einengung auf einen möglichen Täter gefunden werden, desto geringer ist auch die Zahl von Personen, die sozusagen unschuldig verdächtigt werden. Auch
Außerdem wäre eine Öffentlichkeitsfahndung ohne klare Be nennung von Äußerlichkeiten völlig sinnlos. Wenn die tech nischen Möglichkeiten diese wichtigen Hinweise für die Er mittlungsarbeit liefern, müssen die Ermittlungsbehörden in die Lage versetzt werden, diese auch nutzen zu können.
Ich möchte mich noch ganz kurz mit den Beinahetreffern be fassen. Hierzu gab es vor einigen Jahren eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach die bei einer Reihenuntersu chung gewonnenen Informationen, gemäß denen die DNA ei nes Untersuchten zwar nicht mit der am Tatort aufgefundenen DNA identisch ist, aber ein Verwandtschaftsverhältnis nach gewiesen wurde, nicht hätten verwertet werden dürfen.
In dem damaligen Fall wurde die Verurteilung zwar nicht auf gehoben, aber es wurde deutlich auf bestehende Zweifel an der Verwertbarkeit derartiger Informationen hingewiesen. Auch hier ist unsere Position glasklar: Bei der Bewertung die ser Fragen darf nicht aus den Augen verloren werden, dass wir hier von schwersten Straftaten reden. Hier muss den Ermitt lern jedes Mittel, jedes wissenschaftliche Mittel an die Hand gegeben werden, um den Täter zu ermitteln.
Falsche Rücksichtnahme darf nicht dazu führen, dass Mörder geschützt werden. Wir, die AfD, stehen für Opferschutz statt Täterschutz.
Abschließend, Herr Minister Wolf, interessiert uns natürlich der Stand der Bundesratsdrucksache 117/17. Es wäre nett, wenn Sie dazu einige Ausführungen machen würden. Dann interessiert uns, wie Sie die Änderung der Vorschriften in der StPO aus Ihrer Sicht bewerten. Interessieren würde uns auch, wie Sie die Vorgehensweise in Bayern beurteilen, wo im Po lizeigesetz bestimmte Vorschriften erlassen werden sollen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Thema „Ausweitung von DNA-Analysen bei schweren Verbrechen“ geht es mei nes Erachtens zum einen um die Frage, was technisch mög lich ist. Daneben geht es aber auch grundsätzlich um die Fra ge, ob wir alles, was wir technisch können, auch wirklich wol len, und vor allem, ob dies unter rechtlichen Gesichtspunkten überhaupt möglich ist.
Wir Grünen sind zu dem Schluss gekommen, dass wir die Er weiterung der DNA-Analysemöglichkeiten an den Stellen be fürworten, an denen sie geeignet, notwendig und verhältnis mäßig ist. Wir sind daher für die Ausweitung der DNA-Ana lyse auf äußere Merkmale – Haarfarbe, Hautfarbe, Augenfar be und Alter –; diese Analyse kann als Indiz in Ermittlungen helfen. Dafür ist uns jedoch wichtig, dass die Ermittlerinnen und Ermittler entsprechend geschult werden. Ihnen muss be wusst sein, dass das Ergebnis der DNA-Analyse alles andere
Die Untersuchung der DNA auf äußerliche Merkmale ist für uns verhältnismäßig; denn die Ergebnisse sind vergleichbar mit Zeugenaussagen, wenn also ein Zeuge eine Person anhand von äußerlichen Merkmalen beschreibt, die er am Tatort ge sehen hat.
Wir sind jedoch strikt gegen eine Ausweitung der Analyse auf die biogeografische Herkunft. Das scheint uns weder geeig net noch verhältnismäßig zu sein.
Bei einer Ausweitung der Analyse auf die biogeografische Herkunft sehen wir die konkrete Gefahr, dass Ermittlungen fehlgeleitet werden, wenn mit den Daten nicht verantwor tungsvoll umgegangen wird. Gleichzeitig stellt sie einen stär keren Eingriff in Grundrechte dar und ist daher für uns nicht verhältnismäßig. Denn uns muss bewusst sein, dass die bio geografische Herkunft nicht automatisch auch etwas über das Erscheinungsbild einer Person aussagt. Das heißt, es ist eben nicht nur die Sozialsphäre der Person betroffen.
Wir sehen es sehr kritisch, dass bisher keinerlei rechtliche Re gulierung oder entsprechende Institutionen eingeführt werden sollen, die verhindern, dass Minderheiten unter Generalver dacht geraten und viele völlig unbeteiligte Menschen in den Fokus der Ermittler geraten. Ganz besonders um die Grund rechte dieser Menschen geht es, die geschützt werden müs sen.
Aus dem Mordfall der Heilbronner Polizistin Michèle Kiese wetter wissen wir, dass ein Mehr an Daten den Untersuchungs erfolg der Ermittlungsbehörden nicht immer fördert und dass sich Ermittlungen auch schnell gegen Minderheiten richten können. Eine DNA-Spur wies damals auf eine Frau osteuro päischer Herkunft hin, woraufhin Sinti und Roma unter Ge neralverdacht gerieten und sich etliche Menschen Reihenun tersuchungen, einem Speicheltest unterziehen mussten. Das Ergebnis kennen wir: Die vermeintliche Tatort-DNA stamm te von einer Mitarbeiterin einer Firma, die Wattestäbchen her stellt, mit denen die Polizei Erbgutspuren aufsammelt. Hier haben wir ein Beispiel dafür, was passiert, wenn Ermittlungs behörden nicht hinreichend sensibilisiert sind.
Es besteht also ein gewaltiger Unterschied zwischen der von uns angedachten Erweiterung auf äußere Merkmale und der von Ihnen, der AfD, geforderten Ausweitung der Untersuchun gen auf die biogeografische Herkunft. Wir leben zum Glück in einem funktionierenden Rechtsstaat, und dieser Rechtsstaat setzt uns Grenzen – auch bei der Aufklärung von Straftaten.
Ich habe mich dieser Tage sehr über die Veröffentlichung der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2017 gefreut. Er neut ging die Zahl der Straftaten im Bund, aber auch in Ba den-Württemberg – hier um 4,8 % – zurück. Doch nicht nur die Zahl der Straftaten ging zurück; gleichzeitig erhöhte sich auch die Aufklärungsquote.
Diese Fakten sprechen zum einen dafür, dass die bisherigen Mittel zur Strafverfolgung erfolgreich greifen, und sprechen zum anderen dafür, dass auch die Präventionsarbeit ihre Früch te trägt. Mich lässt der Eindruck nicht los, dass Ihre Anträge
wieder einmal nur die Intention haben, Gift in die Gesellschaft zu geben und Minderheiten negativ herauszustellen und zu belasten.
Ihnen kommt es darauf an, Minderheiten zu stigmatisieren. Das haben wir nicht zuletzt vor einigen Tagen im Bundestag bei der Kleinen Anfrage „Schwerbehinderte in Deutschland“ in erschreckender Weise gesehen.
Aber da spielen wir nicht mit. Wir setzen uns für Minderhei ten und den Schutz der Grundrechte für jede und jeden ein. Wir lehnen den Antrag der AfD-Fraktion daher ab, die Ana lyse auf die biogeografische Herkunft auszuweiten.
Liebe Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen, werte Kollegen! Der uns vorliegende Antrag geht im Grunde genommen in die Richtung, in der die Landesregierung schon längst tätig geworden ist. Baden-Würt temberg und Bayern – Bayern ist ja beigetreten – haben im Bundesrat eine entsprechende Initiative gestartet, um weitere Merkmale der DNA auswerten zu können. Das ist richtig, weil sich das Recht natürlich immer auch an die neuen wissen schaftlichen Erkenntnisse anpassen muss.
Gerade bei schweren Straftaten äußere Merkmale von einem Täter über gewonnene DNA-Spuren zu ermitteln macht ja Sinn; denn ansonsten macht man ja auch Zeugenbefragungen, fragt, wer gesehen wurde, und wertet entsprechende Aufzeich nungen von Überwachungskameras aus und versucht dann, sich in den Ermittlungen der Polizei und Staatsanwaltschaf ten zu fokussieren, um dann eben auch weitere Spuren zu be kommen, um das gegebenenfalls zu verifizieren oder auch zu falsifizieren.
Das wird im Übrigen in anderen europäischen Ländern schon angewandt – in den Niederlanden und in Großbritannien –, und insofern macht sich das Land da, glaube ich, mit der Bun desratsinitiative auf einen guten Weg. Wir danken unserem Justizminister und auch den die Regierung tragenden Frakti onen dafür, dass man sich da auf etwas Vernünftiges einigen konnte.
Wir haben auch in der Koalitionsvereinbarung auf Bundes ebene die entsprechende Festlegung, dass die DNA-Analyse ausgeweitet werden soll auf genau die Merkmale, die Jürgen Filius genannt hat, also Augenfarbe, Haarfarbe, das biologi sche Alter und – was habe ich jetzt vergessen? –
Jetzt machen Sie einen Fehler in Ihrer Antragsbegründung, in dem Sie nämlich Begriffe durcheinanderwerfen. Zum einen verwenden Sie die Begriffe „biogeografische Herkunft“ und „ethnische Herkunft“ beliebig durcheinander. Das eine ist ein wissenschaftlicher Begriff, das andere ist ein soziologischer Begriff. Da kommen wir nicht weiter. Sie müssen also schon klar definieren, was Sie letzten Endes haben wollen.
Sie machen einen zweiten Fehler, indem Sie die Rechtsgüter nicht gegeneinander abwägen – wir hatten ja schon mehrere solcher Gesetzesanträge von Ihnen –, indem Sie einfach eine tolle Idee haben und sagen: Jetzt machen wir da einen Geset zesantrag. Unser Rechtssystem besteht jedoch aus etwas an derem, aus der Abwägung verschiedener Rechtsgüter. Denn all das, was das Menschsein, die Persönlichkeit und die Wür de betrifft, ist unter den Schutz des Grundgesetzes gestellt. Jetzt machen wir Ausnahmen in der Abwägung bei schweren Straftaten, wo Menschen verletzt wurden, wo gemordet wur de, wo Menschen totgeschlagen wurden, wo sie vergewaltigt wurden, und da wollen ja auch wir Ausnahmen machen. Aber die Rechtsprechung setzt uns auch hier entsprechende Gren zen.
Also: Sie können eine DNA nicht beliebig auswerten. Wo sind dann die Grenzen, wenn es z. B. um Krankheitsanlagen geht, um die Frage, ob die betroffene Person eine psychische Er krankung entwickelt? Es gibt auch andere Aspekte, die den Kern der Identität eines Menschen betreffen.
Jetzt unternehmen Sie im Grunde genommen den Versuch, zu definieren: Die biogeografische Herkunft, also die kontinen tale Zusammengehörigkeit, können wir zu nahezu 100 % be stimmen. Aber was nützt uns das denn? Der kaukasische Kon tinent reicht von Portugal bis zum Ural, der afrikanische Kon tinent von Alexandria bis Johannesburg, der asiatische Kon tinent von Vietnam bis Japan. Da bekommen Sie doch gar kei ne näheren Erkenntnisse.
Ansonsten: Wenn Sie die Subkontinente nehmen, haben Sie Wahrscheinlichkeiten, die so liederlich schlecht sind, dass Sie am Ende überhaupt keine treffende Zuordnung vornehmen können.
Jetzt also ein bisschen Rechtskunde und ein bisschen mehr Wissenschaftlichkeit in die Debatte, und dann werden die In tentionen zielgenauer.