Protocol of the Session on April 12, 2018

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD und der SPD – Zuruf von der AfD: So ist es! – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Wenn die Ausbil dung doch 30 oder 48 Monate dauert!)

Da haben Sie vor lauter Schönfärberei ein falsches Bild er zeugt. Das muss man ganz nüchtern feststellen.

Sie weisen mit Recht darauf hin, dass das Flüchtlingsgesche hen natürlich auch zu einer Verstärkung des Kriminalitätsge schehens geführt hat, aber Sie tun in meinen Augen beispiels weise nichts, um dafür zu sorgen, dass wir die Bedingungen dafür verbessern, diejenigen zurückzubringen, die hier kein Bleiberecht haben. Da spreche ich natürlich wieder einmal von den Maghreb-Staaten und von einer Einstufung der Ma ghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer. Jetzt sagen Sie, das sei Bundessache. Das akzeptiere ich von einem anderen eher als von Ihnen; denn es gab Monate, in denen es fast unmög lich war, ein Fernsehbild von Frau Merkel zu sehen, auf dem nicht – entweder links oder rechts oder oben oder unten – auch Herr Strobl im Bild war. Aber Sie haben offensichtlich kei nerlei Einfluss, dort etwas zu bewegen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Genau so ist es!)

Härte wird umgekehrt ausgerechnet an der falschen Stelle ge zeigt, nämlich bei der Härtefallkommission. Demnächst wird der Vorsitzende der Härtefallkommission verabschiedet, der Landrat Wais. Sein Stellvertreter war Jürgen Hofer. Die Här tefallkommission hat eine sehr gute Arbeit geleistet. Geschaf fen wurde sie übrigens mal aufgrund der hartnäckigen Wei gerung der CDU, ein Einwanderungsgesetz zu machen. Jetzt haben wir also die Krücke der Härtefallkommission, und der machen Sie noch das Leben schwer. Da bleibt unterm Strich doch natürlich wieder der Eindruck in der Öffentlichkeit hän gen: Es bleiben die Falschen hier, und wir schicken die Fal schen weg.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD und der SPD)

Rhetorik und Realität klaffen nach wie vor auch bei den so genannten UMAs, bei den unbegleiteten minderjährigen Aus ländern, ein bisschen auseinander. Da haben Sie die Tatsache elegant umkurvt, dass es beispielsweise längst höchstrichter liche Rechtsprechung gibt, wonach eine Röntgenuntersuchung zulässig ist. Eine Röntgenuntersuchung würde es uns sehr leicht machen, festzustellen, wer wirklich minderjährig ist und wer nicht. Aber Sie können sich nicht einigen, das in BadenWürttemberg zu praktizieren.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP zu Minister Thomas Strobl: Gehen Sie einmal zum Palmer nach Tübingen! Der sagt, wie es geht!)

Das kann man keinesfalls als optimal bezeichnen.

Sie haben andere Themen angesprochen. Wir erleben, dass in unserem Land für türkisch-nationalistische demokratiefeind liche Ziele mobilisiert wird und diese Entwicklungen hier na türlich von der Türkei und von Erdogan selbst gesteuert wer den. Kürzlich hat Erdogan einen Landsmann angerufen, der es mit der Polizei zu tun bekommen hat, und zwar – das ver muten wir einmal – nicht zu Unrecht. Jetzt stellen Sie sich ein mal vor, in der Türkei würde es ein Deutscher mit der Polizei zu tun bekommen, und zwar mit Recht, und dann würde ihn Herr Steinmeier in der Türkei anrufen. Man muss sich diese Zustände einmal vorstellen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

In dem ganzen Kontext spielen die Osmanen Germania natür lich eine sehr bedenkliche Rolle. Wir finden es nicht gut, dass Sie die politische Dimension dieses Geschehens eher beisei teschieben wollen, dass Sie sie ausblenden wollen. Das haben Sie heute auch wieder getan. Sie haben sich ein bisschen ver schanzt hinter dem Landesamt für Verfassungsschutz. Aber wenn Sie sich selbst klarer auf den Standpunkt stellen wür den, dass es da nicht nur um Kriminalitätsbekämpfung geht, sondern an dieser Stelle natürlich auch um Politik und auch um verfassungsfeindliche Bestrebungen geht, dann könnte wirklich das Landesamt für Verfassungsschutz schon längst seine Finger drinhaben.

Meine Damen und Herren, Sie merken, diese Bilanz, die wir gehört haben, ist reichlich durchwachsen. Ich möchte es an einem Beispiel noch einmal deutlich machen, was Sie, Herr Minister, gerade besonders hervorgehoben haben, nämlich bei den Wohnungseinbrüchen. Sie haben zu Recht hervorgeho ben, dass die Fallzahlen bei den Wohnungseinbrüchen um 25 % zurückgegangen sind. Doch wenn man es einmal ehr lich sagt, ist eine Aufklärungsquote von jetzt gut 20 % auf der anderen Seite natürlich immer noch zu wenig.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Wie war sie vor fünf Jahren? – Abg. Anton Baron AfD: Und woran liegt das?)

Ja, sie ist hier immer ähnlich.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Unter 10 %!)

Unter 10 % lag sie eigentlich nie, aber 20 % sind natürlich immer noch wenig. Das zeigt, wie mühsam die Arbeit der Po lizei bei uns ist. Die Polizei hat deswegen Anspruch auf jede Unterstützung, auch darauf, dass man sich Gedanken macht, wie man ihr in der Situation helfen kann.

Wir haben z. B. erlebt, dass sich in NRW der Flüchtlingsmi nister Joachim Stamp Gedanken über die Visumfreiheit für Georgien gemacht hat. Es ist leider eine Tatsache, dass wir, seit die Visumpflicht abgeschafft wurde, viele nicht bleibebe rechtigte Georgier bei uns haben und im Umfeld der Unter bringung der georgischen Flüchtlinge die Zahl der Wohnungs einbrüche hochgeht. Da wäre es nicht unangemessen, sich wie Joachim Stamp dafür einzusetzen, dass die Visumpflicht wie der eingeführt wird, wie sie früher bestand.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD)

Also: Bei den Hilfestellungen ist manches gut – das ist ganz klar; das wollen wir auch nicht schlechtreden –, aber die Po lizei bekommt nicht alle Hilfestellungen, die sie unserer Mei nung nach verdient hätte. Umso mehr sind wir den Polizeibe amten und -beamtinnen im Land natürlich zu Dank verpflich tet. Da möchte ich so schließen, wie Sie angefangen haben, und auch im Namen unserer Fraktion der Polizei im Land herzlich für ihre Arbeit danken.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und der SPD)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich das Wort Herrn Abg. Sckerl.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Man kann es auch nüchterner betrachten, aber der Sicherheitsbericht 2017 weist einfach eine gute Bilanz aus. Das kann man drehen und wenden, wie man will.

(Beifall des Abg. Winfried Mack CDU)

Wenn das für Baden-Württemberg seit 20 Jahren gilt, umso besser. Baden-Württemberg war, ist und bleibt spitze in der inneren Sicherheit und damit auch in der Gewährung von per sönlichen Freiheiten für die Bürgerinnen und Bürger. Ich fin de, das ist ein Ergebnis, auf das wir gemeinsam stolz sein soll ten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Das erreichen wir, auch wenn wir wissen, dass die Polizei ho hen Belastungen ausgesetzt ist. Das wissen wir. Wir wissen, Herr Dr. Goll, dass es eine Lücke gibt, dass es bei der Polizei im Moment personell eng zugeht. Das wissen wir. Wir wis sen auch, dass es noch mindestens 1,5 Jahre dauert, um diese Lücke zu schließen. Trotzdem macht die Polizei in BadenWürttemberg auch unter erschwerten Bedingungen jeden Tag einen prima Job, und dafür sind wir schlicht und einfach dank bar, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der AfD)

An Ihrer Stelle, Herr Dr. Goll, würde ich mich hier nicht als Kassandrarufer hinstellen. Wer war es denn, der mit einer Ver längerung der Wochenarbeitszeit, mit dem ständigen Predi gen des schlanken Staates und anderem bis zum Jahr 2011 auch dafür gesorgt hat, dass bei der Polizei insgesamt 1 000 Stellen abgebaut wurden? 1 000 Stellen wurden abgebaut. An diesem Problem arbeiten wir bis heute. Das arbeiten wir nach.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Das war auch ein Problem unter Ihrer Regierungsverantwor tung, und Sie, Herr Dr. Goll, waren Justizminister. Deswegen wäre ich da einmal ein bisschen vorsichtig.

Wir holen mit einem richtig starken Programm auf. Das tun wir gemeinsam. Das macht der Minister auch gut – da kön nen Sie den Minister kritisieren, wie Sie wollen. Wenn Sie glauben, Sie könnten in der jetzigen Situation bei der Sicher heitspolitik einen Keil zwischen uns und den Minister,

(Abg. Sascha Binder SPD: Dazu braucht ihr uns nicht!)

zwischen die Fraktionen und den Minister treiben: Das kön nen Sie versuchen, aber das wird Ihnen nicht gelingen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir stehen gemeinsam für diese Art von Sicherheitspolitik in Baden-Württemberg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Der Bericht macht das an vielen Punkten deutlich; der Minis ter hat es ausführlich dargelegt. Ich muss das jetzt nicht mit allen Zahlen nochmals erläutern. Aber das Setzen von klaren Schwerpunkten im Kampf gegen Kriminalität und für Sicher heit hat sich, glaube ich, bewährt. Das war auch richtig, da mit man genau weiß: Wo sind die wichtigsten Arbeitsfelder, und was muss ich tun, um Sicherheit im Land zu schaffen?

Dass sich die Menschen heute im öffentlichen Raum sicherer als noch vor ein paar Jahren bewegen können, dass sich die Zahl der Aggressionsdelikte rückläufig entwickelt hat, ist ein guter Fortschritt. Zum Thema Wohnungseinbrüche ist das Notwendige gesagt worden. Wir haben einen deutlichen Rück gang bei der politisch motivierten Kriminalität usw. usf. zu verzeichnen. Das sind gute Fortschritte, die unsere Sicher heitsbehörden erzielt haben.

Aber es besteht auch kein Grund zur Entwarnung. Das hat der Minister auch nicht gesagt. Vielmehr hat er gesagt: Wir müs sen wachsam bleiben, wir müssen weiter mobilisieren, wir müssen auch weiter Mittel einsetzen, die Polizei verstärken, um für die modernen Gefahren gewappnet zu sein.

Natürlich besteht weiterhin eine hohe abstrakte Gefährdung der Freiheitsrechte durch Extremismus und den islamistisch geprägten Terrorismus – keine Frage; das bestreitet niemand. Zum Glück ist die Gefahr des Terrorismus abstrakt geblieben. Sprich: Im Land Baden-Württemberg ist im Jahr 2017 keine Bürgerin, kein Bürger zu Schaden gekommen – im Gegensatz zu Bürgerinnen und Bürgern in anderen europäischen Län dern oder zu Bürgerinnen und Bürgern in Berlin an Weihnach ten 2016.

Das hat auch etwas mit präventiver Tätigkeit unserer Sicher heitsbehörden zu tun. Das sind Dinge, die man im Landtag von Baden-Württemberg natürlich nicht ausbreiten kann. Aber glauben Sie mir: Das Landeskriminalamt, das Landesamt für Verfassungsschutz sind auch präventiv in einer Weise unter wegs,

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

dass es gelingt, Gefahren, Gefährder rechtzeitig zu entdecken und Terroranschläge zu vereiteln. Auch das ist eine gute Bi lanz der Sicherheitspolitik dieser Regierung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Winfried Mack CDU: Das haben Sie sehr gut erkannt, Herr Kollege!)

Gleichzeitig darf man natürlich die Relationen nicht verges sen: In Baden-Württemberg sind im Jahr 2017 rund 460 Per

sonen bei Verkehrsunfällen tödlich verunglückt; 8 400 Men schen wurden schwer verletzt.

Wenn wir über Sicherheit und Freiheit reden, muss es auch um ein Optimum an Sicherheit auf unseren Straßen in den Dörfern und Städten, im ganz normalen Alltag gehen. Auch das ist eine Aufgabe, der wir uns widmen.

Wenn wir in diesen Tagen über Diebstahl reden, über das Fal len von Bagatellgrenzen beim Ladendiebstahl, müssen wir auch konstatieren, dass mehr als die Hälfte des in BadenWürttemberg im Jahr 2017 durch Kriminalität verursachten Schadens auf das Konto von schwerwiegenden Wirtschafts delikten geht. Das zeigt ganz eindeutig, dass wir unseren Blick bei der Strafverfolgung, aber auch bei den gerichtlichen Ver fahren mehr denn je auf diesen Bereich legen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)