Leider ist es uns nicht gelungen, die SLoPE-Studie, die Stu die zur Entwicklung von Werkzeugen zur verbesserten Loka lisierung von Phosphoremissionen – so heißt das sperrige Ding –, selbst lesen zu können, nachdem das Umweltminis
terium mitgeteilt hat, dass diese Studie erst Ende 2019 fertig sein wird. Die Bürgermeister sollen aber selbstverständlich schon heute das Geld verbauen, und die Landwirte werden ge zwungen, mit entsprechender Bürokratie und entsprechenden Auflagen und Ausgaben die Belastungen noch nebenbei zu schultern. Dabei weiß die Regierung noch nicht einmal, ob die aufoktroyierten Maßnahmen eine Wirkung zeigen werden.
Ja. – Dass die neuen Maßnahmen Wirkung zeigen, und zwar negative, haben wir vorhin schon kurz anhand der Wasserkraft gesehen. Hier muss man sich einmal entscheiden, ob man der Wasserkraft oder dem ökologischen Zustand der Gewässer Rechnung tragen will.
Zumindest kann man die Einschränkung der Wasserkraftwer ke nicht als entschädigungslose Enteignung laufen lassen. Vielmehr muss man dann schon sehen, dass man den Nach teil, der den Betreibern entsteht, ausgleicht.
Herzlichen Dank. – Frau Präsiden tin, Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute über ei nen Antrag, der schon vor fast eineinhalb Jahren das Licht der Welt erblickt hat. Es wäre natürlich schön, dann zu erfahren, was uns der Minister zu dem ausführlichen Fortschrittsbericht einschließlich der Maßnahmendarstellung für das Jahr 2018 sagen möchte. Es wäre spannend, das heute auch gleich im O-Ton zu hören. Dafür schon einmal herzlichen Dank.
Die Wasserrahmenrichtlinie zeigt deutlich, dass es leichter ist, Ziele zu formulieren, als sie dann im schwierigen Alltag der Umsetzung zu erreichen. 2027 sollen alle Gewässer in einem guten Zustand sein. Im Augenblick sind 8 % in gutem oder sehr gutem Zustand. Das zeigt also: Der Weg ist noch weit, sehr weit, die 18 Jahre alte Wasserrahmenrichtlinie umzuset zen. Bis zu diesem Zieldatum 2027 sind es nicht einmal mehr zehn Jahre. Es ist also absehbar – Herr Minister, davon gehen wir aus –, dass dieses Ziel nicht erreicht wird.
Dabei muss man allerdings auch anerkennen, dass sowohl bundesweit wie auch im Land Baden-Württemberg viel pas siert ist und auch immer noch viel auf den Weg gebracht wird. Die Gesetzeslage bei uns – insbesondere mit dem Wasserge setz und dem Wasserhaushaltsgesetz – ist gut, sogar sehr gut. Die Umsetzung hat allerdings noch Potenzial nach oben.
Das Geld für die Förderung der Maßnahmen ist auch vorhan den. Es ist gut, dass die Gemeinden Geld bekommen, um ih re Einleitungen aus den Kläranlagen in die Gewässer zu ver bessern, um Schadstoffeinträge zu reduzieren, um Mindest wassermengen in den Gewässern zu definieren und Renatu rierungsmaßnahmen an Gewässern durchzusetzen.
Allerdings muss man dann auch sehen, dass es zwar schön ist, wenn Lachse in einem renaturierten Gewässer wieder einge setzt werden. Wenn das Gewässer dann aber zum Freizeitpark zu verkommen droht,
Die breiteren und strenger geschützten Gewässerrandstreifen sind ebenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. Aber auch da ist die Umsetzung noch sehr schleppend. Gut Ding muss wohl Weile haben.
Man darf natürlich auch nicht vergessen: Die Landwirtschaft ist seit der Jahrtausendwende in ihrer Summe auch in BadenWürttemberg intensiviert, und auch die Menge der ausge brachten Pestizide ist deutlich erhöht. Beides trägt bestimmt nicht zur Verbesserung des Zustands unserer Gewässer bei.
Eine andere Entwicklung kennen wir hinsichtlich der Verbes serung der Luft. Die Luft ist zwar deutlich besser, als sie vor 20 Jahren war. Aber da die Grenzwerte bei verschiedenen Schadstoffen sukzessiv strenger wurden, ist es halt dazu ge kommen, dass die Grenzwerte wiederum überschritten wer den, und damit ist die Luft wegen der strengeren Grenzwerte eben nicht besser geworden.
Das Gleiche passiert bei den Gewässern; das wird in der Stel lungnahme sehr deutlich. Eine Grenzwertverschärfung bei ei nigen Stoffen verhinderte eine bessere Einstufung von Gewäs sern, die tatsächlich geringer belastet waren als früher.
Die Grenzwerte sind deshalb ein bisschen vergleichbar mit der Gelben Rübe, die am Stock des Kutschers dem Esel vor der Nase hängt. Die Grenzwerte sind also verschärft worden, und wir müssen hinterherhecheln, was die Umsetzung betrifft.
Man kann jetzt sagen: Bei demjenigen, der das Ziel immer hö her hängt, ist eben am Ende der Weg das Ziel. Es bleibt also nichts anderes übrig, als das Pragmatische zu tun, um die Was serqualität zu verbessern. Dabei fängt man am besten dort an, wo es am schwierigsten ist, wo die schwerwiegendsten Be lastungen sind. Das ist der Quecksilbergehalt in den Fischen und den Muscheln. Wenn man dieses Problem in den Griff be kommt, macht man einen richtig großen Schritt nach vorn, weil diese Grenzwerte am härtesten und auch am schwierigs ten einzuhalten sind.
Mit einem sind wir nicht einverstanden, Herr Minister. Das ist Ihre Feststellung in der Stellungnahme zum Nitratgehalt im Grundwasser. Er ist zwar um 20 % gesunken, aber es wä re natürlich erfreulicher, wenn Sie uns mitteilen würden, dass es dort, wo der Nitratgehalt am höchsten ist, nämlich in den Sanierungsgebieten, eine Besserung gegeben hätte. Aber das ist leider nicht der Fall.
Dennoch abschließend: Wir können Ihrer Einschätzung zu stimmen. Bis 2027 braucht es noch viele Maßnahmenpakete, viele Bewirtschaftungsmechanismen, viel Geld, um das hin zubekommen, was uns aufgetragen ist, nämlich einen besse ren Zustand der Gewässer. Neun Jahre werden hierfür aller dings nicht ausreichen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird wahrschein lich noch viel Wasser den Bach hinunterfließen, bis wir das Problem gelöst haben, das wir heute behandeln. Wir haben uns gefragt, warum das Thema heute auf der Tagesordnung steht. Vielleicht ist der Grund der, dass auch die Bundespar tei der Grünen diese Frage gerade thematisiert hat. In einer Pressemitteilung hat die grüne Bundestagsfraktion darauf hin gewiesen, dass im Moment 93 % der Flüsse in Deutschland noch in einem sehr schlechten Zustand seien. Tatsächlich aber hatte die Bundesumweltministerin die Auskunft gegeben, dass 93 % der Flussabschnitte die Zustandskategorien „Mäßig“, „Unbefriedigend“ oder „Schlecht“ erreichen, dass sich aber die stete Tendenz zu einer langsamen Verbesserung abzeich net.
Außerdem hat das Bundesumweltministerium darauf hinge wiesen, dass die wasserwirtschaftliche Vollzugshoheit bei den Ländern liegt. – Dies an die Adresse der Kollegen der AfD: Am Ende ist es das jeweilige Land, das seine Schwerpunkte setzt und seine Umsetzungskompetenz hat. Dass die EU hier eine Richtlinienkompetenz haben muss, lässt sich bereits da raus ableiten, dass die Gewässer ja nicht an den innereuropä ischen Grenzen haltmachen; man braucht daher eine Einheit lichkeit.
Die Europäische Union hat die Anforderungen an diese Was serrahmenrichtlinie nachträglich immer weiter erhöht; auch das klang heute schon an. Etwas hat sie aber nicht getan: Sie hat zwar neue Messwerte aufgenommen, hat aber den Zeit raum für die Zielerreichung nicht verändert. Insofern – Frau Rolland hat es ausgeführt – hechelt man hier hinter etwas her, was in dieser Geschwindigkeit nicht zu schaffen ist. Korrek terweise muss man darauf hinwirken, dass auch die Zieljahre angepasst werden.
Man hatte damals, im Jahr 2000, Neuland betreten mit dem Begriff des „ökologisch guten Zustands“. Dieses Konzept ist insofern etwas schwierig, als – der Kollege Haser sprach es schon an – das Prinzip gilt: One out, all out. Wenn also auch nur einer der Messwerte nicht getroffen wird, hat man sozu sagen alle anderen auch verwirkt.
Das führt natürlich dazu, dass der Eindruck entsteht, wir wä ren, wenn es um Fortschritte geht, schlechter, als wir tatsäch lich sind. Auch könnte überlegt werden, ob man nicht einen besseren Maßstab findet, der uns ein klareres Bild vermittelt.
Der heutige Stand der Umsetzung der EU-Wasserrahmenricht linie bietet gewiss noch keinen Anlass, sich zurückzulehnen. Aber wir können der Stellungnahme des Ministeriums zum vorliegenden Antrag entnehmen, dass es hier in Baden-Würt temberg doch deutliche Fortschritte gab.
Aus unserer, aus meiner Sicht besonders erfreulich ist, dass das Grundwasser sowohl zu Beginn des ersten Bewirtschaf tungszyklus ab 2009 als auch zu Beginn des zweiten Bewirt schaftungszyklus ab 2015 bereits auf 100 % der baden-würt tembergischen Landesfläche in einem mengenmäßig guten Zustand nach den Kriterien dieser Wasserrahmenrichtlinie ist.
Wir Freien Demokraten stehen für den Schutz des wichtigs ten Lebensmittels und wichtigsten Lebensraums, und das ist weltweit nun einmal das Wasser.
Vor allem der Schutz des Grundwassers ist essenziell. Des halb müssen Einträge, ob sie nun aus der Landwirtschaft, aus Industrie oder Bergbau stammen, ob es sich um Medikamen te handelt, immer dort reduziert werden, wo die Gefährdung vorliegt. Es gilt das Verursacherprinzip, und dabei ist sicher immer wieder viel zu tun.
Sie, Herr Minister Untersteller, haben mit Ihrem Haus viele Maßnahmen auf den Weg gebracht. Natürlich ist bei der Lek türe der Stellungnahme die Fülle der Antworten kaum über schaubar. Herr Haser hat wohl recht, wenn er sagt, man dür fe das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Da frage ich: Was müssen wir richtigerweise tun, und was sollten wir bes ser lassen? Wann ist auch etwas zu viel? Ich habe kürzlich den Bericht über Felchen gelesen, die jetzt nicht mehr in ausrei chender Zahl im Bodensee zu finden sind, weil das Wasser zu sauber geworden ist. Dafür findet man sie jetzt in irgendwel chen Becken.
Ich weiß nicht, ob das der richtige Weg zum Ziel ist. Also, es ist nicht einfach. „Viel hilft viel“ gilt auch hier nicht immer.
(Abg. Thomas Marwein GRÜNE zu Abg. Raimund Haser CDU: Zu wenig Scheiße! – Gegenruf des Abg. Raimund Haser CDU)
Was ich aber nicht verstehe, Herr Untersteller, ist, dass unse re Anfrage nach der Belastung der heimischen Gewässer mit multiresistenten Keimen und Antibiotika von Ihrer Seite erst einmal mit Beschwichtigungen und Erklärungen, dazu lägen keine Daten vor und Sie fühlten sich nicht zuständig, beant wortet wurde. Hier wünsche ich mir von Ihnen, Herr Unter steller, dass Sie das Thema genauso intensiv angehen – auch wenn es dazu noch keine EU-Richtlinie gibt.
Nur weil es EU-Richtlinien gibt, sind wir ja nicht daran ge hindert, dort, wo wir es für sinnvoll erachten, auch ohne Vor gaben von der EU etwas zu tun. Deswegen fordere ich Sie auf,
dieses Thema aufzubringen. Wenn man die EU dazu braucht, dann spielen Sie es über die Kanäle dahin hoch, wo es hin muss.
Herzlichen Dank und auf gute weitere Arbeit daran, dass wir alle in sauberem Wasser schwimmen können