Protocol of the Session on April 12, 2018

(Glocke der Präsidentin)

Okay. – Also, Herr Abg. Po reski.

Wenn Sie die Zeit stoppen, las se ich die Frage zu.

Ja, die Zeit wird nicht ange rechnet. – So, jetzt.

Herr Kollege, wir waren bei de gemeinsam in der Verhandlung. Ich würde einfach gern zur Präzisierung festhalten wollen und Sie bitten, dies auch noch einmal zu bestätigen: Wir haben keinen Deckel von zehn Schulstandorten im Koalitionsvertrag beschlossen, sondern wir sind davon ausgegangen,

(Zuruf von der FDP/DVP: Frage!)

dass es aufgrund der Kriterien, die wir festgelegt haben, bis zum Ende der Wahlperiode nicht mehr als zehn Standorte ge

ben wird. Das ist für uns ein signifikanter Unterschied. Viel leicht ist das in der Schnelle untergegangen. Ich würde es nur gern festhalten. Ist das in Ordnung?

Ja, das ist absolut richtig.

Genau so haben wir es festge legt, tatsächlich nicht als Deckel, sondern in dem Sinn, dass wir aufgrund der Kriterien davon ausgehen, dass es nicht mehr als zehn werden.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! – Abg. Daniel Born SPD: Also ist das ein gutes Gesetz!)

Als Konsequenz aus diesen – Sie dürfen gern eine Frage stel len – drei Wahrheiten, die ich gerade genannt habe, ergibt sich, dass der Automatismus im Bereich der Schulverbünde, der die Realschulen langfristig zu Gemeinschaftsschulen hätte um funktionieren sollen, jetzt gestoppt wird. Das ist das Wichti ge an diesem Gesetz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sehr gut!)

Anders als die GEW es in der Stellungnahme kritisiert hat, glauben wir eben nicht, dass es Unsinn ist, wenn man Verbün de zwischen Schulen zulässt, die den gleichen Abschluss an bieten; denn wir geben den Kommunen ja die Möglichkeit, Ressourcen zu schonen. Da geht es eben nicht so sehr um den Unterricht an sich, sondern meist um Begleitumstände wie z. B. die gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten und Ma terialien. Deswegen ist es gut, dass die Kommunen in Zukunft selbst entscheiden können, mit wem sie welche Schule ver binden möchten.

Deswegen stimmen wir diesem Gesetz zu, und wir wünschen den Schulen, die sich jetzt auf den Weg machen, ausdrücklich viel Erfolg bei der Umsetzung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der FDP/DVP)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Balzer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen Abgeordnete! Dem Gesetzentwurf habe ich entnommen, der Inhalt sei eine ergän zende Regelung, welche die Fachaufsicht über die gymnasi ale Oberstufe der Gemeinschaftsschule von der Fachaufsicht der unteren Schulaufsichtsbehörde ausnehme. Das ist sinn voll. Dem ist zuzustimmen.

Aber, Frau Eisenmann, eine Frage an Sie: Im Allgemeinen Teil unter Ziffer 1 a wird als Ziel des Gesetzes angegeben, Sinn und Zweck sei die Einrichtung der gymnasialen Ober stufe an Gemeinschaftsschulen; denn diese gibt es bisher nicht. – Nach meiner Meinung, nach unserer Auffassung soll te es die auch nicht geben.

Warum steht dieses Ziel eigentlich nicht in der Überschrift des Gesetzentwurfs? Warum wird stattdessen eine irreführende

Titulierung verwendet? Möglicherweise weil die CDU sonst erklären müsste, dass sie eine Politik fortführt, die von Ihnen selbst – Sie haben ja den schönen Begriff verwendet, dies sei „kein Lieblingsprojekt“ – in der vergangenen Legislaturperi ode recht vehement bekämpft wurde. Um mit den Grünen re gieren zu wollen oder zu dürfen, wird nun eine Politik fortge führt, für die die SPD 2016 abgewählt wurde – sehr sinnig. Auch die CDU musste bei der letzten Landtagswahl erheblich Federn lassen. Wenn Sie schreiben würden – wenn Sie das ehrlich so genau angeben würden –, was tatsächlich in diesem Gesetz steht, dann würden die Wähler vor Ort Sie, Herr Röhm, und Sie, Frau Kurtz, sicherlich fragen: Warum führen Sie ein grün-rotes Projekt fort?

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Weil es gut ist!)

Gibt es neue Einsichten? Gibt es bessere Ideen? Es ist ein Pro jekt, das eben der Gemeinschaftsschule diese gymnasiale Oberstufe zugesteht.

Die Alternative für Deutschland verdankt als Partei ihren Auf stieg auch einem Verdruss über die Politik und einem wach senden Misstrauen gegenüber vielen Berufspolitikern. Wer und welches Verhalten ist ursächlich für diese Entfremdung zwischen Politik und Wahlvolk? Mancher Wähler fühlt sich einfach nicht mehr ernst genommen. Herr Selcuk hat es heu te Morgen gesagt; er hat den Begriff „Taschenspielertricks“ verwendet. Sogar Exminister Gabriel hat laut FOCUS und ei nem „Tagesspiegel“-Interview zufolge erkannt, dass hier ei ne Entfremdung stattfindet.

Unser Vorschlag, Frau Ministerin, wäre: Wir als Partei der di rekten Demokratie – die Grünen waren das ja auch einmal, aber das ist bei ihnen schon ein bisschen länger her –

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wir müssen nur Ihre Par teitage angucken, dann sehen wir, was Demokratie für Sie bedeutet!)

hätten gern einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Demokra tie eingebracht. Dieses Gesetz könnte dann die Einrichtung einer Oberstufe an Gemeinschaftsschulen vorsehen und vor schlagen, und dann könnte die Bevölkerung darüber abstim men, ob sie das wirklich möchte.

(Beifall bei der AfD)

Das einzig Positive an der Einrichtung einer gymnasialen Oberstufe ist, dass es nur wenige Schulen betrifft. Ich hatte hier notiert, laut letzten Meldungen sind es zwei; anscheinend sind es jetzt maximal zehn Schulen. Aber können wir uns da rauf wirklich verlassen? Natürlich nicht, denn die Verhältnis se können sich ja wieder ändern, gerade dann, wenn diese Oberstufe einmal als Modell eingeführt worden ist. Modell schulen, Modellversuche leben sehr lange, wie wir schon des Öfteren bemerkt haben.

Tatsache ist: Die Anmeldezahlen der Gemeinschaftsschulen bleiben – unwidersprochen – weit hinter den Erwartungen zu rück. Man kann so etwas „die Abstimmung mit den Füßen“ nennen. Es ist auch ein klares Votum der Bevölkerung. Sie wünscht sich keine Gemeinschaftsschule, und wenn, dann nur für diejenigen Kinder, die sonst womöglich die Hauptschule oder die Werkrealschule besuchen müssten.

Wir brauchen keine Oberstufen an Gemeinschaftsschulen; wir haben gute berufliche Gymnasien, und wir haben gute allge meinbildende Gymnasien.

(Beifall bei der AfD)

Warum wird diese zusätzliche Oberstufe dann eingeführt? Die beruflichen Schulwege sind durchlässig; das ist allgemein be kannt.

Wir konnten auch einem Interview im „Mannheimer Morgen“ vom 10. April mit Frau Ministerin Eisenmann entnehmen, dass mangels Schülern einigen Gemeinschaftsschulen in Ba den-Württemberg die Schließung droht. Auch hier war von zehn Standorten die Rede. Sind folgende Gründe möglicher weise maßgebend? Die Gemeinschaftsschule ist wie keine an dere Schule von Anfang an überladen gewesen mit weltan schaulichen und volkserzieherischen Absichten.

(Vereinzelt Lachen – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: So ein Schwachsinn!)

Ja, das meinen Sie, aber die Eltern meinen es offensichtlich nicht. – Angeblich ist in Deutschland der Zusammenhang zwi schen Schulerfolg und sozialer Herkunft besonders ausge prägt.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Und das von einer Partei, die Orban lobt!)

Grün-Rot hatte die Einführung der Gemeinschaftsschule in der vergangenen Legislaturperiode ausdrücklich mit dem Ziel verbunden, daran Entscheidendes zu ändern. Ich rate Ihnen: Bei dieser These wäre zur Frage der sozialen Auslese an Schu len ein Blick nach Frankreich oder nach Großbritannien sehr, sehr sinnvoll. Sie schauen doch gern in angeblich fortschritt lichere Länder – angeblich fortschrittlicher; denn aus den vor liegenden Daten kann man auch ganz andere Schlüsse ziehen.

Andere Schlüsse wären z. B., dass das deutsche Schulsystem keinen Mangel an sozialer Gerechtigkeit aufweist, sondern dass die deutsche Gesellschaft eine der sozial gerechtesten ist, nämlich in dem Sinn, dass sowohl der berufliche Erfolg der Eltern als auch der schulische Erfolg der Kinder von der Leis tungsfähigkeit und Intelligenz des Individuums abhängen. – Nicht sich darüber aufregen, erst einmal nachdenken!

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Meine Damen und Herren, wir lehnen die Einführung der gymnasialen Oberstufe an Gemeinschaftsschulen ab. Die Ein richtung von Schulverbünden mit Gemeinschaftsschulen kann durchaus sinnvoll sein; dem ist zuzustimmen. Das schafft viel leicht auch einen gesunden Wettbewerb der Schulformen un tereinander; dem kann man also zustimmen.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei.

Frau Präsidentin, Kollegin nen und Kollegen! Kollege Balzer, wenn Sie gestern in den Pressespiegel geschaut haben

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

und wenn Sie sich einmal etwas mit der Fragestellung be schäftigen, warum eigentlich in Deutschland so viele Kinder auch durch das Bildungssystem eine Schwächung erleiden – weil ihr schulischer Erfolg vom Geldbeutel der Eltern abhängt –, dann hätten Sie so einen Käse wie eben hier – Entschuldi gung –, dann hätten Sie so etwas nicht sagen können.

(Lachen der Abg. Carola Wolle AfD)

Denn es ist ein Skandal – siehe OECD-Vergleich –, dass wir bei uns in Deutschland immer noch das Problem haben, dass Kinder, die nicht den notwendigen „Geldbeutelhintergrund“ oder den Bildungshintergrund der Eltern haben, durch das Raster fallen. Das ist sogar schon mal Thema auf UN-Ebene gewesen, und das kann uns alle hier im Haus nicht ruhig las sen.