Wir alle wissen – das wissen auch die Kollegen in der Bun despolitik, das haben wir in der Gesundheitsministerkonfe renz schon beschlossen –: Wir brauchen langfristig auch – – Den Gap, lieber Kollege Kenner, von der Altenhilfe zur son stigen Pflege müssen wir schließen. Aber wir müssen auch ler nen – das habe ich unlängst beim MDK gesagt –: Wir haben hier keine dauerhafte Trennung. Sie haben in Ihrer unnach ahmlichen humoristischen Art den Ministerpräsidenten zitiert, der ja wirklich zäh wie Schuhleder und fit wie ein Turnschuh ist.
Wir werden uns an Lebensmodelle gewöhnen müssen, bei de nen jemand eventuell morgens drei Stunden arbeitet und dann der Pflegedienst kommt, weil er eine Einschränkung hat und eine intensivere Betreuung und Hilfe benötigt. Aber es gilt eben nicht „ganz oder gar nicht“. Das ist der demografische Wandel. Das betrifft auch unsere Sozialversicherungssysteme, unsere Rentensysteme, auch unsere Beschreibung von Ar beitsschutz. Wie arbeiten wir, wie bringen wir uns ein, wie ge stalten wir Übergänge, damit wir eben mit Mitte 70 auch noch produktiv sein können? Aber es gilt eben nicht mehr „ganz oder gar nicht“, sondern es ist eine punktuelle Betrachtung er forderlich.
Vielen Dank, Herr Mi nister. – Sie haben gerade darüber gesprochen, dass die Zu sammenführung der Altenpflege- und der Krankenpflegeaus bildung ein Erfolg sei. Ich war in der letzten Woche in einem Altenheim in meinem Wahlkreis. Da wurde gerade gesagt, das sei ein gewisses Problem, weil da eine Kannibalisierung ein treten würde in dem Sinn, dass diese gemeinsame Ausbildung dazu führe, dass viele Schwestern und Pfleger letztlich im Krankenhaus landen, sodass sich dieser Erfolg, den Sie dar gestellt haben, in der Realität leider nicht so darstellt.
Ich wollte das nicht in Form einer Frage, sondern eines Hin weises darstellen. Vielleicht können Sie dazu ja auch etwas sagen.
Herr Minister, bevor Sie antworten, möchte ich Sie fragen, ob Sie auch noch eine Zwi schenfrage der Kollegin Dr. Baum zulassen.
Danke schön, Herr Minister. – Sie haben sehr gut beschrieben, wie Sie die aktuellen Pro bleme, die wir haben, meistern wollen. Das ist auch sehr lo benswert. Doch wie wollen Sie einfach für mehr Kinder in diesem Land sorgen? Das ist doch das Hauptproblem.
Wie können wir das herbeiführen? Welche unterstützenden Maßnahmen können Sie uns hier nennen, damit die junge Ge neration bereit ist, wieder mehr Kinder zu bekommen?
Herr Dr. Aden, ich fange mit der Frage von Frau Dr. Baum an und komme dann zu Ihrem Hinweis. Ist das okay?
Liebe Frau Baum, Sie haben mir am Anfang nicht zugehört. Die Entscheidung junger Familien, Kinder zu haben, beruht erstens auf der Frage der Berufstätigkeit. Die jungen Men schen – ob Frau oder Mann – haben Talente, sind engagiert. Dann kommt die Frage, ob der Familienwunsch mit der be ruflichen Tätigkeit vereinbar ist. Die jungen Menschen wol len sich nicht zwangsweise auf eine der beiden Rollen be schränken lassen. Sie fragen sich: Habe ich Sicherheit?
Anlässlich des Weltfrauentags hat Staatssekretärin Mielich doch richtigerweise von der gläsernen Decke gesprochen. Ist der Kinderwunsch von jungen weiblichen Leitungs- und Füh rungskräften für die Karriere schädlich, sodass sie lange über legen, ob sie ein Kind bekommen möchten oder nicht? Irgend wann ist dann der Zug abgefahren. Diese Realität kennt jeder von uns.
Wir machen Politik der Sicherheit und unterstützen die Le bensentwürfe mit Kindern. Wir setzen ordnungspolitische, fi nanzielle und auch beschäftigungspolitische Rahmenbedin gungen, schaffen auch andere Angebotsstrukturen, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet ist. Kin derbetreuung, Kita, Ganztagsschulbetreuung – das haben wir doch alles umgesetzt. Deswegen haben wir ja auch einen Zu wachs bei der Geburtenrate, bei der wir in kurzer Zeit von 1,3 Kindern auf 1,6 Kinder pro Frau gekommen sind.
Aber unsere Aufgabe ist es doch, den jungen Menschen zu sa gen: Wenn sie einen Kinderwunsch haben, dann wird die Ge sellschaft und werden wir als verantwortliche Politikerinnen und Politiker alles dafür tun, dass sie sich diesen Kinder wunsch erfüllen können. Das ermöglichen wir mit unseren Maßnahmen.
Im Übrigen geht es auch noch um das Gefühl der sozialen Sicherheit, der Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft. Und dass die Leute in Baden-Württemberg die Zukunftsfähigkeit des Landes spüren und sich hier sicher fühlen, steht ja wohl au ßer Zweifel. Das wurde auch in vielen Untersuchungen be reits nachgewiesen. Heute wurde in diesem Zusammenhang von Frau Staatssekretärin Olschowski richtigerweise schon die Bertelsmann Stiftung zitiert. – Bei dieser Gelegenheit: Vie len Dank für diese grandiose Rede; sie passt auch zu unserem jetzigen Thema.
„Besser als Ihre“, das ist eine andere Konnotation, Herr Gru ber. An Ihrer Stelle würde ich hier nicht die Qualität der Re den von anderen bewerten. Das macht man hier eigentlich nicht.
Ich glaube, das ist auch ein anderer Kontext. Dort ging es mehr um grundsätzliche Themen, hier geht es um sehr opera tive Aspekte.
Herr Aden, die Sorge der Altenpflege, zu kurz zu kommen, bestand immer vor dem Hintergrund, dass die Tätigkeit im Krankenhaus attraktiver war, dass dort die Tätigkeit besser bezahlt war. Da wir aber generell in der Versorgungslandschaft eine Veränderung haben – Stichwort Ambulantisierung, kür
zere Verweildauern; die Menschen werden älter, wir werden gar nicht mehr alles in unserer alten Krankenhausphilosophie abbilden können –, werden die komplementären Angebote der Altenhilfe, der Wohnheime, der betreuten und ambulanten Einrichtungen an Bedeutung gewinnen. Sie kennen die unter schiedlichen Projekte ja auch aus den Ausschussberatungen.
Wir werden gemeinsam mit den Kostenträgern, den Kassen, auch die Diskussion darüber führen müssen, dass diese Dienste so ansprechend honoriert werden, dass es keine Konkur renz zu den anderen Angeboten gibt. Aber ich sehe eine sehr große Chance, dass wir ebendiese Überwindung erreichen, weil die Gleichwertigkeit der Ausbildung gewährleistet ist.
Ich möchte noch ganz wenige Sätze sagen, was den medizi nischen Bereich betrifft. Da verweise ich auf unser Landärzte programm, unsere sektorenübergreifende Versorgung und die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Ich weise darauf hin: Wir hatten in Baden-Württemberg bis vor einem Jahr nur rund 90 Facharztabschlüsse in Allgemeinmedizin pro Jahr; zurzeit sind es rund 200. Diese 200 Absolventen pro Jahr stehen uns jetzt zur Verfügung, um wieder in den Praxen, um wieder vor Ort die Versorgung wahrzunehmen. Das zeigt: Unser Enga gement, diese Strukturen zu fördern, bietet eine große Chance.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Der demografische Wan del betrifft nicht allein die ältere Generation, er betrifft uns al le. Die jüngsten Generationen, die Kinder und Jugendlichen wie auch die Eltern haben genauso einen Anspruch, ihre all täglichen Bedürfnisse befriedigt zu sehen, wie die ältere Ge neration. Wenn wir älter sind, wollen wir nicht reduziert wer den auf unseren Hilfe- und Unterstützungsbedarf, aber diesen eben gedeckt haben. Das heißt, wenn wir unsere Bedarfe und Bedürfnisse wahrnehmen – ich rede da immer von Bedürfnis gleichheit – und unser Menschenbild, dass die Würde des Menschen unantastbar ist, zugrunde legen, dann haben wir ei ne große Chance.
Noch einen Satz: Es gibt in der vielfältigen Gesellschaft, bei den Zuwanderern und – jawohl – auch bei den jetzigen Ge flüchteten sehr viele Personen, die jetzt im pflegerischen Be reich tätig werden.
Es war ein einstimmiger Beschluss, und auch die neue Koa lition in Berlin hat unsere baden-württembergische Initiative, die sogenannte 3+2-Regelung um die Helferberufe in der Al ten- und Gesundheitspflege zu erweitern, aufgenommen.
Ich habe gestern das Superprojekt Ausbildungscampus des Stuttgarter Bildungscampus unter Vorsitz von Frau Breunin ger von der Bürgerstiftung Stuttgart besucht. Wir hatten dort Gesprächstische mit jungen Geflüchteten, die dort vorbildlich mentorisch begleitet werden. Bei mir saßen junge Männer, die alle jetzt eine einjährige Altenpflegeausbildung machen, um anschließend einen Pflegeberuf ergreifen zu können.
Hier ist die Helferausbildung ein Einstieg, um anschließend die Chance zu haben, mehr zu machen oder, wenn es benötigt
wird, auch dieses Angebot zu leisten. Wir haben hier die Chan ce zur Qualifizierung. Die Leute nehmen es wahr; es kommt an. Wir haben dort eine große Chance.