Protocol of the Session on April 11, 2018

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der AfD und der FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort der Kollegin Rolland.

Verehrter Herr Präsident, meine Da men und Herren Kolleginnen und Kollegen! Es mag ja sein, dass Forschung manchmal kuriose Blüten treibt, manchmal auch in eine Sackgasse führt, aber in der Regel führt sie doch

immer zu erhellenden Ergebnissen. Deswegen ist die Wissen schaftsfreiheit und damit auch die Forschungsfreiheit im Grund gesetz verfassungsmäßig geschützt; diese können deswegen auch nur unter sehr engen Voraussetzungen in ihrer Freiheit eingeschränkt werden und unterliegen eben nicht einer staat lichen Kontrolle. Das ist gut so, und so soll es auch bleiben.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU und der FDP/DVP)

Das gilt selbstverständlich auch für die Forschung über die Geschlechter, über die Geschlechterrollen. Dass das Thema Gender eine der Lieblingssauen ist, die die AfD-Einpeitscher durch das Dorf der Republik führen, haben wir heute wieder erlebt. An Gift und Häme gibt es dabei keinen Mangel.

Die SPD weist diese verschwörungstheoretische Polemik der AfD gegen die Geschlechterforschung und die verbalen Ent gleisungen wie „Genderwahn“ entschieden zurück.

(Zuruf von der AfD: „Gender“, nicht „Dschender“!)

Denn aus unserer freiheitlichen Perspektive ist an einem aka demischen Programm der Geschlechterforschung per se ge nauso wenig auszusetzen wie an dem Grundgedanken der Gleichstellung wie auch ihrer aktiven Förderung.

(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Beifall bei den Grü nen)

Die SPD-Fraktion unterstützt deswegen auch weiterhin die Forschung über Rollenbilder und die Entwicklung von Instru menten, die es dem Staat, aber auch den Städten und Gemein den, wie ebenso den Verbänden und Vereinen ermöglichen und erleichtern, Stereotypen zu hinterfragen, aufzubrechen und gegebenenfalls auch Entscheidungsprozesse zu verän dern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich das Wort dem Kollegen Weinmann.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Um was geht es? Die Genderstudies – Geschlechterstudien oder Geschlechterfor schung – sind eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung, die nach der Bedeutung des Geschlechts für Kultur, Gesell schaft und Wissenschaft fragt. Untersucht werden die Kon struktionen des Begriffs „Geschlecht“ in den verschiedenen Zusammenhängen, seine Bedeutung und seine Auswirkungen auf die Verteilung von politischer Macht, auf die sozialen Strukturen und auf die Produktion von Wissen, Kultur und Kunst.

Im weitesten Sinn geht es also um die Gleichstellung und die Gleichberechtigung von Frauen und Männern und, wenn es nach dem deutschen Personenstandsrecht geht, auch von Men schen, die keinem Geschlecht zugeordnet werden wollen.

Dabei vertreten wir eine Gleichstellungspolitik, die die Un terschiede in den Lebensverläufen von Männern und Frauen berücksichtigt. Diese Lebenslaufpolitik verknüpft Gleichstel

lungspolitik und Sozialpolitik mit einer nachhaltigen Politik des sozialen Zusammenhalts, die geschlechterbedingte Nach teile abbaut und gleichberechtigte Partnerschaft stärkt. Dies ist eine Querschnittsaufgabe. Und, ja, in den letzten Jahren haben wir hier viel erreicht, aber wir sind dennoch weit da von entfernt, zu sagen, dass die Gleichberechtigung erreicht wurde oder gar schon selbstverständlich ist.

(Beifall bei der FDP/DVP – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Klar ist allerdings auch, dass alle Gesetze und Programme ein gesellschaftliches Umdenken nicht erzwingen können. Hier ist nicht nur die Politik gefordert, sondern alle Akteure müs sen auf dieser Ebene einen Beitrag leisten.

Doch um was geht es der AfD wirklich? Beim Entwurf des Staatshaushaltsplans für 2017 und auch für den Doppelhaus halt 2018/2019 forderte die AfD die Streichung der Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Wis senschaft. Es geht also darum, nicht nur die Doktrin, die ver meintliche Scheinwissenschaft der Genderstudies, zu bekämp fen, sondern auch in der Gleichstellungspolitik überholte Ge schlechterrollen zu etablieren.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Dass sich eine Partei herausnimmt, definieren zu wollen, wie eine „normale Familie“, wie eine „natürliche Geschlechter ordnung“ auszusehen hat, ist heute meilenweit von der Le benswirklichkeit im 21. Jahrhundert entfernt. Allerdings ist die AfD auch nicht allein. Im Manifest der WerteUnion, wie es am vergangenen Samstag in Schwetzingen verabschiedet wurde,

(Zuruf von der AfD: Aha! Hört, hört!)

steht – ich zitiere –:

Ehe und Familie sind für uns die wichtigsten Grundlagen unserer Gesellschaft. Dabei sehen wir das Leitbild „Va ter, Mutter, Kinder“ als elementaren Grundpfeiler an.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

In diesem Zusammenhang sprechen wir uns gegen staat liche Förderung der ideologisch motivierten sogenann ten Genderforschung aus.

(Zuruf von der AfD: Ja, die CDU ist lernfähig! – Zu ruf: Die Übergänge sind fließend!)

Hier reduziert man wohl die Geschlechterforschung auf durch aus kritisch zu hinterfragende Früchte, wie beispielsweise die millionenschwere Umetikettierung des Studentenwerks in ein Studierendenwerk.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das hat aber nichts mit Forschung zu tun! – Zuruf von der AfD: Was für ein Quatsch!)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei allem Für und Wi der wird man den Eindruck nicht los, dass Kritiker und Ver fechter der Genderforschung einen albernen Kampf um alles oder nichts führen,

(Beifall bei der FDP/DVP)

in dem die ausschließlich biologische Position ihr Gegenstück in philosophisch anmutenden Neologismen sucht, in denen sich die Zahl der sozialen Geschlechter stetig mehrt. Beide Extrempositionen sind für sich genommen absurd. Sie mar kieren nur den Rand, an dem die Befassung mit dem Thema sinnlos wird und das Parlament nicht über Gebühr beschäfti gen sollte.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP – Vereinzelt Beifall bei der SPD – Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Frau Ministerin Bauer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Las sen Sie mich ein paar Ausführungen zu Herrn Dr. Merz vor wegschicken. – Ich versuche einmal wegzulassen, was Sie an Unterstellungen und Beleidigungen meiner Person gegenüber ausgeführt haben, und greife zwei Punkte heraus, die, glaube ich, wirklich einer Erwiderung und Klarstellung bedürfen.

Erstens zu der Frage: Wie geht denn der Abgeordnete mit den Hochschulen um, und wie geht die Ministerin mit ihren Hoch schulen um? Ich habe schon ein paar Mal darauf hingewiesen und muss es heute anscheinend wieder tun, dass man als Ab geordneter auch die Pflicht hat, sich an ein paar Spielregeln und Vorschriften zu halten. Ich muss Ihnen bei dieser Gele genheit anscheinend vorlesen, um welche Vorschrift es hier geht, wenn ein Abgeordneter ein Auskunftsersuchen hat und sich an Einrichtungen der Verwaltung wendet.

Dazu gibt es eine Dienstordnung der Landesverwaltung Ba den-Württemberg. Ich werde jetzt daraus zitieren; hören Sie gut zu. Punkt 3.4.3 der Dienstordnung für die Landesverwal tung Baden-Württemberg – Verkehr mit dem Landtag und den Abgeordneten –:

(1) Der Verkehr mit dem Landtag ist den obersten Lan desbehörden vorbehalten. Die den Ministerien nachge ordneten Behörden sind nicht befugt, sich unmittelbar an den Landtag oder an einzelne Abgeordnete zu wenden. (2) Wenden sich Abgeordnete unmittelbar an Behörden, die den Ministerien nachgeordnet sind, oder an einzelne dort beschäftigte Personen, ist das zuständige Ministeri um zu unterrichten, wenn es sich um ein Anliegen von er heblicher politischer Bedeutung handelt.

Es sei denn, es handelt sich um ein Anliegen von rein lokaler Bedeutung.

Ich glaube, das ist eindeutig; das gilt für alle Abgeordneten, und das macht Sinn.

(Abg. Stefan Räpple AfD: Das gilt für die Beamten, nicht für die Abgeordneten! – Glocke des Präsidenten)

Die nachgeordneten Behörden haben sich an uns gewandt, ha ben uns informiert und um Unterstützung gebeten, wie sie mit Ihren Briefen umgehen sollten, und dann haben sie die ent sprechende Auskunft erhalten. Das ist nichts anderes als kor rekt. Es gilt für alle Abgeordneten, und es gilt insbesondere auch für die Herrschaften der AfD.

Frau Ministerin, es gibt zwei Zwischenfragen.

Ich möchte gern meine Ausführungen machen.

Gut. Also nein.

Nein. – Zweitens, zum Thema Kosten: Auch da haben Sie eine Auskunft erhalten. Es ist eben bei den Reden der Abgeordneten der anderen Fraktionen zu Recht darauf hin gewiesen worden, dass wir, wenn wir über Wissenschaft re den, über Freiheit von Forschung und Lehre reden.

(Zuruf von der AfD: Aber nicht von Sinnfreiheit!)