Protocol of the Session on April 11, 2018

Anlass zu verhaltenem Optimismus geben uns die aktuellen Entwicklungen auf EU-Ebene. Im Januar 2018 wurde die Plastikstrategie der EU vorgestellt; Ziel ist es, die Recycling quote von derzeit unter 30 % durch eine bessere Sammlung und getrennte Erfassung von Plastikabfällen sowie durch mehr Einsatz von Recyclingkunststoffen deutlich zu steigern. Auch Mikroplastik in Kosmetika sowie in anderen Produkten soll deutlich reduziert werden.

Es ist nun wichtig, dass diese gute Strategie schnell in die na tionale Umsetzung kommt, auch, um die dramatische Verseu chung unserer Gewässer und Ozeane mit Mikroplastik und Plastikmüll endlich zu stoppen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Auch das EU-Paket zur Kreislaufwirtschaft lässt weitere Ver besserungen erwarten. Hier wünschen wir uns eine noch stär kere Verankerung des Ökodesigns; das heißt, dass langlebige, reparatur- und recyclingfreundliche Produkte gefördert und entwickelt werden. Denn es macht einen Unterschied, ob Was serkocher, Handy oder auch ein Fön zwei, fünf oder vielleicht sogar zehn Jahre halten und ob diese Geräte dann kaputt im Restmüll landen oder hier ein vernünftiges Recycling stattfin det.

Es gäbe noch vieles zu ergänzen; ich verweise auf die kost baren Rohstoffe wie Gold oder Platin, die wir heute noch im Elektromüll haben und die dringend recycelt werden müssen. Das geht weiter über den Klärschlamm, bei dem wir mit dem Phosphorrecycling in Baden-Württemberg auf einem sehr gu ten Weg sind, bis hin zum Baustoffrecycling, zu dem es in zwischen sehr gute Pilotprojekte bei den landeseigenen Bau ten gibt.

Es zeigt sich immer wieder: Wo das Land handeln und ent scheiden kann, da kommen wir sichtbar voran; wo der Bund

gefragt ist, tritt die Kreislaufwirtschaft leider vielfach noch auf der Stelle. Einen solchen Stillstand können wir uns und kann sich unsere Gesellschaft aber nicht leisten. Wir brauchen eine Kreislaufwirtschaft, die Umwelt und Ressourcen schont und die wir zukünftigen Generationen gegenüber auch ver antworten können.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Rombach.

(Abg. Anton Baron AfD: 25 % Müllgebührenerhö hung in Hohenlohe! So ein Quatsch!)

Das dürfen Sie nachher zum Besten geben.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Abfallrecycling wurde bereits in den Neun zigerjahren unter der CDU-geführten Landesregierung sowie auch im Bund forciert. Das Landesabfallgesetz wurde, wie Sie wissen, am 15. Oktober 1996 in diesem Haus verabschiedet.

Altpapier und Bioabfälle werden schon seit Langem getrennt gesammelt und weiterverwertet. In vielen weiteren Bereichen wird das Recyclingprinzip fortlaufend immer stärker umge setzt. Ein typisches Beispiel ist der Bereich Beton.

Für uns Christdemokraten und auch für mich persönlich ist ein effizienter Umgang mit den Ressourcen gelebte Verant wortung für die Schöpfung.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Da Deutschland ein rohstoffarmes Land ist, ist dies zudem ein Gebot der Vernunft und insbesondere der Nachhaltigkeit.

Heute sprechen wir über den Antrag der grünen Landtagsfrak tion, den Frau Lisbach soeben begründet hat. Im Koalitions vertrag wurde ganz konkret auf dieses Thema eingegangen, und hierzu erfolgten gemeinsame Festschreibungen.

Ein kleiner Rat, Frau Lisbach: Bevor wir gemeinsam über den Bund schelten – was ja fast nicht möglich ist; zunächst sind ja wir gefordert, gemeinsam unsere Hausaufgaben zu machen –, ist es, glaube ich, richtig, wenn ich noch einmal in Erinne rung rufe, was wir gemeinsam vereinbart haben und was wir auch gemeinsam anstreben und umsetzen. Wir wollen die Ge winnung von Sekundärrohstoffen weiter vorantreiben, die Ent wicklung neuer Ansätze zur Rückgewinnung kritischer Tech nologierohstoffe vorantreiben, wir wollen den landesweiten Ausbau der Phosphorgewinnung und des Batterierecyclings, wir wollen eine grundsätzliche Unterstützung des Ausbaus von Recyclinganlagen, und wir wollen die Ausweitung der in novativen Verwertung von Bioabfällen angehen.

Für Bürger und Unternehmen im Land gleichermaßen ist ei ne hochwertige und effiziente Kreislaufwirtschaft wichtig.

(Abg. Anton Baron AfD: Wirtschaftlicher Unsinn!)

Ziel muss es sein, meine Damen und Herren, eine hohe Ver wertungsquote bei gleichzeitig stabil anfallenden Gebühren anzupacken und umzusetzen.

(Abg. Anton Baron AfD: Und wie ist die Realität?)

Die Regierungskoalition will den Ausbau von Recyclingan lagen weiter unterstützen und die innovative Verwertung von Bauabfällen weiter vorantreiben.

Wenn – wie im Antrag des grünen Koalitionspartners – beim Bau- und Abbruchabfall seit 2011 eine mehr als 20-prozen tige Steigerung festgestellt wird, ist es gerade wichtig und zu gleich sachgerecht, gemeinsam zielführende Antworten zu ge ben. In der Tat stehen größere Abfallströme im Hoch- und Tiefbau an. Gerade dort müssen wir alle Prozesse – ich wür de jetzt den Minister ansprechen, aber in diesem Fall spreche ich den Herrn Staatssekretär an – überdenken.

Übereinstimmend mit der Aussage des Umweltministers Franz Untersteller vor wenigen Wochen macht es keinen Sinn, grö ßere Mengen von nicht recycelten Bauabfällen auf immer we niger Deponien zu entsorgen und gleichzeitig neue Abbaustät ten zu erschließen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Die Bauwirtschaft klagt über fehlende Deponiekapazitäten, zu hohe Gebühren und oft unnötige lange Lkw-Transporte.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Anton Baron AfD: Das stimmt! Selbst in Hohenlohe!)

Dieser Rückmeldung aus der Praxis, meine Damen und Herren, muss in der Tat Folge geleistet werden. Deshalb ist es wich tig, Frau Lisbach, dass wir gemeinsam zügig und schnell das geplante Landeskreislaufwirtschaftsgesetz anpacken. Um durch den Abriss und die Sanierung von Gebäuden anfallende wert volle Rohstoffe wiederzuverwerten, ist es unser aller Auftrag, aber insbesondere der Auftrag der Bauwirtschaft und der In dustrie, praktikable und gleichwertige Recyclinglösungen an zubieten. Unsere Verantwortung ist es, zweckmäßige Lö sungen mit der Bauwirtschaft zu finden.

Ein weiterer ganz wichtiger Punkt – Frau Lisbach, Sie sind kurz darauf eingegangen –: Die Lebensmittel- und Plastikab fälle werden die größten wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen der kommenden Zeit sein. Wenn es zutrifft, dass sich die Lebensmittel- und Haus haltsabfälle in den letzten zehn Jahren verdoppelt haben, dann ist dieses Thema anzupacken. Wenn die zunehmende Entwick lung bei Lebensmittel- und Plastikabfällen weiter anhält, dann ist dieses Thema zu überdenken und sind aus der gemachten Erfahrung entsprechende Beschlüsse zu ziehen.

Die steigende Belastung der Umwelt durch Kunststoffe ist schon seit mehreren Jahren ein uns bekanntes Thema. Des halb hat die Forschungsgruppe um den Ökologen Professor Dr. Christian Laforsch eine detaillierte Untersuchung zur Mi kroplastikbelastung von Flüssen und Seen in Deutschland durchgeführt. Dieses Thema, meine Damen und Herren, nehme ich als praktischer Landwirt doppelt ernst, und es ist für mich bedeutsam. Um diese Problematik im Zusammenhang mit un seren sehr wertvollen Flächen der Lebensmittelversorgung – insbesondere vorbeugend – anzupacken, damit wir den Fol gen...

Kommen Sie bitte zum Schluss.

... dieser bedenklichen Entwick lung auf die Spur kommen und ihr durch geeignete Maßnah men begegnen können, müssen wir zunächst einmal wissen, auf welchem Weg die Kunststoffpartikel in das Ökosystem gelangen.

Baden-Württemberg hat eine hohe Ressourceneffizienz, aber wir dürfen uns darauf nicht ausruhen.

Ich komme zum Schluss. Die Schonung natürlicher Ressour cen und der nachhaltige Umgang mit der Umwelt sind Er folgsfaktoren für die Menschen in diesem Land. Die Bewah rung der Schöpfung ist seit jeher Kernanliegen der CDU. Ver antwortlich handeln, nachhaltig leben, Lebensqualität bewah ren, dafür steht die Landtagsfraktion der CDU.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Grimmer.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, meine Damen und Herren! Baden-Württemberg ist spit ze. In der Stellungnahme des Ministeriums lesen wir Sätze wie: „Die Zielvorgaben wurden stets erfüllt“, „Die Getrennt haltung der werthaltigen Abfallfraktionen konnte kontinuier lich verbessert werden“, „Baden-Württemberg hat eine bun desweit führende Rolle in vielen Bereichen der Abfallwirt schaft“ oder „... bundesweit der niedrigste Wert für das jähr liche Restmüllaufkommen pro Einwohner in den Ländern“. Ähnlich stellt sich die Lage beim Grünabfall dar, beim Klär schlamm, bei Elektrogeräten, bei der Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm – überall sind wir führend.

Wo wir Baden-Württemberger hingegen nicht zuständig sind, da sind wir auch nicht führend, z. B. bei der Verpackung. Bun desweit fallen jedes Jahr 18 Millionen t Verpackung zur Ent sorgung an. Der gestiegene Online- und Versandhandel trägt dazu bei, im Bereich des Lebensmittelhandels aber auch im mer strengere EU-Vorgaben und deren rigide Umsetzung vor allem in Deutschland.

Auf dem Wochenmarkt darf man nicht einmal mehr den lee ren Eierkarton der letzten Woche mitbringen, beim Käse nicht die saubere Tupperschüssel über die Theke geben. Deutsche Bürokratie steht hier wieder einmal quer im Stall. Und – nicht marginal –: Wer die Wertschöpfung zunehmend nach China verlagert, der steigert mit dem Transportbedarf auch die Ver packungsmenge.

(Beifall bei der AfD)

Anders als das Ministerium sehen wir es nicht als Defizit an, wenn in sechs der 44 vor allem ländlichen Kreise noch keine Bioabfälle getrennt gesammelt werden, kompostieren doch sehr viele Leute auf dem Land noch selbst. Mengen und lan ge Wege für zentrale Lösungen stehen vermutlich in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis.

(Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

Verteuerungen sind das einzig sichere Ergebnis dieser Akti on.

(Beifall bei der AfD – Abg. Anton Baron AfD: Ge nau!)

Die Hinhaltetaktik der Landkreise ist also keine Rebellion, die Landräte müssen keinen europäischen Haftbefehl befürchten. Vielmehr bestaunen wir hier noch schützenswerte Rückzugs gebiete von gesundem Menschenverstand.

(Beifall bei der AfD)

Was die Antwort des Ministeriums gar nicht im Blick hat, ist ein Abfall- und Müllproblem ganz besonderer Art. In einem FAZ-Artikel beschrieb der Vizepräsident des Verfassungsge richts, Kirchhof, wie der Bundestag in drei Jahren 64 000 EUDokumente verarbeiten und umsetzen musste – jeden Monat 1 800 Gesetzgebungsvorschläge und andere politische Akte. Der Bundestag – so Kirchhof – werde von dieser Dokumen tenflut „zugemüllt“.