Protocol of the Session on March 8, 2018

Wie viele nationale Sender braucht das Land? Wie viele ARDAnstalten braucht das Land?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die Länder!)

Sind beispielsweise 800 Millionen € allein für die Sportbe richterstattung bei gleichzeitigem Sinken der Einnahmen nicht ein bisschen viel Geld für den Sport? Was heißt „öffentlicher Auftrag“ im 21. Jahrhundert? Und wie – um es mit Gilles Marchand zu sagen – begegnen wir der digitalen Gesellschaft? Heute wird eben Netflix genutzt, um Filme anzuschauen; es wird Musik über Spotify gehört, und Fußballübertragungen werden über Sky abonniert.

Staatsverträge sind grundsätzlich eine gute Sache. Sie stärken den Parlamentarismus und den Föderalismus. Aber an dieser Stelle muss der Föderalismus auch zeigen, dass er handlungs fähig ist. Wenn Staatsverträge nur den Zweck haben, dass je der mit dem Ziel in die Diskussion hineingeht, mit so viel wie möglich wieder herauszugehen, um seine eigenen Pfründe zu sichern, dann funktioniert der Föderalismus an dieser Stelle nicht, wie er sollte, um das Morgen zu gestalten.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Wir brauchen in diesem Land mediale Player, die nicht nur von Sport, Sex und Serien leben und die weitgehend unabhän gig von Werbeeinnahmen frei über Art und Duktus ihrer eige nen Berichterstattung entscheiden.

Wir brauchen Medien, die Information und Unterhaltung ver binden. Beides für sich bringt keinen Mehrwert, weil die In formation nur von wenigen wahrgenommen wird und die blo ße Konzentration auf Unterhaltung meist unterirdisch endet.

Wir brauchen Journalisten und Medien, die ein Bild von Deutsch land zeichnen: jeden Tag, bunt, seriös, wahrhaftig, manchmal schrill und manchmal schräg, wie z. B. am Sonntag im „Tat ort“ mit Frau Odenthal,

(Abg. Stefan Räpple AfD: Guter Witz! – Zuruf des Abg. Norbert Beck CDU)

aber immer der Wahrheit und den Grundsätzen unseres Zu sammenlebens, unserer Kultur und unserer Verfassung ver bunden.

Ich liebe den „Tatort“ und die „Landesschau“. Ich will, dass diese Formate auch morgen noch erfolgreich sind.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Lieben doch nicht!)

Wenn aber der neue KEF-Bericht für die Beitragsperiode 2017 bis 2020 Überschüsse von einer halben Milliarde Euro aus macht, wenn ein Spartensender wie „tagesschau24“ 50 Milli onen € kostet, wenn die Kosten für das neue Jugendprogramm „funk“ auf 165 Millionen € steigen und es leider in Mainz pro duziert wird, wenn allein ARTE 730 Millionen € braucht, dann muss man sich fragen, wer recht hat: der BR-Intendant Ulrich Wilhelm, der eine Anpassung des Beitrags an die Teuerungs rate will, um keine tiefen Einschnitte zu riskieren, oder Gil les Marchand von der SRG, über die DIE ZEIT geschrieben hat:

(Glocke des Präsidenten)

Gegen politischen Druck kann man sich wehren, der po litische Kampf lässt sich gewinnen …. Aber dem techno logischen und gesellschaftlichen Wandel kann sich der öf fentlich-rechtliche Rundfunk nicht entziehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen, der AfD und der FDP/DVP)

Für die AfD-Fraktion er teile ich dem Kollegen Sänze das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jetzt habe ich viel über die Schweiz ge hört und über die Entwicklung des Rundfunks. Aber, Herr Mu rawski, Sie hatten wahrscheinlich etwas anderes gemeint: die Datenschutzbestimmungen.

Am vergangenen Samstag hat mich das Elaborat von fast 422 Seiten erreicht, ein 5 cm dicker Stapel Papier, also eine ganz schöne Herausforderung. Ich nehme an, Sie alle haben es ge lesen. Der Gesetzentwurf soll die Verordnung der Europäi schen Union 2016/679, also die sogenannte DatenschutzGrundverordnung, umsetzen. Als Verordnung beansprucht diese 88-seitige Zusammenfassung den allgemein verbindli chen, unmittelbaren Durchgriff in die Mitgliedsstaaten. So sieht es jedenfalls Artikel 288 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vor.

Als Vertretern unseres Volkes sollte uns aber mehr zustehen, als über die Vorgaben dieses Gesetzes nur abstimmen zu sol len, kraft der Entwicklung über den Ukas zu befinden. Das heißt, was Brüssel verlangt, ist bereits befohlen und gilt ab

25. Mai 2018. Aufgabe der Parlamente sollte es lediglich sein, die Änderungen reflexartig abzunicken. Diese Aufgabe hat der Bundestag bereits erledigt, und mit dem Vorgang in BadenWürttemberg machen das die anderen 15 Bundesländer auch.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sollten uns bewusst ma chen, welche Rolle unseren Volksvertretern zugedacht ist. Ei ne Rolle als Statisten in einem abgekarteten Spiel, dessen Er gebnis bereits vor dem Anpfiff feststand?

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Alexander Sa lomon GRÜNE)

Wir, die AfD, sind nicht zur widerspruchslosen Hinnahme der Beschneidung unserer staatlichen Selbstbestimmung bereit. Ich betone: Wir sind nicht dazu bereit. Wir sind für Europa. Aber wir sprechen es laut aus: Einen fortschreitenden Verkauf unserer Souveränität können wir nicht hinnehmen.

(Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Wenn Sie sich inhaltlich mit den Vorgaben des Gesetzes aus einandergesetzt haben, stellen Sie fest, dass dieser Entwurf klandestin in die verfassungsmäßigen Rechte der Presse ein greift. Der Gesetzentwurf sieht u. a. die Neufassung des Lan desmediengesetzes, des Landespressegesetzes vor. Im Lan desmediengesetz werden aus den zwei bisher überschaubaren §§ 49 und 50 zukünftig Normenungetüme mit sieben Absät zen und weiteren Untergliederungen, die sich im vorgelegten Entwurf über drei volle DIN-A-4-Seiten erstrecken.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Drei volle DIN- A-4-Seiten?)

Ja. Hätten Sie im Studium besser aufgepasst und es nicht abgebrochen, würden Sie das auch gelesen haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)

Aus den bisher knapp sieben Zeilen in § 12 des Landespres segesetzes sollen zukünftig drei Absätze mit 41 Zeilen wer den.

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Das ist nicht mein Medium. Deshalb musste ich mir das auf schreiben, bevor ich darüber spreche.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was?)

Ich zitiere ausschnittsweise, was Sie mir aufgrund des Um fangs der EU-Normen nachsehen werden, aus der Vorschrift:

Die Mitgliedsstaaten bringen durch Rechtsvorschriften das Recht... gemäß dieser Verordnung mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, ein schließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken und zu wissenschaftlichen, künstlerischen und literari schen Zwecken, in Einklang.

Darüber hinaus gelten die Regelungen insbesondere in Kapi tel VIII der Verordnung zu Rechtsbehelfen, Haftung und Sank tionen in vollem Umfang.

Im Übrigen werden in Umsetzung der Absätze 1 bis 3 des Ar tikels 85 der Datenschutz-Grundverordnung die Bestimmun

gen im Landesmediengesetz und im Landespressegesetz auf geblasen und weiter gehend verpflichtend. Das ist – ich zitie re – laut dieser Verordnung „in Einklang“ zu bringen.

Wie, glauben Sie denn, soll die Arbeit eines Journalisten in Zukunft aussehen? Wie in einer Behörde? Seitenweise Nor mierungen und Vorschriften? Wenn das die Vorstellung des Regierungsentwurfs ist, dann muss ich sagen: Die Gängelung und die Regelungswut gehen weiter.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Alexander Sa lomon GRÜNE)

Der Verband Privater Rundfunkanbieter hat daher zutreffend die Unübersichtlichkeit und Komplexität der vorgesehenen Regelungen kritisiert, wobei Verpflichtungen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte auferlegt werden, die in einem System zivil- und strafrechtlicher Schutz- und Abwehransprüche be reits ausreichend geschützt sind.

Ich schließe mit den Worten: Wenn dieses Parlament nicht zu einem Parlament degenerieren will, das nur über den Schloss garten und über die Grashöhe befinden darf, dann sollten wir uns endlich den Normierungen und Vorschriften einer EU-No menklatur entgegenstellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Für die SPD-Fraktion er teile ich dem Kollegen Binder das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst, Herr Staatsminister: Sie haben uns nicht belustigt, sondern ich habe lediglich gesagt, nachdem Sie hier zum Ausdruck brachten, Sie hätten bei der Vorunter richtung „versucht“, uns das nahezubringen: Das war bei uns erfolgreich.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Wir haben es verstanden und verstehen auch das, was jetzt vor uns liegt.

Zum Thema Verständnis, Kollege Haser – Sie werden es mir verzeihen –: Wenn Sie sagen, der Schweizerische Rundfunk hätte jetzt die Wende erkannt und bei uns würde der öffent lich-rechtliche Rundfunk noch vor dieser Wende stehen,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Völlig falsch!)