Protocol of the Session on February 1, 2018

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Genau für solche Dinge ist dieser Thinktank wichtig und gut, um hier dann auch zusammen mit der Wirtschaft weiterzu kommen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, jetzt liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet und Punkt 1 der Tagesordnung er ledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung – Raiffeisenjahr 2018 – Drucksache 16/3005

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU begibt sich zum Rednerpult.)

Herr Abg. Dr. Reinhart ist schon da.

(Heiterkeit)

Sie haben zwar nur fünf Minuten, aber so viel Zeit ist noch drin.

(Abg. Claus Paal CDU: Das Thema ist wichtig!)

Das Präsidium hat für die Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten

(Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

je Fraktion und für das Schlusswort der die Große Anfrage stellenden Fraktion – damit der CDU – eine zusätzliche Re dezeit von fünf Minuten festgelegt.

Für die Fraktion der CDU erteile ich das Wort Herrn Frakti onsvorsitzenden Professor Dr. Reinhart,

(Abg. Nicole Razavi CDU: Wo ist er denn?)

der bereits vorn steht.

(Beifall des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen! „Was einer alleine nicht schafft, das vermögen viele.“ Mit diesem bestechend einfa chen Gedanken von Friedrich Wilhelm Raiffeisen begann Mit te des 19. Jahrhunderts, und zwar auf dem Höhepunkt enor mer ökonomischer und sozialer Umbrüche, die Erfolgsge schichte der Genossenschaftsbewegung. Die Genossenschafts idee war bahnbrechend.

Genossenschaften ermöglichen breiten Bevölkerungsschich ten den Zugang zu Rohstoffen, Handels- und Finanzdienst leistungen, Märkten und auch zum Konsum. Ihre historische Leistung und auch ihre Wirkung sind kaum zu überschätzen. Ihr Beitrag zur sozialen Entwicklung unserer Gesellschaft ist elementar.

Die UNESCO hat die Genossenschaftsidee mittlerweile in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufge nommen, und zwar als ersten deutschen Beitrag überhaupt. Das unterstreicht die überragende Bedeutung, die das Genos senschaftswesen für Wirtschaft und Gesellschaft bis heute und auch für die Zukunft hat.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

In diesem Jahr feiern wir den 200. Geburtstag von Friedrich Wilhelm Raiffeisen. Sein Name ist zum Synonym für das ge nossenschaftliche Prinzip „Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung“ geworden.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr libe raler Ansatz!)

Ja, Kollege Bullinger. – Dies sind zentrale Grundsätze. Das macht die Genossenschaften zu starken Gemeinschaften. Ge nossenschaften stehen für Gemeinsinn, für Teilhabe und auch für Zusammenhalt. Sie sind ein Modell für ein demokratisches und kooperatives Wirtschaften. Sie prägen mit diesen Werten vor allem unser Land. Darauf können wir stolz sein, und da für sind wir dankbar, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD)

Diesen Dank spreche ich auch im Namen unserer Fraktion, aber auch unseres wirtschaftspolitischen Sprechers, Claus Paal, aus.

Kollege Rapp wird nachher auf die tiefen Einzelheiten unse rer Initiative eingehen. Aber ich will noch zwei, drei Sätze vo ranstellen. Warum? Gerade Baden-Württemberg ist ein Ge nossenschaftsland. 3,9 Millionen Baden-Württemberger ge hören einer Genossenschaft an – das heißt, jeder dritte Ein wohner und damit ein größerer Anteil als irgendwo sonst in Deutschland oder gar in Europa.

Die Genossenschaftsbanken in unserem Land gehören zu den Hauptfinanzierern des Mittelstands, und der Mittelstand ist sozusagen unser Joker im Standortpoker. Sie sind damit eine tragende Säule, Wegbereiter und auch Garanten unseres wirt schaftlichen Erfolgs. Deshalb erwarten wir auch von der Eu ropäischen Union, dass sie den gewachsenen Wert unserer re gionalen, bewährten Genossenschaftsbanken, Volks- und Raiffeisenbanken vor allem, anerkennt.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der FDP/DVP)

Kooperatives Wirtschaften ist nämlich eine hochaktuelle Wirt schaftsform mit großen Chancen, aber auch, füge ich hinzu, mit besten Perspektiven. Denken wir an den Wohnungsbau, den Energiesektor – Energiegenossenschaften –, die Finanzie rung von Start-ups, die Kultur, die Unternehmensnachfolge oder – darüber haben wir gestern diskutiert – den Gesund heitsbereich.

Das heißt, Genossenschaften stehen und sorgen für subsidiä re und innovative Organisation, für Bündelung und Hebelung großer gesellschaftlicher Kräfte. Die Genossenschaften in un serem Land sind ein starker Faktor für den Standort BadenWürttemberg und unsere aktive Gesellschaft. Deshalb wollen wir sie weiter stärken und fördern.

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Gabi Rolland SPD)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich Herrn Abg. Hahn das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Der 200. Geburtstag Raiffeisens ist wirklich Anlass für einen Feiertag. 200 Jahre besteht der Grundsatz, den Kollege Reinhart schon zitiert hat: „Was ei ner alleine nicht schafft, das vermögen viele.“ Gemeinsam kann man seine Ziele besser erreichen als im Alleingang – das ist der Grundgedanke einer jeden Genossenschaft.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ich denke, das verdient Anerkennung, vor allem in einer Zeit, in der Individualisierung in unserer Gesellschaft großgeschrie ben wird und wir substanziell das suchen, was uns verbindet. Ich glaube, da ist ein solcher Grundgedanke allen Feierns wert.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD)

In einer Genossenschaft schließen sich die Mitglieder freiwil lig zusammen, um gemeinsam zu wirtschaften. Dabei soll die wirtschaftliche Förderung aller Mitglieder aus eigener Kraft und nicht durch die Unterstützung Dritter bzw. des Staates ge lingen. Das sind die Grundsätze. Jedes Mitglied hat unabhän gig von seiner Kapitalbeteiligung eine Stimme. Das ist für mich zentral wichtig. Nicht umsonst wurde die Genossen schaftsidee deshalb, wie Kollege Reinhart auch schon erwähnt hat, zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt. Ich glaube, das ist besonders wichtig.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Dr. Boris Weirauch SPD)

Die Genossenschaften sind im Grunde urgrüne Anliegen. Denn das, worum es hier geht, sind Selbsthilfe, Selbstverwal tung, Selbstverantwortung, Transparenz und Demokratie. Ich glaube, urgrün ist auch der Gedanke der Beteiligung aller Be troffenen. So werden Betroffene zu Akteuren. Das ist das, was es in unserer Gesellschaft braucht, damit wir da wieder einen Schritt weiterkommen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Die Ursprünge liegen im ländlichen Raum. So, wie ich es er lebt habe, haben es wahrscheinlich viele erlebt – oder viel leicht auch nicht –: Ich war als kleiner Bub mit meinem Va ter das erste Mal bei der örtlichen Molkereisammelstelle der Genossenschaft, Anlieferung – später bei der Raiffeisen-Wa rengenossenschaft. Für uns im ländlichen Raum war das na türlich immer zentral.

Später hat die erste Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft da für gesorgt, dass Gegenden mit ökologisch produzierten Le bensmitteln versorgt wurden. Auch unsere Privatschule hatte ein Genossenschaftsmodell als Trägermodell.

Ich darf jetzt als Aufsichtsrat einer Genossenschaftsbank tä tig sein. Man spürt jeden Tag, wie wichtig Genossenschaften dafür sind, wie im ländlichen Raum, aber auch in den städti schen Bereichen zusammengearbeitet wird.

Längst sind die Genossenschaften in allen Lebensbereichen angekommen. Unter den einzelnen Namen findet man auch die Sparda-Bank als eine der ganz großen Banken. Das Spek trum reicht bis hin zum Dorfladen, zu Trinkwasser-, Energie-, Ärztegenossenschaften, Privatschulen, Wohnungsbau.

Hervorheben möchte ich die zwei Akteure INTERSPORT-Ge nossenschaft und EURONICS, die für viele selbstständige Kaufleute in diesem Land wertvolle Vorarbeit leisten und da für sorgen, dass wir auch in diesen Bereichen bei den betref fenden Artikeln noch gut funktionierende Märkte haben. Ich glaube, das ist sehr wichtig.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Wir durften vor Kurzem ja schon 150 Jahre Baden-Württem bergischer Genossenschaftsverband feiern. Das zeigt, glaube ich, dass Baden-Württemberg irgendwie Genossenschaft ist. Dies ist also ein Gedanke, der bei uns gut gelandet ist, den es schon sehr lange gibt, ein Modell, das gut läuft und sich in ei ner Art weiterentwickelt, dass man fast sagen kann: BadenWürttemberg, wir sind Genossenschaft.